Junge Frau sitzt bei einem Gaming Wettbewerb und spielt

Frauen im E-Sport: stigmatisiert und ausgegrenzt

Weniger Aufmerksamkeit, geringere Preisgelder, sexistische Kommentare und Beleidigungen: Frauen im E-Sport kämpfen mit denselben Vorurteilen wie ihre Kolleginnen in klassischen Sportarten. Viele trauen sich deswegen nicht, ihr Geschlecht preiszugeben – oder fangen gar nicht erst an. Es muss sich etwas tun, fordert auch die Wissenschaft.

Wir kennen es vom Fußball: Während die Männer als internationale Stars gefeiert werden, astronomische Gehälter kassieren und die Spielübertragungsrechte hart umkämpft sind, kicken die Frauen auf dem Rasen meist in halbleeren Stadien. Zusätzlich müssen sie einer regulären Arbeit nachgehen, um ausreichend Geld fürs Leben zu verdienen. Das größte Vorurteil: Frauen spielen weniger dynamisch, weniger athletisch und damit auch weniger spektakulär. Ähnlich wie auf dem Fußballplatz ergeht es weiblichen Spielern in der boomenden Welt des E-Sports.

"Das größte Vorurteil ist nach wie vor, dass eine Frau nicht spielen kann. Was natürlich kompletter Blödsinn ist", sagt Mag. Dr. Alexander Pfeiffer vom Zentrum für Angewandte Spieleforschung der Donau-Universität Krems. "Das führt dazu, dass sich Frauen im E-Sport oftmals gar nicht mehr als Frauen preisgeben, sondern einfach neutrale oder männliche Charaktere spielen."

Dieses Zitat zeigt, wie schwer es Frauen in der von Männern dominierten Games-Branche haben. Das müsste nicht sein. "Die Anzahl an E-Sportlerinnen ist unglaublich gering. Es ist schwierig, hier an offizielle Zahlen zu kommen, aber der Anteil im Profibereich liegt bei unter 5%. Und das, obwohl beim E-Sport – anders als bei vielen herkömmlichen Sportarten – das Geschlecht der Spielenden keine Auswirkungen auf die durchschnittliche Leistung hat und eine Geschlechtertrennung dadurch nicht notwendig ist", sagt Natalie Denk, Leiterin des Zentrums für Angewandte Spieleforschung.

Das größte Vorurteil: Dass eine Frau nicht spielen kann. Kompletter Blödsinn!
Alexander Pfeiffer

Welche Spiele gehören zum E-Sport?

E-Sport ist im Grunde alles, was realer Sport auch ist – nur eben virtuell. Es gibt Einzel- und Teamsportarten, die Spielenden treten in unterschiedlichen Wettkämpfen und Disziplinen gegeneinander oder gegen den Computer an und spielen um Siege, Rekorde und persönliche Highscores. Die Disziplinen sind dabei genauso zahlreich wie im klassischen Sport, wo neben Fußball auch Exoten wie Paint Ball, Rudern im Einer-Canadier oder Schach Platz haben. 

Alexander Pfeiffer liefert einen Überblick: "Auf der einen Seite gibt es Sport-Simulationen wie Fußball, Tennis, Boxen, Formel 1 oder Radfahren. Spannend ist hierbei, mit welchem Eingabegerät die Spiele gespielt werden: Sind es bei FIFA und Tennis der klassische Controller, ist es bei Formel 1 ein simuliertes Cockpit und bei Radfahren tatsächlich das eigene Fahrrad auf einer Walze."

Neben klassischen sportlichen Wettbewerben gibt es Wettbewerbe, in denen Spielende mit Waffen und Magie gegeneinander kämpfen, erklärt Pfeiffer: "Sogenannte MOBAs (Multiplayer Online Battle Arena) werden auf einem PC gespielt, mit Maus und Tastatur. Dabei treten meist zwei Teams mit jeweils drei oder fünf Personen auf einer Landkarte gegeneinander an. In der jeweiligen Spielwelt hat jede Spielerin oder jeder Spieler eine individuelle Rolle inne. Teamwork, Taktik und Strategie sind entscheidend. Bekannte MOBAs sind League of Legends oder Dota 2. In Europa und den USA spielen auch First-Person Shooter (Ego-Shooter) wie Counter Strike eine größere Rolle. Diese können in realistischer oder in einer Comic-artigen Grafik gehalten sein. Ein sehr bekannter Vertreter von letzterem Grafikstil ist Fortnite."

