Führungskräfte: Diese Eigenschaften zeichnen einen guten Chef aus

Redaktion
IKK classic

Den Mitarbeitern freie Hand lassen oder alle Projekte von vorne bis hinten überwachen? Entscheidungen demokratisch im Team fällen oder die eigenen Vorhaben autokratisch umsetzen – wie verhält man sich als Führungskraft richtig?

Wir erklären, welcher Führungsstil für welchen Mitarbeiter geeignet ist, an welchen Verhaltensweisen man einen guten Chef erkennt und wie Konflikte im Team am besten gelöst werden.

Studie zeigt: Jede dritte Fachkraft kündigt wegen des Chefs

Hand aufs Herz: Jeder Arbeitnehmer hatte vermutlich schon mal einen Vorgesetzten, mit dem es ein kleineres oder größeres Problem gab. Andererseits erinnern sich die meisten sicherlich auch an Chefs, die einen positiven bleibenden Eindruck hinterlassen haben.

Das Chef-Thema polarisiert auf jeden Fall – das zeigt auch eine Studie des Marktforschungs-Instituts respondi unter Fachkräften: Demnach hat jede dritte Fachkraft schon einmal wegen des Chefs gekündigt. Rund 2.000 Fachkräfte mit abgeschlossener Berufsausbildung (ohne Studium) aus verschiedenen Branchen (Handwerk, Gesundheit, Öffentlicher Dienst, Handel, Logistik) waren für die Studie befragt worden. Auch wenn die Vorgesetzten dabei insgesamt relativ positiv bewertet wurden, so ist doch der Wunsch nach besseren Chefs deutlich geworden. Doch was macht einen guten Chef oder eine gute Chefin und gute Führung eigentlich aus – mal ganz abgesehen vom individuellen Empfinden?

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Merkmale eines guten Chefs

Für Susanne Kleiner, PR-Beraterin und Coachin für Führungskräfte, kommt es zunächst auf die eigene innere Haltung zur Funktion an. Das heißt: „Gute Führungskräfte nehmen ihre Rolle an und stehen zu ihrer Verantwortung. Und: Führung hängt direkt mit Selbstführung zusammen“, so Kleiner. „Damit ist die mentale Stärke gemeint und die Fähigkeit, eigene innere Kraftquellen zu nutzen.“

Resilienz, also psychische Widerstandskraft zu entwickeln, um schwierige Situationen zu meistern, ist also insbesondere für Führungskräfte eine unverzichtbare Voraussetzung. Doch das ist bei weitem noch nicht alles, was einen guten Chef auszeichnet.

Für Kleiner ist es darüber hinaus entscheidend, dass „ein Chef klug nachfragt, zuhören kann und aufgrund seiner Persönlichkeit mobilisiert“. Außerdem sei eine gute Führungskraft bereit loszulassen.

Führungsstile nach Max Weber

Beschäftigt man sich mit dem Thema „Führung“, kommt man am Soziologen Max Weber nicht vorbei. Er unterscheidet vier verschiedene Führungsstile:

  • Autokratischer Führungsstil

    Hier trifft die Führungskraft Entscheidungen allein und unabhängig von anderen.

  • Patriarchalischer Führungsstil

    Auch hier trifft die Führungskraft Entscheidungen allein. Jedoch ist ihr Selbstverständnis von Verantwortungsgefühl und Fürsorge für die Mitarbeiter geprägt.

  • Charismatischer Führungsstil

    Der charismatische Führungsstil basiert auf der Ausstrahlung der Führungsfigur. Sie ist Vorbild für die Mitarbeiter und wird als Leitfigur angesehen. Aus diesem Grund folgen ihr die Mitarbeiter uneingeschränkt.

  • Bürokratischer Führungsstil

    Dieser Führungsstil ist personenunabhängig, weil die Führungsperson auf einen begrenzten Zeitraum ihre Befugnisse ausübt und jederzeit austauschbar ist. Es existieren klare Richtlinien, Vorschriften und Dienstanweisungen, die schriftlich fixiert sind.

Führungsstile nach Kurt Lewin

Der zweite Klassiker unter den Modellen stammt vom deutschen Psychologen Kurt Lewin. Er identifiziert insgesamt drei verschiedene Führungsstile:

  • Die autoritäre Führung: Hier werden die Mitarbeiter klar angeleitet.

  • Die demokratische Führung: Entscheidungen werden gemeinsam getroffen.

  • Laissez-faire-Führung: Der Chef legt die Verantwortung in die Hände seiner Mitarbeiter.

© Rudolf Wichert
Tobias Nitzschke – Wirtschaftspsychologe, Coach und Mediator

Im 21. Jahrhundert findet sich kaum mehr einer dieser klassischen Führungsstile in Reinform – Elemente der oben beschriebenen Ansätze sind aber durchaus auch heute noch erkennbar. Weitgehend durchgesetzt hat sich der sogenannte „situative Führungsstil“. Er beruht auf der Annahme, dass es bei den Mitarbeitern unterschiedliche „Reifegrade“ gibt.

