Folge #10 – Frauen in Männerjobs - und umgekehrt - Was, wenn ich anders ticke?

Ausbildung? Machen wir.

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Frauen in Männerjobs

"Das ist doch Männersache!" Geschlechterrollen und Klischees – besonders das Handwerk scheint voller Männerberufe zu sein. Das hat Klempner-Spenglerin Luisa Buck aber nicht abgehalten. Jetzt setzt sie sich dafür ein, dass aufgeklärt wird und auch andere Frauen den Schritt zum Traumberuf im Handwerk wagen.

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Manche Jobs gelten als typische "Männerjobs" – doch was ist dran am Klischee? In Folge 10 von "Ausbildung? Machen wir." gehen Lucas und Marco auf Spurensuche und finden heraus, wie sich die Lage für Frauen gestaltet, die im Handwerk Fuß fassen wollen.

In manchen Branchen sind weibliche Beschäftigte deutlich in der Minderzahl. Doch müssen sich Frauen Sorgen machen, wenn es ihr Traum ist, einen handwerklichen Beruf zu ergreifen? Welche Rolle spielen Vorurteile bei der Ausbildung? Und werden sie auf der Arbeit anders behandelt als männliche Kollegen?

Klempner-Spenglerin Luisa Buck arbeitet in einem vermeintlich typischen Männerberuf – und liebt ihren Job. Sie erzählt uns, welche Erfahrungen sie auf ihrer beruflichen Laufbahn gemacht hat und ob sie Hürden auf dem Weg zur Gesellin überwinden musste. Lucas und Marco begeben sich in Folge 10 von "Ausbildung? Machen wir." für euch auf Spurensuche: Was zeigt die Statistik, in welchen Berufen ist der Frauenanteil besonders hoch und welche Jobs bekleiden eher Männer? Hat das Geschlecht einer Person einen Einfluss auf die Einstellung? Und woran liegt das eigentlich?

Dass für Frauen auch der Wunsch nach einer Familie kein Ausschlusskriterium für eine Ausbildung ist, erklärt Sarah Walter von azubi.de: Denn auch in der Ausbildung greift der Mutterschutz. Doch auch wenn es diese Absicherung gibt, sollten schwangere Auszubildende einige Dinge beachten, können aber auch Unterstützungsleistungen in Anspruch nehmen, ihre Ausbildung pausieren oder in Teilzeit fortführen. 


Abschließend gibt es wieder eine musikalische Rap-Meisterleistung des Stuttgarter Musikers Joel Bello, der das Thema noch einmal auf den Punkt bringt.

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Das Interview zum Nachlesen

Interview mit Luisa Buck

Lulu: Ja, ich bin die Luisa Buck. Ich bin jetzt 26 Jahre alt und ich bin vom Beruf Klempner-Spengler-Gesellin. Das heißt, ich mache alles mit Blech rund ums Dach und die Fassade. Bei meinen Freunden war das einfach so: “Aha. Ist in Ordnung.” Ich weiß gar nicht, ob das die so großartig interessiert hat, aber keiner fand es komisch. Ich bin auch mit relativ vielen Jungs befreundet und mit wenig Mädels. Und von denen fand es keiner eigenartig, so als Frau im Männerjob.

Ich treffe immer mal wieder eine Handwerkerin, aber auch nicht ganz so häufig, natürlich. In der Ausbildung waren wir insgesamt drei Klassen, insgesamt 60 Schüler und neben mir waren da noch zwei andere Mädels. Wir waren schon so ein bisschen in der Unterzahl. Die Sachen, die ich jetzt z.B. nicht kann oder schlechter, als meine Kollegen kann, das sind einfach Sachen, die sind nicht abhängig vom Geschlecht, sondern Typ-abhängig. Wie halt der eine das besser kann, der andere das besser kann. So wie es unter meinen männlichen Kollegen auch ist.

Marco: Für Frauen ist es ja schon oft noch krasser, denn die müssen dann unfairerweise deutlich besser sein als ihre männlichen Kollegen und das bei denselben Dingen, oder?

