Das Mittagessen als teambildende Massnahme: Integration durch gemeinsames Kochen

Es ist nicht allein die Liebe, die durch den Magen geht – zumindest abseits von Sprichwörtern. Was tatsächlich durch gemeinsames Essen entstehen kann, ist ein Gefühl von Zusammengehörigkeit. Und das ist gerade im Handwerk nicht zu unterschätzen. Denn wie gut Kollegen miteinander arbeiten, hängt unter anderem vom Draht ab, den sie zueinander haben.

Doch was, wenn kulturelle oder sprachliche Hürden im Weg stehen, zum Beispiel wenn Menschen unterschiedlicher Nationalitäten zusammen arbeiten oder Flüchtlinge in ein bestehendes Team integriert werden sollen? Alles halb so wild. Denn durch gemeinsames Essen und Trinken können Verständigungsprobleme im Handwerks- oder Büroalltag mindestens vorübergehend in den Hintergrund treten.

Unterschiedliche Kulturen an einen Tisch versammeln

Spannungen aufgrund kultureller Unterschiede können durch den direkten Kontakt oftmals vermieden werden – oder sie entstehen erst gar nicht. Vorgesetzte in Betrieben, in denen zum Beispiel Flüchtlinge eine Ausbildung begonnen haben, können bereits mit wenigen Maßnahmen einen positiven Rahmen schaffen. In diesem haben Mitarbeiter dann die Möglichkeit, ungezwungen aufeinander zuzugehen. Besonders gut gelingt dies beispielsweise durch gemeinsames Essen.

Also seien Sie gespannt, welche kulinarischen Genüsse Ihre Kollegen aus den unterschiedlichsten Teilen der Welt mitbringen. Und welchen Einfluss die gemeinsamen Pausen auf Teamgeist und Leistungsbereitschaft Ihrer Belegschaft haben!

Essen und Kochen als "Möglichkeiten der Begegnung" am Arbeitsplatz

Die Art, wie Menschen miteinander umgehen, was sie als positiv und negativ empfinden, wird zum Großteil von ihrer Kultur geprägt, erklärt Diplom-Pädagogin Lubina Nikolov von der Diakonie Augsburg. "Kommunikation und Zusammenarbeit zwischen Menschen aus verschiedenen Teilen unserer Welt kann nur gelingen, wenn ein Bewusstsein für die Unterschiede und Vielfalt der Kulturen geschaffen werden kann", sagt die Pädagogin.

Indem Gemeinsamkeiten gefunden werden, könne das Gefühl entstehen, dass der andere "gar nicht mal so anders" sei. Außerdem bestünde die Chance, dass dadurch das "Fremde" akzeptiert wird. So könne auch im Handwerk und anderen Betrieben verhindert werden, dass Andersartigkeit als Bedrohung wahrgenommen wird – "indem man Möglichkeiten der Begegnung schafft, wie zum Beispiel beim gemeinsamen Kochen und Essen".

Wenn die Kollegen gemeinsam kochen, bekommen alle die Möglichkeit, sich besser kennenzulernen. Außerdem können Menschen mit Migrationshintergrund die Chance sowohl ideal dafür nutzen, neue Kontakte zu knüpfen und ein Netzwerk aufzubauen als auch die neu erlernte Sprache in einem ungezwungenen Umfeld anzuwenden.

Gemeinsames Kochen und Essen fördert die Leistung

Positive Auswirkungen hat gemeinsames Essen dabei nicht nur für das soziale Miteinander. Die Ergebnisse einer Studie der US-amerikanischen Cornell Universität besagen: Gruppen, die gemeinsam essen, erbringen eine bessere Leistung.

Dafür beobachtete der Autor der Studie, Professor Kevin Kniffin, 50 US-amerikanische Feuerwachen in Großstädten. Er stellte fest: Teams, die selten miteinander aßen, legten eine schlechtere Performance an den Tag als gemeinsame Esser. Das gelte seiner Meinung nach vor allem für Berufe, bei denen angepackt werden muss – also beispielsweise im Handwerk.

