Mann und Frau mit medizinischen Masken deuten Kuss an

Endemie nach der Pandemie: Was wird aus Corona?

Die Hoffnung, dass Corona wieder verschwindet, können wir laut Experten leider nicht mehr hegen. Wir müssen lernen, mit dem Virus zu leben. Immerhin scheint sich, auch vorangetrieben durch Omikron, die Pandemie zu einer Endemie entwickeln zu können. Wir erklären die wichtigsten Begriffe und unter welchen Voraussetzungen der Wandel denkbar ist.

Eine Zeit wie "vor Corona"? Schon im Mai 2020 ging die Weltgesundheitsorganisation (WHO) davon aus, dass das Coronavirus zu einem endemischen Virus werden könnte. Die Omikron- und Delta-Varianten haben gezeigt, wie anpassungsfähig das Virus ist: ähnlich der Grippe. Das bedeutet, wir müssen in bestimmten Regionen der Welt lernen, für immer damit zu leben. Wann aber wird nun aus der Pandemie eine Endemie, und für was genau steht Epidemie in diesem Kontext noch mal?

Was ist der Unterschied von Epidemie und Pandemie? 

Von einer Epidemie wird gesprochen, wenn eine Krankheit in einer bestimmten Region und in einem begrenzten Zeitraum ungewöhnlich häufig vorkommt. Das passiert etwa, wenn eine Krankheit für Menschen neu ist, denn dann sind in der Regel nur sehr wenige Personen gegen das Virus immun. Das kann dazu führen, dass überdurchschnittlich viele Menschen erkranken.

So brachten beispielsweise die europäischen Eroberer die Pocken mit nach Amerika, wo sie ab 1518 unter den Indianern verheerende Epidemien auslösten. Einzelne Hochrechnungen gehen davon aus, dass bis zu 90 Prozent der indigenen Bevölkerung Amerikas den Pocken zum Opfer fiel, weil sie vorher noch nie mit den Erregern in Kontakt war und keinerlei Abwehrkräfte hatte.

Die drei Kernbegriffe kurz erklärt

Epidemie: nur in einer Region
Bei einer Epidemie kommt eine Krankheit in einer bestimmten Region und in einem begrenzten Zeitraum ungewöhnlich häufig vor, etwa weil Menschen gegen ein neues Virus noch nicht immun sind.

Pandemie: weltweite Verbreitung
Eine Pandemie ist eine Epidemie, die sich über die Grenzen eines bestimmten Landes oder auch eines Kontinentes ausbreitet. Die Globalisierung ist hier ein entscheidender Treiber.

Endemie: gleichmäßig und dauerhaft
Ein Erreger, der in einer bestimmten Region oder Population gleichmäßig, aber verstärkt auftaucht, wird als endemisch bezeichnet, wie etwa das Grippevirus. Menschen infizieren sich weiterhin, allerdings ist bei den meisten das Immunsystem schon geschützt und die Krankheit verläuft milder.

Größte Pandemien: Spanische Grippe und Asiatische Grippe

Entwickelt sich eine Epidemie über die Grenzen eines bestimmten Landes oder auch eines Kontinentes hinaus, wird sie zur Pandemie. Zurzeit werden die Corona-Infektionen als Pandemie eingestuft. Das bedeutet: Es gibt überdurchschnittlich viele Infektionen mit einem bestimmten Erreger. Diese Infektionen breiten sich nahezu weltweit aus. 

Eine weitere Krankheit, die immer wieder pandemische Ausmaße annimmt, ist die Grippe. An der Spanischen Grippe von 1918 starben mit 25 bis 50 Millionen Toten mehr Menschen als im Ersten Weltkrieg.

Die zweitschlimmste Pandemie des 20. Jahrhunderts war die Asiatische Grippe. In den Jahren 1957 und 1958 starben weltweit mehr als eine Million Menschen an dem Influenzavirus. Die Asiatische Grippe hatte ihren Ursprung in China und erreichte im Frühsommer 1957 Deutschland. Insgesamt sind in Deutschland rund 30.000 Menschen der Asiatischen Grippe zum Opfer gefallen. 2009 löste die Schweinegrippe eine Pandemie aus.

Laut WHO und CDC (Centers for Disease Control and Prevention) werden Pandemien meistens von neu auftretenden Erregern oder Virustypen verursacht. Das können zum Beispiel Zoonosen sein, also Krankheiten, die von Tieren auf den Menschen übertragen werden.

Gefürchtete Zoonosen: Pest und Ebola

Die Pest etwa ist ein berühmtes Beispiel für eine Zoonose mit pandemischem Ausmaß. Hier kann ein Floh das Bakterium vom Nagetier auf den Menschen übertragen. Schätzungsweise ein Drittel der europäischen Bevölkerung starb zwischen 1347 und 1353 an der Pest. Städte wie Venedig führten schon damals Quarantänemaßnahmen ein. Laut Überlieferung mit einer Dauer von 40 Tagen ("quaranta" ist das italienische Wort für 40). Sogar heute gibt es vereinzelt noch Pestfälle – so waren im Jahr 2015 im Yosemite-Nationalpark in Kalifornien zwei Besucher erkrankt. Übertragen wurden die Bakterien wahrscheinlich von Eichhörnchen. 

