Wenn das Baby da ist: Nachsorge bei der Hebamme

Redaktion
IKK classic

Eine Hebamme bietet im Zuge der Nachsorge professionelle Betreuung und Unterstützung in den ersten Tagen und Wochen nach der Geburt. Sie kontrolliert die Wundheilung, den Verlauf der Rückbildung und ist erster Ansprechpartner für Fragen rund um das Neugeborene. Aber auch beim Baby-Blues oder nach einer Fehlgeburt steht sie der Frau zur Seite.

Interviewserie mit einer Hebamme: Die Nachsorge

  • Sabine Ludwig* (Name von der Redaktion geändert) ist Hebamme und begleitet Frauen seit 28 Jahren, von der Vorsorge über die Entbindung bis hin zur Nachsorge. Im dritten Teil unserer Interview-Serie erfahren Sie, für was die Hebamme während der Nachsorge zuständig ist, welche Unterstützung sie bietet und was Partner und Familie während dem Wochenbett für die Mutter tun können.

  • Frau Ludwig, wie oft und wie lange kommen Sie nach der Geburt?

    Je nachdem, wie lange die Frauen mich brauchen, kann ich bis zum zehnten Lebenstag des Kindes täglich kommen. Danach ist es möglich, dass ich bis zur zwölften Woche zwei Mal in der Woche komme. Solange die Mütter stillen, kann ich danach noch vier Mal auf Anfrage vorbeischauen – und zwar bis zum neunten Monat. Mit einem Attest, zum Beispiel bei psychischen Erkrankungen, ist aber auch eine weitere Begleitung möglich.

Die Basis meiner Arbeit ist, die Eltern in ihrer Rolle zu bestärken und ihnen Selbstsicherheit zu vermitteln.

Sabine Ludwig, Hebamme

  • Was machen Sie bei der Nachsorge?

    Ich bin für meine Frauen da, bis sie gut zurechtkommen. Rein körperlich überprüfe ich ihren Blutdruck, überwache die Rückbildung der Gebärmutter und gehe auf sonstige körperliche Beschwerden ein. Beim Kind schaue ich, ob die Gewichtszunahme im Normbereich liegt und ob das Stillen klappt. Dabei zeige ich den Müttern auch, wie die Nabelversorgung und -pflege funktioniert oder worauf Sie beim Baden des Kindes achten sollten.

    Die Basis meiner Arbeit sehe ich aber darin, die Eltern in ihrer Rolle zu bestärken und ihnen Selbstsicherheit zu vermitteln. Es ist sehr schade, dass es oft nur darum geht, was man alles falsch machen kann. Das verunsichert vor allem viele Erstgebärende.

  • Wofür brauchen Sie Erstgebärende nach der Schwangerschaft noch?

    Viele von ihnen sind zutiefst verunsichert und glauben, sie würden irgendetwas falsch machen, übersehen oder meinen, das Baby hätte Schmerzen. Dabei rührt das Verhalten von Neugeborenen meist nur daher, dass sie gerade unpässlich sind; meist ist es nur ein Völlegefühl und gar kein Schmerz. Aber eine Erstgebärende macht sich da oft Sorgen und denkt, sie hat etwas Falsches gegessen oder das Kind falsch angelegt oder hätte zu wenig Milch. Dabei brauchen Kinder in der Regel bloß Sicherheit.
    Manchmal tauchen sogar ganz erstaunliche Fragen auf, weil die Mütter von ihrem Umfeld verunsichert werden.

  • Woher kommen diese Ängste nach der Geburt, auch wenn alles gut gelaufen ist?

    Unsere ganze Gesellschaft ist mittlerweile so auf Perfektionismus aus, dass man nur noch auf Werte und Statistiken schaut, statt das Gesamtbild zu sehen. Und das führt bei vielen leider zur Angst, ihr Kind nicht optimal zu versorgen. Wir müssen wieder genauer hinsehen, wieder lernen, auf unser Bauchgefühl zu vertrauen, um das Positive wahrzunehmen. Rein instinktiv würde das jede Mutter und jeder Vater beim eigenen Nachwuchs richtig gut meistern.


    Ab dem zweiten läuft der Hase dann schon ganz anders. Sie hören sich die Empfehlungen von Arzt und Hebamme zwar an und denken auch darüber nach, handeln aber vielmehr nach ihrer eigenen Erfahrung.

  • Unterstützen Sie Frauen auch nach einer Fehlgeburt?

