Bluttropfen aus rotem Filz auf Hand vor blauem Hintergrund

Weltblutspendetag 2023: Neue Regelungen gegen Diskriminierung bei der Blutspende

Mit dem neuen Transfusionsgesetz sollen für Männer, die Sex mit Männern haben, in Zukunft die gleichen Bedingungen bei der Blutspende wie für Heterosexuelle gelten. Jetzt muss die entsprechende Richtlinie nur noch umgesetzt werden, denn Kliniken und Blutspendedienste schlagen weiter Alarm: Menschen spenden weniger Blut, als benötigt wird.

Im ganzen Land herrscht „Nachschubmangel“, Experten sprechen von einer „katastrophalen Situation“, von einem „drohenden Engpass“, der Bedarf sei schlichtweg immens. Doch die Rede ist nicht etwa von wichtigen Rohstoffen oder anderen systemkritischen Betriebsmitteln, ohne die die Wirtschaft stillsteht. Es geht um etwas noch viel Wichtigeres. Um Blut. Um Spenderblut, um genau zu sein.

Täglich werden laut dem Blutspendedienst des Deutschen Roten Kreuzes (DRK) in Deutschland etwa 14.000 Blutspenden benötigt. Und jeden Tag fehlen etwa zehn Prozent der benötigten Spenden. Über das Jahr gerechnet sind es mindestens 50.000 Blutkonserven zu wenig.

In manchen Regionen Deutschlands reichen die Reserven gerade einmal wenige Tage. Geht dort der Blutnachschub zur Neige, kann es passieren, dass Operationen abgesagt werden müssen. Und das passiert schneller als man denkt: Muss beispielsweise ein Schwerverletzter nach einem Unfall versorgt werden, können bei einer einzigen Operation bis zu 80 Blutkonserven verbraucht werden.

Infografik zum Blutspendemangel in Deutschland

Warum wird so häufig zur Blutspende aufgerufen?

Traditionell werden bei gutem Wetter im Frühling und im Sommer weniger Spendetermine wahrgenommen. Auch während der Corona-Pandemie ist die Spendebereitschaft in der Bevölkerung eher zurückgegangen, das verschärft die Knappheit. Ein weiterer Grund ist die demografische Entwicklung: Treue Spenderinnen und Spender bleiben immer häufiger aus Altersgründen fern. Zudem werden Spenderinnen und Spender, die mit dem Coronavirus infiziert waren, vier Wochen nach ihrer Genesung für eine Spende zurückgestellt. Rückgestellt werden auch Menschen, die an Influenza oder einer Bronchitits erkrankt sind. Das macht auch Sinn, schließlich sollen sich die Spender selbst zu 100 Prozent fit fühlen.

Dementsprechend dringlich sind die Appelle, die von den verantwortlichen Blutspendediensten in regelmäßigen Abständen an die Bevölkerung gerichtet werden. Um auf die Relevanz von Blutspenden und Blutspendern aufmerksam zu machen, wird jährlich am 14. Juni der Weltblutspendetag begangen. Mit großem Aufwand wird um Spenderinnen und Spender geworben.

Sexuelle Orientierung: Kein Kriterium für eine Blutspende mehr

Doch nicht jeder Spender war in der Vergangenheit gleichermaßen willkommen, denn neben den allgemeinen Voraussetzungen für eine Blutspende gab es bisher ein weiteres Kriterium, das besagte, wer Blut spenden darf: die sexuelle Orientierung des Spenders.

In der Hämotherapie-Richtlinie vom Herbst 2021 war die Rede von „Menschen mit sexuellem Risikoverhalten“. Damit, so die Bundesärztekammer, wolle man auch den „Anschein von Diskriminierung vermeiden“. Allerdings waren nicht alle mit dieser Regelung einverstanden. Aktivistinnen und Aktivisten kritisierten insbesondere das Monogamie-Kriterium, das schwule und bisexuelle Männer nach wie vor diskriminierte. Denn die dahinter liegende Ausschlussfrist war schlichtweg nicht nachvollziehbar: Bei schwulen oder bisexuellen Männern reichte ein Sexualkontakt mit einem anderen Mann innerhalb der letzten vier Monate aus, um von der Blutspende ausgeschlossen zu werden. Heterosexuelle Männer wurden dagegen erst bei häufig wechselnden Sexualkontakten zurückgestellt.

Dabei spielte weder die sexuelle Praktik, noch die Frage, ob der Geschlechtsverkehr geschützt stattfand, eine Rolle. Das heißt: Eine heterosexuelle Person durfte Blut spenden, obwohl sie in den letzten vier Monaten einen ungeschützten One Night Stand hatte. Im Gegensatz zu einem Mann, der geschützten Geschlechtsverkehr mit einem neuen gleichgeschlechtlichen Partner hatte.

Auch die IKK classic hat sich mit ihrer Initiative "Blut ist Blut" gegen die Diskriminierung bei der Blutspende stark gemacht.  

Seit dem 1. April 2023 gilt nun ein neues Transfusionsgesetz. Es besagt, dass die sexuelle Orientierung und die Geschlechtsidentität kein Ausschluss- oder Rückstellungskriterium mehr sein dürfen. Denn das Risiko einer Infektion bei der Blutspende bemisst sich danach, ob das individuelle Sexualverhalten der spendewilligen Personen riskant war, etwa durch häufig wechselnde Partnerinnen oder Partner in den Monaten vor der Blutspende – nicht danach, ob eine Person homo-, bi- oder heterosexuell beziehungsweise transgeschlechtlich ist.