Auch das lebensgefährliche Ebolavirus wurde laut Forschung erstmals über Fledermäuse oder Flughunde auf den Menschen übertragen. 1976 im damaligen Zaire (heute Demokratische Republik Kongo) entdeckt, gibt es seitdem immer wieder Ebola-Fälle. So sind insgesamt mehr als 2.200 Menschen seit 2018 im Kongo am Ebola-Fieber gestorben, darunter ein hoher Anteil Kinder. Bisher wird Ebola als epidemisch eingestuft, mit großer Sorge vor pandemischen Ausbrüchen.

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Endemie – die "Lösung" für Corona?

Im Gegensatz zur Pandemie oder Epidemie ist eine Endemie keine kurzfristige, sondern permanente, aber kontrollierbare Erscheinung. Dabei hatten die meisten Menschen schon einmal Kontakt mit dem Erreger oder sind durch Impfung vor schweren Krankheitsverläufen geschützt – und genau diese Entwicklung ist aktuell mit Blick auf Corona interessant. Ein Erreger, der in einer bestimmten Region oder Population gleichmäßig, aber verstärkt auftaucht, wird als endemisch bezeichnet. Beispielsweise sind Malaria oder Cholera, die in einigen afrikanischen Ländern immer wieder aufflammen, endemisch. Auch das saisonal auftretende Grippevirus ist ein endemisches Virus.

Biologin Christine Falk, Präsidentin der Deutschen Gesellschaft für Immunologie, erklärt im Spiegel-Interview in Hinblick auf Corona: "Der Vorteil einer Endemie gegenüber einer Pandemie wäre, dass das Virus zwar immer noch in der menschlichen Bevölkerung zirkuliert, aber dass es kaum noch Menschen gibt, die wirklich schwer erkranken. Damit haben wir eine Situation, wie wir sie von der Grippe kennen. Man kann dann davon ausgehen, dass ein Virus weiterhin zirkuliert, aber weder persönlich noch für die Gesellschaft großen Schaden anrichtet."

Omikron als Endemie-Beschleuniger

Omikron könnte den Übergang von der Pandemie zur Endemie beschleunigen, davon gehen zumindest einige Virologen aus. "Für eine Endemie braucht man ein Virus, das nur wenige schwere Erkrankungen verursacht. Das sehen wir bei Omikron", bestätigt Prof. Dr. Ulf Dittmer vom Institut für Virologie am Universitätsklinikum Essen (AöR). "Außerdem muss eine breite Immunität in der Bevölkerung vorliegen. Das haben wir mit der Impfung selbst in der Hand. Nach der Omikron-Welle können wir im Sommer, wenn möglichst viele Menschen geimpft und geboostert sind, den Übergang zur Endemie erreichen."

Auch Christine Falk meint im Spiegel-Interview: "Wenn wir eine hohe Impfquote haben, 80 Prozent und mehr der Gesamtbevölkerung, dann hätten wir im Sommer eine Situation, wo es vorsichtig realistisch denkbar wäre, dass wir geringe Zahlen haben und so gut ausgerüstet sind für den nächsten Winter, dass uns da nicht mehr viel passieren kann."

Schützen unsere Impfungen ausreichend vor der Omikron- und Delta-Variante? "Die Impfung schützt sehr gut gegen schwere Erkrankungen bei beiden Varianten. Das ist wichtig für den Übergang zur Endemie", äußert sich Prof. Dr. Ulf Dittmer vorsichtig optimistisch.

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Weltweite Impfungen sind nötig

So positiv die Entwicklung von der Pandemie zur Endemie klingt: Eine endemische Lage in Deutschland allein ist noch keine langfristige Lösung für alle Herausforderungen, vor die uns das Coronavirus stellt. Die Impfkampagne müsste weltweit erfolgreich sein. Doch gerade im globalen Süden, vor allem in Afrika, bereiten fehlender Impfstoff, eine teils schlechte Infrastruktur sowie eine hohe Impfskepsis Probleme. Bleibt die Impfquote dort niedrig, droht die Gefahr, dass neue Varianten entstehen, die den Impfschutz umgehen können.

Was können wir aus vorangegangenen Pandemien lernen?

Der medizinische Fortschritt, die (in unseren Breitengraden) gute medizinische Versorgung sowie die schnelle Entwicklung von Impfstoffen sind drei große Vorteile, die wir gegenüber den Menschen haben, die in der Vergangenheit mit Pandemien wie der Pest zu kämpfen hatten. Mit der Bereitschaft zum Impfen und Boostern können wir alle helfen, den Übergang zur Endemie zu beschleunigen. Auf politischer Ebene ist die gleichmäßige Verteilung von Impfstoffen weltweit ein entscheidender Faktor, wenn es darum geht, die Entwicklung von weiteren Varianten einzudämmen.

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