"Du bist einfach zu sensibel!" oder "Wärst du nicht so kompliziert, hätten wir gar kein Problem" – solche Sätze hören Opfer von "Gaslighting" häufig. Bei dieser Art der psychischen Manipulation untergraben die Täterinnen oder Täter, die sogenannten Gaslighter, das Selbstwertgefühl von Personen, die ihnen nahestehen.
Gaslighting in Beziehungen: Emotionale Manipulation erkennen
Fühlst du dich in deiner Beziehung psychisch unter Druck gesetzt? Gibt dir deine Partnerin oder dein Partner das Gefühl, deine Probleme seien belanglos? Dann könntest du von "Gaslighting" betroffen sein, einer Form der Manipulation und des emotionalen Missbrauchs. Experte Eric Hegmann erklärt, wie du Gaslighting erkennst und dich dagegen wehrst.
- Was ist Gaslighting?
- Wie äußert sich Gaslighting in Beziehungen?
- Warum wird jemand zum Gaslighter?
- Wer ist besonders gefährdet, Opfer von Gaslighting zu werden?
- Woran erkennt man Gaslighting?
- 6 Anzeichen von Gaslighting
- Nicht jede Manipulation ist Gaslighting
- Was sind die Folgen von Gaslighting?
- Was ist eine toxische Freundschaft?
Was ist Gaslighting?
Das Phänomen ist übrigens nach einem Theaterstück von Patrick Hamilton benannt, "Gaslight" – dort versucht ein Mann seine Ehefrau in den Wahnsinn zu treiben, indem er beispielsweise Gaslampen in ihrem Haus installiert und anschließend leugnet, es getan zu haben.
"Heute bezeichnet Gaslighting als Verhaltensweise die vorsätzliche Täuschung eines Partners, um ihn an der eigenen Wahrnehmung zweifeln zu lassen", erklärt der Paartherapeut und Autor Eric Hegmann. Das macht Gaslighting zu einer Form der psychischen Gewalt und des emotionalen Missbrauchs. "Opfer von Gaslighting benötigen meist therapeutische Behandlung, um ihre Erfahrungen verarbeiten zu können", so der Experte.
Wie äußert sich Gaslighting in Beziehungen?
Der Paartherapeut beschreibt anhand des Theaterstücks ein typisches Beispiel für Gaslighting: Der Täter – also der Ehemann – versteckt beispielsweise eine Brosche und behauptet, seine Frau hätte sie verlegt. Außerdem lässt er die Gaslichter ("gas lights") ständig flackern, damit seine Frau Angst bekommt. Als die Frau ihm ihre Sorgen berichtet, behauptet er, sie würde sich all das nur einbilden. Er überzeugt sie, dass sie alles falsch macht und an allen Problemen allein die Schuld trägt – bis sie nicht mehr weiß, was sie glauben soll.
Warum wird jemand zum Gaslighter?
Gaslighting kann grundsätzlich immer auftreten, wenn Menschen zusammenkommen. Speziell in einer Paarbeziehung sind die "Gaslighter" oft unsichere Personen. Deine Partnerin oder dein Partner hat Angst, dich zu verlieren – also versucht er alles dafür zu tun, dass du glaubst, ohne ihn oder sie nicht leben zu können. Neben der Unsicherheit neigen Gaslighter aber auch zu Selbstverliebtheit und Sadismus, also zur Lust, andere zu quälen. Das führt zu einem ungesunden Missverhältnis, du wirst in eine toxische Beziehung gedrängt, die deine Psyche "vergiftet": Du wirst manipuliert und emotional abhängig gemacht.
"Solche Täter lassen sich keine Grenzen aufzeigen. Kommt es zum Konflikt, reagieren sie wütend, gekränkt und oft auch gewalttätig", erklärt Eric Hegmann. Sie seien sehr geschickt darin, die Schuld zurückzuspielen – sodass sich die Betroffenen oft selbst die Schuld für den Konflikt geben: "Wer sich selbst und seiner Wahrnehmung nicht mehr vertrauen kann, ist hilflos ausgeliefert."
