Psychische Gefährdungs­beurteilung: Belastungen am Arbeits­platz erkennen

Redaktion
IKK classic

Arbeitsschutz in Betrieben ist eine Selbstverständlichkeit – schließlich müssen Verletzungen vorgebeugt werden. Neben Gefahren durch Arbeitsstoffe, Maschinen oder Chemikalien müssen allerdings auch psychische Belastungen berücksichtigt werden.

Doch wie erkennen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, was die Psyche ihrer Beschäftigten belasten kann? Im Arbeitsschutzgesetz ist festgelegt, dass die Gefahren am Arbeitsplatz ermittelt und entsprechende Maßnahmen daraus entwickelt werden müssen, um die Gesundheit aller Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer zu schützen. Dabei geht es allerdings nicht nur um Gehörschutz, Arbeitskleidung oder ähnliche Sicherheitsvorkehrungen, die vor physischen Gefahren schützen sollen. Seit 2013 ist auch die Durchführung der psychischen Gefährdungsbeurteilung (GB psych) Pflicht. Eine Orientierung bietet die Checkliste für die psychische Gefährdungsbeurteilung.

  • Was können die Ursachen für psychische Belastungen am Arbeitsplatz sein?

    Die Ursachen für psychische Belastungen am Arbeitsplatz sind vielfältig. Risikofaktoren können ein hoher Termin- und Leistungsdruck sein, Konflikte im Team oder mit Kunden, Unterbrechungen während der Arbeit oder das Betreuen verschiedener Arbeiten gleichzeitig. Aber auch ungünstig gestaltete Arbeitsplatzumgebungen, beispielsweise im Hinblick auf Lärm, Klima oder räumliche Enge können für die Mitarbeiter belastend sein.

  • Was können Auswirkungen psychischer Belastungen sein?

    Stress, Burnout, Depressionen: Psychische Krankheiten können auch am Arbeitsplatz entstehen. Kurzfristig können sich Belastungen in Form von muskulärer oder innerer Anspannung zeigen, auch Schlafstörungen oder Nervosität sind mögliche Symptome, ebenso wie Kopfschmerzen und Konzentrationsschwierigkeiten. Auch körperlich kann sich eine psychische Belastung niederschlagen: zum Beispiel in Form von Rückenschmerzen oder Bluthochdruck.

BGM-Handlungsfeld psychosoziale Belastungen und Stressmanagement

Durch das ganzheitliche Vorgehen im Rahmen des Betrieblichen Gesundheitsmanagements (BGM) werden auch psychische Belastungen ermittelt und Maßnahmen zur Verbesserung entwickelt. Die Ergebnisse können zur Dokumentation der Gefährdungsbeurteilung psychischer Belastungen genutzt werden, ersetzen diese aber nicht. Wie die IKK classic Sie hier unterstützt

  • Was ist eine psychische Gefährdungsbeurteilung?

    Bei der GB psych geht es ausdrücklich nicht um die individuelle Verfassung der einzelnen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, sondern um eine objektive Betrachtung der Arbeitsbedingungen. Bei der Gefährdungsbeurteilung müssen äußere Risikofaktoren erkannt werden, die eine psychische Belastung und damit eine gesundheitliche Gefährdung für die Belegschaft darstellen können. Die Risiken können in verschiedenen Sektoren des Arbeitsumfeldes entstehen: der Arbeitsumgebung, in sozialen Beziehungen, in der Arbeitsorganisation oder auch der Arbeitsaufgabe.

  • Wer führt die Beurteilung durch?

    Rechtlich verantwortlich ist die Geschäftsführung. Sie muss dafür Sorge tragen, dass die gesundheitlichen Risiken für die Belegschaft möglichst gering gehalten werden. Dafür müssen Gefahrenquellen erkannt und Sicherheitsvorkehrungen geschaffen werden. Dabei gibt es keine Ausnahmen. Darüber hinaus müssen die Ergebnisse der GB psych dokumentiert, umgesetzt und auf ihre Wirksamkeit überprüft werden. Die Umsetzung können Experten wie zum Beispiel Betriebsärzte übernehmen.

  • Wie oft muss die psychische Gefährdungsbeurteilung durchgeführt werden?

    Im Arbeitsschutzgesetz sind keine Fristen verankert, allerdings müssen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber erneut eine Prüfung durchführen, wenn sich die Arbeitsbedingungen verändern oder Gefährdungen auftreten, die zuvor im Betrieb nicht bekannt waren.