„Man muss sich nicht entscheiden, ob man autoritär oder demokratisch führt. Situative Führung – also flexibel je nach Situation und Person zu agieren – ist heutzutage angebracht“, erklärt Tobias Nitzschke, Wirtschaftspsychologe und Führungskräfte-Coach. Dies bedeute beispielsweise, dass man als Chef einem Azubi in der Regel eine klare Anleitung geben müsse, wohingegen man einem älteren Mitarbeiter mit hohem Reifegrad mehr Freiheiten gewähren sollte. Gute Führung bestehe laut Nitzschke vor allem aus zwei Komponenten: „Die Unternehmensziele zu erreichen und zeitgleich die Mitarbeiter motivierend und selbstdenkend an Bord zu halten.“

Letzterer Aspekt ist, so sieht es Coachin Kleiner, gerade im Handwerk im Blick auf die veränderte Arbeitsmarktsituation eminent wichtig: „Gute Vorgesetzte in Handwerksbetrieben kommunizieren wertschätzend mit ihren Mitarbeitern. Das ist richtungsweisend – nicht zuletzt deshalb, weil sich Bewerber für Betriebe begeistern, wenn sie erkennen: Dort fühle ich mich wohl. Das ist ein attraktiver Arbeitgeber für mich.“

Gibt es geborene Führungspersönlichkeiten?

Die Frage, ob es gewisse Persönlichkeitsmerkmale gibt, die einen für eine Chef-Rolle prädestinieren, liegt auf der Hand – und sie ist umstritten. „Ich glaube, dass besonders starke und beeindruckende Charaktere eine Ausstrahlung mitbringen, die man nicht vollumfänglich lernen kann. Gleichwohl ist Führung kein Buch mit sieben Siegeln: Wer sich damit auseinandersetzt, kann Führungsqualitäten weitgehend lernen“, meint Coachin Kleiner dazu.

Ist es also für jeden erlernbar, ein guter Chef zu sein? Fakt ist: Mittlerweile gibt es eine unüberschaubare Anzahl an Weiterbildungsmöglichkeiten für Führungskräfte. Business-Coaching boomt – wie die gesamte Coaching-Branche. Angehende Führungskräfte oder diejenigen, die bereits eine Chef-Position innehaben, finden zahlreiche Angebote, um gezielt an ihren Führungsqualitäten zu arbeiten.

Wirtschaftspsychologe Nitzschke sieht den eigenschaftsorientierten Ansatz bei der Führung ohnehin als überholt an: „Früher man hat untersucht, welche Eigenschaften eine Führungskraft haben muss, um besonders erfolgreich zu sein. Dieser Ansatz hat sich aber nicht bewährt. Es gibt keine evidenten Ergebnisse, die darauf hindeuten, dass bestimmte Eigenschaften vorhanden sein müssen.“

Nitzschke verweist hingegen auf den Ansatz der transformationalen Führung, entscheidend sei das Konzept der "vier i": Sie stehen für individuell, inspirierend, intellektuell und idealisierend.

Was damit gemeint ist, erklärt der Wirtschaftspsychologe wie folgt: „Individuell bedeutet, je nach Persönlichkeit vorzugehen, die Persönlichkeit zu spiegeln. Inspirierend heißt: Ich sollte mit ganz klaren Zielen und voller Kraft dahinter agieren. Intellektuell meint, die Mitarbeiter miteinzubeziehen, ich lasse sie mitdenken, binde sie aktiv ein. Idealisierend, für mich der wichtigste Punkt, bedeutet, Vorbild zu sein und mit gutem Beispiel voranzugehen, etwa beim Thema Pünktlichkeit.“

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Wie man sich als Chef bei Konflikten im Team verhalten sollte

Doch auch noch so gute Chefs, die das "vier i"-Konzept verinnerlicht haben und vorleben, stoßen früher oder später auf bestimmte Konflikte in ihrem Team. Diese können sogar schon vor ihrer Zeit entstanden sein. Was also tun, wenn die Stimmung im Team schlecht ist?

Zunächst gilt es, Ursachenforschung zu betreiben und den Dialog mit den Mitarbeitern zu suchen: „Dabei ist es wichtig, ergebnisoffen in das Gespräch zu gehen und neuen Ideen Raum zu geben. So erkennen alle Mitarbeiter, dass es ihre gemeinsame Aufgabe ist, eine gute Zusammenarbeit zu fördern und gerne in diesem Team zu arbeiten. Und sie verstehen, dass sie und ihr Beitrag zum großen Ganzen wichtig sind“, sagt Beraterin Kleiner.

Gerade in der derzeitigen, veränderten Arbeitssituation, in der viele Mitarbeiter von zuhause aus im Homeoffice arbeiten, ist die Kommunikation mit dem Team noch einmal um eine Facette reicher. Denn im Gegensatz zu früher sind in einem Betrieb oder Unternehmen oft nicht alle Mitarbeiter physisch greifbar. Feelgood-Management, was auch Aufgabe einer Führungskraft ist, muss deshalb oft auf digitalem Weg erfolgen. Für den sozialen Kitt empfiehlt Kleiner feste Rituale wie ein „Was mich beschäftigt"-Blitzlicht oder „Kaffee und Kuchen zum Wochenausklang“ – denn der schmeckt auch in Web-Konferenzen.

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Veröffentlicht am 27.07.2020

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