Neurodermitis behandeln: Mit der richtigen Hautpflege dem Juckreiz trotzen

Redaktion
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Neurodermitis gehört zu den häufigsten Hauterkrankungen in Deutschland und ist nicht heilbar. Dauerhafte Behandlung und individuelle Therapie versprechen allerdings Linderung der schmerzhaften Symptome. Hier erfahren Sie die wichtigsten Fakten zu Neurodermitis und wie sich die nicht ansteckende Erkrankung am besten behandeln lässt.

Atopische Dermatitis: Der medizinische Begriff für Neurodermitis

Die Bezeichnung Neurodermitis für die chronische Hauterkrankung ist zwar geläufig, aber veraltet. Der Begriff stammt aus dem 19. Jahrhundert und setzt sich aus den griechischen Wörtern "neuron" für Nerv, "derma" für Haut und der Endung "-itis" als Kennzeichen für eine Entzündung zusammen. Damals ging man davon aus, dass Nervenentzündungen in der Haut für die schmerzhaften Symptome verantwortlich seien.

Inzwischen weiß man, dass Neurodermitis nicht auf entzündete Nerven zurückzuführen ist. Mediziner bezeichnen die Erkrankung deswegen als "atopische Dermatitis" oder "atopisches Ekzem". Das griechische Wort "atopisch" lässt sich mit "nicht zuzuordnen" übersetzen und verweist darauf, dass die Symptome der Erkrankung am ganzen Körper auftreten können.

Was ist Neurodermitis?

Neurodermitis, beziehungsweise atopische Dermatitis oder atopisches Ekzem, ist eine entzündliche Hauterkrankung. Sie ist nicht ansteckend und nicht heilbar.

Medizinisch betrachtet zählt Neurodermitis zu den chronisch-rezidivierenden Erkrankungen. Chronisch, weil sie nicht heilbar, also lang andauernd, ist. Rezidivierend, weil sie in nicht festzulegenden Abständen wiederkehrt. Die einzelnen, aktiven Erkrankungsphasen werden Schub genannt.

Neurodermitis zeigt sich durch zunächst rötliche, trockene Hautstellen am Körper, die später verrauen und sich schließlich unter starkem Juckreiz entzünden.

Wissenschaftlich betrachtet bildet Neurodermitis zusammen mit Heuschnupfen und Asthma bronchiale den sogenannten atopischen Formenkreis. Das bedeutet, dass die drei Erkrankungen häufig gleichzeitig oder im Laufe eines Menschenlebens nacheinander auftreten.

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Ursachen für atopische Dermatitis

Warum genau ein Patient an Neurodermitis erkrankt, ist bisher nicht eindeutig geklärt. Mediziner führen die chronische Erkrankung zum Großteil auf zwei Ursachen zurück.

Zum einen leiden Neurodermitiker unter einer Störung der Hautbarriere. Diese erfüllt ihre Schutzfunktion nicht, wodurch Feuchtigkeit verloren geht. In der Folge tritt trockene Haut auf, die auf Reizstoffe, Allergene und Keime mit Entzündungen und starkem Juckreiz reagiert. Zum anderen kommt es bei Neurodermitis – wie bei Heuschnupfen und Asthma bronchiale – zu einer Überreaktion des Immunsystems, bei dem viel zu stark auf eigentlich harmlose Allergene aus der Umwelt geantwortet wird. Darauf Bezug nehmend wird das atopische Ekzem auch als "endogenes Ekzem" bezeichnet. "Endogen" beutetet "von innen kommend".

Sowohl die schwache Barrierefunktion der Haut als auch die Immunüberreaktion sind vererbbar: Ist ein Elternteil erkrankt, entwickeln die Kinder mit einer 40-prozentigen Wahrscheinlichkeit ebenfalls eine atopische Dermatitis; bei zwei erkrankten Elternteilen steigt das Erkrankungsrisiko auf 67 Prozent.

