Insolvenz des Geschäfts- partners: So können Sie sich absichern

Redaktion
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Wenn ein Lieferant, eine Kundin oder ein Kunde Insolvenz anmeldet, kann das schnell auch zum Problem für das eigene Unternehmen werden. Meist gibt es jedoch Anzeichen, die auf eine finanzielle Schieflage hindeuten. Ein Experte erklärt, worauf Sie achten müssen und wie Sie im Fall der Fälle handeln können.

Laut dem Statistischen Bundesamt haben im September 2023 fast 20 Prozent mehr Unternehmen Insolvenz angemeldet als im Jahr zuvor. Diese Zahlen bestätigen den Trend, dass die Zahl der insolventen Unternehmen in Deutschland seit August 2022 drastisch zunimmt.

Besonders betroffen sind laut Statistischem Bundesamt unter anderem Unternehmen aus dem Baugewerbe. Die Branche hat seit Monaten mit steigenden Zinsen, hohen Material- und Energiekosten besonders zu kämpfen.

Ein Ende dieser Tendenz ist nicht in Sicht. Es kann also jederzeit auch einen Ihrer Geschäftspartnerinnen oder Geschäftspartner treffen. Ganz egal, ob Lieferant, Auftraggeberin oder Subunternehmen: Ein Insolvenzantrag kann schnell zum Problemfall werden. Wenn Zahlungen oder Lieferungen ausfallen, kann das eine Kettenreaktion auslösen, die auch das eigene Unternehmen vor Probleme stellt. Deshalb ist es ratsam, vorzusorgen und auf Warnsignale zu achten.

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Was tun, wenn ein Geschäftspartner insolvent ist?

Ein Insolvenzverfahren hat nicht nur drastische Auswirkungen auf das betroffene Unternehmen selbst, sondern auch auf dessen Vertragspartnerinnen und -partner. Denn die Zahlungsunfähigkeit eines Geschäftspartners kann auch Ihr eigenes Unternehmen schnell in eine finanzielle Schieflage bringen.

Sollte also eine Geschäftspartnerin oder ein Geschäftspartner ein Insolvenzverfahren eröffnet haben, ist es ratsam, möglichst schnell zu handeln. Wirtschaftsprofessor Thomas Roeb von der FH Bonn-Rhein-Sieg rät, in einem solchen Fall frühzeitig juristische Hilfe in Anspruch zu nehmen. Denn offene Insolvenzverfahren können sich zu komplexen Angelegenheiten entwickeln.

Bei der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens wird vom Insolvenzgericht in der Regel ein Insolvenzverwalter eingesetzt. Dessen Aufgabe ist es, in erster Linie zu retten, was noch zu retten ist. Denn eine Insolvenz ist nicht gleichbedeutend mit der Geschäftsaufgabe. „Eine Insolvenz kann auch eine Chance für ein Unternehmen sein, um es zu retten“, betont Thomas Roeb. Wenn das nicht mehr möglich ist, sieht es meist auch für die offene Forderung schlecht aus. Kurz gesagt: „Wenn ein Unternehmen wirklich pleite ist, gibt es meist auch nicht mehr viel zu holen“, verdeutlicht Roeb.

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Um die offenen Forderungen der Gläubigerinnen und Gläubiger zu bedienen, ermittelt der Insolvenzverwalter die sogenannte Insolvenzmasse. Daraus werden dann die noch offenen Verbindlichkeiten (teilweise) beglichen. Das Ziel eines Insolvenzverfahrens ist die gleichmäßige Befriedigung aller Gläubigerinnen und Gläubiger. So steht es in der Insolvenzordnung (InsO). Das heißt etwa so viel wie: Die Insolvenzmasse wird fair unter den Gläubigerinnen und Gläubigern aufgeteilt. Auch das zählt zu den Aufgaben des Insolvenzverwalters.

„Deshalb sollten betroffene Unternehmerinnen und Unternehmer zunächst einmal herausfinden, welche Ansprüche sie geltend machen können und dies dann auch rechtzeitig tun“, erklärt Experte Thomas Roeb. Dazu gehören nicht nur offene Zahlungen, sondern beispielsweise auch Material, das auf einer Baustelle steht. Solange es noch nicht verbaut wurde, gehört es Ihnen – oder dem Lieferanten. Wenn dagegen festgelegte Leistungen noch nicht vollständig erbracht wurden, kann die Insolvenzverwaltung laut §103 der InsO dagegen bestehende Verträge einseitig kündigen.

Was versteht man unter Insolvenzanfechtung?

Das ist jedoch noch nicht alles. „Viele Unternehmerinnen und Unternehmer wissen nicht, dass ein Insolvenzverwalter auch Rückzahlungen für bereits erbrachte Leistungen einfordern kann“, betont Thomas Roeb. Das ist die sogenannte Insolvenzanfechtung. Damit können bestimmte Handlungen, die bereits vor der Eröffnung des Insolvenzverfahrens erbracht wurden, angefochten und rückgängig gemacht werden. Auch Zahlungen, welche die Schuldnerin oder der Schuldner bereits geleistet hat, können dann zurückgefordert werden. Diese gehören dann der Insolvenzmasse an.

