Agiles Arbeiten im Handwerk: Vorteile und Heraus­forderungen

Redaktion
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Immer mehr Unternehmen im Handwerk entdecken agiles Arbeiten: Flexibel, effizient und innovativ ebnen agile Methoden dem Handwerk den Weg in die Zukunft. Doch wo fängt man damit an? Wir beantworten die wichtigsten Fragen rund um agiles Arbeiten. Außerdem: Die besten Experten-Tipps für die Einführung agiler Arbeitsmethoden im Unternehmen.

In der modernen Arbeitswelt ist Agilität längst kein Fremdwort mehr. Doch agiles Arbeiten ist nicht mehr nur modernen Großkonzernen und jungen Start-ups vorbehalten – auch im Handwerk hält dieser innovative Ansatz Einzug.

Von Tischlereien bis hin zu Sanitärbetrieben setzen immer mehr Handwerksbetriebe auf agile Arbeitsmethoden, um flexibler, effizienter und kundenorientierter zu arbeiten. Aber was genau verbirgt sich hinter diesem Konzept und seinen Methoden? Eine Expertin, Agile Coach Sana Tornow, verrät, was agiles Arbeiten in der Praxis bedeutet.

Was ist agiles Arbeiten?

Agilität wird häufig mit Flexibilität gleichgesetzt. Das ist jedoch noch nicht alles. Agiles Arbeiten oder agiles Projektmanagement bedeutet, dass mehrere Mitarbeitende zusammenarbeiten, um ein Projekt oder eine Aufgabe schnell gemeinsam zu erledigen. Dazu kann ein Projekt in mehrere kleinere Einheiten aufgeteilt werden, die ggf. auch von verschiedenen Personen erledigt werden.

Im Zentrum steht dabei immer der Bedarf der Kundinnen und Kunden. Sie werden so früh wie möglich in das Projekt eingebunden und sollen regelmäßig ihre Meinung äußern können. Deshalb ist es ganz wichtig, die Arbeitsschritte so zu gestalten, dass die Kundinnen und Kunden Fortschritte erkennen und sehen, dass es vorangeht. 

Eine enge Zusammenarbeit im Team ist eine Voraussetzung dafür. Auch die Führungskräfte sollten sich in den Dienst des Teams stellen. Anstatt alles selbst erledigen zu wollen oder Druck auszuüben sollte der Chef seinen Mitarbeitenden Verantwortung und Eigenverantwortung übertragen. Durch einen ständigen Austausch bleiben alle auf dem Laufenden und haben denselben Wissenstand. So werden Missverständnisse vermieden und Fehler minimiert.

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Wie mache ich mein Unternehmen agil?

Als Chefin oder Chef sollten Sie sich zunächst umfangreich zum Thema Agilität weiterbilden, etwa in externen Trainings. Oder Sie lassen sich bei der Einführung von agilem Arbeiten durch eine Expertin oder einen Experten begleiten, in der Regel mit einem Workshop zur Definition der Ziele – etwa, was Sie mit Agilität in Ihrem Betrieb erreichen wollen.

Dabei sollten Sie Ihre Mitarbeitenden bereits von Anfang an mit einbinden und in den Prozess integrieren.

Welche Methoden gibt es beim agilen Arbeiten?

Doch wie sieht das Ganze in der Praxis aus? Es gibt tatsächlich verschiedene Ansätze und Methoden, um agiles Arbeiten im Handwerk zu ermöglichen. Grundsätzlich können agile Prozesse relativ leicht in Handwerksbetrieben verankert werden. Besonders in kleinen Betrieben, in denen die Entscheidungswege kurz sind und eine familiäre Atmosphäre herrscht.

  • Scrum:

    Bei Scrum wird in vordefinierten Zeitspannen (sog. Sprints) gearbeitet. Das Team plant, was in jedem Sprint erledigt werden soll und trifft sich regelmäßig, um den Fortschritt zu überprüfen, Erfahrungen auszutauschen und das Vorgehen ggf. anzupassen oder Ziele neu zu stecken.

