Weibliche Führungskraft mit zwei Mitarbeitern

Plötzlich Führungskraft: Auf diese Eigenschaften kommt es an

Gerade noch auf der Baustelle oder bei der Kundschaft im Einsatz, nun für die Unternehmensführung zuständig. Welche Eigenschaften muss man als frisch gebackene Führungskraft eines Handwerksbetriebs eigentlich mitbringen? Wir geben Tipps, wie Sie den Wechsel von der Fach- zur Führungskraft im Betrieb meistern und sich auf die neue Rolle als Managerin oder Manager vorbereiten können.

Sie haben den Sprung von der Fach- zur Führungskraft geschafft oder übernehmen einen Familienbetrieb? Herzlichen Glückwunsch! Aber was macht eine gute Führungskraft überhaupt aus? Die Eigenschaften, die man hier unter Beweis stellen muss, unterscheiden sich teilweise enorm von denen einer oder eines Facharbeitenden. Zudem ist der erste Eindruck in der neuen Rolle als Führungskraft entscheidend – es gilt also, rechtzeitig die richtigen Signale zu setzen und Fettnäpfchen zu umgehen. Das Problem: Als Führungskraft prasseln plötzlich lauter neue Erwartungen auf Sie ein. Die Vorgesetzten und Mitarbeitenden haben bislang ungekannte Erwartungen, wie Sie die neue Rolle ausfüllen.

Der Druck ist also immens. Schließlich gilt auch in Unternehmen des Handwerks, dass unzufriedene Mitarbeiter nicht wegen des Unternehmens kündigen, sondern in der Regel wegen des Chefs. Wie aber soll man den Einstieg erfolgreich gestalten, wenn so vieles neu und unbekannt ist? Wie setzt man klare Ziele? Was bedeutet gute Führung, wie lernt man Kommunikation, welche Eigenschaft ist unerlässlich?

Wie bereitet man sich frühzeitig auf die neue Rolle als Führungskraft vor?

„Prinzipiell ist es im Handwerk ähnlich wie bei einem mittelständischen Unternehmen oder einem Großkonzern“, sagt Armin Hering, Inhaber des Beratungsunternehmens kundenzentriert, der in Zusammenarbeit mit der IKK classic Seminare für neue Führungskräfte anbietet. „Letztendlich geht es immer darum, mit Menschen zu arbeiten und diese so zu führen, dass sie motiviert sind, gute Leistungen abliefern, im Team arbeiten und trotzdem Eigenverantwortung zeigen.“

So lautet zumindest die Wunschvorstellung. Betrachtet man das Handwerk, gelten hier aber einige spezielle Regeln. Ein hohes Maß an Mitverantwortung ist gefragt, etwa wenn auf Montage eine schnelle Entscheidung getroffen werden muss. „Es geht um situative Eigenständigkeit, denn anders als in einem Bürojob können die Mitarbeitenden sich nicht mal schnell beim Chef rückversichern“, erklärt Armin Hering.

Für eine Führungskraft sind das durchaus auch Herausforderungen. In vielen Firmen ist es ein großes Problem, dass die Qualifizierung zur Führungskraft vor allem aus einer langen Betriebszugehörigkeit und fachlicher Expertise besteht. Damit ist man immer den anderen fachlich überlegen, weiß aber noch lange nicht, was gute Führung eigentlich ausmacht.

Für Experte Hering ist das auch eine Frage des Alters. Jüngeren Führungskräften fällt es leichter, flexibel zu sein: „Wenn ein Junior-Chef bereits seit längerer Zeit im Betrieb des Vaters mitgelaufen ist und eventuell in anderen Betrieben schon Erfahrungen gesammelt hat, hat er auch gewisse zwischenmenschliche Kompetenzen. Anders verhält es sich mit Meistern, die sich bislang vor allem durch fachliche Kompetenzen hervorgetan haben und nun ein Team übernehmen sollen.“

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Wie verhält man sich, wenn man neu als Führungskraft eingestellt wird?

„Hier liegt die Besonderheit darin, dass diese neuen Mitarbeitenden ihren Führungsstil auch anpassen, an den Stil des bisherigen Inhabers“, sagt Armin Hering. Fehle eine einheitliche Ansprache, könne das unter Umständen dazu führen, dass die Mitarbeitenden die Chefinnen oder Chefs gegeneinander ausspielen. „Gerade in kleineren Betrieben gibt es dazu keine festgeschriebenen Prinzipien und man agiert eher nach Bauchgefühl“, so der Experte.

Dabei gebe es auch im Handwerk viele Möglichkeiten, sich das Wissen über gute Führungsarbeit anzueignen, etwa über Angebote der Innungen oder auch der IKK classic. In diesen Schulungen lernt man, wie überhaupt erst ein gemeinsames Verständnis erreicht werden kann – und wie wichtig verbindliche Ansagen sind. In der eher bodenständigen Welt des Handwerks werden solche Fähigkeiten oft abgewertet, sagt Hering. „Oft machen die Teilnehmer in den Seminaren erstmal Witze, wenn wir uns in einen Stuhlkreis setzen. Am Ende des Tages finden sie das Arbeiten in der Gruppe dann alle super.“

Wie entwickelt man einen individuellen Aufgabenplan für die ersten 100 Tage?

Jeder neuen Führungskraft empfiehlt Hering zunächst, mit der Inhaberin oder dem Inhaber des Unternehmens abzustimmen, wie geführt werden soll: „Manchmal reicht es schon, sich bei einer Tasse Kaffee auszutauschen.“ Gleichzeitig muss diese Form der Abstimmung auch mit dem Team erfolgen. Was hat der bisherige Vorgesetze anders gemacht, gab es überhaupt eine Leitungsfunktion?

Es geht also darum, nicht nur sich selbst, sondern auch seine Ziele vorzustellen. Will man die Entscheidungsfähigkeit fördern? Dafür sorgen, dass die Mitarbeitenden mehr Verantwortung übernehmen? Wie sieht diese Unterstützung dann konkret aus? Gerade am Anfang empfiehlt Hering regelmäßige Teammeetings, um einen guten Kontakt zu seinen Leuten aufzubauen und ein Gespür dafür zu bekommen, was jeder Mitarbeitende individuell benötigt.

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Wie kommuniziert man als Führungskraft richtig?

Die Fähigkeit situativ zu führen bedeutet auch, Menschen unterschiedlich zu führen. Der eine braucht eine engmaschige Anleitung, die andere fühlt sich dadurch eingeengt. Ein Lehrling braucht eine andere Anleitung als ein Geselle. Es geht darum zu wissen, wem man was zutrauen kann, und wie man wen fördern muss. Um darauf Antworten zu finden, braucht es das, was man gemeinhin als emotionale Intelligenz oder Soft Skills bezeichnet.

Neue Führungskräfte müssen also zunächst richtig delegieren lernen. Wollen sie die totale Kontrolle und permanente Rückmeldung? Oder lassen sie ihre Mitarbeitenden eigene Lösungen finden?

Hinsichtlich des New-Work-Trends sollte man gerade in Handwerksbetrieben aufpassen, dass man die Menschen nicht überfordert, meint Experte Hering. Er schlägt das sogenannte Pull-Prinzip vor: „Das bedeutet, die Mitarbeitenden sind so in die Aufgabenplanung eingebunden, dass man gar nicht mehr sagen muss, wer was wann erledigt.“

Stattdessen sprechen die Mitarbeitenden mit dem Vorgesetzten über die Aufgaben und entscheiden selbst, welche Arbeit sie wann erledigen. Im besten Fall schafft die Chefin oder der Chef nur den Rahmen, um mehr Eigenständigkeit zu fördern. In der Praxis agieren gerade kleinere Betriebe jedoch oft nach „alter Schule“, sagt Hering. „Da spricht der Chef mit den Kunden, fährt mit auf die Baustelle und die Gesellen führen nur aus.“

Besser ist es, die Mitarbeitenden so zu fördern, dass sie mehr Eigenverantwortung übernehmen können. So gewinnt der Chef Zeit, sich um mehr strategische Aufgaben zu kümmern. Steuerung anstatt Mikromanagement, so lautet die Devise. „Viele Führungskräfte aus dem Handwerk erzählen mir, dass die eigentlichen Führungsaufgaben vielleicht zehn Prozent ihrer Arbeitszeit ausmachen“, so Hering, „der Rest besteht aus Arbeit an Kundenprojekten.“ Dabei lautet die gängige Empfehlung für Managerinnen und Manager in großen Organisationen genau umgekehrt.

