Jeder Mensch hat das Recht, seine Persönlichkeit frei zu entfalten. Und viele drücken das gern durch ihr Äußeres aus. Dazu gehören Frisur und Kleidung, aber immer häufiger auch Tattoos und Piercings. Doch am Arbeitsplatz stößt diese Entfaltung manchmal an ihre Grenzen. Aber darf ich als Arbeitgeber überhaupt Einfluss nehmen?
Tattoos und Piercings am Arbeitsplatz: Was darf der Arbeitgeber verbieten?
Die Einstellung der Gesellschaft zu Tattoos und Piercings hat sich in den letzten Jahren stark geändert und Körperkunst ist in Deutschland mittlerweile weit verbreitet. Doch in manchen Berufen sind sie immer noch nicht gerne gesehen. Wir erklären, warum das so ist und wie die rechtliche Lage aussieht.
- Wie viele Deutsche haben Tattoos und Piercings?
- Körperkunst am Arbeitsplatz: Gibt es Grund zur Sorge?
- Was darf ich als Arbeitgeber verbieten?
- Ist eine Kündigung wegen Piercings oder Tattoos möglich?
- Darf der Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch nach Tattoos und Piercings fragen?
- Die Akzeptanz für Körperkunst steigt
- Tattoos und Piercings sind nicht mehr bedenklich
Wie viele Deutsche haben Tattoos und Piercings?
Es gab Zeiten, da waren Tätowierungen ein Markenzeichen von Seemännern und Kriminellen. Oder, genau wie Piercings, ein Hinweis darauf, dass die Person einer Subkultur wie dem Punk angehört. Doch heute ist Körperkunst relativ weit verbreitet. Niemand wundert sich mehr über die Rose auf dem Knöchel einer 50-jährigen Bäckereifachverkäuferin oder den Nasenring eines jungen Maler-Gesellen.
Fast jeder fünfte Mensch in Deutschland hat mindestens ein Tattoo (siehe Grafik). Bei den 25- bis 34-Jährigen ist es sogar jeder Vierte. Und gut fünf Millionen Menschen in Deutschland haben ein oder mehrere Piercings, die exotischer sind als gestochene Ohrlöcher. Die Zeiten als Zeichen einer gesellschaftlichen Randgruppe sind also schon lange vorbei.
Körperkunst am Arbeitsplatz: Gibt es Grund zur Sorge?
„Damit stellt dich keiner mehr ein!“ – viele junge Leute haben diesen Satz vor ihrer ersten Tätowierung oder ihrem ersten Piercing im Gesicht gehört. Und es stimmt – nicht in jeder Branche ist Körperkunst dieser Art gern gesehen. Vor allem in den Bereichen Finanzwesen, in Anwaltskanzleien, als Flugbegleiterin oder Flugbegleiter sowie im gehobenen Gastro- und Hotelgewerbe können sichtbare Tattoos und Piercings noch eine große Hürde darstellen. Trotzdem sind immer mehr Arbeitnehmende und auch Chefinnen und Chefs tätowiert – gerade in Handwerks- oder Kreativbranchen ist die Körperkunst mittlerweile weit verbreitet.
Ist eine Kündigung wegen Piercings oder Tattoos möglich?
Auch wenn unter bestimmten Voraussetzungen Vorschriften zur sichtbaren Körperkunst gemacht werden können, im Arbeitsvertrag dürfen diese Richtlinien nicht stehen. Solche oder ähnliche Klauseln sind unwirksam. Aus diesem Grund dürfen Sie einem Mitarbeitenden auch nicht einfach kündigen, wenn gegen solche Regeln verstoßen wird. Erst wenn die Arbeitnehmerin oder der Arbeitnehmer den Vorgaben trotz Ihrer Aufforderung nicht nachkommt, können Sie eine Abmahnung aussprechen.
Darf der Arbeitgeber im Bewerbungsgespräch nach Tattoos und Piercings fragen?
Eine Bewerberin oder ein Bewerber darf wegen sichtbarer Tattoos und Piercings abgelehnt werden. Aus Ihrer Perspektive als Arbeitgeber ist es also sinnvoll, das Thema während der Bewerbungsphase anzusprechen, sollte es sonst zu Problemen kommen.
Aber: Allgemeine Fragen nach Tätowierungen oder Piercings sind nicht gestattet. Sonst steht es der Bewerberin oder dem Bewerber zu, nicht zu antworten oder sogar zu lügen. Doch: Die Frage, ob die Bewerberin oder der Bewerber ein Tattoo trägt, das nicht verdeckt werden kann, ist zulässig. Auch aus Arbeitnehmer-Perspektive ist es sinnvoll, bereits vorhandene Tätowierungen schon im Bewerbungsgespräch anzusprechen. Das sorgt für Transparenz und beugt späteren Problemen vor.
Die Akzeptanz für Körperkunst steigt
Wenn es um die gesellschaftliche Akzeptanz von Körperkunst geht, hat sich einiges getan. Laut aktueller Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, finden 27 Prozent der Deutschen Tattoos „sehr schön“, bei 36 Prozent kommt es auf das Motiv an und nur 20 Prozent finden sie „gar nicht schön“. Hier sind es hauptsächlich Befragte über 55, die keinen Gefallen daran finden.
Vor allem ältere Männer sehen Tattoos an Frauen nicht gern. Trotzdem ist die Zeit vorbei, in der man tätowierte oder gepiercte Menschen sofort für gefährlich hielt oder ihnen einen niedrigen sozialen Status unterstellte. Und das ist gut so.
Da die Akzeptanz in der Gesellschaft für Körperschmuck stetig steigt, sollten Sie sich als Arbeitgeber gut überlegen, wie sehr Sie von Ihrem Recht Gebrauch machen wollen, sollte es sich nicht um Sicherheitsgründe oder einen Job mit speziellem Kundenkontakt handeln. Es kann durchaus förderlich für das Betriebsklima sein, wenn Mitarbeitende ihre Persönlichkeit auch (bis zu einem gewissen Maß) am Arbeitsplatz ausleben dürfen.
Tattoos und Piercings: Gesundheitlich unbedenklich?
Auch wenn die Akzeptanz in der Gesellschaft steigt, sollte die Entscheidung für eine Tätowierung oder ein Piercing gut überlegt sein. Schließlich existieren noch keine Langzeitstudien darüber, welche Wirkung die bei Tattoos und Permanent Make-up verwendeten Farben auf unseren Körper haben können. Zudem handelt es sich bei Tätowierungen und Piercings grob erklärt um Verletzungen der Haut und des Gewebes. Deshalb ist bei der Wahl des Studios einiges zu beachten. Eine Liste zu Risiken und Vorsichtsmaßnahmen gibt es hier: