E-Patientenakte – hohe Akzeptanz in der Gesellschaft
Die 2008 eingeführte elektronische Patientenakte (ePA) ist der zentrale Baustein in der estnischen E-Health-Strategie. Sie ist der Ort, in der alle wichtigen medizinischen Daten abrufbar sind, die ein Bürger Estlands im Laufe seines Patientenlebens ansammelt. Aber nicht nur das: In der Akte sind sämtliche Besuche bei einem der 800 Hausärzte Estlands inklusive der Diagnosen und Befunde dokumentiert. Darüber hinaus findet sich auch ein Überblick über die verordneten Medikamente, Einweisungs- und Entlassbriefe für die stationäre Versorgung in einem der rund 50 Krankenhäuser und Informationen darüber, ob die entsprechende Person Organe spenden will oder nicht.
Wie Madis Tiik erklärt, genieße die E-Patientenakte eine hohe Akzeptanz in der estnischen Bevölkerung. Das läge vor allem daran, dass bezüglich der Daten "volle Transparenz" herrsche. Die Weitergabe von Patientendaten ist in Estland rechtlich über ein Opt-out geregelt. Bedeutet: Zwar kann theoretisch jede Ärztin und jeder Arzt auf ENHIS-Daten für alle Patientinnen und Patienten zugreifen. Wer behandelt wird, ist jedoch Eigentümer der Gesundheitsdaten und hat die volle Kontrolle darüber: Sie oder er verfügt über die Möglichkeit, bestimmte Daten in ENHIS unzugänglich zu machen und bestimmt darüber, welcher Arzt sie einsehen darf und welcher nicht.
In Deutschland ist das übrigens aktuell bei der ePA genau umgekehrt geregelt: Hier hat man sich für ein Opt-in-Verfahren entschieden. Das heißt, dass jede Patientin und jeder Patient für die Nutzung der Akte aktiv werden und Zugriffe für medizinisches Personal freigeben muss.
In 2024 soll die Nutzung der ePA in Deutschland weitgehend vereinfacht werden. Allen Versicherten soll zukünftig automatisch eine ePA durch die Krankenkassen bereitgestellt werden. Wer das nicht möchte, kann widersprechen (Opt-Out-Verfahren). Die Nutzung der ePA bleibt freiwillig. Da die gesetzlichen Grundlagen derzeit geschaffen werden, kann der ePA als Opt-Out-Variante aktuell noch nicht widersprochen werden.
Für Datenschutzexperte Holm Diening von der gematik ist die ePA in Deutschland "auf einem Sicherheitsniveau, das andere Aktenlösungen im europäischen Vergleich übertrifft".