Frauen im Handwerk

Redaktion
IKK classic

Immer mehr junge Frauen entscheiden sich für eine Ausbildung in klassischen Handwerksberufen. In Zeiten des Fachkräftemangels haben sie dort auch eine gute Perspektive, Karriere zu machen. Doch weshalb ist eine handwerkliche Ausbildung so attraktiv? Welche Chancen eröffnen sich und welche Herausforderungen gilt es zu meistern? Wir geben einen Überblick.

Rückblick: Frauen im Handwerk gestern und heute

Schutzbrille, Warnweste, Stahlkappenschuhe – in vielen handwerklichen, insbesondere gewerblich-technischen Berufen, geht es ordentlich zur Sache. Man(n) ist viel unterwegs und häufig auch draußen an der frischen Luft. Doch ist dieser Berufszweig auch für Frau der richtige? Immer mehr Frauen beantworten diese Frage heute mit „Ja!“. Das war nicht immer so, denn bis zur Wiedervereinigung Deutschlands im Jahr 1989 durften Frauen in der Bundesrepublik Deutschland keine Bauberufe ausüben.

Heute sind 36 Prozent des Handwerks in weiblicher Hand – ein beachtlicher Fortschritt. Bei genauerem Hinsehen zeigt sich jedoch, dass Frauen noch immer überwiegend in „typisch weiblichen“ Handwerksberufen wie Friseurin, Kauffrau für Büromanagement oder Konditorin arbeiten. Als Mechatronikerinnen, Maurerinnen oder Tischlerinnen sind sie dagegen deutlich seltener im Einsatz. Dies liegt einerseits an der historischen Entwicklung, andererseits daran, dass Frauen in männerdominierten Berufen noch immer mit Vorurteilen konfrontiert sind. Eine Tatsache, die sich mit Blick auf den Fachkräftemangel im Handwerk verändern sollte – und die sich angesichts der angestrebten Gleichberechtigung zwischen den Geschlechtern verändern muss.

Apropos Vorurteile:

Frauen im Handwerk begegnen auch in der heutigen Zeit noch viel zu oft Hass und Vorurteile – ob auf der Baustelle oder im Netz. Gemeinsam mit Isabelle Vivianne (IG: @die.tischlerin) möchten wir in unserem Video die Stereotypen zerschlagen – und das im wahrsten Sinne des Wortes!

Video zu Vorurteilen, denen Frauen im Handwerk ausgesetzt sind
Video abspielen
Infografik zur Diversität im Handwerk

Vielfalt im Handwerk bereichert

Frauen in die Vorzimmer, Männer in den Chefsessel? Nicht das Geschlecht definiert, wer was am besten kann. Außerdem haben Unternehmen mit gemischten Teams und mehr Frauen in Führungspositionen eine deutlich höhere Wahrscheinlichkeit, überdurchschnittlich profitabel zu sein. Das ergab eine Studie der Unternehmensberatung McKinsey. Warum das so ist, und wie wichtig diverse Teams auch für das Handwerk sind, lesen Sie in unserem Artikel „Erfolgreich arbeiten fernab beruflicher Rollenbilder“. 

Frauen in Handwerksberufen: kreativ, selbstbestimmt und glücklich

Das Handwerk ist längst weit mehr als nur traditionelles Schaffen mit Hammer und Meißel. Es bietet eine spannende Mischung aus Kreativität, Selbstbestimmung und sichtbaren Ergebnissen, die vielen Frauen und Männern im Beruf täglich Freude bereitet. Am Ende des Tages können sie sehen und fühlen, was sie geschaffen haben. Das löst Glücksgefühle aus, wie unsere Studie "Handwerk macht glücklich" belegt. Auch Handwerkerin Madita Brauer bestätigt das, die auf ihrem Instagram-Kanal @frauimhandwerk die Werbetrommel für das Handwerk rührt und mit gängigen Vorurteilen aufräumt.