Ernährung

Der ideale Pausenraum

Wer Leistung erbringen soll, braucht regelmäßig eine Pause. Von der Arbeit erholen können sich Arbeitnehmer in Pausenräumen. Wie dieser aussehen muss, ist zum Teil gesetzlich geregelt. Was Arbeitgeber beachten müssen. Artikel lesen

So sorgen Sie für kulturelle Vielfalt auf den Tellern und um den Tisch

Wie genau gemeinsames Essen oder Kochen am besten in den Alltag eines Handwerksbetriebs integriert wird, hängt vom Unternehmen ab. Beginnen die Arbeitszeiten besonders früh, würde sich beispielsweise eher ein gemeinsames Frühstück als ein Mittagessen anbieten. Auch wie häufig diese Team-Events stattfinden sollten, hängt ganz vom Betrieb und den Mitarbeitern ab. Vorgesetzte sollten die gemeinsamen Essen am besten mit dem Team besprechen. Wichtige Fragen könnten dabei etwa lauten: Wie lässt sich gemeinsames Essen oder Kochen in den Arbeitsalltag integrieren? Wie oft wünscht sich die Belegschaft diese Essen? In welchem Rahmen sollen sie stattfinden?

4 Möglichkeiten für gemeinsame Pausen im Betrieb

Wenn man ehrlich ist, sind unsere Essgewohnheiten sogar in ein und demselben Kulturkreis ziemlich verschieden. So könnte gemeinsames Essen und Kochen in Ihrem Unternehmen aussehen:

  • Jeder bringt sich selbst etwas mit

    Bei einem gemeinsamen Essen können sich die Mitarbeiter in einem lockeren Rahmen zusammensetzen. Die ungezwungenste Variante ist, dass sich jeder etwas selbst mitbringt. Der Vorteil: Durch den geringen Organisationsaufwand können diese Essen auch täglich stattfinden. Spätestens, wenn der erste etwas Unbekanntes zu Essen auspackt, gibt es Gesprächsstoff. Und das bringt das Team näher zusammen.

  • Leckereien aus der Heimat für das Team

    Eine kleine Variation der ersten Option: Jedes Mal bringt jemand anderes eine kleine Besonderheit aus seiner Heimat mit zum gemeinsamen Essen. Diese wird dann brüderlich geteilt. Da selbst die unterschiedlichen Regionen Deutschlands ihre eigenen Delikatessen und Rezepte haben, wird das garantiert nicht so schnell langweilig.

  • Das eigene Lieblingsessen für die Kollegen kochen

    Noch persönlicher wird es, wenn ein Kollege für die anderen Teammitglieder kocht – zum Beispiel sein Leibgericht. Das geht besonders gut in kleineren Betrieben. Natürlich sollte der Koch im Vorfeld klären, ob jemand aus dem Team aufgrund von Allergien oder aus religiösen Gründen etwas nicht verträgt beziehungsweise essen darf. Alleine diese Nachfragen regen schon das Kennenlernen an.

  • Gemeinsames Kochen fördert die Integration

    Noch intensiver wird das Essen zwischen den Kulturen, wenn nicht nur gemeinsam gegessen, sondern auch gemeinsam gekocht wird. Das nimmt natürlich mehr Zeit in Anspruch. Bei dieser Variante lohnt sich die Überlegung, das Ganze nur einmal im Monat stattfinden zu lassen oder auch mal als ein Abend-Event.

Regeln für einen harmonischen Blick über den Tellerrand

Damit alles möglichst reibungslos verläuft, können folgende Regeln helfen:

  • Niemand sollte sich gezwungen fühlen, an den gemeinsamen Essen teilzunehmen.

  • Es wird niemand dafür ausgelacht, was er mitbringt oder für die anderen kocht.

  • Versuchen Sie eine Routine zu finden. Dadurch werden die gemeinsamen Essen zur Normalität.

  • Probieren geht über Studieren: Alle Mitarbeiter sollten neugierig und offen an die Sache herangehen.

  • Finden Sie ein gutes Maß und die richtige Art für Ihren Betrieb.

  • Wollen Sie gemeinsam Kochen oder einer für alle, legen Sie ein Limit fest, wieviel das Ganze kosten darf. Alternativ kann auch einfach jeder Mitarbeiter 2-3 Euro für das gemeinsame Essen beisteuern.

Hammer

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