Anstatt dass die Chefin oder der Chef noch selbst beim Großhandel bestellt oder die Urlaubsanträge bearbeitet, sollte er diese Aufgaben delegieren und die dafür erforderlichen Strukturen neu schaffen. Oft stößt man dabei jedoch auf ein festgefahrenes Denken, auf ein, wie es Hering ausdrückt, „altes Unternehmertum aus der Adenauer-Ära, das darin besteht, die Mitarbeitenden immer genau zu kontrollieren.“

Das führe jedoch dazu, dass die Mitarbeitenden unmündig bleiben. Wenn man ihnen nichts zutraue, könnten sie auch nichts Neues lernen. Als Chefin oder Chef müsse man lernen, auch mal loslassen zu können – und gleichzeitig auf individuelle Anforderungen einzugehen. „In der Praxis fehlt in vielen Unternehmen dafür die Zeit. Man will sich nicht damit auch noch beschäftigen müssen“, so Hering. Schaffe man aber die richtige Balance, fühlten sich die Mitarbeitenden besser wahrgenommen.

Wie kann man die verschiedenen Erwartungshaltungen erfüllen?

Eine der größten Herausforderungen ist es, die unausgesprochenen Regeln in einem Unternehmen kennen und verstehen zu lernen. Wie soll man sich im täglichen Betrieb verhalten? Locker oder steif? Wenn man als neue Führungskraft in eine neue Organisation kommt, sollte man also genau auf die kleinen Signale achten, die von den Mitarbeitenden ausgesandt werden. „Das beginnt schon bei der Frage, ob man sich während der Arbeitszeit einen Kaffee holen kann oder nicht“, sagt Armin Hering. Oder was es bedeutet, dass die Tür zum Chefbüro stets geschlossen ist. Will die oder der Vorgesetzte in Ruhe gelassen werden? Oder ganz einfach nur Zugluft vermeiden?

Neben dem intuitiven Aufgreifen betont Hering aber auch die aktive Kommunikation. Es gilt, den Dingen auf den Grund zu gehen und gelernte Verhaltensweisen, die in einem Betrieb seit Jahren oder gar Jahrzehnten nicht mehr hinterfragt werden, anzusprechen. Nur so kann man einen umfassenden Eindruck gewinnen.

Ein großes Problem besteht laut dem Experten darin, dass bei der Neuanstellung einer Führungskraft gar nicht darüber gesprochen wird, wie man miteinander umgehen will. Oder gleich falsche Versprechungen gemacht werden: „Da heißt es, man habe alle Freiheiten und solle große Verantwortung übernehmen und in der Realität steht dann der Chef die ganze Zeit hinter dem neuen Meister, kontrolliert ihn ständig und stellt seine Entscheidungen infrage“, erzählt Hering.

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Welche Fehler gilt es in der Anfangsphase zu vermeiden?

Kommt die frisch gebackene Führungskraft aus den eigenen Reihen, ist der größte Fehler, dass man gegenüber den ehemaligen Kolleginnen und Kollegen weiterhin eine „Kumpelrolle“ einnimmt. „Man kann natürlich immer noch per Du bleiben“, sagt Armin Hering, „doch sollte man seine Entscheidungen nicht in großer Runde rechtfertigen und stets klare Grenzen ziehen.“ Die eigene Rolle und die geänderten Verantwortlichkeiten müssen neu definiert werden. Es gilt, eine neue Position zu beziehen und sich von den gelernten Teamstrukturen zu lösen. „Dieser Rollenwechsel ist eine große Herausforderung“, so Hering. „Das heißt auch zu akzeptieren, dass man nicht mehr im inneren Kreis ist und eventuell nicht mehr zum Spieleabend eingeladen wird.“

Ein zweiter Fehler: Neue Führungskräfte trauen den Menschen zu wenig zu. „Anstatt sich darüber zu beklagen, dass ein Kollege oft zu spät kommt, sollte man lieber fragen, warum das passiert“, sagt Hering. Gute Führungsarbeit bedeutet, das tägliche Geschäft zu analysieren und die Menschen einschätzen zu lernen.

Meist sei das eine Sache der Motivation: „Die Mitarbeitenden haben ja die Fähigkeit in einem anderen Kontext pünktlich zu sein. Dafür muss man sie richtig anpacken.“ Natürlich möchte jeder Mensch gemocht werden. Trotzdem sollte man nicht davor zurückschrecken eine unpopuläre Entscheidung zu treffen. Das sei stets besser, als Entscheidungen gänzlich zu vermeiden.

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