    Natürlich. Während oder nach einer Fehlgeburt darf ich als Hebamme auch psychisch begleiten und betreuen.

Kostenübernahme für die Nachsorge

Nach der Entbindung haben Mütter, die bei der IKK classic versichert sind, Anspruch auf zwei Kontrolluntersuchungen beim Frauenarzt, und zwar in der 1. und zwischen der 6. und 8. Woche nach der Geburt. Zusätzlich übernimmt die IKK classic die Kosten für eine Nachbetreuung durch die Hebamme. Sie besucht Sie während der ersten zehn Tage nach der Geburt täglich, dann bis zur 8. Woche nach der Geburt einmal wöchentlich.

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Darüber hinaus übernimmt die IKK classic die Kosten für Kurse zur Rückbildung. Die Abrechnung erfolgt direkt zwischen Hebamme und IKK classic.

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  • Können Sie auch bei Babys mit Behinderung die Nachsorge begleiten?

    Einfache, nicht in der Klinik behandlungsbedürftige Behinderungen, wie zum Beispiel eine Hasenscharte, kann ich als Hebamme auch begleiten. Schwerwiegende Behinderungen hingegen, bei denen das Baby zum Beispiel anfangs an der Beatmungsmaschine hängt und erst Monate später nach Hause kommt, versorgen wir selten.

  • Manche Mütter haben Schwierigkeiten nach der Geburt ihr Kind anzunehmen. Wie helfen Sie da?

    Ich verwende mal eine Metapher: Ein Nest darf man eigentlich nicht stören. Eltern und insbesondere Frauen müssen die Erfahrung machen, dass sie selbst entdecken dürfen. Wenn man von Anfang an eingreift und zum Beispiel vorschreibt, wie lange oder wie oft die Mutter stillen soll, entmündigt man sie damit ein Stück weit. Das löst bei vielen den sogenannten Baby-Blues erst aus, sie merken, dass ihnen etwas weggenommen wird, wenn man ständig eingreift und mitmischt. Es ist wichtig, sie zu begleiten und zu unterstützen. Aber: Viele Wege führen nach Rom.

    Natürlich gibt es auch den Fall, dass die Mutter psychisch ihr Kind nicht annehmen kann. Bei einer richtigen Wochenbett-Depression fühlen sich Frauen innerlich leer. In diesen Fällen muss man dann mit großer Vorsicht und Bedacht sowie unter psychologischer Begleitung mit der Frau umgehen.

  • Stichwort Baby-Blues: Wie erkennt man ihn und was hilft Ihrer Erfahrung nach?

    Wenn man nur mal eben zur Nachsorge kommt und keine tiefere Verbindung hat, ist dies schwieriger zu erkennen, weil manche das sehr gut überspielen können. Wenn man die Frauen aber schon vorher kennengelernt und eine innigere Beziehung zueinander aufgebaut hat, reden sie meist offener und sagen auch mal: "Ich schaffe das einfach nicht mehr." Und man erkennt es auch am Verhalten, wie sensibel die Mütter sind, dass sie knapper antworten, schnell anfangen zu weinen oder keinen Blickkontakt mehr halten. Die Frau braucht dann einfach Bestätigung.

  • Wie kann der Partner die Frau im Wochenbett unterstützen?

    Indem man Dinge gemeinsam ausprobiert und einander nicht bevormundet. Und gerade, wenn die Frauen etwas fitter sind, sollte man sie nicht zwingen, im Bett zu bleiben, denn dann ist es absolut unbefriedigend, wenn ihnen alles aus der Hand genommen wird. Ich nenne das gerne: das Nest ZUSAMMEN sauberhalten. Der Partner kann auch mal kochen und Hausarbeiten übernehmen, die er sonst nicht übernimmt. Zum Glück sind ja heute auch viele Männer direkt nach der Geburt einige Zeit daheim. Es ist gut, wenn man dann der Partnerin die grobe Arbeit abnimmt, aber sie nicht völlig abschottet.

  • Was kann die Familie tun, wie sieht es mit Besuchen im Wochenbett aus?

    Das hängt ganz individuell von der Mutter ab. Die eine ist ganz euphorisch und freut sich, wenn Besuch kommt, die andere erträgt das überhaupt nicht. Der Besucher muss die Sensibilität haben, zu sehen, wann es den Eltern zu viel wird. Man hilft schon sehr, indem man nichts erwartet, aber bereit ist etwas zu geben – ohne aufdringlich oder entmündigend zu sein.

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Veröffentlicht am 05.07.2019

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