Brautpaar hält sich an den Händen

Ehevertrag für Unternehmer: Warum er sinnvoll ist

"Ehevertrag? Brauchen wir nicht!“, denken sich viele. Doch mit Blick über den Tellerrand endet der siebte Himmel: Die Scheidungsquote liegt bei rund 40 Prozent. Wir klären mit einer Expertin, warum insbesondere Betriebsinhabende für den Streitfall vorsorgen sollten, welche Vorteile ein Ehevertrag hat und was die wichtigsten Regelungen sind.

Ein Ehevertrag gilt als unromantisch, kann im Falle einer Scheidung jedoch durchaus sinnvoll sein – insbesondere, wenn es sich um Selbstständige oder Betriebsinhabende handelt. Immerhin werden rund 150.000 Ehen im Jahr in Deutschland allein durch richterlichen Beschluss geschieden. Doch rund um den Ehevertrag gibt es viele Fragen: Welche Vorteile bringt ein Ehevertrag? Auf welche Klauseln sollten Betriebsinhabende besonders achten? Und was kostet das alles? Beatrix Ruetten, Fachanwältin für Familienrecht und Erbrecht aus Hamburg, gibt wertvolle Tipps für (zukünftige) Eheleute und Betriebsinhabende, die sich mit einem Ehevertrag juristisch absichern wollen.

Was ist ein Ehevertrag?

Ein Ehevertrag wird entworfen, wenn die Ehegatten von den gesetzlichen Vorgaben zu Ehe und Scheidung abweichen wollen. In den im Ehevertrag vereinbarten Regelungen müssen sie sich einig sein und weit in die Zukunft denken. Vielen Verlobten fällt es schwer, derart nüchtern an die zukünftige Ehe heranzugehen und die Scheidung quasi gleich mitzudenken.

Doch wenn der Vertrag auf ihre individuelle Situation zugeschnitten ist, können Unternehmende einer möglichen Scheidung gelassen entgegensehen, weil beispielsweise ihre berufliche Existenzgrundlage nicht mit auf dem Spiel steht. Das ist ungemein beruhigend.

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Welche Vorteile hat ein Ehevertrag für Unternehmer?

Zugegeben, es mag schon etwas unromantisch wirken, wenn der Partner oder die Partnerin nach dem Heiratsantrag direkt den Ehevertrag zückt. Ganz so pragmatisch braucht man ja auch nicht vorzugehen, wenn das Bedürfnis oder die Notwendigkeit da ist, für den Fall der Fälle – die Scheidung – juristisch vorzusorgen. Es ist ratsam, sich erstmal als Paar darüber zu unterhalten und von einer Familienrechtlerin über das Für und Wider eines Ehevertrags informieren zu lassen.

Gute Gründe für einen solchen Vertrag sind beispielsweise:


  • Schutz des Vermögens: Wenn einer der Ehepartner erheblich mehr Vermögen in die Ehe einbringt, Immobilien besitzt oder Betriebsinhaber ist, kann ein Ehevertrag durchaus sinnvoll sein. Bei einer Scheidung könnte der Zugewinnausgleich sonst das jahrzehntelang erarbeitete Familienvermögen oder die geschäftliche Existenz bedrohen.

  • Senkung des Haftungsrisikos: Sind die Vermögensverhältnisse durch einen Ehevertrag getrennt, können Ehepartnerinnen oder -partner von Unternehmerinnen und Unternehmern bei einer Insolvenz effektiver vor Haftung bewahrt werden.

  • Vermeidung von Streit: Eine Scheidung ist teuer. Je mehr Streit und je höher die strittigen Beträge, desto teurer wird es. Darum ist es ratsam, so viele Themen wie möglich vorab zu regeln. Ein Ehevertrag zeigt dann in aller Transparenz die finanziellen Folgen einer potenziellen Scheidung.

Übrigens: Wenn Sie Geld sparen wollen, dann bitte nicht am falschen Ende! Einen Ehevertrag sollte man weder selbst noch von irgendeinem Anwalt aufsetzen lassen, sondern von einem Fachanwalt oder einer Fachanwältin für Familienrecht und einem Notar. Das mag zwar etwas mehr kosten, doch die Seelenruhe, die Sie im Scheidungsfalle haben, ist es allemal wert.

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Welche ehevertraglichen Regelungen sind für Selbstständige im Handwerk sinnvoll?

Ob Rentenausgleich, Unterhalt oder Zugewinnausgleich – vorteilhafte Regelungen und Vereinbarungen für den Ehevertrag von Unternehmerinnen und Unternehmern gibt es viele. Wichtig ist, die individuelle Situation zu beachten. Haben Sie beispielsweise einen Handwerksbetrieb, dessen Wert während der Ehezeit deutlich gestiegen ist? Ohne Ehevertrag gilt im Scheidungsfall die Zugewinngemeinschaft und die Ehepartnerin oder der Ehepartner haben Ausgleichsansprüche.

