Der Achselschleppgriff
bei Bewusstsein
Die Badesaison ist in vollem Gange. Doch wo geschwommen wird, lauern auch Gefahren. Ob Freibad, See oder Fluss: Ertrinkungsunfälle sind schneller passiert, als man glaubt. Wir klären mit einem Experten auf, was in diesem Fall zu tun ist und wie man einem Badeunfall vorbeugt.
Im letzten Jahr wurden über 1.300 Menschen in Deutschland bei Badeunfällen von den Mitgliedern der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) gerettet. Leider sind im selben Zeitraum auch 355 Menschen beim Schwimmen ertrunken. Sei es, weil das Unglück nicht erkannt wurde oder niemand wusste, wie zu helfen ist.
„Das ist leider nicht so einfach zu erkennen“, erklärt Nicolas Hopf vom DLRG Hamburg. Anders als im Fernsehen wird nämlich nicht wild gestrampelt und um Hilfe gerufen. „Der Ertrinkende hat dafür gar keine Kraft“. Liegt der Kopf mit dem Gesicht nach oben flach auf der Wasseroberfläche, geht der Blick ins Leere und es kommt auf Zuruf keine Antwort, kann es sich um eine Notsituation handeln. Nicolas Hopf: „Ertrinken geschieht meist sehr leise.“
Ganz egal, wie es zu dem Ertrinkungsunfall kommt, das große Problem für den Körper ist der Sauerstoffmangel, wenn der Kopf unter Wasser gerät. Aus Panik atmen wir zusätzlich reflexartig tief ein, sodass Wasser an die Stimmritzen und die Stimmbänder gerät. Der dadurch ausgelöste Stimmritzenkrampf verhindert zwar, dass Wasser in die Lunge gelangt, doch wir können dadurch auch nicht mehr um Hilfe rufen oder richtig einatmen. Es folgt die Bewusstlosigkeit und wir gehen unter.
Es gibt zwei Altersgruppen, die besonders häufig betroffen sind. Zum einen sind es Kinder, die überhaupt nicht oder noch nicht gut schwimmen können. „Und leider steigt die Zahl der Nichtschwimmer unter den Kindern immer mehr an“, sagt Nicolas Hopf. Verbände wie der DLRG schlagen deshalb schon seit geraumer Zeit Alarm.
Die zweite Gruppe sind ältere Personen, die von ihrer Erschöpfung überrascht werden. „So ab 60 Jahren geht es los. Diese Menschen sehen sich vielleicht als gute Schwimmer, aber haben noch nicht realisiert, dass sie nicht mehr so viel Kraft wie früher haben“, erklärt Nicolas Hopf. Eine solche Fehleinschätzung kann jedoch auch Jüngere treffen, vor allem, wenn der Kreislauf nicht wie gewohnt mitspielt.
„Die kleine Sandbank ist doch nicht so weit“ – solche Aussagen können schnell zur Gefahr werden. Vom Ufer sind Abstände schwer zu erkennen und viele überschätzen ihre eigenen Fähigkeiten oder das Fitnesslevel. Auf halbem Weg geht die Kraft aus und der Notfall tritt ein.
Nach einem langen Sonnenbad ist der Körper stark aufgeheizt. Wer dann direkt vom Steg oder Sprungbrett ins Wasser springt, riskiert einen Kälteschock. Dafür muss die Wassertemperatur noch nicht einmal besonders kalt sein. Der Körper verfällt dann in eine Art Starre. Besser: Erst kühl abduschen oder nur Schritt für Schritt ins Wasser gehen. Auch ein Kreislaufstillstand ist bei Überhitzung möglich.
Ein kühles Bier am Baggersee ist eine feine Sache. Doch gerade in Kombination mit Hitze kann es zum Verhängnis werden. Der Übermut ist groß, die körperlichen Fähigkeiten eingeschränkt. Deshalb sollte nach dem Alkoholkonsum aufs Schwimmen verzichtet werden.
Selbst der beste Schwimmer kommt in Bedrängnis, wenn er in eine Stromschnelle oder einen Strudel gerät. Bei Flüssen ist die Gefahr besonders groß. Schwimmen sollte man deshalb nur dort, wo das Baden definitiv gestattet ist. Dazu hilft, möglichst nah am Ufer zu bleiben, nicht in Fahrrinnen zu schwimmen und von Brücken und Hafeneinfahrten fernzubleiben.
Jetzt heißt es: Ruhe bewahren und zum Telefon greifen. „Zuallererst sollte der Notruf 112 gewählt werden“, sagt Nicolas Hopf. Und zwar sobald man das Gefühl hat, das etwas nicht in Ordnung ist. Dann: Die Notfallstelle so gut wie möglich beschreiben. Denn gerade an Flussufern oder Seen kann es schwierig sein, den Unfallort zu finden. Es hilft, markante Dinge wie Brücken oder Anlegestellen zu nennen.
„Das Wichtigste ist, sich selbst nicht in Gefahr zu bringen“, sagt Nicolas Hopf. „Ertrinkende greifen in ihrer Panik nach allem, um sich daran hochzuziehen.“ Und der Retter wird dabei oft unter Wasser gedrückt. Besser: Man nähert sich von hinten und wendet spezielle Griffe an (siehe Abbildung unten). „Es klingt zwar hart, aber oft ist es gut zu warten, bis der Person die Kraft ausgeht. Dann ist sie leichter zu retten.“