Kind lässt sich beim Zahnarzt auf Kreidezähne untersuchen

Kreidezähne: Woher kommen schlechte Kinderzähne?

Ein neues Krankheitsbild bereitet der Medizin große Sorge: Immer mehr Kinder und Jugendliche sind von sogenannten Kreidezähnen betroffen. Der Zahn wird porös und bekommt weiß-gelbe Flecken. Die Krankheit ist in einigen Altersgruppen sogar ein größeres Problem als Karies. Ein Expertengespräch über Ursachen und Behandlung.

Zweimal täglich Zähne putzen – so lautete immer die Formel für gesunde und gepflegte Zähne. Mit dieser simplen Maßnahme konnte man schlechten Zähnen, Zahnfleischproblemen und dem gefürchteten Zahnfeind Nummer eins namens Karies meist erfolgreich vorbeugen.

Doch seit einigen Jahren bekommt Karies zunehmende Konkurrenz durch eine andere Erkrankung, gegen die man mit der Zahnbürste nicht so leicht ankommt: Die sogenannte Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation, kurz MIH. Waren von dieser Mineralisationsstörung vor 20 Jahren nur Einzelfälle bekannt, hat dieses Phänomen mittlerweile eine hohe klinische Relevanz erreicht.

Fast ein Drittel aller Zwölfjährigen ist betroffen

Tatsächlich könnte die MIH, die vor allem an den bleibenden Backenzähnen (Molaren), seltener aber auch an den bleibenden Schneidezähnen (Inzisiven) auftritt, zur neuen Volkskrankheit werden. Laut Angaben der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) sind bereits 10 bis 15 Prozent aller Kinder in Deutschland davon betroffen. Bei den Zwölfjährigen liegt dieser Wert sogar bei knapp 30 Prozent. Damit tritt MIH in dieser Altersgruppe schon deutlich häufiger auf als Karies. 

Da sich MIH-Zähne durch weißliche, gelbliche oder bräunliche Flecken an der Zahnoberfläche bemerkbar machen, werden sie im Volksmund auch „Kreidezähne“ genannt.  Doch die Erkrankung ist bei weitem nicht nur ein optisches Problem: In Folge der gestörten Einlagerung von Mineralien kann es unter anderem zum Verlust des Zahnschmelzes und schließlich auch des Zahnes kommen. Außerdem leiden die jungen Patientinnen und Patienten meist unter einer Überempfindlichkeit beim Genuss heißer oder kalter Speisen und Getränke. Und auch die Mundhygiene und Zahnpflege bereitet Unbehagen oder sogar Schmerzen, was die Anfälligkeit für Karies wiederum zusätzlich erhöht.

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Werden Kreidezähne durch Stillen verursacht?

Während die Ursachen für Karies weithin bekannt sind, stehen Kinder- und Jugendzahnmediziner im Fall von MIH vor einem Rätsel. Denn man konnte noch keine eindeutige Erklärung dafür finden, welche Faktoren die Mineralisationsstörung verursachen. Eines steht fest: Eine ungesunde Ernährung oder eine vernachlässigte Mundhygiene spielen bei der Entstehung von Kreidezähnen keine Rolle. Und auch das Gerücht, dass langes Stillen im Säuglingsalter zu MIH führen könne, kann ausgeschlossen werden. Doch was können Eltern von betroffenen Kindern konkret tun? Und vor allem: Wie kann eine MIH-Behandlung aussehen? 

Wir haben über das Thema „Kreidezähne“ mit Dr. Eva Ellsiepen von der Kinderzahnarztpraxis „Die Milchzahn-Experten“ in Düsseldorf gesprochen. 

Kreidezähne erkennen

  • In welcher Altersgruppe tritt die Mineralisationsstörung besonders häufig auf?

    Die MIH tritt am häufigsten bei den ersten bleibenden Backenzähnen auf, welche etwa im sechsten Lebensjahr durchbrechen. Es können aber auch schon die Milchbackenzähne betroffen sein, diese kommen meist zwischen dem 14. und 24. Lebensmonat durch. In seltenen Fällen sind auch die bleibenden Schneidezähne betroffen.

