Auch wenn die persönlichen Werte nicht im Normalbereich liegen, sollte man sich nicht sofort verunsichern lassen. Schwankungen können – wie bei der Blutdruckmessung – tagesformabhängig sein und sind nur eine Momentaufnahme. Außerdem kann sogar die Definition der Normwerte selbst von Labor zu Labor unterschiedlich sein. Wichtig ist daher immer das Gespräch mit dem Arzt.
Eine Abweichung des Normalwertes kann immer mehrere Ursachen haben. Einen Einblick über die einzelnen gemessenen Blutwerte, deren Abkürzungen und Bedeutung gibt folgende Auflistung.
Ein Blutbild anzulegen, gehört zu den am häufigsten praktizierten Diagnoseverfahren der Welt. Trotzdem haben die meisten Patienten ohne die Erläuterungen ihres Arztes wenig Ahnung davon, wie die Werte zu lesen sind. Wir verschaffen einen Einblick.
Mit einem Blutbild kann ein Arzt Anzeichen für Infektionen, Mangelerscheinungen oder Erkrankungen der Nieren, Leber oder der Schilddrüse erkennen. Auch vor Operationen werden meist die Blutwerte untersucht. Dafür wird dem Patienten in der Regel Blut aus der Armvene entnommen.
Man unterscheidet zwischen einem kleinen und einem großen Blutbild. Ein kleines Blutbild gibt vor allem Aufschluss über die Zahl und Beschaffenheit der roten Blutkörperchen und die Konzentration von Hämoglobin, also dem Blutfarbstoff.
Das große Blutbild, auch Differential-Blutbild genannt, gibt zudem Aufschluss über die Zahl der weißen Blutkörperchen. Dadurch erhält der Arzt zusätzliche Hinweise auf Entzündungen, Allergien oder Parasiten im Körper.
Die Bedeutung hinter den Blutwerten
Werte im kleinen Blutbild
Erythrozyten (RBC oder ERY): rote Blutkörperchen
Normalwert für Frauen: 3,9 bis 5,3 Millionen pro Mikroliter Blut
Normalwert für Männer: 4,3 bis 5,7 Millionen pro Mikroliter Blut
Sie transportieren den Sauerstoff und werden im Knochenmark gebildet.
Bei zu wenigen roten Blutkörperchen spricht man von einer Anämie. Sie tritt auf, wenn der Körper zu wenige bildet, etwa bei Eisen- und Vitaminmangel. Oder: Wenn man viel Blut verloren hat, etwa durch Verletzungen, Geburt oder auch innere Blutungen. Auch verschiedene Erkrankungen können durch eine Anämie begleitet werden.
Zu hohe Werte nennt man Polyglobulie. Mögliche Ursachen sind Austrocknung oder eine übermäßige Bildung von Blutzellen.
Hämoglobin (Hb): roter Blutfarbstoff
Normalwert für Frauen: 12 bis 16 Gramm pro Deziliter (g/dl) oder 7,4 bis 9,9 Millimol pro Liter (mmol/l)
Normalwert für Männer: 13,5 bis 17 Gramm pro Deziliter (g/dl) oder 8,3 bis 10,5 Millimol pro Liter (mmol/l)
Der Blutfarbstoff ist dafür verantwortlich, dass Sauerstoff an die roten Blutkörperchen gebunden werden kann. Zu geringe Werte deuten ebenfalls auf eine Blutarmut, also Anämie, hin und können ein Hinweis auf Eisenmangel sein. Auch bei Nierenerkrankungen oder Darmerkrankungen kann dieser Laborwert zu niedrig sein.
Ist der Wert zu hoch, bedeutet das, dass der Körper einen Sauerstoffmangel ausgleichen muss. Lungenerkrankungen können daher erhöhte Werte an Hämoglobin auslösen. Aber auch nach Aufenthalten im Hochgebirge steigt der Hämoglobinwert an.
Hämatokrit (Hct, Hkt oder Hk): Anteil der Zellen im Blut
Normalwert für Frauen: 37 bis 48 Prozent
Normalwert für Männer: 40 bis 52 Prozent
Der Hämatokrit zeigt den prozentualen Anteil der roten Blutkörperchen im Blut auf. Mit diesem Wert lässt sich ermitteln, wie zähflüssig das Blut ist oder wie es um den Flüssigkeitshaushalt des Patienten bestellt ist.
Ist der Hämatokritwert zu niedrig, kann das auf Überwässerung hindeuten oder ein Zeichen dafür sein, dass der Körper zu wenige rote Blutkörperchen bildet. Auch bei Blutverlust sinkt der prozentuale Anteil der roten Blutkörperchen.
