Patientin wird von einem Schönheitschirurg für ein Facelifting vorbereitet

Schönheits-OPs werden immer beliebter – warum ist das so?

Statistiken zeigen: Die Zahl der Schönheitsoperationen in Deutschland steigt. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer lassen immer öfter Eingriffe an ihrem Äußerem vornehmen, die medizinisch nicht notwendig sind. Woher kommt dieser Drang nach Selbstoptimierung und welche Gefahren bringt er mit sich? Eine Psychologin und ein Schönheitschirurg berichten.

Wer kennt es nicht: Die Nase ist zu groß, der Bauch ein wenig zu voluminös und die Haare werden immer weniger. Wohl jeder Mensch findet irgendetwas an seinem Körper, mit dem er nicht zufrieden ist. Aktuell scheint diese Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper höher zu sein: Denn die Bereitschaft, diese vermeintlichen Makel mittels plastischer Chirurgie zu beheben, hat sich in den letzten Jahren erhöht. Die Rede ist von Schönheitsoperationen.

Weltweit ist deren Anzahl in den letzten Jahren geradezu explodiert: Fast 25 Millionen Eingriffe verzeichnete die International Society of Aesthetic Plastic Surgery (ISAPS) für das Jahr 2019, neun Jahre zuvor waren es noch knapp 14 Millionen Schönheitsoperationen pro Jahr.

Schönheitsoperationen werden auch bei Männern immer beliebter

Und diese Entwicklung betrifft beide Geschlechter. So stieg die Zahl der Eingriffe bei Männern in Deutschland von 2017 auf 2018 um mehr als das Doppelte. Lidstraffungen und Fettabsaugung sind bei ihnen besonders beliebt. Bei Frauen, die sich mit einem Anteil von circa 85 Prozent aller Personen immer noch deutlich häufiger unters Messer legen als Männer, stehen vor allem Brustvergrößerungen, aber auch Lidstraffungen und Fettabsaugung hoch im Kurs.

Die Corona-Pandemie hat die Nachfrage nach Schönheitsoperationen sogar noch einmal steigen lassen, wie Prof. Dr. med. Dennis von Heimburg, Facharzt für Plastische und Ästhetische Chirurgie, bestätigt: „Das Interesse hat – nach einer anfänglichen Zurückhaltung während des ersten Lockdowns – stark zugenommen. Die Patientinnen und Patienten haben versucht, die Zeit zu nutzen, um das eine oder andere an ihren Körpern korrigieren zu lassen.“

Wie auch andere Expertinnen und Experten vermutet von Heimburg, dass der Boom von Schönheits-OPs in Corona-Zeiten nicht zuletzt auf die vielen Videokonferenzen zurückzuführen war, bei denen man im Homeoffice verstärkt mit dem eigenen Selbstbild konfrontiert wurde.

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Das steckt hinter dem Trend

Den generellen Anstieg von Schönheitsoperationen erklärt Mediziner von Heimburg, der von 2016 bis 2020 Präsident der Vereinigung der Deutschen Ästhetisch-Plastischen Chirurgen (VDÄPC) war, mit einem Trend zur „Perfektionierung des eigenen Körpers“, der sich auch in den deutschen Fitnessstudios beobachten lasse. Für diese These spreche auch die Tatsache, dass die Zahl minimalinvasiver und nichtinvasiver Behandlungen zunimmt, wie Botox- und Hyaluronanwendungen.

Eine weitere Beobachtung des Arztes: Die Klientel bei Schönheitsoperationen wird immer jünger. Dafür verantwortlich sind auch die sozialen Medien. Oft kämen heutzutage junge Menschen mit Fotos von Influencern zu ihm, die als optische Vorbilder dienten, berichtet von Heimburg. Wichtig sei daher bei allen Patientinnen und Patienten ein ausführliches Beratungsgespräch, so der Arzt.

„Einer ästhetischen Behandlung sollte immer ein detailliertes Fragen nach den Gründen vorausgehen“, sagt von Heimburg. Seriöse plastische Chirurgen würden daher Patientinnen und Patienten, die sich in einer Krisensituation wie zum Beispiel einer Trennung befinden oder psychische Probleme haben, mit großer Regelmäßigkeit ablehnen.

Auch die Frage, wer den Eingriff durchführt, sollten Interessentinnen und Interessenten durchdenken, rät von Heimburg: „Die Menschen sollten aufpassen, von wem sie behandelt werden. Sie sollten immer nach der Ausbildung der behandelnden Ärztin oder des behandelnden Arztes fragen.“ Denn im schlimmsten Fall drohen bei Operationen durch ungeschultes Personal schwerwiegende gesundheitliche Folgen bis hin zu Todesfällen.

