Ausbildung und Neben­job: Keine einfache Finanz­spritze

Redaktion
IKK classic

Seit Januar 2020 können sich neue Azubis über einen Mindestlohn freuen. Doch bei Ausbildungsstart landen am Monatsende dennoch nur gut 500 Euro auf dem Konto. Mit Miete, Handyrechnung und Einkäufen ist das schnell weg – ein Nebenjob muss her. Was es dabei zu beachten gibt und wann es sich wirklich lohnt, erfährst du hier.

Wer sein Hobby zum Beruf macht, muss nie wieder arbeiten – immerhin verdient man dann mit den Tätigkeiten Geld, die einem am meisten Spaß machen. Wie du das schaffen kannst, erfährst du in der neuen Folge von "Ausbildung? Machen wir.", dem Azubi-Podcast der IKK classic.

Podcast "Ausbildung? Machen wir.", Folge 11 – Visual.

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Kläre alle Fragen

Doch auch wenn du dein Hobby nicht hauptberuflich betreiben möchtest oder kannst – Geld verdienen lässt sich damit trotzdem. Wer in einer Band spielt, bekommt womöglich etwas Geld durch regelmäßige Auftritte, auch mit Basteln lässt sich die Azubi-Kasse aufbessern, wenn du zum Beispiel DIY-Schmuck verkaufst. Und hast du Freude am Schreiben, kannst du deine Werke anbieten oder Hausarbeiten Korrekturlesen.

Ganz egal ob du dein Gehalt aufbessern oder mit deinem Hobby Geld verdienen möchtest: Bevor du dich in die Nebentätigkeit stürzt, solltest du einige Dinge klären: Lässt sich der Job mit deiner Ausbildung vereinbaren? Wann werden Steuern fällig? Und wie lange und wann darfst du überhaupt arbeiten?

Sprich mit deinem Ausbildungsbetrieb

Bevor du einen Nebenjob antrittst, musst du deinen Ausbildungsbetrieb darüber informieren. Deine Ausbildung darf durch eine Nebentätigkeit nicht gefährdet sein! Außerdem solltest du nicht für die Konkurrenz arbeiten. 

Dein Chef darf außerdem einschreiten, falls es sich um eine Arbeit handelt, bei der du dich verletzen könntest. Auch wenn deine Leistungen in der Ausbildung unter dem Aufwand des Nebenjobs leiden oder du die vorgeschriebenen Ruhezeiten nicht einhältst, kann dir der Nebenjob verboten werden. Solltest du trotz des Widerspruchs deines oder deiner Vorgesetzten weiterarbeiten, ist das ein Verstoß gegen deinen Arbeitsvertrag – und es droht eine Abmahnung oder sogar Kündigung.

Achte auf dein Stundenkonto

Für minderjährige Azubis heißt das: Sie dürfen keinen Nebenjob antreten. Denn unter 18-Jährige dürfen maximal 40 Stunden pro Woche arbeiten – das ist durch die Ausbildung schon ausgeschöpft. Volljährige Auszubildende dagegen dürfen maximal 48 Stunden an sechs Werktagen arbeiten – somit bleiben acht Stunden pro Woche für den Nebenjob.

Dabei kommt es nicht auf die tägliche Arbeitszeit an, sondern die durchschnittliche Stundenzahl. Arbeitest du also an einem Tag nur sechs Stunden, kannst du an einem anderen Tag 10 Stunden arbeiten. Überstunden sind allerdings nur möglich, wenn sie innerhalb von 6 Monaten oder 24 Wochen ausgeglichen werden.

Dazu kommt, dass du die Ruhezeit von elf Stunden zwischen Dienstende und -beginn einhalten musst. Damit darfst du dich zum Beispiel unter der Woche nicht mehr abends an die Supermarktkasse setzen – derartige Tätigkeiten kannst du nur am Wochenende ausüben. Auch im Urlaub darfst du nicht arbeiten, denn der ist ausschließlich für deine Erholung gedacht.

Ein Tag in der Berufsschule gilt als kompletter Arbeitstag. Das bedeutet: Auch wenn du beispielsweise effektiv nur 5 Stunden Berufsschule an einem Tag hast, werden dir 8 Stunden Arbeitszeit dafür angerechnet.

