Aktivistinnen und Aktivisten fordern mehr
Mit dieser Regelung sind aber nicht alle einverstanden, Aktivistinnen und Aktivisten kritisieren insbesondere das weiterhin bestehende Monogamie-Kriterium. So sagt beispielsweise Björn Beck vom Vorstand der Deutschen Aidshilfe: "Wir begrüßen, dass statt Gruppenzugehörigkeiten in Zukunft reale HIV-Risiken eine größere Rolle spielen sollen. Leider müssen wir aber feststellen: Die neue Version des Ausschlusses löst das Problem der Diskriminierung von schwulen und bisexuellen Männern nicht. Das Kriterium der Monogamie ist zumindest fragwürdig, kann doch jeder Mensch nur über sein eigenes Verhalten sichere Aussagen machen. Die gesonderte Nennung von trans Personen ist schlicht stigmatisierend. Die Ausschlussfrist von vier Monaten ist nicht nachvollziehbar."
Wie der Lesben- und Schwulenverband bemängelt, dürfe ein schwuler oder bisexueller Mann, der innerhalb der letzten vier Monate Sex „mit einem neuen Sexualpartner oder mit mehr als einem Sexualpartner hatte“, kein Blut spenden. Ein heterosexueller Mann hingegen werde erst von der Blutspende zurückgestellt, wenn er in den letzten vier Monaten „häufig wechselnde“ Partnerinnen hatte.
Auch Aktivist Lucas Hawrylak, der eine Petition gegen die geltenden Vorschriften gestartet hat, kritisiert die anhaltende Ungleichheit: „Nach wie vor will die Bundesärztekammer deutlich machen, dass es einen Unterschied zwischen homosexuellen und heterosexuellen Personen gibt. Wieso wird im Fragebogen vor der Blutspende nicht einfach nach dem persönlichen Risikoverhalten gefragt, unabhängig von der sexuellen Orientierung?"
Bleibt also zu wünschen, dass auch in Deutschland in Zukunft nur das Verhalten des Einzelnen für die Zulassung zu einer Blutspende ausschlaggebend ist – und nicht eine ganze Gruppe marginalisiert und stigmatisiert wird.
Die Zeichen für eine Änderung stehen gut: Zum 1. April 2023 soll eine Gesetzesänderung des Transfusionsgesetzes in Kraft treten und die Bundesärztekammer verpflichtet werden, danach innerhalb von vier Monaten im Einvernehmen mit dem Paul-Ehrlich-Institut die Blutspende-Richtlinien anzupassen. In der neuen Richtlinie soll dann das persönliche Risikoverhalten, nicht die sexuelle Orientierung maßgeblich sein.