Wie eine Psychologin den Trend zu Schönheits-OPs erklärt

Die Psychologin Ada Borkenhagen beschäftigt sich seit einigen Jahren mit den Motiven, die hinter dem zunehmenden Drang zur Selbstoptimierung stehen. Sie forscht an der Universität Magdeburg unter anderem zu körpermodifizierenden und körperoptimierenden Maßnahmen, wie es im Wissenschaftsjargon heißt. Für sie hat der Trend zu Schönheitsoperationen ebenfalls mit dem wachsenden Einfluss der sozialen Medien und den dort vermittelten Schönheitsidealen zu tun. Sie spricht die „Generation Selfie“ an, also die junge Generation, die viel Zeit damit verbringt, sich fortlaufend selbst zu fotografieren – und dabei mittels Beauty-Apps und Filter stets darauf bedacht ist, blendend auszusehen.

Doch oft ist in den sozialen Medien mehr Schein als Sein vorherrschend. Die Instagram-Realität hat nicht viel mit dem wahren Leben zu tun. Denn es werden in der Regel nur die tollen Erlebnisse, die Schokoladenseiten des Lebens gepostet. Das trifft auch auf das Äußere zu: Graue Haare, Falten oder ein leichter Bauchansatz sind auf Instagram oder Facebook eher unsexy – und können durch Bildbearbeitung retuschiert werden. Wenn eine Influencerin wie etwa Kim Kardashian ihre Po-Vergrößerung auf Social Media ausgiebig zur Schau stellt und damit einen Trend auslöst, sollte man sich immer bewusst machen, dass Schönheitsideale vergänglich sind. Was vielleicht vor Kurzem noch der letzte Schrei war, kann in einigen Monaten schon wieder total out sein. Insofern sollte man hier immer etwas Skepsis walten lassen und nicht jedem Körpertrend sofort folgen.

Laut Borkenhagen sind jenseits der sozialen Medien aber auch gesamtgesellschaftliche Tendenzen für den Schönheitswahn verantwortlich: „Die zunehmende Individualisierung unserer westlichen Gesellschaften führt dazu, dass wir aufgefordert sind, unseren Körper selbst zu gestalten und für unser körperliches Aussehen verantwortlich zu sein“, sagt Borkenhagen. Hinzu kommt, dass sich die medizinischen Verfahren deutlich verbessert haben und viele Schönheitsoperationen heutzutage als risikoarm gelten. „Der Körper wird zunehmend zu einer Ware, die man möglichst gut erhalten muss – dazu gehört, sich fit zu halten und Alterserscheinungen möglichst weit hinaus zu schieben“, erklärt Borkenhagen.

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Können Schönheitsoperationen glücklich machen?

Bei der Frage, ob Schönheitsoperationen glücklicher machen können, muss man laut der Psychologin unterscheiden: „Wenn ein für Dritte nachvollziehbarer körperlicher Mangel besteht und der mittels plastischer Chirurgie behoben wird, fühlen sich die Menschen in der Regel danach besser.“ Anders sieht es allerdings aus, wenn man durch eine Schönheits-OP seine Identität verändern will, meint Borkenhagen: „Niemand wird durch eine Schönheitsoperation ein anderer Mensch.“ Das seien oft die falschen Vorstellungen von Menschen, die unter Persönlichkeitsstörungen oder starken Minderwertigkeitskomplexen litten.

Mehr Selbstliebe entwickeln

Schönheitsoperationen sind mittlerweile fast schon zum Massenphänomen geworden. Sie sind immer noch eine Frauendomäne, jedoch lassen auch immer mehr Männer ihr Äußeres aufpolieren. Verantwortlich dafür sind insbesondere Schönheitsideale, die über die sozialen Medien oder durch prominente Persönlichkeiten vermittelt werden.

Wer selbst eine Schönheitsoperation erwägt, sollte sich jedoch immer fragen, welche Gründe dahinterstehen und genau abwägen, ob sie die Risiken für einen medizinisch nicht erforderlichen Eingriff wirklich wert sind. Denn auch wenn die medizinischen Standards im Bereich der plastischen Chirurgie hoch sind, können Komplikationen nie ganz ausgeschlossen werden. Außerdem besteht die Gefahr, dass man in eine Optimierungsschleife gerät: Kaum hat man sich die Nase verkleinern lassen, fällt einem vielleicht auf, dass auch die abstehenden Ohren störend sind – und so weiter und so fort.

Besser ist es mehr Selbstliebe zu entwickeln und das eigene Äußere so zu akzeptieren, wie es nun mal ist. Stecken ernsthafte psychische Probleme hinter dem Wunsch nach einem anderen Aussehen, sollte man sich auch nicht davor scheuen, professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen. 

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