Leistungs-Booster Kreatin: Wundermittel oder heiße Luft?

Redaktion
Kevin Schuon

Wer sich mit Sport oder Fitness beschäftigt, begegnet früher oder später auch Kreatin. Das Nahrungsergänzungsmittel gilt als Wunderwaffe für den Muskelaufbau – zumindest in den Sozialen Medien. Doch was steckt dahinter? Gemeinsam mit zwei Experten klären wir auf.

Wenn Sie sich für Sport und Fitness interessieren, dann haben Sie bestimmt auch schon einmal von Kreatin gehört. Es zählt zusammen mit Proteinpulver zu den bekanntesten Nahrungsergänzungsmitteln auf dem Fitness-Markt. Und dieser ist inzwischen riesig geworden. Laut unserer Studie nimmt rund die Hälfte der Deutschen regelmäßig Supplements.

Doch was ist Kreatin überhaupt? Lässt sich damit wirklich so leicht mehr Muskelmasse aufbauen – und ist der Stoff wirklich bedenkenlos?

Was ist Kreatin – und wie wirkt es im Körper?

Kreatin ist eine natürliche stickstoffhaltige Säureverbindung. „Sie spielt eine entscheidende Rolle im Energiestoffwechsel des Muskels“, erklärt Dr. Dieter Bubeck vom Institut für Sport- und Bewegungswissenschaft der Universität Stuttgart. Der Körper selbst stellt Kreatin hauptsächlich in Leber und Nieren aus verschiedenen Aminosäuren, den Baustoffen der Proteine, her.

Kreatin wird dann in den Muskeln gelagert. Es dient als schnelle Energiereserve, insbesondere bei kurzen, sehr intensiven Aktivitäten. Dazu gehören beispielsweise Sprints – oder auch Krafteinheiten. „Deshalb eignen sich Kreatinprodukte in erster Linie für Sportlerinnen und Sportler, die hochintensive, kurzzeitige Übungen durchführen.“

Nicht nur der Körper selbst produziert Kreatin. Es wird auch über viele Lebensmittel aufgenommen.

Insbesondere tierische Lebensmittel, die proteinreich sind, enthalten viel Kreatin: beispielsweise Fleisch, Fisch oder Milchprodukte. Pflanzlichen Produkten enthalten maximal Spuren von Kreatin. Dennoch mangelt es auch bei einer pflanzenbasierten Ernährung nicht zwingend an Kreatin im Körper. Entscheidend dafür ist, auf eine ausreichende Versorgung der Aminosäuren zu achten, damit der Körper ausreichend Kreatin produzieren kann.

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Fördert Kreatin die Leistungsfähigkeit und den Muskelaufbau?

Seit einigen Jahren wird Kreatin als Supplement, insbesondere für Kraftsportlerinnen und -sportler beworben. In den Sozialen Medien wird es von Influencerinnen und Influencern regelrecht als Wundermittel angepriesen. Im Profi-Sport wird es schon deutlich länger verwendet. Ist dadurch die Wirksamkeit von Kreatin automatisch belegt?

Ganz so einfach ist es nicht. „Die Supplementierung mit Kreatin ist weithin bekannt für ihre Fähigkeit, Muskelmasse, Kraft- und Trainingsleistung zu steigern, insbesondere bei Aktivitäten, die schnelle Energieschübe erfordern“, sagt Dr. Bubeck. Das heißt jedoch nicht automatisch, dass die Einnahme für jeden Menschen, der Sport treibt, sinnvoll ist.

Das hängt von mehreren Faktoren ab:

  • Gesundheitszustand:

    Besonders Menschen, die Probleme mit den Nieren haben, sollten bei der Kreatin-Zufuhr vorsichtig sein. Der Abbauprozess belastet die Nieren zusätzlich.

  • Körperliche Aktivität:

    Nicht bei jeder Sportart ist die Zugabe von Kreatin sinnvoll. Vor allem, wenn es auf maximale Energie innerhalb von kurzer Zeit ankommt, kann Kreatin helfen: zum Beispiel beim Gewichtheben, Sprinten oder Schwimmen.

  • Trainingsintensität:

    Ob eine Supplementierung hilfreich ist, hängt zudem von der Art des Trainings ab. Bei High Intensity Training – also kurzen und hochintensiven Einheiten – kann Kreatin zusätzliche Energie freisetzen. Bei Ausdauereinheiten kann es dagegen sogar ausbremsen.

  • Ernährung:

    Da Kreatin sowohl vom Körper selbst produziert und zudem über Nahrungsmittel aufgenommen wird, ist bei vielen Sportlerinnen und Sportlern der Bedarf bereits ausreichend gedeckt.

Ist die Einnahme von Kreatin unbedenklich?

Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung schätzt die Situation so ein: Drei Gramm Kreatin pro Tag gelten für einen gesunden Menschen als unbedenklich. Bei Sportlerinnen und Sportlern, die ein intensives Trainings- und Wettkampfprogramm absolvieren, darf es auch ein bisschen mehr sein. Für sie liegt die empfohlene Höchstdosis bei 4,4 Gramm pro Tag.