Gleichzeitig hat sich das Handwerk gewandelt und ist moderner geworden als vielen bewusst ist. Dank stetiger Digitalisierung und dem Einsatz von KI sowie der Implementierung von New Work werden Prozesse fortlaufend effizienter und eröffnen neue, kreative Möglichkeiten. Diese Entwicklungen machen die Arbeit selbstbestimmter und ermöglichen eine flexiblere Gestaltung von Arbeitsort und -zeit. Für Frauen im Handwerk bedeutet das nicht nur eine Chance, traditionelle Rollenmuster zu durchbrechen, sondern auch eine bessere Vereinbarkeit von Familie und Beruf.

 

 

 

„Das Tolle an Berufen im Handwerk ist einerseits, dass die Arbeit abwechslungsreich ist. Dazu kommt die Interaktion mit dem Kunden über viele Arbeitsschritte hinweg und schließlich das fertige Produkt, das man mit seinen eigenen Händen geschaffen hat. Und – das Beste: die Freude und Wertschätzung des Kunden am Ende des Auftrags.“ 

Madita Brauer, Anlagenmechanikerin mit Meistertitel

© WEITBLICK/Gottfried Schmidt OHG

Wie zufrieden sind Sie in Ihrem Job?

Dieser und vier weiteren Fragen zur beruflichen Zufriedenheit stellten sich insgesamt 699 Handwerkerinnen und Handwerker sowie 1.318 weitere Frauen und Männer in nicht-handwerklichen Berufen im Rahmen einer telefonischen Umfrage im Auftrag der IKK classic. Das Ergebnis: Personen im Handwerk sind nicht nur zufriedener, sie empfinden ihren Beruf auch als besonders sinnhaft und erfahren zudem eine hohe Wertschätzung für ihre Arbeit.

Alle Details der Studie gibt es hier.

Infografik zur Studie "Mein Beruf macht mich glücklich".
Ergebnisse der Studie zur beruflichen Zufriedenheit (2022)

Karrierechancen für Frauen im Handwerk

Das Handwerk bietet jungen Frauen zahlreiche Möglichkeiten, sich beruflich zu entwickeln und durchzustarten. Hier ein Überblick über die verschiedenen Etappen und Möglichkeiten, die eine Karriere im Handwerk bietet:

Ausbildung: Je nach gewähltem Beruf dauert die Ausbildung im Handwerk zwischen 2 und 3,5 Jahren. Nach erfolgreichem Abschluss der Prüfung erhalten die Auszubildenden ihren Gesellinnenbrief und sind offiziell Gesellin.

Meistertitel: Früher mussten Gesellinnen in der Regel mindestens 3 Jahre Berufspraxis vorweisen, bevor sie sich zur Meisterprüfung anmelden konnten. Heute ist diese Wartezeit nicht mehr notwendig. Auch die Teilnahme an einem Vorbereitungskurs an einer Meisterschule ist inzwischen nicht mehr verpflichtend, aber dennoch ratsam, da dieser optimal auf die Prüfung vorbereitet. Die Weiterbildung zum Meister dauert in Vollzeit etwa 1 bis 2 Jahre. Mit dem Meistertitel erhalten Absolventinnen automatisch den Titel „Bachelor Professional“, der einem akademischen Bachelor gleichgestellt ist, jedoch einen beruflichen Abschluss darstellt.

Aufstiegsfortbildung zur Betriebswirtin: Wer den Meisterabschluss in der Tasche hat, erhält die Möglichkeit, sich zur Geprüften Betriebswirtin (HwO) fortzubilden. Diese Qualifikation, auch „Master Professional“ genannt, nimmt in Vollzeit etwa 6 Monate in Anspruch und ist dem akademischen Masterstudium gleichgestellt. Die Weiterbildung bereitet optimal auf die wirtschaftliche Führung eines Handwerksbetriebes vor.

Unternehmertum: Nach erfolgreich abgelegter Prüfung zur Betriebswirtin ist frau sowohl fachlich als auch kaufmännisch bestens darauf vorbereitet, einen eigenen Betrieb zu gründen oder zu übernehmen. Wie so ein Generationenwechsel im Handwerk erfolgreich gelingen kann, zeigen Tischlermeisterin Jule Rombey und Dachdeckermeisterin Sophia Lewe.