Neurodermitis in Zahlen

  • Laut des Robert Koch-Instituts wird Neurodermitis bei Kindern und Jugendlichen in Deutschland mit einer Krankheitshäufigkeit von 12,8 Prozent häufiger als Heuschnupfen (11 Prozent) festgestellt.

  • Schätzungen des RKI zufolge betrifft atopische Dermatitis aktuell rund 900.000 Kinder und Jugendliche.

  • Im Erwachsenenalter leiden nur noch 2 bis 4 Prozent der Menschen an Neurodermitis.

  • In knapp 85 Prozent aller Fälle bricht das atopische Ekzem vor dem fünften Lebensjahr aus.

  • 40 Prozent der Kinder mit einem erkrankten Elternteil und 67 Prozent der Kinder mit zwei erkrankten Elternteilen entwickeln aufgrund der erblichen Veranlagung eine Neurodermitis.

  • Rund 60 Prozent aller Kinder mit Neurodermitis zeigen im frühen Erwachsenenalter keine Symptome mehr.

Trockene Haut, Juckreiz und Ekzeme

Zu den typischen Neurodermitis-Symptomen der Krankheit gehören Rötungen, nässende Bläschen, Entzündungen und Juckreiz, die jeder Schub mit sich bringt. Die Intensität der Symptome bemisst sich daran, wie stark ausgeprägt die Neurodermitis bei dem jeweiligen Patienten ist.

Formen von Neurodermitis

Unterschieden wird in leichte, mittelschwere und schwere Neurodermitis.

  • Leichte Neurodermitis

    Die Haut ist extrem trocken, es kommt zu Rötungen und Schuppenbildungen sowie zu Juckreiz.

  • Mittelschwere Neurodermitis

    Die Rötungen werden stärker, der Juckreiz nimmt zu. In den meisten Fällen treten Pappeln (knotige Verdickungen der Haut) auf, die einem allergischen Ausschlag ähneln.

  • Schwere Neurodermitis

    Auf der Haut bilden sich nässende Ekzeme, der Juckreiz nimmt schmerzhafte Ausmaße an. Pappeln und Pusteln bilden sich verstärkt.

Typisch für Neurodermitis ist ihr atopisches Auftreten: Überall am Körper kann es zu Juckreiz, Rötungen und/oder Ekzemen kommen. Oft sind Beugestellen wie Ellenbogen und Kniekehle betroffen. Aber auch an Rücken, Händen, Brust, Bauch, Hals, Gesicht, Augenlidern, Kopfhaut und Füßen kann Neurodermitis vorkommen.

Zu den Symptomen der Erkrankung gehören allerdings nicht nur jene, die auf der Haut sichtbar sind. Durch den Juckreiz und die für jeden sichtbaren Hautveränderungen leiden Neurodermitis-Patienten oft auch unter Unruhezuständen, erhöhter Gereiztheit und Nervosität.

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Trigger: Wodurch wird ein Schub ausgelöst?

Es gibt Faktoren, die einen Neurodermitis-Schub begünstigen. Dazu gehören psychologische Auslöser wie Stress oder seelische Belastungen genauso wie Umwelteinflüsse (trockene Heizungsluft, falsche Hautpflege, bestimmte Lebensmittel) oder Infekte (Grippe, Mandelentzündung, Allergien).

Neurodermitiker müssen ihre individuellen Trigger aufdecken und diese dann so weit wie möglich umgehen. Auslöser wie eine Erkältung, Allergie oder trockene Heizungsluft sind natürlich schnell entlarvt. Schwieriger wird es bei Triggern, die nicht offensichtlich sind – wie falsche Pflegecremes, eine noch unbekannte Lebensmittelunverträglichkeit oder auch seelischer Druck. In diesem Fall hilft das Führen eines Tagesbuchs, in dem jeder mögliche Auslöser festgehalten wird. 

Wie wird das atopische Ekzem behandelt?

Wie bereits erwähnt, ist Neurodermitis nicht heilbar. Dennoch können die Symptome der chronischen Erkrankung gezielt behandelt und gelindert werden.

