Gesund führen im Unternehmen und im Team

Redaktion
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Führungspositionen bedeuten häufig ein Übermaß an Arbeit und bieten wenig persönlichen Freiraum. Wir erklären, was Sie als Firmeninhaberin oder -inhaber und Führungskraft für eine bessere Work-Life-Balance tun können – und weshalb sich das positiv auf alle Mitarbeitenden im Unternehmen auswirken kann.

„Gesunde Führung“ – davon liest man immer wieder, wenn es darum geht, welche Faktoren den Erfolg eines Unternehmens ausmachen. Doch was genau verbirgt sich hinter dem Begriff? Er ist gleichzusetzen mit „guter Führung“. Eine gute Führungskraft verfügt neben ihren Management- und Fachkompetenzen auch über eine hohe Sozialkompetenz. Außerdem hat sie die Arbeitszufriedenheit und Motivation sowie die Beziehungen der Mitarbeitenden untereinander stets im Blick.

Hinzu kommt der Aspekt der Gesundheit: Warnsignale für psychische Belastungen, wie Burn-out, sollten frühzeitig erkannt werden. Gesundes Führen impliziert, die Fähigkeit und den Mut zu haben, auch diese Themen anzusprechen. Vor allem in der aktuellen Zeit mit Pandemie und Krisen und den hohen Zahlen von Arbeitsunfähigkeit aufgrund von psychischer Belastung, ist dieser Punkt immens wichtig.

 

Gesunder Führungsstil wird immer wichtiger

Aufgabe einer guten Führungskraft ist es also, die Ziele des Unternehmens in Einklang zu bringen mit den Potenzialen, Zielen und persönlichen Bedürfnissen der Beschäftigten. Gerade im Hinblick auf die demographische Entwicklung unserer Gesellschaft, wird es immer wichtiger, gute Fachkräfte zu binden – ein gesunder Führungsstil ist der Schlüssel dazu.

„Immer mehr Unternehmen und Führungskräfte erkennen, dass gesunde Führung nicht nur ein nebensächlicher Aspekt ist. Auch wenn die Beschäftigung mit dem Thema Gesundheit zusätzlich zum täglichen Geschäft dazu kommt, macht der langfristige Nutzen das Investment in gute Führung mehr als wett“, so Steffen Burger, Führungskräfteberater, Trainer und zertifizierter Coach. Als gelernter Zimmermann mit mehrjähriger Erfahrung auf dem Bau, kennt er auch diesen Bereich und kann sich sehr gut in die Rolle von Firmeninhabern in mittelständischen Unternehmen und in die Herausforderungen im Handwerk hineinversetzen.

 

Wie wirkt sich gesunde Führung auf Mitarbeitende aus?

Zahlreiche Studien belegen, dass die körperliche, vor allem aber auch die psychische Gesundheit die Leistung der Mitarbeitenden im Unternehmen stark positiv beeinflussen kann. Eine Studie der Universität St. Gallen zeigt beispielsweise, dass bei gesundheitsorientierter Führung das Wohlbefinden der Beschäftigten um 30 Prozent steigt. Auch das persönliche Engagement (+19 Prozent) sowie die Unternehmensleistung (+15 Prozent) nehmen zu. Hingegen sinken die Kündigungsabsicht (-75 Prozent), destruktives Engagement (-63 Prozent) sowie Resignation (-52 Prozent). (Quelle: Fürstenberg Institut)

Gesunde Chefs fördern die Gesundheit von Mitarbeitenden

„Eine Treppe kann man nur von oben nach unten reinigen“ – dieser Ausspruch veranschaulicht sehr gut, dass zufriedene Mitarbeiter und ein gutes Arbeitsklima nur erreicht werden können, wenn auch die Geschäftsführung auf ihre eigene Gesundheit achtet. Sie sind beispielsweise Firmeninhaberin oder -inhaber? Dann fängt die Selbstfürsorge bei Ihnen an. Sollte Ihr Unternehmen so groß sein, dass Sie weitere Führungskräfte beschäftigen, so bilden diese die nächste Stufe, auf der Gesundheit, Arbeitszufriedenheit und Motivation gefördert werden sollten.

