Person benutzt Stempelkarte in Stechuhr bei der Arbeit.

Grundsatz-urteil: Arbeitszeit-erfassung wird Pflicht

Arbeitgebende sind nach einem Grundsatzurteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) gesetzlich dazu verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung im Betrieb einzuführen. Dies ergibt sich aus einer Regelung im Arbeitsschutzgesetz.

Rechte des Betriebsrats

Der Betriebsrat hat nach Ansicht des BAG hingegen kein Initiativrecht für die Einführung eines Systems zur Arbeitszeiterfassung im Betrieb. Demnach kann der Betriebsrat die Einführung einer Arbeitszeiterfassung auch nicht mithilfe der Einigungsstelle erzwingen. Ein Mitbestimmungsrecht nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz bestehe nur, wenn und soweit die betriebliche Angelegenheit nicht schon gesetzlich geregelt ist, so die Erfurter Richter.

Arbeitsschutzgesetz als Grundlage

Das BAG ist der Auffassung, dass bereits eine gesetzliche Pflicht zur Einführung eines Arbeitszeiterfassungssystems besteht. Diese Pflicht ergebe sich aus § 3 Abs. 2 Nr. 1 Arbeitsschutzgesetz. Danach müssen Arbeitgebende zur Planung und Durchführung von Maßnahmen, die die Sicherheit und Gesundheit der Beschäftigten bei der Arbeit beeinflussen, für eine geeignete Organisation sorgen und die erforderlichen Mittel bereitstellen. Dadurch seien Arbeitgebende dazu verpflichtet, ein System zur Arbeitszeiterfassung der Arbeitnehmenden einzuführen.

Stechuhr-Urteil des EuGH

Mit seinem Urteil knüpft das BAG an das sog. Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019 an (Aktenzeichen C-55/18). Der EuGH hatte entschieden, dass Arbeitgebende in der EU ein System einzurichten haben, mit dem die Arbeitszeiten gemessen werden können. Die tägliche Arbeitszeit eines Arbeitnehmenden und die Zahl der geleisteten Überstunden könnten sonst nicht objektiv und verlässlich ermittelt werden.

Bisherige Rechtslage in Deutschland

Der deutsche Gesetzgeber muss diese Vorgabe des EuGH umsetzen, hat dies aber bis jetzt nicht getan. Nach bisheriger Rechtslage in Deutschland müssen zwar Überstunden und Sonntagsarbeit aufgezeichnet werden, eine flächendeckende Rechtsgrundlage zur Erfassung der kompletten Arbeitszeit fehlt bislang aber. Das BAG-Urteil vom 13. September 2022 (Aktenzeichen 1 ABR 22/21) hat diese Verpflichtung nun ergänzt.

Das Bundesarbeitsministerium stellt auf seiner Homepage einen FAQ-Katalog zur Arbeitszeiterfassung vor dem Hintergrund der beiden Urteile zur Verfügung: https://www.bmas.de/DE/Arbeit/Arbeitsrecht/Arbeitnehmerrechte/Arbeitszeitschutz/Fragen-und-Antworten/faq-arbeitszeiterfassung.html