Bandscheiben­vorfall: Und was jetzt?

Redaktion
IKK classic

Plötzlich ist er da, der starke Schmerz im Rücken. Er macht jede Bewegung zur Qual und trägt den Namen Bandscheibenvorfall – fast jeder Betroffene fürchtet eine operative Behandlung. Dabei muss die nicht immer sein ...

Was passiert bei einem Bandscheibenvorfall?

Bei einem Bandscheibenvorfall gerät das natürliche Puffersystem der Bandscheibe (siehe Info-Kasten) aus den Fugen. Aufgrund von Fehl- und Überbelastungen verrutscht der gallertähnliche Kern und drückt permanent gegen seinen äußeren Faserring. Die Folge: eine Bandscheibenvorwölbung (Protrusion). Allein diese Vorwölbung kann sich schmerzhaft auf einzelne Nerven, Nervenbündel, Nervenwurzeln oder das Rückenmark auswirken. Ist der Faserring selbst instabil geworden, tritt der Gallertkern sogar aus, der Prolaps (alias der Bandscheibenvorfall) ist komplett. Diesen spürt der Patient ebenfalls durch einen sehr starken Schmerz.

In beiden Fällen suchen Betroffene am besten zeitnah ihren Hausarzt auf. Der überweist sie zur umfassenden neurologischen Untersuchung an einen Neurologen, Orthopäden oder Neurochirurgen. Bildgebende Verfahren wie die Magnetresonanztomographie (MRT) machen eine genauere Diagnose hinsichtlich der Schwere des Vorfalls möglich. In einigen Fällen kann der Kern komplett aus der Bandscheibe herausrutschen, oft tritt jedoch nur ein Teil aus. Manchmal bleiben die umliegenden Strukturen auch unberührt und der Patient bemerkt den Bandscheibenvorfall gar nicht.

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Aufbau und Funktion der Bandscheiben

Eine schön bewegliche Wirbelsäule – ohne Bandscheiben wäre sie undenkbar. Denn die Bandscheiben verbinden die einzelnen Wirbelkörper auf eine sehr flexible Art. Zum einen ermöglichen sie eine Vorbeugung und Drehung des Oberkörpers. Zum anderen sorgen die Bandscheiben für stabilen Halt zwischen den Wirbelkörpern. Obendrein dienen sie als Puffer: Die insgesamt 23 Bandscheiben sind nämlich in der Lage, Druck von oben, unten und von der Seite abzufedern. Gut so, denn bei allem was wir im Alltag mit unserem Körper tun – sitzen, stehen, schwer heben oder joggen – bekommt die Wirbelsäule die Schwerkraft zu spüren.

Die Bandscheiben schaffen Ausgleich, indem sie unter der Belastung ähnlich wie ein Schwamm zusammengestaucht werden und Flüssigkeit abgeben. Dabei schieben sie sich ein kleines Stück über den Rand des Wirbelkörpers hinaus. Sobald in einer liegenden Position Entlastung angesagt ist, holen sich die Bandscheiben frische Flüssigkeit aus dem umliegenden Gewebe zurück.

Vom Aufbau erinnern die Bandscheiben an ein gefülltes Hustenbonbon: Der äußere Faserring umschließt einen gallertartigen Kern. Der besteht zu 80 bis 85 Prozent aus Wasser. Feste, aber dennoch dehnbare Bindegewebsfaserschichten halten den äußeren Faserring zusammen.

Welche Ursache hat ein Bandscheibenvorfall?

Ein Bandscheibenvorfall passiert in den allerseltensten Fällen über Nacht. Viel mehr sind jahrelange Fehlbelastungen wie falsches Heben von schweren Lasten oder stundenlanges Sitzen vorm PC in einer schlechten Körperhaltung die Ursache. Auch Übergewicht spielt eine entscheidende Rolle. Gerade ein großer Bauch sorgt für eine permanente Überlastung der Rückenmuskulatur. Die kapituliert irgendwann und die Bandscheiben müssen die Stabilisierungsarbeit übernehmen. Dazu sind diese aber nicht gemacht.

Selbst wenn die Waage Normalgewicht anzeigt, kann eine untrainierte Rumpfmuskulatur falsche Bewegungen nicht abfedern. Die Folge: Die Bandscheiben geraten aus den Fugen. In der Jugend verzeiht der Körper solche Fehler noch. Aber der natürliche Alterungsprozess verstärkt die Anfälligkeit. Das Gewebe speichert weniger Wasser, die Elastizität des Bindegewebes lässt nach – und das bereits ab dem 30. Geburtstag. Kein Wunder also, dass die meisten Bandscheibenvorfälle zwischen 30 bis 50 Jahren auftreten. Dann, wenn jeder Erwachsene glaubt, voll leistungsfähig zu sein.

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Welche Symptome begleiten einen Bandscheibenvorfall?

Oft läuft ein lange ignorierter Rückenschmerz auf einen Bandscheibenvorfall hinaus. Die Ursache für die eigentliche Verletzung, also die Vorwölbung oder der Riss der Bandscheibe, ist dann eine einmalige ungünstige Bewegung. Starker Rückenschmerz auf Höhe der Lendenwirbelsäule, Brustwirbelsäule oder Halswirbelsäule ist ein typisches Symptom. Jedoch kann der Schmerz auch ausstrahlen, ein Kribbeln oder gar Taubheitsgefühle in den Armen oder Beinen auslösen. Lähmungen sowie Blasen- und Darmentleerungsstörungen sind ebenfalls nicht auszuschließen. Trifft der Bandscheibenvorfall auf den Ischiasnerv, zieht der Schmerz heftig ins Gesäß oder Bein. Die Schmerzen können auch nur ein 'harmloser' Hexenschuss sein, manchmal setzen sie einem BSV aber auch die Krone auf. 