  • Was sind die Ursachen für Kreidezähne? Wie weit ist man da mit medizinischen Erkenntnissen?

    Was genau hinter der Molaren-Inzisiven-Hypomineralisation steckt, ist noch unklar. Man vermutet, dass es mehrere Faktoren sind, die während der Zahnentwicklung der betroffenen Zähne einwirken. Die Entwicklung der Zähne erfolgt zwischen dem achten Schwangerschaftsmonat bis etwa zum vierten Lebensjahr. Das heißt, dass die Mineralisationsstörung bereits vor der Geburt initiiert sein kann. Als Ursache für Kreidezähne stehen besonders Atemwegserkrankungen des Kindes im Fokus, die Einnahme bestimmter Antibiotika oder ein Mangel an Vitamin D. Auch Bisphenol A, ein Bestandteil von Kunststoff, steht im Verdacht, MIH auszulösen. 

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Behandlung von Kreidezähnen

  • Wie lassen sich Kreidezähne behandeln?

    MIH wird in drei verschiedene Grade unterteilt. Je nach Grad kann eine häusliche Behandlung mit entsprechenden Pasten bewirken, dass Überempfindlichkeiten zurückgehen und die Zähne etwas widerstandsfähiger werden. Wenn Zähne größere Defekte haben, kann eine Überkronung sinnvoll sein. In seltenen Fällen wird ein solcher Zahn entfernt. Die Lücke, die dabei entsteht, kann mittels einer kieferorthopädischen Behandlung geschlossen werden. Auf jeden Fall empfiehlt es sich, alle drei Monate zur Kontrolle zum Zahnarzt zu gehen. Er führt auch die erforderliche Fluoridierung mit hochkonzentriertem Fluorid durch.

  • Kann man Kreidezähnen vorbeugen?

    Dadurch, dass die Ursachen von Kreidezähnen noch unklar sind, kann man Kreidezähnen nicht vorbeugen. Man kann sie nur frühzeitig erkennen und mit regelmäßigen Kontrollen beim Zahnarzt und der häuslichen Behandlung versuchen einzudämmen.

  • In welchem Alter sollten Eltern mit ihrem Kind zur ersten Kontrolle gehen?

    Generell sollte ein erster Zahnarztbesuch ab dem ersten Zahn stattfinden, damit sich das Kind an den Zahnarzt und die Untersuchung gewöhnt und der Zahnarzt frühzeitig Auffälligkeiten feststellen kann. Wenn das Kind von Anfang an ein gutes Verhältnis zum Zahnarzt aufbauen kann, hat eine eventuell notwendige Therapie bessere Erfolgschancen.

  • Was müssen Eltern hinsichtlich der Mundhygiene beachten, wenn ihr Kind von MIH betroffen ist oder war?

    Der Zahnarzt würde zu einer Behandlung mit Fluorid raten, jeweils individuell auf den zu behandelnden Zahn ausgerichtet. Auch das wöchentliche Auftragen bestimmte Pasten könnte Teil der Therapie sein. Das Fluorid sollte vor Ort beim Zahnarzt lokal auf dem Zahn angewendet werden, zum Beispiel als fluoridhaltige Kinderzahnpasta oder Fluoridkonzentrat. Die Einnahme von Fluoridtabletten dagegen ist nicht sinnvoll, da das Fluorid erst in der Entwicklungsphase in den Zahn eingebaut wird. Die Zahnkeime werden jedoch bereits im Mutterleib gebildet. Das Fluorid kann somit bei späterer Einnahme durch die Patientin oder den Patienten nicht mehr im Zahn wirken. 

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Sie haben Fragen zum Thema Kreidezähne oder vermuten, dass Ihr Kind daran erkrankt sein könnte? Dann wenden Sie sich an Ihre Zahnärztin oder Ihren Zahnarzt, um mögliche nächste Schritte zu besprechen.

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