„Die Beschäftigung mit gesunder Führung ist aus mehreren Gründen für Unternehmen relevant: Erstens bilden Führungskräfte durch die Vielzahl von Stressoren, die diese Rolle mit sich bringt, selbst eine Risikogruppe für psychische Belastungen. Zweitens unterschätzen viele Führungskräfte noch immer den großen Einfluss, den ihr Führungsverhalten auf das psychische Wohlbefinden ihrer direkten Mitarbeitenden hat – im positiven wie auch im negativen Sinne“, sagt Steffen Burger. Neben Stressoren, denen Führungskräfte ausgesetzt sind, verfügen sie jedoch wiederum über größere Ressourcen in Bezug auf Handlungsspielraum und Entscheidungskompetenz – und können diesen Vorteil für sich und die Mitarbeitenden nutzen.

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Alte Denkmuster durchbrechen

Was in der Theorie ganz einfach klingt, ist in der Praxis oftmals nicht so leicht umzusetzen. Vielleicht ertappen Sie sich jetzt schon beim Lesen dieses Artikels bei dem Gedanken, dass Sie als Chef, Chefin oder Führungskraft gegenüber Ihrem Team die Pflicht haben, zeitlich immer verfügbar zu sein?

Viele Menschen in Führungspositionen haben erhebliche Befürchtungen, etwa durch die Reduzierung von Arbeitszeiten, durch die Inanspruchnahme von Elternzeit, als Führungskraft mit Familienpflichten oder privaten Interessen als nicht 100 Prozent leistungsfähig angesehen zu werden. Vor allem für männliche Führungskräfte ist dies nach wie vor ein heikles Thema, bei dem nur eines hilft: alte Denkmuster zu durchbrechen und sich für neue Möglichkeiten zu öffnen.

Ganzheitliches Führen beginnt ganz oben

Bei gesunder, ganzheitlicher Führung sind Arbeit und Privatleben keine getrennten und konkurrierenden Bereiche mehr, vielmehr ergänzen sie sich gegenseitig. Hier muss das Augenmerk darauf liegen, dass bei nicht vorhandener klarer Abgrenzung die Arbeit nicht zu sehr in den privaten Raum vordringt, sondern die Balance gehalten wird.

Indem sie selbst die ganzheitliche Führung leben, können Firmeninhaberinnen und Firmeninhaber einen Erfolgskreislauf in Gang setzen: Sie befördern den Veränderungsprozess im Unternehmen hin zu mehr Selbstverantwortung in dezentralen Teams, Flexibilität und einer effizienten Arbeitsorganisation.

Hier ist es interessant zu wissen, dass die Kernelemente Selbstbestimmung und Selbstbefähigung für Mitarbeitende besonders wichtig sind. Scheuen Sie also nicht davor zurück, Aufgaben abzugeben, denn Studien belegen: Unternehmen, die auf das Verantwortungsbewusstsein der Mitarbeitenden setzen, verbessern deren psychische Gesundheit um 31 Prozent im Vergleich zu Unternehmen, die in diesem Bereich Nachholbedarf haben. (Quelle: Fürstenberg Institut)

Vollzeitnahe Teilzeitarbeit für Führungskräfte

Ob Sie nun selbst etwas kürzer treten möchten oder einer Führungskraft in Ihrem Unternehmen mehr Freiraum geben – Erfahrungen aus der Praxis zeigen, dass vollzeitnahe Varianten mit um die 30 Stunden pro Woche eine gute Lösung sein können. Oftmals ist schon ein regelmäßig freier Nachmittag hilfreich, um Familienaufgaben besser gerecht zu werden, sich um pflegebedürftige Angehörige zu kümmern, etwas für die eigene Gesundheit zu tun oder einem Hobby nachzugehen, das Lebensfreude und Energie schenkt.

Betriebsgesundheit

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM)

Gesunde Führung und wertschätzende Kommunikation sind die Basis eines gesunden und erfolgreichen Unternehmens. Führungskräfte haben im Betrieblichen Gesundheitsmanagement deshalb eine wichtige Rolle. Mehr zu BGM

Checkliste bei Teilzeit für Führungskräfte

Die Beantwortung folgender Fragen kann hilfreich sein, wenn Sie als Chef, Chefin oder Führungskraft das Teilzeitmodell umsetzen möchten:

  • Wieviel Anwesenheit in der Organisation ist zur Führung der Mitarbeitenden sowie für andere Tätigkeiten tatsächlich notwendig?