Tipp: Ist man nicht sicher, ob es sich um einen Bandscheibenvorfall handelt, hilft ein einfacher Selbst-Test. Der Lasègue-Test funktioniert nur für einen Vorfall im Bereich der Lendenwirbelsäule, dem sogenannten lumbalen Bandscheibenvorfall. Der tritt laut der Deutschen Gesellschaft für Neurologie am häufigsten auf, da die Belastung auf diesen Bereich des unteren Rückens am größten ist. Für den Test legt sich der Patient auf den Rücken und hebt das schmerzende Bein gestreckt so weit wie möglich nach oben an. Stoppt ein starker Schmerz, der vom Bein in den Rücken fährt, die Bewegung, liegt wahrscheinlich ein Bandscheibenvorfall vor.

Welche Therapie ist bei einem Bandscheibenvorfall sinnvoll?

Treten akute Lähmungen oder Probleme mit der Blase beziehungsweise dem Mastdarm auf, muss ein Bandscheibenvorfall direkt operativ behandelt werden. Der Fachbegriff für diese Behandlung lautet Diskektomie. Dabei wird die ausgetretene Masse meistens über ein minimal-invasives Verfahren komplett entfernt. Das Ziel bei dem Eingriff mit einer nur sehr kleinen Schnittwunde ist, den Druck von der Nervenwurzel zu nehmen. Teilweise wird auch der im Faserring verbliebene Kern entfernt. Das hat Vor- und Nachteile: Ist der Kern nicht mehr vorhanden, kann er in Zukunft nicht mehr austreten. Allerdings verliert die Bandscheibe dadurch ihre natürliche Pufferfunktion.

Eine sofortige operative Maßnahme bildet eher die Ausnahme. Generell gilt es nach persönlichem Empfinden abzuwägen, welche Behandlung in Frage kommt. In der Regel sind die Beschwerden wie Schmerz oder Taubheitsgefühl mit einem Eingriff schneller verschwunden. Allerdings kann die Operation selbst ebenfalls Schmerz verursachen. Zudem ist die Regeneration der Bandscheibe nach einem Jahr genauso weit fortgeschritten, wie ohne die operative Behandlung.

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Die meisten Betroffenen entscheiden sich (zunächst) für eine konservative Therapie. Dabei hat die Schmerzlinderung oberste Priorität. Denn trotz der Beschwerden ist Bewegung wichtig, um die Funktion der Bandscheibe wieder herzustellen. Freiverkäufliche Schmerzmittel helfen, eine Schonhaltung zu vermeiden, die sonst im schlimmsten Fall zum nächsten Bandscheibenvorfall führt. Sollte der Schmerz jedoch nach spätestens zwei Tagen nicht nachlassen, müssen verschreibungspflichtige Medikamente her.

Physiotherapie und Wärmeanwendungen wie Fangopackungen oder Rotlicht unterstützen die Schmerzreduktion und lösen Muskelverspannungen. Zudem sollten regelmäßig Rückenübungen in Eigenregie ausgeführt werden. Die passenden Bewegungen zeigt der Physiotherapeut. Teilweise helfen auch Massagen, die akute Schmerzphase zu überstehen.

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Wie schnell heilt ein Bandscheibenvorfall?

Jeder Bandscheibenvorfall verläuft anders. Im Schnitt braucht der Körper etwa sechs Wochen, um die ausgetretene Flüssigkeit selbst abzubauen und damit den Druck von den Nervenwurzeln zu nehmen. In dieser Zeit sollten sich die Beschwerden deutlich verringern. Wenn nicht, kann unter Umständen doch noch eine Operation notwendig sein. Bis sich der äußere Faserring der Bandscheibe komplett erholt hat, vergeht bis zu einem Jahr. Eine starke Rumpfmuskulatur entlastet die Bandscheiben und unterstützt somit den Heilungsprozess. Auch wenn der Schmerz verschwunden ist, ist es daher ratsam regelmäßig Übungen für die Bauch- und Rückenmuskeln auszuführen.

Wie kann ich mich vor einem Bandscheibenvorfall schützen?

Nicht nur in der Therapie, sondern auch in der Prävention ist Bewegung das A und O.

Um eine Überlastung der Bandscheiben zu vermeiden, gilt es, die Muskeln rund um die Wirbelsäule in Form zu halten. Jede Übung, die Sie zu Hause oder im Fitnessstudio für Ihren Rücken und Ihren Bauch ausführen, schützt Sie vor Schmerz und neuen Beschwerden. Müssen Sie im Arbeitsalltag schwere Lasten bewegen, achten Sie auf eine rückengerechte Haltung.

Tipp: Gehen Sie zuerst in die Knie, um einen Gegenstand anzuheben. Sich stattdessen einfach nach vorn zu beugen, belastet die Bandscheiben extrem. Da diese sich vor allem in der Nacht mit neuer Flüssigkeit füllen (das ist übrigens der Grund, warum wir morgens etwas größer sind als am Abend), achten Sie Ihrem Rücken zuliebe auf ausreichend Schlaf. Zudem hält Flüssigkeit das Bindegewebe geschmeidig. Trinken Sie also ausreichend Wasser oder ungesüßten Tee. Kalorienhaltige Getränke wie Energy Drinks fördern Übergewicht, was den Bandscheiben nicht gut tut. Aus diesem Grund beugt eine gesunde, ausgewogene Ernährung einem Bandscheibenvorfall ebenfalls vor.

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Veröffentlicht am 11.11.2019

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