Um das zu vermeiden, könnte im Ehevertrag Gütertrennung vereinbart werden. Wenn der Partner jedoch den Betrieb mitaufgebaut hat oder sich währenddessen um die gemeinsamen Kinder gekümmert hat, könnte der Ausschluss einer Teilhabe am Wertzuwachs durch die Vereinbarung von Gütertrennung im Ehevertrag unfair sein. Und auch in steuerlicher Hinsicht gilt Gütertrennung mittlerweile als suboptimal, weil im Todesfall der Freibetrag § 5 Abs. 1 Erbschaftssteuergesetz (ErbStG) wegfällt.

Zugewinnausgleich unter Ausschluss des Betriebs? Höchstbeträge und Ratenzahlung für die Ausgleichsansprüche? Bei der modifizierten Zugewinngemeinschaft können die Regelungen im Ehevertrag deutlich flexibler angepasst werden. Übrigens: Wenn die Übertragung von Immobilien oder Firmenanteilen geregelt werden soll, ist es ratsam, einen Steuerberater hinzuzuziehen.

Alternative Regelungen wären laut Expertin Beatrix Ruetten beispielsweise:

  • ein vollständiger Verzicht auf Durchführung des Zugewinnausgleichs (wenn beide ausreichendes Vermögen besitzen),

  • ein vollständiger Verzicht auf Durchführung des Zugewinnausgleichs gegen Übertragung eines Vermögenswerts (z. B. einer Immobilie)

  • Herausnahme des Unternehmenswerts aus dem Zugewinnausgleich,

  • Regelung eines pauschalen Auszahlungsbetrages, jedoch nicht als Gesamtsumme, sondern z. B. in Fünf- oder Zehn-Jahres-Raten

Auch sinnvoll: die Regelung des Versorgungsausgleichs, d. h. des Rentenausgleichs. "Selbstständige zahlen meist nicht in die gesetzliche Rente oder andere Rentensysteme ein, sondern bilden ihre Altersvorsorge über den Wert des Unternehmens oder durch privates Vermögen wie Immobilien oder Wertpapiere. Der angestellte Ehegatte hingegen bildet seine Altersvorsorge in der gesetzlichen Rentenversicherung.

Im Rahmen des Versorgungausgleichs würde der Unternehmer daher von seinem Ehegatten die während der Ehe erwirtschafteten Anwartschaften hälftig erhalten, müsste selbst aber nichts ausgleichen. Insbesondere, wenn ehevertraglich der Zugewinnausgleich ausgeschlossen werden soll, ist auf die Regelung zur Altersversorgung zu achten, damit hier keine Schieflage entsteht," so Ruetten.

Eine Benachteiligung eines Ehegatten ist bei sämtlichen Vereinbarungen tunlichst zu vermeiden. Anderenfalls kann ein Gericht im Streitfall einzelne Klauseln oder den ganzen Ehevertrag als sittenwidrig und unwirksam einstufen.

Welche Art Klauseln sind nicht zulässig?

Ein Gericht kann einzelne Klauseln des Ehevertrags oder auch den Ehevertrag als Ganzes für sittenwidrig erklären, wenn beispielsweise:

  • ein Partner den anderen deutlich übervorteilt,

  • der Vertrag das Ergebnis unterschiedlich starker Verhandlungspositionen ist (z. B. Partnerin ist bei Unterzeichnung schwanger und auf ihren Partner angewiesen),

  • einer der Partner den Inhalt des Vertrags augenscheinlich nicht versteht (z. B. weil er oder sie kein Deutsch kann und keine Übersetzung vorliegt),

  • der Ehevertrag unter Druck oder Drohung unterzeichnet wurde.

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Was gilt, wenn es keinen Ehevertrag gibt?

Ohne gemeinsamen Ehevertrag haben die Ehepartner nach der Eheschließung automatisch den Güterstand der Zugewinngemeinschaft. Das vor der Ehe vorhandene Vermögen bleibt bei den jeweiligen Ehegatten, doch der während der Ehezeit angehäufte Vermögenszuwachs (z. B. durch Lottogewinn, höheres Einkommen oder Abfindung) wird im Scheidungsfall geteilt. Außerdem erfolgt ein Ausgleich der Rentenanwartschaften (Versorgungsausgleich). Beatrix Ruetten erklärt: "Am Ende der Ehe (bei Zustellung des Scheidungsantrages) wird ein „Kassensturz“ gemacht. Jeder Ehegatte ermittelt für sich, wieviel er zwischen Heirat und Eheschließung hinzugewonnen hat."

Die Anwältin liefert ein für Unternehmer eindrückliches Beispiel:

"Ein Ehegatte hat am Anfang der Ehe 5.000 Euro auf dem Konto. Am Ende der Ehe hat er ein Unternehmen im Wert von 200.000 Euro und einen Kontostand von 55.000 Euro. Sein Zugewinn beträgt 250.000 Euro (255.000 Euro minus 5.000 Euro nicht indexiertem Anfangsvermögen).

