
Allein auf Instagram finden sich unter dem Hashtag #bodypositivity knapp vier Millionen Beiträge. Wie aus dem alten Kampf gegen zu viel Pfunde ein Aufruf zu mehr Eigenliebe wurde – und wie Sie sich selbst im Alltag stärken können, erfahren Sie hier.
„Du bist schön, wie du bist!“, „Ich liebe meine Kurven“, „Meine Narben sind sexy". Bodyshaming auf Social Media war gestern, Selbstliebe ohne Kompromisse ist der neue Trend – und weit mehr als das. Mittlerweile ist daraus eine soziale Bewegung geworden.
Allein auf Instagram finden sich unter dem Hashtag #bodypositivity knapp vier Millionen Beiträge. Wie aus dem alten Kampf gegen zu viel Pfunde ein Aufruf zu mehr Eigenliebe wurde – und wie Sie sich selbst im Alltag stärken können, erfahren Sie hier.
Rund 15 Prozent der Frauen in Deutschland lassen sich einer ipsos-Umfrage zufolge von sozialen Netzwerken wie Instagram in ihrer Körperwahrnehmung beeinflussen. In den sozialen Medien werden Fotos retuschiert und korrigiert, um perfekt zu wirken – und ganz nebenbei keine Angriffsfläche zu bieten. Gerade junge Menschen unterwerfen sich dem gängigen Schönheitsideal; streben danach jung, schlank, faltenfrei und schön zu sein. Wer mal aus der Körperrolle fällt, muss sich – zumindest gefühlt – digitaler Häme aussetzen. Und Angst ist weder ein gutes Gefühl noch ein guter Ratgeber für mehr Selbstliebe.
Niemand verdient an uns, wenn wir uns wohlfühlen.Sandra Wurster, Selbstliebe-Aktivistin
Dabei ist der Preis des Strebens nach Schönheit sehr hoch. Er beginnt mit einer Diät und endet im schlechtesten Fall in einer schwerwiegenden Essstörung. Im Rahmen einer bundesweiten Studie des Robert Koch-Instituts zeigten dabei schon rund 30 Prozent der jungen Mädchen Hinweise auf eine Essstörung. Aus dem Kampf gegen das Gewicht, wird ein Kampf gegen sich selbst. Und immer noch lockt am Ende der Ausblick auf einen perfekten Körper, der als Gradmesser für Erfolg, Anerkennung und ein rundum glückliches Leben dient.
Schön um jeden Preis? Nicht mit uns! Die Body-Positivitiy-Bewegung hat eine selbstbewusste Gegenstrategie zu Schlankheitswahn und Schönheitsidealen entwickelt. Die aus den USA stammende Bewegung begehrt seit ein paar Jahren auf und behauptet sich in sozialen Medien wie Instagram oder Twitter. Es gilt das bedingungslose "Ja" zu sich selbst.
Nachdem der Körper also jahrzehntelang in Formen gepresst und Diktaten unterworfen wurde, wird Diversität, Akzeptanz und Selbstliebe gefeiert – in Millionen von Beiträgen. Der wohlwollende, liebende Blick auf den Körper wird über Kommentare, Likes und geteilte Geschichten kultiviert. Aus der vermeintlichen Schwäche wird eine Stärke.
Selbstzweifel lassen sich nicht wegdiäten.Sandra Wurster, Buchautorin
Sandra Wurster hat wie viele junge Frauen Diäten gemacht, ihre letzte vor fünf Jahren. Innerhalb kurzer Zeit purzelten die Kilos und die Komplimente nahmen zu, bis sie sich selbst nicht mehr wohl fühlte: „Ist es Selbstliebe oder Selbstbetrug, wenn ich mich quäle und hungere?“ Sie entschied sich dafür, in erster Linie sich selbst gefallen zu wollen. Für die Body-Positivity-Aktivistin heißt das allerdings nicht, den eigenen Körper nicht verändern zu dürfen. Als sie etwa unter Stress mehr aß und zunahm, habe sie sich mit dem Gewicht persönlich nicht mehr wohlgefühlt. Das "Warum" macht also den Unterschied aus, nicht das zu viel oder zu wenig. Wer mit seinem Äußeren nicht zufrieden ist, darf also auch abnehmen. Auch aus geusndheitlichen Gründen kann eine Gewichtsreduktion Sinn machen: Allein in Deutschland gelten laut Statistischem Bundesamt (2017) rund 42 Prozent der Frauen und 58 Prozent der Männer als übergewichtig. Body Positivity bedeutet daher auch, eine gesunde Balance zu finden.
Sie haben Normalgewicht.
Ihr BMI Wert beträgt:
Body-Neutrality sagt dem Körperkult per se den Kampf an. Sogenannte Body-Image-Aktivisten aus den USA haben das Konzept ins Leben gerufen, welches in der Körperfixierung die Wurzel des Problems vermutet. Denn ob dick oder dünn, alt oder jung, schön oder eigen – der Bezugspunkt ist immer der Körper und seine Form, wenn es darum geht, die Seele zu heilen. Auch gelingt es nicht jedem, seinen vermeintlichen Makel oder jedes weitere Gramm an sich bedingungslos zu lieben. In einer Online-Umfrage von YouGov Deutschland gaben nur zwei Prozent der Frauen an, dass sie kurvige Frauen immer schön finden. Um nicht im Geist ständig darum zu kreisen, hilft eine Portion Gelassenheit.
Wir sollten uns nicht allzu sehr damit beschäftigen, gut auszusehen, sagt auch Wurster und ergänzt: "Langfristig solle unser Ziel sein, einen gesunden, neutralen Selbstwert zu entwickeln. Auch da kann jeder in seinem Umfeld und bei sich selbst anfangen, indem man etwa auf scheinbar 'normale' Komplimente zum Körper anderer wie 'Gut siehst du aus. Hast du abgenommen?' verzichtet – und stattdessen zum Beispiel die positive Ausstrahlung des Gegenübers anspricht."
Eine gesunde Haltung seinem Körper gegenüber zu entwickeln: Dieser Ansatz findet sich auch in einigen körperbasierten Therapieformen. Gerade bei Menschen mit Essstörungen hat es sich bewährt, mit Methoden der Achtsamkeit oder Entspannung weg von der Bewertung hin zu einer emotionsloseren Beobachtung zu gelangen. Selbstannahme ist also ein wichtiger Schritt für ein besseres Selbstwertgefühl und Selbstannahme.
Die Body-Positivity-Bewegung hat normierte Schönheitsbilder durcheinandergewirbelt und für die Vielfalt aller Körper- und Lebensformen sensibilisiert. Kurvige Models und unkonventionelle Körpertypen haben mittlerweile Werbung und Modewelt erobert. Anstatt den Körper zu verändern, Narben zu verstecken, Falten zu glätten, gilt es, sich anzunehmen. Body Neutrality stellt den Hype um den Körper selbst infrage und sagt: Es gibt wichtigere Themen als den Körper. Zwei starke Statements für ein Mehr an Selbstliebe, Freude und Selbstvertrauen – und eine glücklichere Beziehung zu sich und anderen. Denn hinter dem Wunsch nach einer perfekten Optik verbergen sich Bedürfnisse, die gesehen, geschätzt und erfüllt werden wollen. Und dahin führen viele Wege.