Das geschieht insbesondere dann, wenn die Schuldnerin oder der Schuldner zum Zeitpunkt der Zahlung eigentlich bereits zahlungsunfähig war – und der Gläubiger das wusste. Das Ziel eines Insolvenzverfahrens ist es nämlich, das vorhandene Vermögen, also die Insolvenzmasse, gleichmäßig unter den Gläubigerinnen und Gläubigern aufzuteilen. Die Praxis hat jedoch gezeigt, dass viele Schuldner dazu neigen, einzelne Geschäftspartner zu bevorzugen. Das kann beabsichtigt passieren, muss es jedoch nicht. Denn in Krisensituationen müssen viele, teils schwere Entscheidungen getroffen werden.

Deshalb werden insbesondere Zahlungen, die in den letzten drei Monaten vor dem Insolvenzantrag geleistet wurden, vom Insolvenzverwalter kritisch geprüft. In Ausnahmefällen kann die Frist jedoch bis auf zehn Jahre ausgeweitet werden. „Auch hier lohnt es sich, frühzeitig mit juristischer Hilfe zu klären, welche Rückforderungen auf einen zukommen können“, sagt Thomas Roeb.

Anzeichen für die Insolvenz eines Geschäftspartners

Zu einer Insolvenz kommt es nicht von heute auf morgen. In der Regel befand sich das betroffene Unternehmen meist bereits zuvor in Schwierigkeiten. Zwar werden Sie keine genauen Auskünfte über die finanzielle Lage einer Geschäftspartnerin oder eines Geschäftspartners bekommen, es gibt jedoch Anzeichen, die Sie beachten können.

  • Ein Betrieb bittet regelmäßig um einen Vorschuss für Leistungen, die in der Zukunft liegen. Beispielsweise, um Material bezahlen zu können. Oder es wird mit der Einstellung des Auftrags gedroht, sollten Zahlungen nicht sofort geleistet werden.

  • Ein Unternehmen kann Fristen (für Zahlung oder Leistung) regelmäßig nicht einhalten oder einzelne Aufträge gar nicht mehr bedienen.

  • Eine Auftraggeberin oder Auftraggeber überschreitet regelmäßig das Zahlungsziel oder bittet um Aufschub oder Ratenzahlung.

  • Ein Unternehmen hat jüngst mehrere Mitarbeitende entlassen und dies erscheint grundlos.

  • Die Qualität der erbrachten Leistung oder gelieferten Ware lässt merklich nach.

  • Ein langjähriger Lieferant gewährt nicht mehr die bisher üblichen Skonti-Abzüge.

Im Unternehmensregister des deutschen Bundesanzeigers können Sie sich zudem Informationen zu möglichen Geschäftspartnern einholen. Ebenso können alle laufenden Insolvenzverfahren ab 1999 eingesehen werden. Dort werden Unternehmen gelistet, wenn sie einen Insolvenzantrag gestellt haben. Auskunfteien wie die Schufa, Deltavista oder Creditreform können zudem einen Einblick in die Kreditwürdigkeit eines Unternehmens geben. Dabei ist jedoch auch eine gewisse Vorsicht geboten. Denn diese Informationen beziehen sich auf die Vergangenheit.

„Vielleicht stand auch schon einmal etwas über das besagte Unternehmen in der Presse“, ergänzt Thomas Roeb. „Zudem ist es immer ratsam, sich bei bekannten Firmeninhaberinnen oder -inhabern zu erkundigen, die bereits mit dem möglichen Geschäftspartner zusammengearbeitet haben.“ Genauso ratsam ist es, sich persönlich beim potenziellen Geschäftspartner vorzustellen. Dann können Sie sich vor Ort selbst einen Eindruck über den Zustand des Betriebs verschaffen.

Richtig vorbeugen: Mit diesen Tipps kann man sich absichern

Wenn Sie merken, dass sich ein Geschäftspartner in einer Problemsituation befindet, sollten Sie den Kontakt zur Geschäftsführerin oder zum Geschäftsführer suchen. „Denn dann geht es darum, den eigenen Schaden so minimal wie möglich zu halten“, erklärt Thomas Roeb. Suchen Sie gemeinsam nach einer Lösung.

Handwerks-Unternehmen sollten grundsätzlich auf eine finanzielle Absicherung achten. Zum Beispiel durch regelmäßige Abschlagsrechnungen, wenn Leistungen erbracht wurden. „Handwerkerinnen und Handwerker gehen ja immer in eine gewisse Vorleistung“, verdeutlicht Thomas Roeb. Deshalb ist es umso wichtiger, bei großen Aufträgen regelmäßig abzurechnen. Ebenso wichtig ist es, im Blick zu haben, welche Forderungen bereits geleistet wurden. Das gilt übrigens auch, wenn keine Insolvenz droht.

Ein weiterer Tipp des Experten ist ein gesundes Risikomanagement. Wenn ein Auftrag zu schön scheint, um wahr zu sein, ist er das meist auch. „Da sollten sich Unternehmerinnen und Unternehmer schon die Frage stellen, was im schlimmsten Fall passieren kann“, betont er. „Aufträge, die einen selbst in den Ruin stürzen können, sollte man grundsätzlich nicht annehmen. So verlockend sie manchmal auch sein können.“ Denn im schlimmsten Fall droht dann ein eigenes Insolvenzverfahren.

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Veröffentlicht am 02.11.2023

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