Krankenstand- und Fehlzeiten-Analyse

Die Fehlzeiten-Analyse ist ein wichtiges Instrument des betrieblichen Gesundheitsmanagements. Denn wer die Ursachen für die Fehlzeiten in seinem Unternehmen kennt, kann durch entsprechende Maßnahmen systematisch für die Gesundheit seiner Mitarbeiter sorgen. Mehr erfahren

Immer mehr Ausfallzeiten durch psychische Erkrankungen

Obwohl psychische Erkrankungen immer öfter zu Ausfallzeiten führen und laut einer Studie im Jahr 2018 sogar der Hauptgrund von Berufsunfähigkeit waren, gibt es immer noch Umsetzungsprobleme bei der psychischen Gefährdungsbeurteilung. Ein möglicher Grund: Betriebsärzte und Sicherheitsfachkräfte meinen, bei der Bewertung an ihre fachlichen Grenzen zu stoßen.

Die Erstellung einer psychischen Gefährdungsbeurteilung ist gesetzlich nicht geregelt. Grundsätzlich sollte mit einer Analyse der Situation gestartet werden. Befragen Sie dafür zunächst Ihre Belegschaft und beziehen Sie sie auch bei der Ausarbeitung der Lösungen mit ein. Auch der Erfolg der Maßnahmen sollte überprüft werden und eine Neubewertung stattfinden, spätestens wenn sich Arbeitsbedingungen ändern. Dabei hat sich ein siebenstufiges Konzept als Handlungshilfe bewährt. Ergänzend dazu: eine Empfehlung für Verantwortliche, die sich an diesen Schritten orientiert, als PDF zum Download (s. u.).

 

Sie haben Fragen? Die IKK Gesundheitsmanager beraten Sie!

Siebenstufiges Konzept

Handlungshilfe zur psychischen Gefährdungsbeurteilung

  • Arbeitsbereiche und Tätigkeiten festlegen

    Unterschiedliche Tätigkeiten bergen jeweils andere Gefahrenquellen. Daher sollten diese separat voneinander betrachtet werden. Arbeitsbereiche in einem Unternehmen können zum Beispiel sein: Empfang, Warenannahme, Führungskräfte, Haustechnik etc.

  • Psychische Belastung der Arbeit ermitteln

    Um die gesundheitlichen Gefahren zu ermitteln, gibt es viele Methoden. Es kann zum Beispiel eine Mitarbeiterbefragung stattfinden, bei der anhand eines Fragebogens Gefährdungen in den verschiedenen Arbeitsbereichen in Erfahrung gebracht werden. Hier kann ein Aspekt sein, ob sich Beschäftigte aufgrund vieler verschiedener Aufgaben oder enger Fristen überfordert fühlen.

  • Psychische Belastung der Arbeit beurteilen

    Im dritten Schritt geht es darum, anhand der vorliegenden Daten und Materialien nachzuvollziehen, wo Gefährdungsquellen liegen. Dabei sollte es eine nachvollziehbare Begründung geben.

  • Maßnahmen festlegen

    Nachdem Risiken erkannt wurden, sollten nun Maßnahmen erarbeitet werden, welche diese reduzieren. Dabei können Belegschaft und Führungskräfte miteinbezogen werden.

  • Maßnahmen durchführen

    Es braucht eine klare Struktur, wenn es um die Umsetzung geht. Die Maßnahmen sollten konkret definiert, verantwortliche Personen festgelegt und ein Terminplan erstellt werden.

  • Wirksamkeit prüfen

    Anschließend geht es um die Analyse: Wurde der Zeitplan eingehalten und alle Maßnahmen umgesetzt? Gab es Hürden oder besondere Herausforderungen? Zudem muss natürlich festgestellt werden, ob sich die Arbeitsbedingungen verbessert haben und Risiken abgebaut werden konnten.

  • Prüfung und Aktualisierung

    Auch wenn es gesetzlich nicht vorgeschrieben ist: Es bietet sich an, eine regelmäßige Aktualisierung der psychischen Gefährdungsbeurteilung durchzuführen. So kann beispielsweise vermieden werden, dass es zu unvorhergesehenen Krankheitsfällen und Ausfallzeiten kommt, die eine schnelle Reaktion der Geschäftsführung fordern.

War dieser Artikel hilfreich?

Vielen Dank. Möchten Sie uns noch etwas mitteilen?

Bitte fügen Sie Ihrer Nachricht keine persönlichen Daten hinzu.

Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.

IKK classic

Veröffentlicht am 14.08.2020

Mehr zu diesem Thema