Daneben gibt es eine Vielzahl an Spielen, die auch gern bei einem klassischen Spieleabend anstelle eines Brettspiels zum Einsatz kommen: "Das sind auf den ersten Blick keine klassischen E-Sport-Titel, können aber im passenden Setting durchaus im Wettbewerb gespielt werden. Dazu gehören Games wie Mario Kart, Smash Bros. oder Overcooked 2. Sehr beliebt ist auch Rocket-League, wo man mit Autos einen übergroßen Ball ins gegnerische Tor schießen muss."

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Frauen im E-Sport: Gaming gegen Vorurteile

Was E-Sport so faszinierend macht, sind nicht nur die unterschiedlichen Disziplinen, in denen man sich messen kann. Im virtuellen Raum spielen körperliche Voraussetzungen keine Rolle. Die physischen Unterschiede zwischen Männern und Frauen sind aufgehoben, so können theoretisch auch Frauen und Männer gleichwertig Fußball mit- oder gegeneinander spielen.

Und trotzdem sind weibliche Spieler in der Gaming-Szene so selten. Natalie Denk ist selbst begeisterte Gamerin und hat 2018 die "League of Girls" mitgegründet. Die österreichische Initiative setzt sich für die stärkere Sichtbarkeit von Mädchen und Frauen im E-Sport ein. 

Sogenannte "Female-Only-Ligen", in denen reine Frauen-Teams gegeneinander antreten, sind Denk zufolge keine Lösung des Problems. "Viel wichtiger wäre es, im herkömmlichen E-Sport eine Willkommenskultur zu schaffen und Exklusionsmechanismen frühzeitig entgegenzuwirken. In den Frauenligen sind oftmals die Preisgelder geringer oder die Leistung der Spielerinnen steht weniger im Mittelpunkt als deren Aussehen."

E-Sport: Nicht generell sexistisch, aber…

Doch wenn im E-Sport keine körperlichen Voraussetzungen Gewicht haben, welchen Vorurteilen sehen sich Gamerinnen dann gegenüber? "Frauen wird oftmals gar nicht zugetraut, dass sie sich für Computerspiele interessieren oder gar gut im Gaming sind", benennt Natalie Denk den Sexismus in der Gaming-Welt.

"Ich würde nicht sagen, dass die Gaming-Szene oder der E-Sport generell sexistisch ist, aber leider gibt es immer wieder Vorfälle – vor allem im scheinbar anonymen Raum des Internets –, die Frauen und Mädchen den Einstieg ins Gaming nicht leicht machen. Ein Beispiel: Ich höre immer wieder von Berichten von Online-Spielerinnen, dass sie mit sexistischen Kommentaren konfrontiert werden, sobald sie sich als weiblich outen. Zum Beispiel durch ihre Stimme im Sprach-Chat. Danach geht es plötzlich nicht mehr um ihre Leistung, sondern um das Geschlecht."

Ein Teil dieses Problems ist die geschlechtsspezifische Sozialisation, in der Mädchen tendenziell weniger technikaffin erzogen werden als Jungs. Geschwister kennen dieses Phänomen: Während der Bruder zu Weihnachten einen Game Boy bekommt, liegt für die Schwester eine Puppe unterm Baum. So entsteht der Mythos, dass Mädchen und später Frauen mit Technik grundsätzlich wenig am Hut haben.

Anlaufstellen für E-Sport-Interessierte

  • eSport-Bund Deutschland (ESBD)

    2017 gegründet, sind im ESBD gut dreißig Clans, Vereine, Veranstalter und andere Unternehmen organisiert.

    Zum ESBD
  • Anykey

    Die internationale Non-Profit-Organisation setzt sich für Diversität, Fairness und Gleichheit im eSport ein.

    Zu Anykey
  • Women in Games

    Die 2009 gegründete Non-Profit-Organisation ist stark in den sozialen Medien aktiv und ruft regelmäßig feministische Challenges rund ums Gaming ins Leben.

    Zur Initiative

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Ein Großteil der Bevölkerung verbringt täglich viel Zeit vor dem Smartphone, Tablet und PC. Das schadet nicht nur der Augenmuskulatur, sondern kann auch Nacken- und Rückenschmerzen auslösen. Der Visual- und Schnelllesetrainer Friedrich Hasse erklärt in unserer Serie "Einfach entspannt sehen", wie Sie dem mit ein paar Übungen ganz einfach entgegenwirken können.