Der Wert ist zu hoch, wenn sich die roten Blutkörperchen übermäßig stark vermehren. Das würde der Arzt dann auch am Wert der Erythrozyten ablesen können. Eine weitere mögliche Ursache ist die Dehydrierung des Patienten.
Mittleres Zellvolumen der roten Blutkörperchen (MCV)
Normalwert für Erwachsene: ca. 80 bis 96 Femtoliter (fl)
Das Volumen der roten Blutkörperchen ist wichtig, um bei einer Blutarmut die Ursache herauszufinden. Der MCV-Wert wird daher immer zusammen mit den anderen Werten des kleinen Blutbildes interpretiert.
Sind die roten Blutkörperchen zu klein, haben sie also einen zu niedrigen MCV-Wert, deutet das in Zusammenhang mit einer Anämie auf Eisenmangel hin.
Sind die Zellen zu groß, ist der Laborwert entsprechend erhöht und der Arzt wird für die Blutarmut einen Mangel an Vitamin B12 oder Folsäure in Betracht ziehen.
Bei normalem MCV kann eine Anämie durch eine Blutung oder eine Nierenerkrankung ausgelöst worden sein.
Mittleres korpuskuläres Hämoglobin (MCH)
Normalwert für Erwachsene: 28 bis 34 Pikogramm (pg) pro Zelle
Mit dem Wert für das mittlere korpusukuläre Hämoglobin wird ermittelt, wie hoch die durchschnittliche Konzentration des Blutfarbstoffs in einer einzelnen Blutzelle ist. Auch dieser Wert wird erhoben, um die Ursache einer Blutarmut zu erforschen.
Zu geringe Werte können auf einen Mangel an Kupfer oder Vitamin B6 hinweisen.
Zu hohe MCH-Werte treten dagegen eher bei einer Anämie durch einen Mangel an Folsäure oder Vitamin B12 auf.
Mittlere korpusukuläre Hämoglobin-Konzentration (MCHC)
Normalwert für Erwachsene: 33 bis 36 Gramm pro Deziliter (g/dl)
Die mittlere korpusukuläre Hämoglobin-Konzentration bezeichnet die durchschnittliche Konzentration des Blutfarbstoffs in allen roten Blutkörperchen.
Der MCHC-Wert wird in Kombination mit den anderen Werten des kleinen Blutbildes betrachtet und wird vor allem genutzt, um deren Plausibiliät zu prüfen.
Leukozyten (LEUK oder WBC): weiße Blutkörperchen
Normalwert für Erwachsene: 3.800 bis 10.500 pro Mikroliter Blut
Leukozyten gehören zu den weißen Blutkörperchen. Sie wehren Krankheitserreger ab. Sie sind wichtig, um Infektionen im Körper nachzuweisen.
Kommen zu wenige Leukozyten im Blut vor, kann das auf Autoimmunerkrankungen hinweisen. Auch bei bestimmten Krebserkrankungen oder Virusinfektionen sind die Werte zu niedrig. Da Leukozyten im Knochenmark gebildet werden, kann eine verminderte Zahl im Blut auf Erkrankungen des Knochenmarks zurückzuführen sein. Daneben gibt es Medikamente, etwa gegen Rheuma, die die Zahl der weißen Blutkörperchen beeinflussen.
Zu hohe Werte deuten häufig auf Entzündungen hin. Bei Leukämie sind die Werte ebenfalls erhöht und auch Stress kann ihre Zahl in die Höhe treiben.
Thrombozyten (PLT oder THRO): Blutplättchen
Normalwerte Frauen und Männer: 140.000 bis 345.000 Stück pro Mikroliter
Die Blutplättchen sind ein wichtiger Bestandteil des Blutes für die Gerinnung. Ihre Aufgabe ist es, Wunden zu schließen.
Abweichende Werte kommen häufig bei Infekten vor. Sowohl zu wenige als auch zu viele Thrombozyten im Blut können auch aufgrund von Störungen in der Blutbildung auftreten.
Zusätzliche Werte im großen Blutbild
Neutrophile Granulozyten
Sie gehören zu den Leukozyten, also den weißen Blutkörperchen, und sind daher für die Immunabwehr zuständig. Man unterscheidet die neutrophilen Granulozyten nach ihrem Entwicklungsstadium. Aufgrund ihres zahlenmäßigen Verhältnisses zueinander kann man ablesen, ob ein Infekt noch im Entstehen ist, oder ob die Abwehrkräfte bereits länger dagegen kämpfen.