Die Basis hierfür bildet die richtige Hautpflege, die auch dann wichtig ist, wenn kein aktiver Schub stattfindet. Das beginnt bei der Körperhygiene. Betroffene sollten beispielsweise auf langes Baden verzichten, da der Haut durch das warme Wasser zusätzlich Feuchtigkeit entzogen wird. Gleiches gilt für das Duschen: Lauwarm ist hautverträglicher als heiß. Herkömmliche Seifen, Shampoos und Duschgele, die mit stark parfümierten Inhaltsstoffen die Haut reizen, sind tabu. Geeignet sind pH-neutrale Waschmittel.

Der gereizten Haut hilft es außerdem, nach dem Duschen nicht mit dem Handtuch trocken gerubbelt zu werden, sondern lediglich sanft abgetupft.

Zu den größten Problemen bei Neurodermitis gehört das Kratzen, eine zusätzliche Belastung für die Haut. Gerade Kinder können den Juckreiz oft nicht ignorieren und kratzen die betroffenen Stellen blutig. So erhöht sich das Risiko für bakterielle Infekte und Virus- sowie Pilzinfektionen, die ihren Weg über die Hautwunden in den Körper finden.

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Deswegen gibt es speziell entwickelte Cremes, Salben und Öl-in-Wasser-Emulsionen, die sowohl den Juckreiz unterbinden als auch der Haut beim Heilprozess helfen. Inhaltsstoffe wie Urea (Harnstoff), Glycerin, Ceramide, Phosphatidylcholin und D-Panthenol wirken lindernd auf Neurodermitis-Haut. Grundsätzlich muss ein neues Produkt jedoch immer erst an einer kleinen Hautstelle auf seine Verträglichkeit getestet werden.

Als eines der wirkungsvollsten Mittel bei Neurodermitis hat sich das Hormon Kortison erwiesen. Es kann äußerlich (als Creme) und innerlich (als Tablette) angewendet werden. Auf die Haut aufgetragen wirkt es gegen starken Juckreiz und Rötungen. Innerlich angewendet hemmt es die Überreaktion des Immunsystems. Kortison sollte allerdings – wie jedes andere Hormonpräparat – nicht ohne Rücksprache mit dem behandelnden Arzt angewendet werden.

Das können Betroffene außerdem tun

Neurodermitis ist eine komplexe Erkrankung, da sie sowohl auf psychische als auch auf physische Ursachen zurückzuführen ist. Genauso komplex sind die Maßnahmen, die Patienten fernab der richtigen Körperpflege helfen.

So können vor allem ältere Kinder, Jugendliche und Erwachsene einem Neurodermitis-Schub durch die richtigen Entspannungstechniken vorbeugen. Das kann Yoga, autogenes Training oder auch eine Psychotherapie sein. Alles, was den Geist entlastet, baut Stress ab und hilft.

Auch die richtige Kleidung zählt, da Schweiß und Reibung die Haut reizen. Deswegen sollten Neurodermitiker auf atmungsinaktive oder kratzige Textilien, zum Beispiel Polyacryl oder Wolle verzichten. Kleidung aus Leinen oder Baumwolle sind besser für die Haut. 

Typische Allergieauslöser wie Hausstaubmilben, Schimmelpilze, Tierhaare, Pollen oder bestimmte Nahrungsmittel sollten bei einer Unverträglichkeit auf jeden Fall umgangen werden.  Experten raten Eltern allerdings von einer sogenannten Ausschlussdiät für ihre Kinder ab: Sind diese Neurodermitiker, leiden aber beispielsweise nicht an einer ärztlich festgestellten Laktoseintoleranz, hat es keinen Sinn, Milchprodukte vom Speiseplan zu streichen.

Ein naheliegender und doch oft vergessener Ratschlag: Wer an Neurodermitis leidet, sollte seine Fingernägel extrem kurz tragen, um die Haut beim Kratzen nicht zusätzlich zu verletzen.

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Veröffentlicht am 18.12.2019

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