Neues EuGH-Urteil: Ausgleichs-vorteile für Leih­ar­beiter

Redaktion
IKK classic

Leiharbeitnehmer, die aufgrund einer tarifvertraglichen Regelung im Vergleich zu den festangestellten Kollegen im entleihenden Unternehmen einen geringeren Lohn erhalten, müssen dafür Ausgleichsvorteile bekommen. Dies geht aus einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) hervor.

Der Fall aus Deutschland

Eine Leiharbeitnehmerin aus Deutschland erhielt aufgrund des anwendbaren Tarifvertrags einen geringeren Bruttostundenlohn als ihre festangestellten Kollegen im entleihenden Betrieb. Sie klagte auf Zahlung der Differenz zwischen ihrem Lohn und dem Entgelt, das vergleichbare festangestellte Mitarbeiter bekommen. Aus ihrer Sicht läge ein Verstoß gegen den in Art. 5 der Richtlinie 2008/104/EG (EU-Leiharbeitsrichtlinie) verankerten Grundsatz der Gleichbehandlung der Leiharbeitnehmer vor. Der Rechtsstreit kam bis vor das Bundesarbeitsgericht, das den Fall dem EuGH vorlegte.

Ausgleich durch Vorteile bei Beschäftigungsbedingungen

Der EuGH entschied: Leiharbeitnehmer dürfen nur dann schlechter bezahlt werden als die Stammbelegschaft im Einsatzbetrieb, wenn der Tarifvertrag für diese Ungleichbehandlung einen Ausgleich vorsieht. Dies können Vorteile bei wesentlichen Arbeits- und Beschäftigungsbedingungen sein.

Der Gesamtschutz von Leiharbeitnehmern sei zwangsläufig geschwächt, wenn sich ein solcher Tarifvertrag in Bezug auf die Leiharbeitnehmer darauf beschränkte, eine oder mehrere dieser wesentlichen Bedingungen zu verschlechtern, so die Luxemburger Richter.

Mehr Urlaubstage als Ausgleich möglich

Der EuGH bestätigt damit einerseits die Möglichkeit, tarifvertraglich eine Ausnahme vom Equal-Pay-Grundsatz festzulegen, verlangt jedoch andererseits Ausgleichsvorteile für die benachteiligten Leiharbeitnehmer. Dieser Ausgleich kann beispielsweise darin bestehen, dass Leiharbeitnehmer mehr Urlaubstage bekommen.

Tarifverträge müssen außerdem einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle unterliegen können, um zu überprüfen, ob die Sozialpartner ihrer Pflicht zur Achtung des Gesamtschutzes von Leiharbeitnehmern nachkommen.

EuGH, Urteil vom 15. Dezember 2022, C-311/21

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Veröffentlicht am 06.02.2023