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Mädchen und Frauen im E-Sport: Raus aus der Nische

Es gibt immer mehr Initiativen, die Mädchen und Frauen im E-Sport stärken. Angefangen bei Natalie Denks "League of Girls". Die Plattform bietet eine Anlaufstelle für alle, die E-Sportlerin oder E-Sportler werden wollen oder einfach nach Unterstützung oder Gleichgesinnten suchen. Dabei müssen Interessierte weder weiblich sein – Stichwort Gender Diversity – noch aus Österreich kommen. "E-Sport ist eine faszinierende, aufstrebende Szene und natürlich gibt es hier auch viele positive Faktoren. Die E-Sport-Szene ist eine tolle Gemeinschaft – auch offline kommt man ins Gespräch", betont Natalie Denk.

Sie und ihr Team haben inzwischen einen weiteren Ansatz gegen Sexismus in der Gaming-Welt gefunden: Aufklärung schon bei Kindern und Jugendlichen und nicht nur mit Bezug auf Games betreiben. Alexander Pfeiffer erklärt mehr dazu: "Was über die letzten Jahre, in denen wir uns mit dem Thema E-Sport und Frauen auseinandergesetzt haben, sehr deutlich wurde, ist, dass es hier essenziell ist, so früh wie möglich anzusetzen. Das betrifft alle Themen, die stark in der Sozialisierung verankert sind. Dazu sollten Themen wie Sexismus, Hatespeech, genderspezifische Vorurteile und ähnliches im Bildungssektor einen Platz einnehmen und in Schulprojekten entsprechend aufgearbeitet werden. Zwei Projekte, an denen wir derzeit arbeiten sind die E-Sport-Schulliga in Wien und das Forschungsprojekt StreamIT!"

Die E-Sport-Szene ist eine tolle Gemeinschaft – auch offline.
Natalie Denk

Bei "StreamIT!" erarbeiten die Mitarbeitenden ein Unterrichtskonzept, bei dem die Live-Übertragung von Computerspielen erlernt werden soll. Es sollen nicht nur Kenntnisse im Bereich Forschung, Technik und Innovation, sondern auch Genderkompetenzen vermittelt werden. Außerdem soll der Unterricht Aufklärungsarbeit leisten und berufliche Orientierung in der Gaming-Branche geben.

"Im E-Sport Schulliga Projekt haben wir bereits 2019 sehr erfolgreich eine Mädchenquote eingeführt und damit etwas erreicht, was im herkömmlichen E-Sport leider eine Seltenheit ist: geschlechter-gemischte E-Sport Teams und Mädchen, die als Gamerinnen sichtbar werden."

Das Projekt StreamIT! soll Pfeiffer zufolge die Faszination an Live-Übertragungen von Spielerinnen und Spielern im Netz aufgreifen und die damit verbundenen Kompetenzen in Forschung, Technik und Innovation zeigen und fördern. "Wir arbeiten hierbei an einem Unterrichtskonzept, das im Herbst in fünf Schulen erprobt wird. Ein Teil davon ist auch die Berufsorientierung, wo wir gezielt auch mit weiblichen Akteurinnen in der Gaming Szene arbeiten.", erklärt der Spieleforscher.

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E-Gamerinnen, die du kennen solltest

Wer nicht selbst professionell zocken, aber live dabei sein will, wie Frauen im E-Sport Rekorde brechen, sollte diese Spielerinnen im Auge behalten:

  • VKLiooon

    Heartstone heißt das Spiel, das die Chinesin Li "VKLiooon" Xiaomeng zur E-Gamerin gemacht hat. 2019 gewann sie als erste Frau die GrandFinals und ist amtierende Weltmeisterin. Ihren Sieg kannst du auf YouTube sehen.

  • FIFA_Kati

    Kati ist Content Creator beim FC Red Bull Salzburg und streamt regelmäßig ihre FIFA-Matches über Twitch. Die E-Gamerin haut außerdem fast täglich ein neues Video auf TikTok raus.

  • Gnu

    Als erste deutsche Gamerin hat Gnu alias Jasmin über 1 Million Follower auf YouTube. Die ausgebildete Grafikdesignerin streamt Letsplays, das heißt, sie zockt (unter anderem Among Us, Die Sims 4 und League of Legends: Wild Rift) und ihre Follower schauen zu. Auf Twitch folgen ihr über 420.000 User.

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