Karriereturbo durch Studium: Alternativ zu all diesen Etappen bieten duale und triale Studiengänge die Möglichkeit, noch schneller ans Ziel zu kommen. Diese Studiengänge kombinieren eine praktische Berufsausbildung mit einem akademischen Bachelorabschluss. Im trialen Studium, das etwa 5 Jahre dauert, wird zusätzlich der Meistertitel erworben. Ein duales Studium im Handwerk ohne Meistertitel dauert dagegen nur 3 Jahre. Voraussetzung für beide Studienformen ist die Fachhochschulreife, die entweder durch das Abitur oder eine entsprechende Berufsausbildung mit Berufserfahrung erlangt werden kann.

Das Handwerk bietet also eine Fülle von Möglichkeiten, sich beruflich weiterzuentwickeln. Noch unsicher, welcher Weg der richtige ist? Unser Artikel „Nach der Ausbildung studieren – oder doch den Meister machen?“ hält noch weitere Details zu den verschiedenen Karrieremöglichkeiten im Handwerk bereit.

Gut zu wissen: Der Meistertitel ohne Gesellenbrief kommt!
Im Februar 2024 hat das Bundeskabinett beschlossen, dass Personen mit langjähriger Berufserfahrung auch ohne abgeschlossene Berufsausbildung die Möglichkeit erhalten sollen, die Meisterprüfung abzulegen. Dazu können sie bei der Handwerkskammer eine Art „Validierung“ ihrer Fähigkeiten beantragen, welche bestätigt, dass diese dem Gesellenniveau entsprechen. Eine Voraussetzung dafür ist, dass die Bewerberinnen und Bewerber mindestens eineinhalbmal so lange wie die reguläre Ausbildungsdauer in ihrem Beruf tätig gewesen sein müssen. In den vergangenen Jahren wurde diese Möglichkeit bereits in vereinzelten Modellprojekten erprobt. Zukünftig soll sie flächendeckend bundesweit eingeführt werden.

Karrierestufen Illustration bei Frauen im Handwerk

Lust auf eine Ausbildung im Handwerk?

Auf vielen verschiedenen Handwerksmessen in Deutschland kann man sich einen guten Überblick über die einzelnen Berufssparten verschaffen und erste Kontakte knüpfen. Hier eine kleine Auswahl:

Frauen im Handwerk: Adressen zum Informieren und Vernetzen

Du gehst noch zur Schule oder möchtest dich beruflich umorientieren? Diese Adressen, Initiativen und Netzwerke können dich dabei unterstützen, deinen persönlichen Weg ins Handwerk und den perfekten Beruf für dich zu finden!

Mädchen-Zukunftstag

Der Mädchen-Zukunftstag, auch bekannt als Girls' Day, ist eine gute Gelegenheit für junge Frauen, die sich für eine Karriere im Handwerk interessieren. An diesem Tag öffnen Unternehmen, Betriebe und Hochschulen deutschlandweit ihre Türen, um speziell Mädchen Einblicke in Berufsfelder zu geben, die traditionell eher männlich dominiert sind. Von der Metallverarbeitung über Elektrotechnik bis hin zum Bauwesen kannst du praktische Erfahrungen sammeln und herausfinden, welche handwerklichen Tätigkeiten dich besonders ansprechen. Der Girls' Day dient nicht nur dazu, deine Neugier zu wecken, sondern auch, um Kontakte zu knüpfen und Mentorinnen und Mentoren zu finden, die dich auf deinem Weg in eine handwerkliche Karriere unterstützen können.

Komm, mach MINT

Die Initiative „Komm, mach MINT“ zielt darauf ab, junge Frauen für eine Karriere in den MINT-Bereichen – Mathematik, Informatik, Naturwissenschaft und Technik – zu begeistern. Mit einer Vielzahl an Angeboten wie Workshops, Netzwerkveranstaltungen und speziellen Programmen bietet „Komm, mach MINT“ praktische Einblicke und wertvolle Ressourcen für alle, die sich für technische und naturwissenschaftliche Berufe interessieren. Zusätzlich vernetzt die Plattform „MINTvernetzt“ verschiedene Akteure und Institutionen, um den Austausch und die Unterstützung untereinander zu fördern. Diese Initiative kann dir helfen, deine Interessen zu vertiefen, wichtige Kontakte zu knüpfen und Unterstützung auf deinem Weg in die MINT-Berufswelt zu finden.

