Diverse Handwerker:innen arbeiten zusammen in der Werkstatt

Diversity Management: Mit Vielfalt im Betrieb richtig umgehen

Der Schlüssel zum wirtschaftlichen Erfolg liegt in der Diversität unserer Gesellschaft – doch was, wenn es dabei zu Konflikten kommt? Expertinnen und Experten geben Tipps für die betriebliche Praxis.

Diversity Management ist ein komplizierter Begriff, hinter dem sich in Wahrheit ein ganz einfacher Gedanke verbirgt. Nämlich Menschen aus gesellschaftlich unterrepräsentierten Gruppen einzustellen und stärker ans Unternehmen zu binden. Sie sollen in die Lage versetzt werden, ihre Kenntnisse und Erfahrungen so einzusetzen, dass sie dem Unternehmen helfen, seine Kernaufgaben besser zu erfüllen.

Maximal verknappt bedeutet das: Aus Wertschätzung entsteht Wertschöpfung. Neue Perspektiven inspirieren zu innovativen Ideen. Die Prämisse lässt sich natürlich auch umgekehrt ausdrücken. "Wer sich am Arbeitsplatz nicht frei entfalten kann, wer seine Identität oder Individualität verstecken muss, wird auch niemals seine volle Kraft und Energie einbringen", sagt Stefan Kiefer, Geschäftsführer des Charta der Vielfalt e.V. In der Wirtschaftsinitiative haben sich bereits mehr als 4.000 Organisationen selbst dazu verpflichtet, unterschiedliche persönliche Charaktere und Lebensentwürfe von Menschen im Unternehmen oder in der Institution einzubeziehen und Diskriminierung im Arbeitsumfeld zu vermeiden. "Diversity ist eine Haltung! Und wenn diese Haltung von den Führungskräften vorgelebt wird, dann kann auch das volle Potenzial der Mitarbeitenden genutzt werden", so Kiefer weiter. "Denn die unterschiedlichen Sichtweisen führen oft schneller zu Ergebnissen und innovativen Produkten."

Ein grauhaariger Mann mittleren Alters sitzt vor einem Laptop am Küchentisch.

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Vorteile des Diversity Management

Zahlreiche Studien haben den positiven Effekt eines gelungenen Diversity Managements inzwischen belegt. Zu den am häufigsten genannten Antworten hinsichtlich der Vorteile zählen etwa eine spannendere Arbeitsatmosphäre, stärkere Personalbindung oder eine verbesserte Zusammenarbeit in Teams. Beinahe zwei Drittel aller befragten Entscheidenden geben an, dass Diversity "als Ansatz in der strategischen Führung von Organisationen künftig an Relevanz gewinnt".

So ist es kein Wunder, dass Diversity Management längst nicht mehr allein ein Thema ist, das nur Weltkonzerne mit tausenden von Angestellten umtreibt. In einer immer komplexeren und diverseren Welt müssen sich auch kleine und mittelständische Betriebe oder Selbstständige mit der Frage befassen, wie man Mitarbeitende mit den unterschiedlichsten Hintergründen zu einem gut funktionierenden Team zusammenschweißt. Nicht nur aus Gründen möglicher Produktivitätssteigerungen. Gerade bei Neueinstellungen will man sich schließlich als attraktives Unternehmen präsentieren.

Mehr als 20 verschiedene Maßnahmen listet etwa der Charta der Vielfalt e.V. auf, die kleinen und mittleren Betrieben dabei helfen können, eine vielfältige Unternehmenskultur zu entwickeln und anzuwenden. Die Vorschläge reichen von simplen Dingen wie der Etablierung eines Diversity-Kalenders, in dem Gedenktage wie der Internationale Frauentag oder der internationale Tag gegen Homophobie verzeichnet sind über die Einführung von sogenannten Cross-Tandems, in denen möglichst unterschiedliche Beschäftigte in Kontakt gebracht werden bis hin zu einer tiefgreifenden Analyse der Personalstruktur.

