Doch worauf sollten allergiekranke junge Menschen bei der Berufswahl achten? „Es gibt Berufe, die ein höheres Risiko für allergische Erkrankungen haben, weil mit entsprechenden Stoffen gearbeitet wird – beziehungsweise der Mensch diesen Stoffen intensiver ausgesetzt ist. Je nach Art der Allergie sollte dies bei der Auswahl berücksichtigt werden“, erklärt Sonja Lämmel vom Deutschen Allergie- und Asthmabund (DAAB).
Rund 30.000 Jugendliche brechen jährlich ihre Ausbildung aufgrund allergischer Erkrankungen ab. Das geht aus einer Schätzung der Berufsgenossenschaft für Gesundheit und Wohlfahrtspflege hervor. Trotzdem wird der Frage nach Allergien bei der Berufswahl meist wenig Beachtung geschenkt. Wir erklären, was allergieanfällige Berufseinsteigerinnen und -einsteiger beachten müssen.
Im Laufe ihres Lebens erkranken laut dem Robert Koch-Institut mehr als 20 Prozent der Kinder und mehr als 30 Prozent der Erwachsenen an mindestens einer allergischen oder atopischen Erkrankung. Eine Atopie ist eine Veranlagung, die das Risiko für bestimmte Allergien erhöht. Zu den häufigsten allergischen und atopischen Erkrankungen gehören Asthma bronchiale, allergische Rhinitis, Neurodermitis und allergische Kontaktekzeme.
„Wenn bereits eine Sensibilisierung vorliegt, muss genauer hingeschaut werden. Ein Jugendlicher mit einer Katzenhaarallergie sollte zum Beispiel kein Tierpfleger werden und ein Mensch mit starker Neurodermitis an den Händen sollte besser kein Friseur werden“, sagt auch Prof. Dr. med. Hans Drexler, Präsident der Deutschen Gesellschaft für Arbeitsmedizin und Umweltmedizin. Bei Jugendlichen mit anderen atopischen Vorerkrankungen müsse individuell entschieden werden, wie hoch das Risiko in bestimmten Berufen ist. Generell zu sagen „Du hast eine Pollenallergie auf Roggenpollen, du darfst kein Bäcker werden, wäre falsch“, erklärt Drexler. „Damit würden wir zu viele Menschen ausschließen, die keine allergiebedingten Probleme im Beruf haben würden.“
Risiko individuell abwägen
Junge Menschen, die unter Allergien leiden, sollten bei der Berufswahl professionelle Beratung suchen. Helfen können hier Kinder-, Jugend- und Hausärztin oder -arzt. Sie oder er entscheidet, ob der Besuch bei der Fachärztin oder beim Facharzt, etwa aus dem Bereich Allergologie, hilfreich ist. Ob es sinnvoll ist, Betroffenen von einem Risikoberuf abzuraten, „muss sicherlich im Einzelnen mit dem Arzt besprochen und abgewogen werden. Je nach Berufswunsch und Risiko können Präventionsmaßnahmen greifen. Allerdings, wenn das Kind einmal in den Brunnen gefallen ist, ist es natürlich schwierig, sich von seinem Berufswunsch wieder zu distanzieren“, so Lämmel. Auch Berufsberatungen können bei Fragen zu Allergie und Beruf weiterhelfen. Außerdem bieten Einrichtungen wie der Deutsche Allergie- und Asthmabund Beratungen zur Berufswahl an.
Wichtig sei es „Allergiker in den ersten Monaten ihrer Ausbildung zu begleiten“, betont Drexler. Sollten sich Symptome zeigen, sei der Betriebsarzt der erste Ansprechpartner. „Er weiß, mit welchen Stoffen im Betrieb umgegangen wird“, sagt Drexler weiter. Anschließend würden Betroffene, wenn nötig, an einen Facharzt überwiesen. Das könne etwa ein Haut- oder Lungenarzt sowie ein Allergologe sein.
Schutzmaßnahmen bei Allergien
Oberstes Ziel sei es dann, dass allergiekranke Arbeitnehmende durch Veränderungen der Arbeitsprozesse im Beruf bleiben können, erklärt Arbeitsmediziner, Dermatologe und Allergologe Drexler. „Nach dem Ersatzstoffgebot sollten Unternehmen gefährliche Stoffe am besten gar nicht erst zulassen. Lässt sich das nicht vermeiden, ist es wünschenswert, Berufsallergene zu kennzeichnen“, sagt Lämmel. Es gebe aber auch ganz praktische Maßnahmen, erklärt die DAAB-Expertin weiter: „Arbeitgeber können zum Beispiel durch einen abgetrennten Pausenraum dafür sorgen, dass Beschäftigte nicht essen oder trinken, wenn sie gleichzeitig mit Reizstoffen arbeiten. Haben Beschäftigte oft Kontakt mit Wasser, können Arbeitgeber rückfettende Seifen und Cremes bereitstellen. Für Mitarbeiter, die regelmäßig mit staubförmigen Stoffen wie Mehl- und Futtermittelstäuben zu tun haben, installiert der Betrieb im besten Fall eine Abzugsanlage.“ Auch greife hier das STOP-Prinzip. Es steht für substituierende, technische, organisatorische und personenbezogene Schutzmaßnahmen im Umgang mit allergenen Stoffen.
Eine Allergieberatung für Berufseinsteigende, die bisher keinerlei allergische Erkrankungen haben, sieht Lämmel nicht als notwendig an. „Ich bin aber auch der Meinung, dass das oben erwähnte STOP-Prinzip für alle Bereiche gelten sollte, damit das Risiko allergische Erkrankungen zu entwickeln, schon im Vorfeld gesenkt wird“, fügt die Expertin hinzu. Arbeitsmediziner und Allerloge Drexler weist hier außerdem auf die gesetzlich vorgeschriebenen Erst- und Nachuntersuchungen des Jugendschutzarbeitsgesetzes hin: Jeder angehende Azubi unter 18 Jahren muss eine Erstuntersuchung beim Arzt vorlegen können. Der Nachweis darf beim Ausbildungsbeginn höchstens 14 Monate alt sein. In den letzten drei Monaten des ersten Ausbildungsjahres gibt es dann die erste Nachuntersuchung. Für gesunde Jugendliche ohne Allergie seien diese Untersuchungen ausreichend.
So schützen FFP2-Masken
Im Zuge der Corona-Pandemie sind die sogenannten FFP2-Masken fast schon zu einem Alltagsgegenstand geworden. Hintergrund ist der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom 19.01.2021, nach dem in öffentlichen Verkehrsmitteln und beim Einkaufen sogenannte OP-Masken oder auch Masken der Standards FFP2, KN95 oder N95-Masken getragen werden müssen.
Was viele nicht wissen: FFP2-Masken sind an sich für den Einsatz bei der Arbeit vorgesehen. Die partikelfiltrierenden Halbmasken sind Gegenstände der persönlichen Schutzausrüstung (PSA) im Rahmen des Arbeitsschutzes. Sie sollen die Tragenden unter anderem vor Feinstäuben, Rauch, Aerosolen oder Dämpfen schützen und gehören daher in vielen handwerklichen Berufen zum Standard. FFP2-Masken schützen darüber hinaus auch vor Pollen, die gerade im Frühjahr vielen Menschen zu schaffen machen. So weist der Deutsche Allergie- und Asthmabund darauf hin, dass die Filterwirkung der Masken den direkten Kontakt von Pollen mit Mund und Nase verhindern kann. Ein willkommener Nebeneffekt für Menschen, die unter Allergien leiden.