Du solltest nicht zu viel dazuverdienen

Verdienst du über 450 Euro monatlich, musst du Steuern und Sozialversicherung zahlen. Bei maximal 450 Euro Einkommen arbeitest du brutto für netto – das Geld wandert ohne Abgaben in deine Tasche.

  • Versicherungspflicht

    Eine Beschäftigung ist sozialversicherungspflichtig, wenn dein Jahreseinkommen 5.400 Euro überschreitet. Die Tätigkeit bleibt auch ein Minijob, wenn du einmal über 450 Euro überwiesen bekommst, dann musst du aber in einem anderen Monat weniger verdienen.

  • Einkommensteuer

    Die Einkommensteuergrenze liegt 2021 bei einem Jahresgehalt von 9.744 Euro brutto – schon bei einem Euro mehr wird die Steuer fällig. Bei einem 450-Euro-Job hast du aber keine Probleme.

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Achte auf Freibeträge bei staatlicher Unterstützung

Du bekommst staatliche Unterstützung? Dann solltest du vor dem Antritt eines Nebenjobs berechnen, ob sich ein Nebenjob überhaupt lohnt. Denn ein höheres Jahreseinkommen kann Auswirkungen auf die Höhe finanzieller Beihilfen haben.

  • BAföG

    Hier ist ein 450-Euro-Job kein Problem. Handelt es sich bei deiner Nebentätigkeit um einen Minijob, erhältst du denselben BAföG-Betrag wie vorher: Denn hier gilt ein Freibetrag von 5.400 Euro im Jahr. Verdienst du mehr, wird dir das vom BAföG-Satz wieder gestrichen.

  • Berufsausbildungsbeihilfe (BAB)

    Beim BAB ist es komplizierter. Hier gilt ein Freibetrag von monatlich 255 Euro. Das bedeutet: wenn du mehr als 255 Euro nebenher verdienst, wird die Differenz von deinem BAB abgezogen.

    Ein Beispiel: In deiner Nebentätigkeit verdienst du 400 Euro, dein BAB-Satz beträgt 150 Euro. 400 minus den Freibetrag von 255 Euro sind 145 Euro. Abgezogen von deinem vorherigen BAB-Betrag von 150 Euro bleiben 5 Euro BAB für dich übrig. Rechne also vorher durch, ob sich das in deinem konkreten Fall lohnt oder lass dich beraten.

  • Kindergeld

    Das Kindergeld ist einkommensunabhängig. Solange du dich in der Ausbildung befindest, steht dir die Leistung bis zu deinem 25. Lebensjahr zu, ganz egal, was du verdienst. Hast du maximal ein Geschwisterkind, sind das aktuell (Stand: Juni 2021) 219 Euro. 

Selbstständige Tätigkeiten

Wenn du nicht als Aushilfe in einem 450-Euro-Job arbeiten willst, kannst du auch freiberuflich arbeiten. Ein regelmäßiges Einkommen musst du allerdings beim Finanzamt melden. Eine einfache Möglichkeit bietet die Kleinunternehmer-Regelung: Dabei erhebt das Finanzamt keine Umsatzsteuer – umgangssprachlich Mehrwertsteuer genannt. Vorausgesetzt: Du verdienst nicht mehr als 22.000 Euro im Jahr. 

Du musst dich beim Finanzamt anmelden und jährlich eine Steuererklärung abgeben. Zusätzlich braucht das Amt eine Schätzung, wie viel Umsatz du machst. Insgesamt darf dein Umsatz dein Azubi-Gehalt nicht übersteigen, anderenfalls musst du dich unter Umständen selbst versichern. Neben dem bürokratischen Aufwand solltest du auch bei einer freiberuflichen Tätigkeit die gesetzlichen Arbeitszeitregelungen beachten – denn deine Ausbildung hat oberste Priorität.

Und auch für freiberufliche Tätigkeiten gilt: Zusätzliches Einkommen kann dir auf staatliche Unterstützungsleistungen angerechnet werden, sobald du die Freibeträge überschreitest. Rechne also vorher durch, ob sich der Aufwand lohnt. Lass dir am besten von einer Steuerberatung helfen.