Mit Spannungen rechnen

Das bedeutet natürlich nicht, dass es sich bei Diversity Management um ein magisches Werkzeug handelt, mit dem sämtliche Probleme innerhalb eines Unternehmens wie durch Zauberei verschwinden. Im Gegenteil: Unterschiedliche Hintergründe und unterschiedliche Orientierungen bedeuten immer auch unterschiedliche Meinungen und Vorurteile. Eine heterogene Belegschaft führt deshalb automatisch zu gewissen Spannungen. Das ist eine zutiefst menschliche Reaktion, nicht umsonst gibt es den guten alten Spruch, der besagt: "Gleich und gleich gesellt sich gern." Menschen umgeben sich nun mal gerne mit Personen, die ihnen in Aussehen, Alter, Bildungsstand oder Glaube ähneln. Gleichzeitig können große Unterschiede in Wertvorstellungen, Erfahrungen oder Arbeitsweisen zu Konflikten in den Teams führen.

Diversity Management darf nicht als reines Mittel zum Zweck verstanden werden. Wenn die Geschäftsführung Diversität von oben herab verordnet, kann es im Gesamtgefüge schnell zu knirschen beginnen. "Ein schablonenhaftes Diversity Management mit der pauschalen Formel 'Je mehr Vielfalt bei den Arbeitnehmern, desto mehr Impulse' berge viele Fallen für Personaler", schreibt etwa Petra Arenberg, Professorin für Psychologie und Gesundheit an der SRH Fernhochschule in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Personalmagazin.

Wenn ein homogenes Team bereits viele Erfolge erzielt hat und nun das Unternehmen Diversität fördern möchte, könne das die Leistungen mindern, für Unruhe sorgen oder Ängste auslösen, so Arenberg weiter. Ein gewisses Maß an Geduld sei eine Grundvoraussetzung, schreibt die Expertin. Bis man produktive Phasen erreiche, verlaufe die Teamentwicklung langsamer.

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Konflikte bewältigen ist auch Führungsaufgabe

Gelungenes Diversity Management beinhaltet deshalb immer auch Strategien zur Bewältigung von möglichen Konflikten. Doch wie setzt man ein erfolgreiches Konfliktmanagement um und fördert ein gutes Miteinander? Wie erkennen die Verantwortlichen möglichst früh, dass es im Team dicke Luft gibt? Wie können Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber mit Vorurteilen aufräumen? Und welche Rahmenbedingungen sollten für eine gelingende Integration geschaffen werden?

"Die Führungskräfte müssen gut trainiert sein", sagt Stephan Dirschl, Sprecher des Charta der Vielfalt e.V.. Laut eigenen Erhebungen der Charta sei etwa Religion das klassische Tabuthema, das als Privatangelegenheit angesehen und gerne totgeschwiegen werde. Ein Fehler. "Man muss die Konflikte und Themen auf die interne Agenda setzen, anstatt sie erst lange schwelen zu lassen", sagt Dirschl. Eine konkrete Ansprechperson im Betrieb sei eine wichtige Stellschraube, ebenso die Einrichtung von Beschwerdestellen, sollte es tatsächlich zu mehr oder weniger offenen Konflikten kommen. Klar kann es vorkommen, dass sich Mitarbeitende gegen den Vielfältigkeitsansatz sperren, dabei helfe es, wenn Arbeitgeberin oder Arbeitgeber klar Stellung gegen Diskriminierung bezieht und das nicht nur schweigend voraussetzt. Nur sehr selten, wenn die Situation wirklich kritisch wird, könne es sich lohnen, über den Einsatz eines Mediators nachzudenken.

Vielfalt als Prozess begreifen

Diversität müsse bei allen Prozessen mitgedacht werden, so Dirschl weiter. Man müsse sich bewusst machen, dass das Management der betrieblichen Vielfalt keine einmalige Standard-Aktion sei, sondern abhängig von der eigenen Organisationskultur und der individuellen Personalstruktur.

Neben den Maßnahmen von oben empfiehlt Dirschl gleichermaßen einen Bottom-up-Ansatz durch die Arbeitnehmenden selbst. Das können etwa Netzwerke in unterschiedlichen Dimensionen sein, etwa Geschlecht oder Bildungshintergrund, die auf sich und ihre Bedürfnisse und Besonderheiten aufmerksam machen und dadurch das Bewusstsein beim Rest der Belegschaft überhaupt erst wecken. Wenn darauffolgend eine Maßnahme implementiert werden soll, sei auch die Akzeptanz viel größer.

So wird Diversity Management zu einem Prozess, der niemals endet – der aber zu einem Umdenken und dem Hinterfragen von unbewussten Vorurteilen führen kann. Im besten Fall wird den Mitarbeitenden so auch die eigene Diversität bewusst, so Stephan Dirschl. "Zu irgendeiner Minderheit gehört schließlich jeder."

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