Haben Sie in Ihrem Freundes-, Bekannten- oder Kollegenkreis jemanden mit einer Angststörung? Die Wahrscheinlichkeit ist hoch. Denn in Deutschland leiden rund 21 Prozent der weiblichen Bevölkerung im Alter von 18 bis 79 Jahren innerhalb eines Jahres an einer Angststörung, bei den Männern sind es etwa 9 Prozent.
Frauen sind also mindestens doppelt so häufig von der psychischen Erkrankung betroffen. Die meisten erkranken dabei erst im Laufe ihres Lebens an einer Angststörung, die Ursachen sind vielfältig: genetische Veranlagung, Lebensstil, Schlafmangel, aber auch belastende Lebensereignisse wie der Tod einer nahestehenden Person oder Erfahrungen mit Vorurteilen und Diskriminierung. Jede und jeder von uns könnte also eines Tages von einer Angststörung betroffen sein.
Angst und Angststörungen werden in unserer Gesellschaft immer offener besprochen – und das ist gut so. Dennoch scheuen sich Betroffene mit einer Angststörung noch zu oft davor, über ihre Erkrankung zu sprechen oder sich behandeln zu lassen – aus Scham, aus Angst vor Ablehnung, Ausgrenzung, Stigmatisierung oder Diskriminierung. „Verrückt“, „labil“ oder „unberechenbar“ sind nur einige der typischen negativen Zuschreibungen und Vorurteile, mit denen sich psychisch Kranke ungerechtfertigt konfrontiert sehen.
Und solche Vorurteile machen krank. Das haben wir bereits mit unserer Studie „Vorurteile und Diskriminierung machen krank“ belegt: Knapp 60 Prozent der Befragten waren schon einmal selbst Vorurteilen ausgesetzt oder haben Diskriminierung erlebt. Und das kann sich auch auf die körperliche und seelische Gesundheit auswirken: Neben Langzeitfolgen wie Selbstzweifel oder Unzufriedenheit fühlen sich Diskriminierte auch allgemein weniger gesund und leiden häufiger an Krankheiten, 70 Prozent der stark Diskriminierten beispielsweise an Schlafstörungen.
Diskriminierung stellt ein Problem auf verschiedenen Ebenen in unserer Gesellschaft dar, wie auch unser Report „Gesundheit in Zahlen 2022“ zeigt: Laut Umfrage findet Diskriminierung vor allem in den Bereichen Arbeit, Schule, Bildungseinrichtungen und Behörden statt, teilweise aber auch im Gesundheitswesen. Diskriminierung, etwa durch Vorurteile, kann wiederum eine Angststörung auslösen. Werden Betroffene weiter diskriminiert, steigert sich meist auch die Angst. Betroffene mit Angststörung befinden sich in einem Teufelskreis.
Der Zusammenhang zwischen einem offenen Umgang mit Angststörungen und der geistigen und körperlichen Gesundheit von Betroffenen liegt also auf der Hand. Angststörungen und andere psychische Erkrankungen wie Depressionen sind keine Schwächen, sondern ernst zu nehmende Krankheiten wie Diabetes oder Asthma. Es bedarf mehr gesellschaftlicher Akzeptanz von Angststörungen, mehr Toleranz und Empathie gegenüber Betroffenen, damit diese ermutigt werden, ohne Scham über ihre Erkrankung zu sprechen und sich die benötigte Hilfe zu holen. Daher setzen wir uns als Krankenkasse nicht nur gegen Vorurteile, Diskriminierung und einen wertschätzenden Umgang miteinander ein, sondern auch für eine Entstigmatisierung von Angststörungen. Unter anderem, indem wir auf dieses noch recht stiefmütterlich behandelte Thema aufmerksam machen, darüber aufklären und die Öffentlichkeit dafür sensibilisieren.
Eine besondere Rolle spielen soziale Medien. Zum einen sind sie ein Ort, an dem tagtäglich Hass, Hetze und Diskriminierung stattfinden. Laut Forschungen können soziale Medien jedoch auch ein wichtiger Ort der Hilfe und Entstigmatisierung sein. Sie bieten Betroffenen die Möglichkeit, sich (auch anonym) mit anderen auszutauschen, hilfreiche Tipps zur Bewältigung zu teilen und dadurch mehr gesellschaftliche Akzeptanz zu erreichen. Mittlerweile werden soziale Medien auch von immer mehr Kliniken und Verbänden im Mental-Health-Bereich wie etwa von der Anti-Stigma-Initiative „Aktionsbündnis Seelische Gesundheit“ genutzt, um über ihre Arbeit zu sprechen, aufzuklären und zur Entstigmatisierung von psychischen Erkrankungen und Psychotherapie beizutragen.
Aus diesem Grund nutzen auch wir als Krankenkasse unsere Social-Media-Kanäle, um mit betroffenen Protagonistinnen und Protagonisten Tabu-Themen wie Diskriminierung, Angststörungen und Vorurteile zu enttabuisieren und so einen Beitrag zur Aufklärung zu leisten. Beispielsweise erläutert Psychologin Nesibe in unseren Instagram-Reels, wie man betroffenen Angehörigen oder Freunden mit einer Angststörung helfen und selbst mit der Situation am besten umgehen kann. In einem Video auf unserem YouTube-Kanal erklärt sie die Unterschiede zwischen Angst und Angststörung.