Leerer Arbeitsplatz mit aufgeklapptem Laptop

Ghosting im Job: Wenn (neue) Mitarbeitende abtauchen

Ghosting – diesen Begriff kennt man eher vom Dating, wenn sich Bekanntschaften ohne jegliche Vorwarnung nicht mehr melden. Mittlerweile ist das Phänomen aber auch in der Berufswelt angekommen: Bewerbende tauchen während des Bewerbungsprozesses plötzlich ab oder kommen an ihrem ersten Arbeitstag nicht. Wir erklären die Gründe für Ghosting im Job und was Unternehmen dagegen tun können.

Das Vorstellungsgespräch mit der neuen potenziellen Arbeitskraft ist bestens gelaufen, der Arbeitsvertrag ist unterzeichnet und alle freuen sich auf tatkräftige Unterstützung. Doch dann das: Der oder die neue Mitarbeitende erscheint am ersten Arbeitstag nicht und ist nicht mehr erreichbar.

Während man Ghosting – den plötzliche Kontakt- und Kommunikationsabbruch – bisher eher aus der Datingwelt kannte, ist Ghosting im Job heute keine Seltenheit mehr. Laut einer Studie des Job-Portals Indeed gaben 83 Prozent der befragten Unternehmen an, dass sie schon von Bewerbenden und Mitarbeitenden geghostet wurden.

Was ist Ghosting im Job?

Ghosting im Job kann viele verschiedene Formen annehmen: Manche Bewerberinnen und Bewerber schwänzen trotz Vereinbarung das Vorstellungsgespräch oder reagieren nicht mehr auf Anrufe oder E-Mails. Andere Kandidatinnen und Kandidaten nehmen trotz unterschriebenem Vertrag am ersten Arbeitstag die Arbeit nicht auf. Hin und wieder kommt es auch vor, dass neue Mitarbeitende den Job zwar antreten, nach ein paar Arbeitstagen aber ohne Kündigung des Arbeitsverhältnisses den Kontakt zum Arbeitgebenden abbrechen.

Dieses Phänomen, dass Bewerberinnen und Bewerber ein an ihnen interessiertes Unternehmen ghosten und jeglichen Kontakt meiden, hat vor allem in den letzten Jahren stark an Verbreitung gewonnen – auch im Handwerk. Wenn potenzielle neue Auszubildende oder Angestellte urplötzlich abtauchen, stellt das für Arbeitgebende ein großes Problem dar. Denn ein Bewerbungsverfahren ist meist mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden. Erscheinen neue Mitarbeitende, mit denen ein Unternehmen fest gerechnet hat, überhaupt nicht, kann das sogar massive Kosten verursachen, beispielsweise wenn anstehende Projekte deshalb nicht planmäßig umgesetzt werden können.

Aber auch Bewerberinnen und Bewerber können Opfer von Ghosting im Job werden: Nämlich, wenn Unternehmen nicht auf Bewerbungen reagieren oder sich während des Bewerbungsprozesses nicht mehr melden. Laut einer Studie der Jobbörse Stepstone hat jeder zweite Befragte 45 Tage nach dem Versand der Bewerbung keine qualifizierte Rückmeldung bekommen. Die Feedbackquote der Arbeitgeber hat sich seit 2016 sogar um fünf Prozent verschlechtert.

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Was sind die Gründe für Ghosting im Job?

Wenn Bewerbende oder Mitarbeitende plötzlich nicht mehr erreichbar sind und wie vom Erdboden verschluckt zu sein scheinen, kann das verschiedene Gründe haben:

  • Die Bewerberinnen und Bewerber stellen im Laufe des Bewerbungsprozesses fest, dass das Unternehmen doch nicht zu ihnen passt oder Benefits und Gehalt nicht ihren Vorstellungen entsprechen. Es ist ihnen aber unangenehm, abzusagen. Also wählen sie den "einfachen" Weg und ignorieren E-Mails und Anrufe.

  • Gerade junge Bewerberinnen und Bewerber verhalten sich bei der Jobsuche wie beim Dating: Wenn sie ein besseres Angebot finden oder doch kein Interesse haben, tauchen sie ab.

  • Manche Jobsuchende unterschreiben sicherheitshalber einen Arbeitsvertrag beim Unternehmen der zweiten Wahl und hoffen weiterhin auf den ersehnten Job beim Wunscharbeitgeber. Klappt es mit dem Wunscharbeitsplatz, ist der Zweite-Wahl-Arbeitsvertrag für sie hinfällig.

  • Andere Bewerberinnen und Bewerber wurden in der Vergangenheit selbst von einem Unternehmen geghostet, bei dem sie sich auf eine Stelle beworben und nichts mehr von der Gegenseite gehört haben. Deshalb empfinden sie es als normal, sich nicht mehr zu melden.

Wie können sich Unternehmen vor Ghosting schützen?

In Zeiten des Fachkräftemangels und des demografischen Wandels können Bewerbende sich in vielen Branchen aussuchen, wo sie arbeiten möchten. Unternehmen müssen deshalb immer häufiger um qualifiziertes Fachpersonal kämpfen. Das sollten Sie beim Bewerbungsprozess und bei den Gesprächen mit Jobsuchenden immer im Hinterkopf behalten.

Sie wollen es gar nicht so weit kommen lassen, dass sich Bewerberinnen oder Bewerber urplötzlich in Luft auflösen? Dann sollten Sie folgende Punkte beherzigen:

  • 1. Bewerbungsprozess optimieren

    Sie wollen Top-Bewerbende nicht an die Konkurrenz verlieren? Dann warten Sie nicht, bis eine gewisse Anzahl an Bewerbungen eingegangen ist, sondern geben Sie schnellstmöglich Rückmeldung. Laden Sie interessante Kandidatinnen und Kandidaten zeitnah zum Vorstellungsgespräch ein. Stimmt die Chemie, sagen Sie zu – ohne zig weitere Gespräche mit anderen Interessenten zu führen. Diese Schnelligkeit werden auch Bewerbende zu schätzen wissen.

  • 2. Offen kommunizieren

    Behandeln Sie alle Bewerbenden respektvoll und fair und geben Sie jedem eine Rückmeldung, nicht nur den Favoriten. Es spricht sich herum, wie ein potenzieller Arbeitgeber Bewerbende und Angestellte behandelt. Auf einschlägigen Bewertungsplattformen können heutzutage nicht nur Angestellte ein Unternehmen bewerten, sondern auch Bewerberinnen und Bewerber. 

  • 3. Top-Kandidaten mit einem attraktiven Angebot gewinnen

    Wenn Sie eine Kandidatin oder einen Kandidaten unbedingt haben wollen, sollte sie oder er Ihnen auch etwas wert sein. Erkundigen Sie sich nach den Erwartungen und Zielen und gehen Sie auf Bedürfnisse ein. Erfragen Sie nicht nur, was die Bewerberin oder der Bewerber zu bieten hat, sondern machen Sie auch deutlich, was die Benefits Ihres Unternehmens sind und machen Sie ein attraktives Angebot.

  • 4. Neue Kommunikationskanäle nutzen

    Der oder die potenzielle Auszubildende meldet sich nicht mehr? Setzen Sie nicht nur auf klassische Kommunikationswege wie Anrufe oder E-Mails. Gerade junge Bewerbende lesen ihre E-Mails nicht regelmäßig oder gehen nicht ans Telefon, wenn sie die Nummer nicht kennen. Erreichen Sie Bewerbende nicht, probieren Sie es doch einmal per SMS oder über WhatsApp – denn einen Text auf dem Smartphone lesen junge Leute eher.

