In einer zunehmend digitalisierten Welt braucht auch die traditionelle, papierbasierte Zeiterfassung im Handwerk eine Modernisierung. Digitale Lösungen zur Arbeitszeitverwaltung versprechen eine effizientere und transparentere Erfassung der Arbeitszeit. Wir geben einen Überblick über die verschiedenen Aspekte der digitalen Zeiterfassung und Tipps von unserem Experten, Klaus Dettmar von der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade.
Digitale Zeiterfassung im Handwerk – heißt das: Stifte fallen lassen? Nie wieder Zettelwirtschaft? Wir informieren Sie über den aktuellen Stand und die Zukunft der digitalen Arbeitszeiterfassung. Ein Experte gibt außerdem Praxis-Tipps rund um das neue digitale Zeitmanagement in Ihrem Arbeitsalltag.
Welche digitalen Zeiterfassungssysteme gibt es?
Zeiterfassung ist das Protokollieren der Arbeitszeit von Arbeitnehmern zwecks Lohnabrechnung. Es gibt für Angestellte derzeit verschiedene Arten der Zeiterfassung, die jeweils ihre Vor- und Nachteile haben:
Stundenzettel
Der Stundenzettel ist der Klassiker der Arbeitszeiterfassung. Die Mitarbeitenden tragen die geleisteten Arbeitsstunden auf einem Vordruck ein.
Vorteile: Das System ist kostengünstig, einfach und es ist keine externe Software nötig.
Nachteile: Es ist ein nicht nachhaltiges und wenig transparentes System mit hohem Arbeits- und Zeitaufwand.
Terminals ("Stechuhr")
Die modernere Variante sind auf dem Firmengelände festinstallierte Geräte, bei denen die Mitarbeitenden mit einer eigenen Karte zu Arbeitsbeginn und -ende selbst ein- und auschecken.
Vorteile: Mehr Transparenz und weniger Fehleranfälligkeit als Stundenzettel. Die geleisteten Arbeitsstunden sind leicht einsehbar, der Verwaltungs- und Zeitaufwand ist gering, die Abrechnung effektiver.
Nachteile: Mitarbeiter außerhalb des Betriebsgeländes, also jene im Außendienst, im Homeoffice oder auf Geschäftsreise, können ihre Arbeitszeit nicht erfassen. Die entsprechenden Transponder und Karten für die "Stempeluhr" können zudem schnell verloren gehen.
Mobile Systeme
Wer "Homeoffice" anbietet, kommt an einer webbasierten Zeiterfassungssoftware nicht mehr vorbei. Bei dieser Variante der digitalen Zeiterfassung loggen sich Mitarbeitende über den eigenen PC oder eine Zeiterfassungs-App auf ihrem Tablet oder Smartphone ein.
Vorteile: Die Informationen sind von überall auf der Welt jederzeit einsehbar. Es besteht absolute Transparenz über die geleistete Arbeitszeit, Fehlzeiten, Überstunden und Resturlaub. Vielfach ist es auch schon möglich, Urlaubseinträge einzureichen, genehmigen zu lassen oder zu stornieren. Das bedeutet Zeitersparnis für die Lohnbuchhaltung.
Nachteile: Eine webbasierte, mobile Zeiterfassung setzt voraus, dass jeder Mitarbeiter über einen firmeneigenen PC bzw. über ein eigenes Firmenhandy/-tablet verfügt.
Ist die digitale Arbeitszeiterfassung Pflicht?
Die umfassende Zeiterfassung ist Pflicht. Diese muss jedoch noch (!) nicht digital erfolgen. Zur Erklärung eine kurze Chronologie: Was Inhalt und Umfang der Zeiterfassung betrifft, verpflichtete das Arbeitszeitgesetz (§ 16 Absatz 2 ArbZG) die Arbeitgeber bislang nur zur Aufzeichnung der werktäglichen Arbeitszeit über acht Stunden hinaus sowie der gesamten Arbeitszeit an Sonn- und Feiertagen.
Mit Urteil des Bundesarbeitsgerichts (BAG) vom 13. September 2022 wurde festgelegt, dass die gesamte Arbeitszeit der Arbeitnehmenden zu dokumentieren ist – also deren Beginn, Ende und Dauer, auch an Werktagen. Damit knüpft das Gericht an das sog. Stechuhr-Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vom 14. Mai 2019 an (Aktenzeichen C-55/18).