Zwischenzeitlich wurden auch die Blutspende-Richtlinien an das neue Gesetz angepasst. Sie tritt am 4. September in Kraft. In der überarbeiteten Richtlinie wird dann das persönliche Risikoverhalten, nicht die sexuelle Orientierung maßgeblich für eine Blutspende sein. Gleichzeitig wurde auch die Altershöchstgrenze für Spenderinnen und Spender abgeschafft. In Zukunft soll ein Arzt im Individualfall darüber entscheiden, ob eine Person ungeachtet ihres Alters fit genug ist, um zu spenden. Je nachdem, wie schnell die Blutspendedienste vor Ort auf den neuen Fragebogen umstellen können, wird die neue Regelung dann auch in der Praxis angewandt.

Blut ist Blut. Mensch ist Mensch.

Warum wir das neue Blutspendegesetz ohne Diskriminierung von Männern, die Sex mit Männern haben, begrüßen. Mehr zu Blut ist Blut

Wer darf künftig Blut spenden?

Nach dem neuen Transfusionsgesetz dürfen Sie künftig Blut spenden, wenn Sie ...

  • ... mindestens 18 Jahre sind. Bisher galt eine Altershöchstgrenze bis maximal 75 Jahre. Mit dem neuen Gesetz gibt es diese Höchstgrenze nicht mehr. Dann trifft ein Arzt die Entscheidung, ob jemand fit genug ist, um Blut zu spenden.

  • ... mindestens 50 kg wiegen.

  • ... gesund sind: Nach einer Grippe oder der Einnahme von Antibiotika dürfen Sie vier Wochen nicht spenden. Nach einer Erkältung sollen Sie mindestens eine Woche keine Symptome haben. 

  • ... keine chronischen Erkrankungen wie Diabetes haben, die sich auf Ihr Blut auswirken.

  • ... keine Medikamente einnehmen, mit denen eine Blutspende nicht möglich ist. 

  • ... in den letzten sechs Monaten kein Malariagebiet bereist haben. Auch andere Risikoregionen können kurzfristig hinzukommen. 

  • ... nicht schwanger sind, nicht stillen und eine Geburt mindestens sechs Monate zurückliegt.

  • ... kürzlich keine medizinischen Eingriffe wie Impfungen, Operationen oder schwerere zahnärztliche Behandlungen erhalten haben. Hier gelten unterschiedliche Fristen, bis Sie wieder Blut spenden dürfen. 

  • ... in den letzten vier Monaten kein frisches Tattoo oder Ohrloch machen ließen.

  • ... unabhängig von Ihrer sexuellen Orientierung oder geschlechtlichen Identität in den Monaten vor der Blutspende keine häufig wechselnden Sexualpartnerinnen oder Sexualpartner hatten, also kein sexuelles Risikoverhalten pflegen.

  •  Einzelheiten erfahren Sie unter der Rufnummer 0800 11 949 11.

Sind die im Transfusionsgesetz beschlossenen Änderungen bereits gültig?

Die im Transfusionsgesetz verabschiedeten Änderungen wurden in neue Richtlinien für die Blutspende eingearbeitet. Diese sind ab dem 4. September gültig.

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Was passiert mit meinem Blut nach der Spende?

Die fünf wichtigsten Schritte, schnell erklärt:

  • Identifizierung

    Eine Blutspende muss immer sicher der Spenderin oder dem Spender zugeordnet werden können. Daher erhalten sowohl die Blutprobe für die Laboruntersuchung als auch die eigentliche Blutkonserve sowie der zuvor von Spenderin oder Spender ausgefüllte Fragebogen einen identischen Strichcode.

  • Laboruntersuchung

    Eine kleine Probe der Blutspende wird nun in einem Fachlabor auf Infektionskrankheiten untersucht. Dazu gehören etwa HIV, Syphilis oder Hepatitis. Dies ist nötig, um maximale Sicherheit sowohl für die Spender- als auch die Empfänger-Person zu schaffen.

  • Verarbeitung

    Die Blutkonserve wird in ihre Bestandteile aufgetrennt:
    • Blutplasma zur Herstellung von Medikamenten, z. B. zur Krebstherapie.
    • Rote Blutkörperchen für die Versorgung bei hohen Blutverlusten, etwa für Operationen.
    • Blutplättchen mit wichtigen Aufgaben bei der Blutgerinnung.
    • Weiße Blutkörperchen werden aus den Blutpräparaten entfernt. Sie können nicht zur Spende eingesetzt werden.

  • Lagerung

    Gespendetes Blut hat nur eine sehr begrenzte Lagerfähigkeit. Blutplättchen beispielsweise müssen innerhalb von vier Tagen nach der Spende übertragen werden. Daher ist es auch so wichtig, dass kontinuierlich neue Spenden geleistet werden.

  • Zuordnung

    Wichtig ist auch, dass die Blutgruppen von Spenderin oder Spender und Empfängerin oder Empfänger kompatibel sind. Denn erhält die Empfängerin oder der Empfänger eine Bluttransfusion mit der falschen Blutgruppe, kann es zu gefährlichen Reaktionen des Immunsystems kommen.

  • Symbolbild von Lunge aus zwei blauen Ovalen und Blütenstängel

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