Empowergirl

Die Praktikumsbörse „Empowergirl“ unterstützt junge Frauen, die eine handwerkliche Karriere anstreben, indem sie spezialisierte Praktikumsplätze in verschiedenen Handwerksberufen anbietet. Diese Plattform ermöglicht es dir, praktische Erfahrungen zu sammeln, Einblicke in den Berufsalltag zu gewinnen und wertvolle Kontakte zu knüpfen. Durch das Absolvieren von Praktika kannst du herausfinden, welcher handwerkliche Beruf am besten zu dir passt und so deinen idealen Karriereweg finden.

IKK classic Ausbildungs-Check

In Deutschland gibt es mehr als 300 anerkannte Ausbildungsberufe. Unser Handwerksberufe-Quiz hilft dabei, die passende handwerkliche Ausbildung für sich zu finden. Durch Fragen zu deinen Interessen und Fähigkeiten zeigen wir dir Ausbildungswege auf, die zu deinen individuellen Stärken und Karrierezielen passen. 

Tipps für Frauen: Herausforderungen in Handwerksberufen erfolgreich meistern

Ob auf der Baustelle oder in der Werkstatt: Als junge Frau im Handwerk stehst du täglich vor neuen Herausforderungen. Doch keine Sorge, mit den richtigen Strategien kannst du jede Hürde überwinden. Hier sind fünf Tipps, wie du im Handwerksjob erfolgreich bleibst:

  • Sei selbstbewusst!

    Glaube an deine Fähigkeiten und trete selbstsicher auf. Ein selbstbewusstes Auftreten und eine positive Körpersprache helfen dir dabei, selbstbewusst zu handeln und im Team respektiert zu werden.

  • Kommuniziere klar und deutlich

    Ob mit Kolleginnen und Kollegen, Vorgesetzten oder Kundinnen und Kunden – klare Kommunikation ist der Schlüssel. Trau dich, Fragen zu stellen, wenn etwas unklar ist, und äußere deine Meinung respektvoll. Gute Kommunikation kann Missverständnisse vermeiden und die Zusammenarbeit verbessern.

  • Organisiere dich

    Gute Organisation kann den Unterschied ausmachen, besonders an stressigen Tagen. Plane deine Aufgaben sorgfältig und setze Prioritäten. Nutze Tools wie digitale Kalender oder Zeitmanagement-Apps zur Aufgabenverwaltung, um den Überblick zu behalten.

  • Lerne Kritikfähigkeit

    Kritik am Arbeitsplatz kann eine Gelegenheit sein, zu lernen und sich zu verbessern. Nimm konstruktive Kritik an und nutze sie, um deine Fähigkeiten weiterzuentwickeln. Das zeigt nicht nur Reife, sondern auch den Willen, sich kontinuierlich zu verbessern. Wie du Kritikfähigkeit erlernen kannst, erfährst du in unserem Artikel Tipps für mehr Kritikfähigkeit“. 

  • Achte auf deine Gesundheit

    Die physische Anforderung im Handwerk ist nicht zu unterschätzen. Achte auf eine korrekte Haltung bei der Arbeit und mache regelmäßig Pausen. Auch psychische Gesundheit ist wichtig: Techniken zur Stressbewältigung wie Yoga oder Meditation können helfen, ausgeglichen zu bleiben.

Stress abbauen, Kraft tanken

Von Yoga bis Resilienz-Training: Um im Job richtig durchstarten zu können, ist es wichtig, auch mal abzuschalten und Stressfaktoren nicht an sich heranzulassen. Bei unseren vielfältigen Onlinekursen rund um die Themen Stressbewältigung und Entspannung ist für jeden Geschmack und jedes Bedürfnis das passende Angebot dabei. Zu den Onlinekursen

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IKK classic

Veröffentlicht am 03.01.2020

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