Stabkernige neutrophile Granulozyten (STAB)
Normalwert für Erwachsene: 150 bis 400 pro µl Blut, beziehungsweise drei bis fünf Prozent der Leukozyten
Sie sind die jüngeren Zellen unter den neutrophilen Granulozyten und verdanken ihren Namen dem Aussehen ihres Zellkerns. Der besteht zu Beginn aus einem längeren Stab. Später besteht der Zellkern aus mehreren Segmenten, die mit dünnen Fäden zusammenhängen.
Eine erhöhte Zahl an stabkernigen neutrophilen Granulozyten nenn man auch Linksverschiebung. Sie tritt häufig bei Infekten auf.
Segmentkernige, neutrophile Granulozyten (SEG)
Normalwerte für Frauen und Männer: 1700 bis 7200 pro Mikroliter (µl)
Bei hohen Werten der segmentkernigen Neutrophilen, spricht man von einer Rechtsverschiebung. Ist der Anteil dieser älteren Immunzellen zu hoch, deutet das darauf hin, dass die Zellproduktion im Knochenmark gestört ist und zu wenige junge Granulozyten entstehen.
Basophile Granulozyten (BASO)
Normalwert für Erwachsene: 50 bis 100 pro Mikroliter Blut oder bis ein Prozent der Leukozyten
Diese Immunzellen treten dann vermehrt auf, wenn der Körper gegen Parasiten zu kämpfen hat, oder allergische Reaktionen auslöst, um Stoffe abzuwehren.
Sind zu wenige basophile Granulozyten vorhanden, kann das externe Ursachen haben. Medikamente oder Stress verhindern mitunter die Bildung. Daneben gibt es Erkrankungen der Schilddrüse, die sich auf die Zahl der basophilen Granulozyten auswirken.
Zu hoch sind die Werte bei Parasitenbefall oder Erkrankungen wie Blutkrebs, Rheuma und Diabetes.
Eosinophile (EOS)
Normalwert für Erwachsene: ein bis drei Prozent der Leukozyten
Die Eosinophile sind Fresszellen, die Krankeitserreger verschlucken.
In Stresssituationen kann es vorkommen, dass die Zahl der Eosinophile sinkt. Bei einem Schock ist das der Fall, ebenso während einer Geburt oder bei Koliken.
Erhöht ist der Wert bei Infektionskrankeiten wie einer Streptokokken-Infektion, Masern, bei Allergien oder Leukämie. Auch gegen Parasiten und Würmer kämpfen die Fresszellen und treten dann verstärkt auf.
Monozyten (MONO)
Normalwerte für Erwachsene: drei bis sieben Prozent der Leukozyten
Die Monozyten halten sich nur kurze Zeit im Blut auf und gehen dann in Gewebe ein, beispielsweise in Leber- oder Bindegewebe. Dort entwickeln sie sich weiter zu Makrophagen, also Fresszellen, die Erreger im Gewebe binden und bekämpfen. Außerdem sind sie daran beteiligt, dass die passenden Antikörper für die jeweiligen Krankheitserreger gebildet werden.
Der Wert der Monozyten ist kurzzeitig erhöht während der Heilung eines Infektes. Erhöhte Werte treten auch auf bei Krankheiten wie Malaria oder Tuberkulose. Bestimmte Autoimmunkrankeiten lassen die Zahl der Monozyten ebenfalls ansteigen. Außerdem gibt es eine spezielle Form der Leukämie, die Monozytenleukämie.
Zu niedrig sind die Werte bei Schädigungen des Knochenmarks, beispielsweise durch Gifte oder auch bei Aids. Dann sind allerdings auch die anderen Leukozyten-Werte vermindert.
Lymphozyten (LYM)
Normalwerte Erwachsene: 25 bis 40 Prozent der Leukozyten
Die Lymphozyten gehören zur spezifischen Immunabwehr und können sich an die jeweiligen Krankeitserreger, die einem Körper begegnen, anpassen. Zu ihren Aufgaben gehört es, Viren und Bakterien zu erkennen und zu zerstören. Aber auch gegen körpereigene infizierte Zellen gehen die Lymphozyten vor. Zudem bekämpfen sie Tumorzellen.
Erhöhte Lymphozyten-Werte kommen bei akuten Infekten vor und zeigen, dass die Abwehrkräfte aktiv sind. Auch bei chronischen Krankheiten und speziellen Krebsformen sind die Werte erhöht.
Befinden sich zu wenige Lymphozyten im Blut, deutet das auf eine Erkrankung des lymphatischen Systems hin.