  • Kanban:

    In Kanban wird eine Tabelle (Kanban-Board) benutzt, um den Fortschritt von Projekten zu verfolgen. Das Team zieht einzelne Aufgaben bzw. Teilprojekte von einer Spalte zur nächsten, um den Ist-Status anzuzeigen und die Arbeit entsprechend zu koordinieren. Kanban dient also einer anschaulichen Abbildung des Arbeitsflusses.

  • Lean:

    Die Lean-Methode dient der Identifikation und Beseitigung von Überflüssigem, das zu Verschwendung von Zeit, Geld oder Energie im Unternehmen führt. Beispiele sind Wartezeiten, übermäßige Lagerbestände oder unnötige Schritte im Prozess. Ziel sind schlankere Abläufe, effizientere Nutzung von Ressourcen und größere Kundenzufriedenheit.

  • Design Thinking:

    Design Thinking ist ein Ansatz, der zum Lösen von Problemen und zur Entwicklung neuer Ideen führen soll. Er rückt Kundenbedürfnisse in den Vordergrund. Die Erstellung von Prototypen (beispielsweise Skizzen oder Modelle) dient dazu, Ideen zu visualisieren, agil zu testen und frühzeitig Feedback von Nutzerinnen und Nutzern zu erhalten, um Produkt oder Dienstleistung noch im Entwicklungsprozess zu verbessern.

Obwohl alle Ansätze der Agilität unterschiedlich sind, verfolgen sie das gleiche Prinzip: Agiles Arbeiten bedeutet, dass die Arbeitsabläufe flexibel gestaltet werden. Also nicht ausschließlich von einer Person ausgeführt werden sollten. Regelmäßige Feedback-Runden sorgen für die Qualitätssicherung und dafür, dass schnell Anpassungen vorgenommen werden können. Die Interessen und Wünsche der Kundinnen und Kunden stehen dabei immer im Mittelpunkt.

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Welche Vorteile haben agile Methoden für Handwerks-betriebe?

  • Schnelle Reaktionsfähigkeit

    Agile Methoden und kleine Teams ermöglichen es Betrieben, schnell auf Veränderungen im Markt oder Kundenbedürfnisse zu reagieren und Prozesse entsprechend anzupassen.

  • Prozessoptimierung

    Agiles Projektmanagement hilft Unternehmen, Prozesse zu verbessern, Verschwendung zu verringern und durch die Effizienzsteigerung Zeit und Geld zu sparen.

  • Bessere Zusammenarbeit

    Eine agile Einstellung der einzelnen Mitarbeitenden fördert die Zusammenarbeit im Unternehmen und mit der Kundschaft. Dies führt oft zu einem besseren Ergebnis als bei klassischen Methoden.

  • Erhöhte Kundenzufriedenheit

    Durch die flexible Reaktion auf Kundenbedürfnisse und das Anbieten entsprechend maßgeschneiderter Produkte können Handwerksbetriebe durch agiles Vorgehen die Kundenzufriedenheit erhöhen.

  • Wettbewerbsvorteil

    Durch die Steigerung von Effizienz, Qualität und Kundenzufriedenheit können sich Unternehmen von der Konkurrenz abheben und ihre Wettbewerbsfähigkeit erhöhen.

Welche Herausforderungen gibt es bei der Einführung agiler Methoden im Handwerk?

Die agile Arbeitsweise kann bei der Einführung im Unternehmen zu Herausforderungen führen, die überwunden werden müssen, beispielsweise:

Kulturelle Barrieren:

Agile Methoden erfordern oft eine Veränderung der Arbeitskultur – das ist nicht immer leicht. Einige Mitarbeitende können Vorbehalte gegenüber die neuen Arbeitsmethoden haben oder befürchten, dass ihre Rollen und Verantwortlichkeiten sich ändern werden. Das gilt natürlich auch für die Führungskräfte. In Handwerksbetrieben trägt die Geschäftsführung häufig sehr viel Verantwortung und tut sich schwer damit, davon etwas an ihre Mitarbeitenden abzugeben.

sung: Offene Kommunikation und eine klare Erläuterung der Vorteile agiler Methoden können helfen, solche Widerstände zu überwinden. Es ist wichtig, Schulungen anzubieten, um sicherzustellen, dass sich alle Mitarbeitenden mit den neuen Arbeitsmethoden vertraut machen und eine entsprechende innere Haltung entwickeln.

