Chefin schaut ungeduldig auf die Zeit

Elektronische Arbeitszeit-erfassung wird Pflicht

Die vom Europäischen Gerichtshof und vom Bundesarbeitsgericht den Arbeitgebern auferlegte Pflicht zur Aufzeichnung der Arbeitszeit soll nun gesetzlich verankert werden. Das Bundesarbeitsministerium (BMAS) hat zu diesem Zweck einen Entwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes vorgelegt. Demnach soll die tägliche Arbeitszeit von Beschäftigten in Deutschland künftig elektronisch aufgezeichnet werden.

Gesetzliche Klarstellung

Der Referentenentwurf aus dem BMAS sieht eine Regelung vor, wonach Arbeitgeber dazu verpflichtet sind, Beginn, Ende und Dauer der täglichen Arbeitszeit der Beschäftigten – tagesaktuell – elektronisch aufzuzeichnen. Dabei wird dem Arbeitgeber auch die Möglichkeit eingeräumt, die Aufzeichnung an die Beschäftigten zu delegieren. Verantwortlich für die ordnungsgemäße Aufzeichnung bleibt aber der Arbeitgeber – dieser sollte zumindest Stichproben nehmen. Außerdem ist vorgesehen, dass Arbeitgeber die Arbeitszeitnachweise mindestens zwei Jahre aufbewahren müssen.

Elektronisch, aber nicht für alle

Die Pflicht zur allgemeinen Arbeitszeiterfassung soll unabhängig von der Anzahl der Mitarbeiter für alle Unternehmen gelten. Das BMAS plant allerdings Ausnahmen für Betriebe mit bis zu zehn Beschäftigten. Diese sollen von der Pflicht zur elektronischen Zeiterfassung (nicht von der Zeiterfassung an sich) befreit werden können. Kleinbetriebe mit maximal zehn Mitarbeitern sollen die Arbeitszeit auf Papier dokumentieren dürfen. Darüber hinaus soll die Möglichkeit bestehen, dass per Tarifvertrag eine Erlaubnis für Arbeitgeber, die Zeiterfassung nicht elektronisch durchzuführen, vereinbart werden darf. Weiterhin ist geplant, dass die Tarifvertragsparteien den Zeitpunkt der Arbeitszeitaufzeichnung beeinflussen können: Im Tarifvertrag könnte demnach geregelt werden, dass die Arbeitszeiterfassung nicht am Tag der Arbeitsleistung erfolgen muss, sondern an einem anderen Tag erfolgen kann. Allerdings soll die Arbeitszeit spätestens innerhalb von sieben Tagen erfasst worden sein.

Darüber hinaus sollen die Arbeitnehmer ein Informationsrecht bekommen, ihre aufgezeichneten Arbeitszeiten einzusehen. Dies kann über eine vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellte Kopie der Aufzeichnungen oder über die eigene Möglichkeit, eine Kopie zu erstellen, erfolgen.

Was ist der Hintergrund?

Die geplante Gesetzesänderung beruht zum einen auf dem „Stechuhr-Urteil“ des Europäischen Gerichtshofs (EuGH, Urteil vom 14.5.2019 – C-55/18) sowie auf dem hierzu ergangenen Grundsatzbeschluss des Bundesarbeitsgerichts (BAG, Urteil vom 13.9.2022 – 1 ABR 22/21). Letzteres verpflichtet die Arbeitgeber dazu, Beginn und Ende der täglichen Arbeitszeit der Arbeitnehmer zu erfassen. Im geltenden Arbeitszeitgesetz ist eine solche Pflicht bisher nur für Überstunden festgelegt.

Übergangsregelung nach Betriebsgröße

Generell können Arbeitgeber bis zu einem Jahr nach Inkrafttreten des Gesetzes die Arbeitszeit nicht elektronisch, also zum Beispiel handschriftlich aufzeichnen. Für Arbeitgeber mit weniger als 250 Arbeitnehmern soll die Übergangsregelung zwei Jahre, für Arbeitgeber mit weniger als 50 Arbeitnehmern fünf Jahre gelten. Die Festlegung der Unternehmensgröße orientiert sich an der Definition der EU-Kommission für kleine und mittlere Unternehmen (KMU).