Wer ist besonders gefährdet, Opfer von Gaslighting zu werden?
Hast du gerade eine schmerzhafte Trennung hinter dir? Dann bist du besonders gefährdet, dich in eine toxische Beziehung zu stürzen. Du kommst aus einer Position der Schwäche heraus und wählst dir eine vermeintlich starke Partnerin oder einen Partner. Doch eigentlich ist diese Person in Wahrheit sehr unsicher und versucht, Dominanz auszubauen oder zu festigen, indem sie sich über dich stellt, wie Paartherapeut Hegmann erklärt.
Aber auch Menschen, die schwer Grenzen setzen können, geraten laut Hegmann häufig an Gaslighter; oder auch Menschen, die das Gefühl haben, sich verdienen zu müssen, geliebt zu werden, oder meinen, nicht gut genug zu sein.
Ein weiterer Tipp von Eric Hegmann: sich im Freundeskreis rückversichern, dass man sich den emotionalen Missbrauch nicht einbildet. So kannst du nämlich sicherstellen, dass deine eigene Wahrnehmung durchaus Berechtigung hat, auch wenn dein Partner oder deine Partnerin das Gegenteil behauptet. Das kann dir Sicherheit geben, Grenzen zu setzen und einzufordern – ohne den Rückhalt durch Familie oder Freunde ist das oft sehr schwierig. Auch externe Unterstützung kann helfen, um einen Blick von außen auf die Partnerschaft zu werfen. Hegmann: "Aber grundsätzlich sollte man in so einem Fall natürlich nicht in einer solchen Beziehung verweilen, sondern sich schützen."
Man müsse laut Hegmann gemeinsam erkennen, worum es in der Beziehung geht und welche Dynamiken sie antreiben – und ob sich diese Dynamiken gemeinsam verändern lassen. Wenn dein Partner oder deine Partnerin und du es nicht schafft, eure Beziehung gemeinsam in neue, gesunde Bahnen zu lenken, gibt es nur noch eine Option, so der Experte: "Dann ist Trennung der beste Weg zu neuem Glück" – schließlich tut eine toxische Beziehung auf Dauer niemandem gut.
Was sind die Folgen von Gaslighting
Auch wenn eine Trennung schmerzt: Auf Dauer in einer Gaslighting-Beziehung auszuharren, bleibt nicht ohne Auswirkung auf die psychische Gesundheit. Denn auch bei Gaslighting handelt es sich um eine Form von Gewalt, unter der das Selbstwertgefühl und die Lebensfreude massiv leiden. Im schlimmsten Fall kann es bei Betroffenen sogar zu Depressionen, Angststörungen oder posttraumatischen Belastungsstörungen kommen.
Was ist eine toxische Freundschaft?
Manipulation ist auch ein Anzeichen für Kontakte, die als „toxische Freundschaft“ bezeichnet werden. „Toxic“ ist ein Akronym, dass für tiring (ermüdend), obstructive (hinderlich), exhausting (erschöpfend), intimidating (einschüchternd) und conditional (bedingt) steht.
Wenn du merkst, dass du dich regelmäßig nicht gut fühlst, nachdem du mit einem Menschen Zeit verbracht hast – egal ob ihr in freundschaftlichem Verhältnis oder einer Liebesbeziehung zueinander steht – dann solltest du hellhörig werden.
Weitere Anzeichen einer toxischen Freundschaft sind außerdem:
Eine fehlende Balance zwischen Geben und Nehmen. Die andere Person möchte gerne ständig im Mittelpunkt stehen und reagiert eifersüchtig auf deine Erfolge und dein Glück. Im schlimmsten Fall wirst du mit offener Rücksichtslosigkeit oder Beleidigungen bedacht.
Manchmal lässt sich das Verhältnis durch ein klärendes Gespräch verbessern. Doch wenn sich nichts verändert, ist es absolut legitim, die Freundschaft zu beenden. Weitere Impulse zum Thema Freundschaft findest du auch in unserem Podcast Erwachsen werden? Lass machen!