Der andere Ehegatte hatte am Anfang der Ehe 10.000 Euro auf dem Konto und am Ende der Ehe ebenfalls. Sein Zugewinn beträgt Null Euro. Er hat also gegenüber dem Unternehmer-Ehegatten einen Ausgleichsanspruch von 125.000 Euro (250.000 geteilt durch 2) – und das aus einem Unternehmen, das 200.000 Euro wert ist! Die 125.000 Euro sind aber kein Bargeld, das dem Unternehmer zur Verfügung steht. Hat er – wie im Beispiel – keinen anderen Vermögenswert, den er veräußern kann, steht er vor dem Problem, den Zugewinnausgleich erfüllen zu müssen. Hier kommt dann evtl. nur die Liquidation des Unternehmens in Betracht. Diese Folge ist sicherlich von keinem der Eheleute gewollt."

Außerdem erfolgt ein Ausgleich der Rentenanwartschaften (Versorgungsausgleich). Hierbei werden die während der Ehe erwirtschafteten Rentenanwartschaften eines jeden Ehegatten hälftig an den anderen Ehegatten ausgeglichen.

Darüber hinaus entstehen am Ende der Ehe Unterhaltsansprüche des geringer verdienenden Ehegatten.

Kann man einen Ehevertrag auch nach der Heirat noch abschließen?

Ein Ehevertrag sollte möglichst vor der Hochzeit geschlossen werden. Dies kann aber auch noch jederzeit nach der Eheschließung nachgeholt werden. In einigen Fällen mag der Gedanke an einen Ehevertrag auch erst lange nach der Eheschließung aufkommen, z. B. wenn sich einer der Ehegatten selbstständig macht oder beide Partner beschließen, nun doch keine Kinder zu bekommen.

Einen bestehenden Ehevertrag können die Partner im gegenseitigen Einvernehmen auch nachträglich noch ändern. Schließlich können sich die Vermögens- oder Einkommensverhältnisse in 10 oder 15 Jahren massiv verändern, sodass eine Anpassung ratsam sein kann.

Was kostet ein Ehevertrag?

Ein Ehevertrag ist notariell zu beurkunden, kostet also zumindest Notargebühren für Beratung und Beurkundung. Das Gerichts- und Notarkostengesetz (GNotKG) orientiert sich dabei am Vermögen des Paares (ggf. abzüglich der Schulden). Meist kommen noch Anwaltsgebühren hinzu. "Ausgehend davon, dass schon ein Unternehmen und weitere Vermögenswerte vorhanden sind, ist mit Kosten ab 6.000 Euro zu rechnen. Hier hilft aber nur die konkrete Anfrage, da es vergleichbar ist mit der Reparatur eines Pkws: auch hier muss das Auto erst angeschaut werden, um zu wissen, welche Teile und wieviel Zeit benötigt werden“, so Beatrix Ruetten.

Ehevertrag bei Todesfall: Wie wirkt sich der Tod eines Ehegatten aus?

"Eine gute Beratung beinhaltet auch den Blick auf die erbrechtlichen Regelungen", sagt unsere Expertin Beatrix Ruetten. Der Ehevertrag kann Auswirkungen auf die Höhe der Erbschaft haben: "Leben die Eheleute im gesetzlichen Zugewinn, so erbt der überlebende Ehegatte neben den Kindern immer 50 Prozent – unabhängig von der Anzahl der Kinder. Haben die Eheleute im Ehevertrag den Zugewinn auch bei Tod ausgeschlossen, z. B. durch Gütertrennung, so erbt der Überlebende neben einem Kind zu 50 Prozent, neben zwei Kindern zu 33,33 Prozent, neben drei oder mehr Kindern zu 25 Prozent."

Es ist durchaus sinnvoll, das Thema Ehevertrag und Planung des Nachlasses zusammen zu denken – bestenfalls sollte alles gemeinsam mit einem Fachanwalt und einem Steuerberater individuell ausgearbeitet werden. Nur so wissen alle Beteiligten, was auf sie zukommt und es kommt nicht zu Überraschungen.

Ehevertrag Checkliste: Was sind die wichtigsten Regelungen?

Beatrix Ruetten empfiehlt, sich folgende Fragen zu stellen. Aus den Antworten kann ein Fachmann Empfehlungen für individuelle Ehevertragsklauseln ableiten.

  • Ist ausländisches Recht betroffen, weil z. B. die Eheleute im Ausland wohnen oder ein Ehegatte nicht deutscher Staatsbürger ist? Hier sollte eine Rechtswahl getroffen werden.

  • Welche Vermögenswerte sind aktuell vorhanden? Welche sind in Zukunft vielleicht erwartbar (z. B. aufgrund von Schenkungen oder Erbschaften)?

  • Ist ein Unternehmen schon vorhanden? Soll ein Ausgleich am steigenden Unternehmenswert vorgenommen werden?

  • Kann man sich heute schon auf die Art der Ermittlung des Unternehmenswerts einigen?

  • Kann eine Auszahlungsmodalität (Raten) vereinbart werden?

  • Wie steht es um die Altersversorgung der Eheleute?

  • Sind gemeinsame Kinder geplant?

  • Sind beide Eheleute erwerbstätig und können mit dieser Erwerbstätigkeit ihren Lebensbedarf decken?

  • Wenn Eltern Schenkungen tätigen, an welchen Ehegatten wird geschenkt und werden diese Schenkungen bei Scheitern der Ehe zurückgefordert?

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