Solltest du neben der Ausbildung jobben? Tipps von Sarah Walter

Du bist dir nicht sicher, ob du dich als Azubi für einen Nebenjob entscheiden sollst? Oder du fragst dich, wie du deine Vorgesetzten um Erlaubnis bittest? Sarah Walter von azubi.de hat wertvolle Tipps für dich. In  Folge 11 unseres Podcasts "Ausbildung? Machen wir." beantwortet die Expertin noch mehr Fragen rund um die Ausbildung.

  • Welche Gründe sprechen aus deiner Sicht für einen Nebenjob in der Ausbildung?

    Der häufigste Grund, warum sich Azubis für einen Nebenjob entscheiden, ist das Thema Geld. Oft reicht das Ausbildungsgehalt allein nicht aus, um den Lebensunterhalt zu finanzieren.

    Grundsätzlich rate ich aber eher von einem Nebenjob ab. Eine Ausbildung kann sehr fordern und anstrengend sein. Mit einem Nebenjob fehlt einem oft die Konzentration und nötige Energie. Deshalb sollten Auszubildende den Fokus auf die Ausbildung legen und sich während der Lehrjahre eher mit Hilfen vom Staat finanziell unterstützen lassen.

    Eine Ausnahme gibt es: Wovon ich nicht abraten würde, sind freiberufliche Tätigkeiten. Wenn du zum Beispiel ein kreatives Talent hast und Bilder malst und verkaufst, ist das eine gute Sache. Und wenn die Tätigkeit sogar noch zu deiner Ausbildung passt, ist das noch besser. Wenn du zum Beispiel eine Ausbildung zur Gestalterin oder zum Gestalter für Medien und Grafik machst und nebenbei dein eigenes Business etablierst, schafft das Synergien und macht Spaß. Außerdem bist du in der Regel flexibler und kannst einfacher entscheiden, ob du gerade Zeit hast und freiberufliche Aufträge annehmen kannst.

  • Wie findet man den passenden Nebenjob?

    Jobbörsen bieten sich super an, um nach Nebenjobs zu schauen. Gerade im ländlichen Gebiet finden sich Nebenjobs aber auch über Ausschreibungen in Zeitungen, auch wenn das erstmal oldschool klingt. Du kannst natürlich auch einfach mal im Freundeskreis nachfragen.

  • Welche Tipps hast du für Azubis, die ihre Chefin oder ihren Chef nach der Erlaubnis für einen Nebenjob fragen?

    Du solltest die Ausbilderin oder den Ausbilder auf jeden Fall fragen, bevor du den Nebenjob anfängst und nicht, wenn du ihn schon hast. Erkläre im Gespräch, warum du den Nebenjob brauchst. Und nutze die Chance, um deine Vorgesetzten zu beruhigen, dass der Nebenjob deine Ausbildung nicht beeinträchtigen wird.

  • Was, wenn Vorgesetzte den Nebenjob verbieten?

    Wenn die Arbeitgeberin oder der Arbeitgeber den Nebenjob verweigert, solltest du fragen, warum das der Fall ist. Die Nebentätigkeit kann zum Beispiel untersagt werden, wenn dein Ausbildungsvertrag beziehungsweise das Ausbildungsziel gefährdet ist. Das ist zum Beispiel der Fall, wenn du aufgrund des Nebenjobs bei deiner Ausbildung zu müde bist, deine Noten schlechter werden, du unentschuldigt fehlst oder dein Berichtsheft nicht mehr regelmäßig führst.

    Verbietet dir dein Ausbilder einen Nebenjob auf Basis dieser Gründe, ist das Verbot legal. Du kannst aber versuchen, einen Kompromiss mit deiner Ausbilderin oder deinem Ausbilder zu finden. Schlage zum Beispiel vor, andere Schichten in deinem Nebenjob zu übernehmen, damit du für die Ausbildung erholt bist. Oder versprich bessere Noten – und zeig dann auch Ergebnisse. Gegebenenfalls solltest du die Arbeitsstunden in deinem Nebenjob reduzieren.

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IKK classic

Veröffentlicht am 27.05.2021

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