  • Kann ein Teil der Aufgaben unterwegs oder zu Hause erledigt werden, zum Beispiel im „Homeoffice“ an einem Tag in der Woche?

  • Kann durch die Delegation von Aufgaben eine Trennung von Fach- und Führungsaufgaben erfolgen und damit eine Verkürzung der Arbeitszeit ermöglicht werden?

  • Wie sollte die Arbeitszeit im Tages-, Wochen- und Jahresverlauf verteilt werden?

  • Kann die Lage und Länge der Arbeitszeit flexibel und situationsabhängig variiert werden? Wenn ja, in welchem Umfang und in welchen Zeiträumen? Zum Beispiel über situationsabhängige Reduzierung der Tagesarbeitszeit oder auslastungsabhängige Schaffung von freien Wochentagen?

Organisatorische Voraussetzungen

Die Einführung von Teilzeitarbeit für Vorgesetzte erfordert nicht nur Veränderungen in der Unternehmenskultur, sondern auch Veränderungen in der Unternehmensorganisation.
Bei der Einführung von Teilzeitstellen sollten Sie folgende Punkte beachten:

  • Entwickeln Sie ein für alle Mitarbeitende transparentes und faires Verfahren der Genehmigung, damit unter den Beschäftigten nicht Missgunst oder Unsicherheit entsteht, wer warum flexible Modelle nutzen darf.

  • Die durch die Reduzierung einer Stelle frei gewordenen Kapazitäten sollten neu besetzt werden oder Sie decken diese durch eine Änderung der Arbeitsorganisation ab, denn wenn Tätigkeiten auf einer Teilzeitstelle im Vollzeitumfang bestehen bleiben, führt dies entweder zur Selbstausbeutung des Stelleninhabers oder zu Mehrbelastungen im Arbeitsumfeld. Beide Effekte verschlechtern das Arbeitsklima und wirken der Entstehung einer ergebnisorientierten und flexiblen Arbeitsorganisation entgegen.

  • Bei Reduzierungen auf ca. 30 Stunden pro Woche können die Reststunden häufig durch die Aufstockung einer anderen Stelle mithilfe einer Delegation von Aufgaben abgedeckt werden.

Jobsharing in Führungspositionen

Beim Jobsharing teilen sich zwei oder mehrere Führungskräfte als Team einen oder mehrere Arbeitsplätze untereinander auf. Die Partnerinnen und Partner können Dauer und Länge ihrer individuellen Arbeitszeiten selbst festlegen, soweit sie dabei als Team den betrieblichen Anforderungen gerecht werden. Zusätzlich zur zeitlichen Aufteilung kann eine inhaltliche Aufteilung der Aufgaben entsprechend Neigung und Qualifikationen erfolgen.

Jobsharing sollte vor allen Dingen dann angewandt werden, wenn die Führungsposition einen hohen Anteil an wirklich notwendigen Ad-hoc-Aufgaben beinhaltet und eine ganztägige Besetzung der Stelle daher unabdingbar ist. Jobsharing bietet sich auch dann an, wenn ein Arbeitsplatz über die Regelarbeitszeit hinaus besetzt sein muss. Diese Variante eignet sich auch für Führungskräfte, die keine vollzeitnahe Beschäftigung wünschen, sondern zum Beispiel um die 20 Stunden pro Woche arbeiten möchten.

Die Verteilung der Arbeitszeit kann im Jobsharing starr oder flexibel gehandhabt werden. Außerdem verfügt der Betrieb über mehr Flexibilität in Fällen von Krankheit, Kündigung oder Urlaub, da immer eine bereits eingearbeitete Vertretung vorhanden ist.