Eine bestimmte Form der Zeiterfassung ist derzeit jedoch noch nicht vorgeschrieben. Das BAG-Urteil machte diesbezüglich keine Vorgabe. Die Arbeitszeiterfassung darf also momentan auch noch handschriftlich erfolgen.
Ein Gesetzentwurf zur Änderung des Arbeitszeitgesetzes verlangt allerdings zukünftig die ausschließliche elektronische Zeiterfassung. Dies könne über entsprechende Zeiterfassungssysteme oder elektronische Tabellen (z. B. Excel-Tabellen als digitaler Stundenzettel) erfolgen. Die Erfassung mit Zettel und Stift wäre nach Inkrafttreten des Gesetzes – von einzelnen Ausnahmen abgesehen – nicht mehr zulässig. Die Ausnahmen betreffen Tarifparteien, leitende Angestellte und Kleinbetriebe mit maximal zehn Mitarbeitern. Allen anderen Unternehmen werden teils jahrelange Übergangsfristen erlaubt. Die Inhalte des Entwurfs werden allerdings kontrovers diskutiert.
Welche Herausforderungen bringt die digitale Zeiterfassung?
Die Pflicht zur digitalen Zeiterfassung wird für Arbeitgebende wie Arbeitnehmende eine ziemliche Umstellung bedeuten. Zunächst muss ein passendes System gefunden und angeschafft werden. Doch dann gehen die Herausforderungen erst los. "Ein Problem ist der drohende Vertrauensverlust der Mitarbeitenden, die sich überwacht und kontrolliert fühlen könnten", berichtet Klaus Dettmar von der Handwerkskammer Braunschweig-Lüneburg-Stade. Das kann zu einer Verschlechterung des Betriebsklimas und sinkender Motivation führen. Mit Fokussierung auf den Zeitaspekt werden viele Mitarbeiter vorrangig zeit- statt ergebnisorientiert arbeiten, so dass weniger die Produktivität als vielmehr die Anzahl der tatsächlich geleisteten Arbeitsstunden in den Mittelpunkt rückt. Zwar ist Vertrauensarbeitszeit weiterhin möglich, diese muss jedoch auch komplett erfasst werden.
In der Praxis wird auch bemängelt, dass die elektronische Dokumentation der Arbeitszeit in gewissen Situationen nicht durchführbar ist. Mangelhafter Breitbandausbau kann die elektronische Arbeitszeiterfassung beispielsweise in ländlichen Regionen mit schlechtem Internetempfang schwierig oder sogar zeitweise unmöglich machen.
Auch der Datenschutz ist ein Thema. Um Datenschutzproblemen durch überflüssige Datenerhebung vorzubeugen, sollten nur die für die Zeiterfassung tatsächlich notwendigen Daten protokolliert und die übrigen anonymisiert werden. Wenn ein Baubetrieb beispielsweise die Arbeitszeit seiner Maurer auf den Baustellen durch eine App erfassen lässt, müssten die Arbeitnehmenden sich nur zu Arbeitsbeginn und -ende sowie in den Pausen jeweils einmal per Knopfdruck ein- bzw. ausloggen. Die erfassten Arbeitszeiten könnten dann automatisch direkt ins Büro auf den PC übertragen und verarbeitet, darüber hinausgehende Bewegungsdaten aber nicht aufgezeichnet werden.
Welche Vorteile und Chancen bietet die digitale Zeiterfassung?
Neben den genannten Herausforderungen bietet die digitale Arbeitszeiterfassung Ihrem Unternehmen jedoch viele Vorteile. Die Arbeitszeit wird effizient, transparent und präzise verwaltet. "Endlich keine Zettelwirtschaft mehr", betont Klaus Dettmar und weist auf den Aspekt der Nachhaltigkeit hin.
Der Experte schwärmt besonders von der Zeitersparnis, die bei der Digitalisierung der Zeiterfassung eine große Rolle spielt: "Bei Nachfragen ist ein schneller Zugriff auf die Daten möglich, die Kopplung der Zeiterfassung mit der Lohnbuchhaltung vereinfacht die Abrechnung und auch das Thema Archivierung und Aufbewahrungsfristen kann deutlich einfacher gestaltet werden."