  • 5. Persönlich formulieren

    Wollen Sie einen interessanten Jobsuchenden für Ihr Unternehmen gewinnen, schreiben Sie ihm einen personalisierten Text statt einer Standard-E-Mail: Betonen Sie, was Ihnen beim Vorstellungsgespräch gefallen hat, was Sie am Bewerber besonders schätzen und warum er so gut ins Unternehmen passen würde. Gehen Sie auf konkrete nächste Schritte ein, wie beispielsweise einen Termin zur Besprechung des Job-Angebos, um Ihr ernsthaftes Interesse zum Ausdruck zu bringen.

  • 6. Mehrgleisig fahren

    Wenn Sie auf Nummer sicher gehen wollen, dass ein ausgewählter Bewerber Sie nicht im Stich lässt, setzen Sie nicht alles auf eine Karte: Wenn Sie mehrere interessante Bewerbende für eine offene Position haben, laden Sie alle zum Probearbeiten ein und entscheiden Sie danach, wer den Zuschlag bekommt.

  • 7. Vertragsstrafe im Arbeitsvertrag festhalten

    Um zu verhindern, dass neu eingestellte Mitarbeitende am ersten Arbeitstag nicht erscheinen, sollten Sie im Arbeitsvertrag eine Vertragsstrafe für Nichtantritt des Arbeitsplatzes sowie für jeden Tag des Nichterscheinens festhalten. In der Regel wird die Vertragsstrafe in der Höhe auf die Bruttovergütung für die Zeit bis zum Ende der Kündigungsfrist in der Probezeit begrenzt sein. Kommen Mitarbeitende dann unentschuldigt nicht zur Arbeit, können Arbeitgebende Schadenersatzansprüche erheben. Entstehen durch das Nicht-Erscheinen Schäden für den Betrieb – wenn beispielsweise Projekte nicht zeitgemäß umgesetzt werden können – können Arbeitgebende weitere Straf- oder Schadenersatzzahlungen geltend machen.

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Was können Unternehmen im Fall von Ghosting tun?

Trotz aller Vorsichtsmaßnahmen und Bemühungen Ihrerseits ist es passiert und ein Bewerber oder Mitarbeiter kommt unentschuldigt nicht (mehr) zur Arbeit? Das können Sie tun, um den Schaden zu begrenzen:

  • Abmahnung erteilen

    Ein Termin zum Vorstellungsgespräch ist rechtlich nicht bindend, ein unterschriebener Arbeitsvertrag allerdings schon. Mitarbeitende sind dann verpflichtet zu erscheinen, unangekündigtes Fernbleiben am Arbeitsplatz ist ein Abmahnungsgrund. Schicken Sie schon am ersten Fehltag eine schriftliche Abmahnung an den Mitarbeitenden und stellen Sie die Gehaltszahlung ein.

  • Arbeitsvertrag kündigen

    Wenn ein Arbeitsvertrag beidseitig unterschrieben wurde, ein (neuer) Mitarbeitender aber nicht mehr zu erreichen ist und der Arbeit unentschuldigt fernbleibt, sollten Sie als Arbeitgebender den Vertrag kündigen – und zwar fristlos. Denn das Nichterscheinen des Arbeitnehmenden löst den Arbeitsvertrag nicht. Würde der ghostende Mitarbeitende nach einiger Zeit plötzlich wieder auftauchen und wieder arbeiten wollen, hätte er ohne gekündigten Vertrag ein Recht darauf.

  • Schadenersatzansprüche geltend machen

    Hat der Ghoster einen Arbeitsvertrag unterschrieben und nimmt die Arbeit nicht auf oder bricht das Arbeitsverhältnis ohne Kündigung ab, können Arbeitgebende Schadenersatzansprüche und – sofern vertraglich wirksam vereinbart – Vertragsstrafen für den Nichtantritt und jeden Tag des Nichterscheinens geltend machen. Bei Schadenersatzklagen sind die Erfolgschancen allerdings recht gering, da Arbeitgebende belegen müssen, dass durch das Fehlen des neu eingestellten Mitarbeitenden ein materieller Schaden entstanden ist, z. B. weil ein Auftrag nicht angenommen werden konnte, was schwer nachweisbar ist.

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