Die Förderung von Sabbaticals

Ein weiterer Ansatz, um Fachkräfte zu binden, indem ihnen mehr Freiraum gegeben wird, kann das Sabbatical sein. Damit bezeichnet man einen über den regulären Urlaub hinausgehenden Freizeitblock. Die Führungskraft verzichtet für einen vereinbarten Zeitraum auf einen Teil ihres Entgelts, arbeitet aber weiterhin Vollzeit. Daraus entsteht dann ein zusätzlicher Freizeitanspruch mit Entgeltfortzahlung. So können Führungskräften in hohen familiären Belastungssituationen, zum Beispiel bei der Geburt oder bei der Einschulung eines Kindes, zeitliche Spielräume ermöglicht werden. Sabbaticals werden von Führungskräften aber auch zur Fortbildung und zum Auftanken der eigenen Reserven genutzt. Wichtig ist, dass Sabbaticals möglichst langfristig im Voraus angemeldet werden, um Vertretungsregelungen vorzubereiten.

Flexibles Arbeiten für Angestellte

Was Sie selbst als Geschäftsleitung oder Führungskraft in Anspruch nehmen, sollten Sie idealerweise auch Ihren Mitarbeitenden zugutekommen lassen. Eine flexible Arbeitszeit kann ein Bereich sein, der Ihr gesundes Führen ausmacht. Aus der Perspektive der Organisation trägt flexible Teilzeitarbeit dazu bei:

  • Den Personaleinsatz bei stark schwankendem Arbeitsanfall, zum Beispiel bei Saisonbetrieben, bei Just-in-Time-Produktion oder bei der Verlängerung von Betriebs-, Service- und Öffnungszeiten zu flexibilisieren und Personalkosten zu senken.

  • Die Arbeitsproduktivität zu steigern: Teilzeitarbeitende Mitarbeitende besitzen eine höhere Sensibilität für versteckte „Zeitfresser“ und ineffektive Arbeitsabläufe. Ergebnisorientiertes Arbeiten wird dadurch nicht nur bei der Führungskraft selbst, sondern im gesamten Arbeitsteam gefördert.

  • Auch die Kosten aufgrund von Abwesenheit bei kurzen Krankheiten, Arztbesuchen, Notbetreuung von Kindern o. Ä. werden reduziert, da dafür ein Kontingent von Stunden innerhalb der Arbeitswoche zur Verfügung steht.

  • Flexible Teilzeitarbeit fördert neue Formen der Arbeitsorganisation wie Teamarbeit, Delegation von Verantwortung und bessere Trennung von Fach- und Führungsaufgaben.

Kommunikation und Wertschätzung als Erfolgstools

Um gesundheitsorientierter zu führen, ist eine wertschätzende Kommunikation zentraler Bestandteil.

Steffen Burger dazu: „Vor allem mentale Gesundheit ist ein Thema, das in Unternehmen mehrdimensional gedacht und angegangen werden muss: Auf der Ebene des Unternehmens, das gesundheitsorientierte Rahmenbedingung schaffen kann. Auf der Ebene der Führungskräfte mit ihrem erheblichen Einfluss auf die Gesundheit ihrer Mitarbeitenden. Und auf der Ebene der Mitarbeitenden, die immer auch selbstverantwortlich für ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden sind. Wenn dieses mehrdimensionale Handeln strategisch und nachhaltig angelegt wird, bestehen gute Chancen ein Arbeitsumfeld zu entwickeln, in dem Menschen gerne, gesund und leistungsorientiert arbeiten.“

  • Machen Sie Gesundheit und Wohlbefinden zum Thema in Teammeetings und bilateralen Gesprächen.

  • Kommunizieren Sie transparent, zum Beispiel mithilfe regelmäßiger Meetings, geben Sie Feedback und äußern Sie Kritik in einem angebrachten Maß. Versuchen Sie im Gespräch mit Ihrem Team zu erkennen, wie es den einzelnen Personen wirklich geht.

  • Benennen Sie ruhig auch eigene Fehler und Unsicherheiten.  Holen Sie sich ehrliches Feedback über Ihr Führungsverhalten und eigene Entwicklungspotenziale ein.

Die Etablierung eines gesunden Führungsstils kann mit größeren Veränderungen verbunden sein. Für die erfolgreiche Umsetzung ist es daher ratsam, eine Expertin oder einen Experten in den Prozess einzubinden, die oder der Ihnen mit einem breiten Erfahrungshorizont zur Seite steht. Achten Sie darauf, dass die Beraterin oder der Berater Expertisen zu Fragen der Work-Life-Balance vorweisen kann.

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IKK classic

Veröffentlicht am 01.09.2022

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