Schwierigkeiten bei der Integration in bestehende Prozesse:

Agiles Arbeiten setzt oft eine Veränderung bestehender Arbeitsabläufe voraus, was zu Komplikationen und Verzögerungen führen kann.

sung: Es ist wichtig, agile Methoden in kleinen Schritten in bestehende Prozesse zu integrieren, um Störungen zu minimieren. Es kann auch hilfreich sein, Tests durchzuführen, um das Potenzial und die Herausforderungen von agilen Methoden vorab zu prüfen.

Schwierigkeiten bei der Planung und Umsetzung:

Agiles Projektmanagement macht eine stärkere Planung und Überwachung der Arbeitsprozesse notwendig, was manche Mitarbeitende als zusätzliche Belastung empfinden können.

sung: Für die Umsetzung agiler Methoden ist eine gründliche Planung und eine klare Verantwortlichkeitszuweisung wichtig. Unterstützend können agile Coaches oder Berater eingesetzt werden.

Probleme bei der Zusammenarbeit im Team:

Agile Methoden setzen eine enge Zusammenarbeit und Kommunikation innerhalb des Teams voraus, was manchmal zu Konflikten führen kann.

Lösung: Regelmäßige Meetings und Feedback-Schleifen helfen, Probleme frühzeitig zu erkennen und zu lösen. Es können Kommunikationsregeln festgelegt werden, um Missverständnisse zu vermeiden.

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Praxistipps für Betriebe, die agiles Arbeiten einführen möchten

  • Stellen Sie sicher, dass Ihr Team die Grundlagen und Prinzipien agiler Methoden versteht und mitzieht.

  • Beginnen Sie mit einem kleinen Projekt, bei dem Sie agile Methoden schrittweise einführen und testen. So können Sie erste Erfahrungen sammeln und sehen, welche Ansätze gut funktionieren und welche nicht.

  • Nutzen Sie Technologie: Es gibt viele Tools und Plattformen, die Agilität und agile Transformation erleichtern können. Nutzen Sie diese Technologien, um die Zusammenarbeit und den Informationsaustausch zu verbessern.

  • Veränderungskultur einführen: Eine Kultur des ständigen Lernens und der Veränderung ist unerlässlich, um agile Methoden erfolgreich umzusetzen. Stellen Sie sicher, dass Ihre Mitarbeitenden offen für Veränderungen sind und eine positive Einstellung haben.

Agile Coach Sana Tornow hat außerdem ein paar Praxis-Tipps für Besprechungen, mit denen bereits eine große Wirkung erzielt werden kann. Arbeiten Sie:

  • mit festen Zeiten für Themen, Beiträge und Austausch

  • mit einer Agenda

  • mit Protokollen, Zuständigkeiten und Fristen

  • mit wechselnder Moderation bei Terminen und mit einem kurzen Eröffnungs- (Check-in) und Schlussteil (Check-out): Wer ist heute dabei? Wie geht es euch? Worauf freut ihr euch?

Expertin Sana Tornow erläutert: „Wichtig ist, sich bei all den wohlklingenden Begrifflichkeiten bewusst zu machen, dass sich nicht jedes Thema bzw. jedes Aufgabengebiet mit agilen Methoden lösen lässt. Es gibt Bereiche unserer Arbeit, bei denen es sich anbietet, mit agilen Methoden vorzugehen. Genauso gibt es aber Bereiche oder Herausforderungen, wo das hinderlich und kontraproduktiv wäre. 

Insgesamt ist es wichtig, agiles Projektmanagement und agiles Arbeiten im Unternehmen schrittweise und systematisch einzuführen, um sicherzustellen, dass Ihr Team die Grundlagen versteht und sich auf die neue Arbeitsweise einlässt. Wenn die agile Transformation gelingt, ist das ein Erfolg für alle Seiten: den oder die Betriebsinhabende, die Mitarbeitenden und die Kundschaft.

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Veröffentlicht am 17.04.2023

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