Lulu: Ja, das stimmt auf jeden Fall. Das hat auch mal eine andere Handwerkerin im Gespräch zu mir gesagt, dass sie immer diesen Eindruck hat. Gerade in der Berufsschule kann man das sehr gut erkennen. Bei einer Frau reicht nicht, wenn sie unter den besten Fünf ist. Damit man wirklich sagt „Die hat es drauf.“, muss sie die Beste von allen sein und dann hat die quasi erst ihre Daseinsberechtigung in den Augen von manchen Jungs. Und das ist eigentlich schon arg schade. Da haben wir auf jeden Fall noch ein bisschen zu tun, dass sich das vielleicht verändert.

Was ich tatsächlich vermisst habe, war so ein Vorbild von einer starken Frau, an dem ich mich orientieren konnte: „Ah, okay. So hat sie das also gemacht.“ Ich habe eine ganz tolle Mum. Aber das war trotzdem irgendwie etwas, wo ich immer gedacht habe: da hätte ich gerne jemanden, der meinen Weg vor mir gegangen ist und wo ich jetzt ein bisschen gucken kann. Im Handwerk aber auch in anderen Berufen finde ich, könnten sich Mädels gegenseitig mehr unterstützen. Und ich bin da gerade dabei, zu versuchen, jungen Mädchen ein bisschen die Angst, gerade vor meinem Beruf, zu nehmen. Allgemein auch so ein bisschen vor Männerberufen, weil ich denke, dass sowas zum Beispiel total hilfreich ist und, dass das noch ganz schön fehlt.

Lucas: Absolut. Frauen fördern Frauen. Ganz, ganz wichtiger Punkt. Dazu gibt's etliche Anlaufstellen im Netz: den Insta Account von @lulu.metalroofer zum Beispiel. Da findet ihr auch einen Link zu ihrem Podcast. Den könnt ihr euch natürlich auf jeden Fall reinziehen, aber selbstverständlich erst, nachdem ihr uns hier fertig gehört habt.

Marco: Genau, ist ein sehr guter Podcast, aber hört erstmal das hier fertig. Was gibt's denn noch?

Lucas: Ja, es gibt noch den Insta Account @handwerk.revoltevolte. Da können sich junge Frauen austauschen, können mal einen raushauen, können ihren Frust loswerden. Sie können sich aber auch Tipps holen. Sie finden da so ziemlich alles, was halt hilft.

Marco: Und natürlich können Sie dann auch darüber sprechen, wie der Alltag im Handwerk als Azubi und auf einer Baustelle tatsächlich ist. Denn manchmal sind es ja nicht die Chefs oder die Personaler, es sind ab und zu auch die Kollegen, die ein bisschen von oben herab auf die Kolleginnen schauen. Gerade wenn man als Vorgesetzte mit Männern arbeitet. Ein anderes Thema ist ja auch, dass junge Frauen außerdem von ihren Kollegen am Bau auch mal angemacht werden. Hört man zumindest. Hört mal rein, was Lulu da für Erfahrungen gemacht hat.

Lucas: Genau, nicht nur Erfahrungen, sondern auch, welche Strategie sie entwickelt hat. Wenn ihr mal ein Typ dumm kommt.

Lulu: In meiner Ausbildung war das eigentlich in Ordnung. Ich war ein guter Azubi mit den Noten und ich war relativ fleißig und hilfsbereit. Dann waren die Gesellen eigentlich sehr zufrieden mit mir. Das Problem war dann allerdings, als ich ausgelernt hatte. Dann hatte ich ja plötzlich Kollegen, bei denen ich selber am Anfang mir noch hab erklären lassen, wie irgendwelche Werkzeuge zu benutzen gehen, die aber nur Bauhelfer waren und keine ausgelernten Gesellen. Dann waren sie 20-30 Jahre älter als ich und haben natürlich dementsprechend nicht so viel Bock gehabt, sich von so einem jungen Mädchen sagen zu lassen „Jetzt machst du das so, jetzt machst du das so.“ Wenn ich dann eine eigene Baustelle hatte und da einen von denen zur Seite gestellt bekommen habe, hat das auch manchmal so ein bisschen für Schwierigkeiten mit den – ich sag mal – Rangordnungen gegeben.

Ich bin echt ein relativ sensibler Mensch. Passt vielleicht auch nicht so ganz gut auf die Baustelle, denkt man im ersten Moment. Aber ich habe für mich herausgefunden, dass es für mich eher so ist, dass ich nicht damit leben kann, wenn ich es auf mir sitzen lassen muss. Wenn ich dann gleich hingehe oder halt dann im Nachhinein nochmal hingehe und sage: „Hey, also das fand ich jetzt grad nicht so ganz korrekt.“, dann fühle ich mich immer besser. Ich kann das und wie ich arbeite, beweist ja auch, dass ich das eigentlich drauf hab, was ich hier mache. Also dann kann ich mit einem guten Gefühl nach Hause gehen.

Das kann ich gar nicht oft genug sagen, dass dieses Klischee von wegen auf der Baustelle wird man als Frau irgendwie belästigt oder blöd angegangen – das kann ich absolut nicht bestätigen. Es ist mir in acht Jahren einmal passiert und das war ein Kunde und kein anderer Handwerker.

Lulu: Circa 120 Handwerkerinnen haben an meiner Umfrage teilgenommen. Insgesamt war ich trotzdem von vielen Ergebnissen beeindruckt. Einige haben sich bestätigt, manche Sachen waren aber auch so, dass ich nochmal dachte: „Hey, richtig cool, was da jetzt rauskam.“ Also was für mich z.B. sehr interessant war: Wir hatten ja gerade das Thema, dass Männer manchmal kein Vertrauen in die Kraft oder in die Fachkompetenz von den Handwerkerinnen haben, auf dem Bau. Und das war tatsächlich so, dass ich nach Problemen der Handwerkerinnen im Alltag gefragt hab. Und Belästigungen gab's von diesen 120 Handwerkerin nur bei 5 Mädels, die gesagt haben, dass ihnen schon mal sowas passiert ist. Frauenfeindliche Kommentare waren auch unter 30. Aber das mit dem fehlenden Vertrauen in die Fachkompetenz, das war tatsächlich für fast 100 Mädels der Fall, dass sie damit schon zu kämpfen hatten. Das fand ich für mich auch irgendwie so ein Stück weit erleichternd, dass es anderen Frauen auch noch so geht. Das ist also eher ein Problem zwischen Männern und Frauen allgemein, als zwischen mir und meinen Kollegen.

Was mich auch sehr positiv überrascht hat, war, dass über 90 Prozent der Männer, die in der Umfrage teilgenommen haben, sich mehr Frauen auf der Baustelle wünschen. Der am häufigsten genannte Grund ist, dass die Frauen das Arbeitsklima verbessern. Das heißt, wenn man als Frau in den Betrieb reingeht, in dem bisher nur Männer arbeiten, dann tut man in dem Moment selbst aktiv etwas dafür, dass sich das ein stückweit verbessert.

Ansonsten würde ich einfach sagen, wenn ihr jetzt ein Praktikum machen geht und ihr habt den Eindruck, dass ihr grad vielleicht auch als Frauen bisher Probleme in dem Betrieb habt, weil die Jungs euch da irgendwie noch nicht so richtig akzeptieren. Der Beruf an sich gefällt euch aber wahnsinnig gut, dann geht einfach noch in den zweiten Betrieb. Vielleicht sind da einfach ein paar Leute, die euch besser liegen. Und am wichtigsten finde ich, dass der Chef die Einstellung hat, dass man als Frau, wenn sich da mal ein Problem entwickeln sollte, mit seinen Sorgen zum Chef gehen kann. Wenn man da einen Macho sitzen hat, ist das glaub ich wirklich was, was nicht so gut funktioniert.

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