Prof. Albert Jeltsch vom Institut für Biochemie der Universität Stuttgart fügt hinzu: „Eine körpereigene Herstellung von Kreatin gilt als ausreichend, solange in der Nahrung genug Protein vorhanden ist. Hierbei wird die körpereigene Herstellung dann auch direkt an den Bedarf angepasst.“ Das gilt auch, wenn Kreatin zusätzlich zugeführt wird. „Dann wird die körpereigene Herstellung vorübergehend abgeschaltet und es wird mehr Kreatin in die Muskeln ,gepumpt' als der Körper dort eigentlich haben möchte.“

Deshalb betont er: „Bei einer gesunden Lebensweise und ausgewogenen Ernährung sollte eine Zufuhr nicht nötig sein. Insbesondere sportaffine Menschen achten in der Regel schon aus anderen Gesichtspunkten ausreichend auf diese Aspekte der Ernährung.“

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Welche Nebenwirkungen kann Kreatin auslösen?

Für die meisten Menschen gilt die Einnahme von Kreatin als unbedenklich. Zumindest dann, wenn sie sich an die vorgeschriebene Dosierung halten. Das heißt jedoch nicht, dass mit der Supplementierung keine Nebenwirkungen verbunden sind. „Vor allem ein übermäßiger Verzehr kann zu Nebenwirkungen führen“, erklärt Dr. Bubeck.

Dazu zählen:

  • Störungen im Verdauungssystem: Übelkeit, Durchfall oder Magenverstimmungen gehören zu den häufigsten Nebenwirkungen. Insbesondere, wenn zu viel Kreatin eingenommen wird.

  • Beeinträchtigung der Nieren- und Leberfunktion: Eine erhöhte Kreatin-Zufuhr erhöht auch die Ausscheidung des Abbauprodukts Kreatinin. Dadurch werden die Nieren zusätzlich belastet.

  • Gewichtszunahme: Kreatin führt zu vermehrten Wassereinlagerungen in den Muskelzellen. Die zusätzliche Muskelmasse erhöht das Körpergewicht. Das ist in vielen Fällen erwünscht, in anderen Sportbereichen kann es jedoch auch leistungshemmend sein.

  • Muskelkrämpfe: Die Wassereinlagerungen in den Muskeln können Krämpfe auslösen und das Verletzungsrisiko erhöhen.

Darüber hinaus gibt es noch keine aussagekräftigen Daten oder Studien zu den möglichen Langzeitfolgen einer zusätzlichen Kreatin-Zufuhr. Deshalb sollten einige Personen lieber auf eine Supplementierung verzichten:

  • Menschen, die an einer Nieren- oder Lebererkrankung leiden

  • Menschen, die ein erhöhtes Risiko für Nierenerkrankungen haben

  • Menschen mit Diabetes oder Bluthochdruck

  • Kinder und Jugendliche im Wachstum

  • Schwangere und stillende Frauen

Generell gilt: Die Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln sollte mit Expertinnen und Experten abgesprochen werden oder unter ärztlicher Anweisung erfolgen.

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Worauf Sie beim Kauf von Kreatin-Produkten achten sollten

Im Internet oder im Einzelhandel gibt es ein großes Angebot an Kreatin-Präparaten. Es gibt sie in Form von Pulvern, Tabletten oder Kapseln. Man sollte bei der Auswahl auf jeden Fall darauf achten, ein hochwertiges Produkt zu kaufen. Denn viele Untersuchungen haben gezeigt, dass einige Produkte minderwertig oder sogar verunreinigt sind.

Die bekannteste Form ist das sogenannte Kreatin-Monohydrat. Inzwischen gibt es jedoch auch viele neuartige Produkte, die andere Formen wie Kreatin-Malat oder Kreatin-Ethyl-Ester enthalten. Davon rät der Experte jedoch ab: „Reines Kreatin-Monohydrat ist am besten erforscht und die wirksamste Form“, sagt. Dr. Bubeck.

Für andere Varianten gibt es keine aussagekräftigen Studienergebnisse. Besonders beim Kauf übers Internet oder Social Media sollten Sie deshalb besonders darauf achten, ein Produkt zu kaufen, das in der EU zugelassen ist. Minderwertige Produkte können unter Umständen gefährlich sein. „Das Produkt sollte zudem keine unnötigen Zusatz- oder Füllstoffe enthalten.“

Um beim Kauf auf Nummer sicher zu gehen, rät Dr. Dieter Bubeck, einen Blick auf die sogenannte Kölner Liste zu werfen. Nahrungsergänzungsmittel unterliegen nur wenigen Kontrollen. Die Kölner Liste ist eine Initiative, die Nahrungsergänzungsmittel und Sportlernahrung untersucht. In einer Datenbank werden die Produkte geführt, die den Qualitätskritierien entsprechen.

Fazit

Unter bestimmten Voraussetzungen kann Kreatin Ihnen einen kurzzeitigen Leistungsschub verleihen. Da es jedoch über die Nahrung aufgenommen und im Körper hergestellt wird, ist eine zusätzliche Zufuhr in den allermeisten Fällen unnötig.

Das zeigt einmal mehr: Eine ausgewogene Ernährung, die auf die individuellen Bedürfnisse abgestimmt ist, ist eine wichtige Voraussetzung für die sportliche Leistungsfähigkeit. Dann braucht es auch keine Hilfsmittel.

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Kevin Schuon

Veröffentlicht am 12.08.2025

Quellenangaben

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