Ist scharfes Essen wirklich gesund?

Redaktion
IKK classic

Manche mögen’s scharf – und manche eher weniger: Während die einen von feurigen Zutaten wie Chili, Pfeffer oder Meerrettich nicht genug bekommen können, brennt bei den anderen schon bei einem Hauch Schärfe der Mund. Aber woran liegt das eigentlich? Und ist scharfes Essen gesund oder birgt es gesundheitliche Risiken? Ein Ernährungs-Experte klärt auf.

Mild, scharf oder feurig – wie scharf darf’s denn sein? Beim Schärfegrad und der Dosierung von Chili & Co. scheiden sich die Geister. Das zeigen auch die Reaktionen auf das Thema in den sozialen Medien, wie in unserem Instagram-Post.

Schärfe wird nämlich von jedem Menschen individuell vertragen, was unter anderem auf Gewohnheit und persönliches Empfinden zurückzuführen ist. Neben Schärfe-Wettbewerben und Chili-Contests befeuern neuerdings auch gefährliche Internet-Challenges wie die „Hot Chip Challenge“, bei der Jugendliche besonders scharfe Chips essen bis der Notarzt kommt, die Frage: Wie scharf darf man eigentlich essen? Wer sollte scharfes Essen meiden und wann wird es ungesund oder gar gefährlich?

Schmerz statt Geschmack: Wie wirkt scharfes Essen?

Aber was genau passiert eigentlich im Körper, dass wir beim Verzehr von Lebensmitteln wie Chili, Meerrettich oder Senf Schärfe schmecken? Verantwortlich dafür sind die darin enthaltenen Scharfstoffe wie Capsaicin (Chili), Senföle (Meerrettich und Wasabi), Piperin (Pfeffer), Allicin (Knoblauch) oder Gingerol (Ingwer), die zur Gruppe der sekundären Pflanzenstoffe gehören und bei Verzehr einen Schmerzreiz im Mund auslösen:

„Wenn wir Lebensmittel konsumieren, haben wir bestimmte sensorische Eindrücke. Einer davon ist auch der Geschmack: Über die Zunge werden verschiedene Geschmacksnuancen wie süß, salzig, sauer, bitter oder umami wahrgenommen, die wir dann als angenehm oder weniger angenehm empfinden. Wenn wir allerdings etwas Scharfes essen, dann wird diese Empfindung nicht über die Zunge und die Geschmackspapillen wahrgenommen, sondern das scharfe Essen löst bei uns einen Schmerzreiz aus – und den spüren wir dann“, erklärt Klaus Nigl, Leiter des Studiengangs Diätologie am Campus Gesundheit des Ordensklinikum Linz Elisabethinen. Im Grunde ist Schärfe also keine Geschmacksrichtung wie süß oder salzig, sondern vielmehr eine Schmerzempfindung.

Diese Schmerzschwelle ist bei jedem Menschen individuell und auch Gewohnheitssache, weshalb die einen Schärfe besser, die anderen weniger gut vertragen. Ist man schon seit der Kindheit an scharfes Essen gewöhnt oder isst man regelmäßig scharf, gewöhnen sich die Schmerzrezeptoren immer mehr an den Schmerzreiz und man empfindet es als weniger schmerzhaft bzw. „scharf“.

Aufgrund des Schmerzreizes schüttet der Körper daraufhin das Glückshormon Endorphin aus – weshalb scharfe Lebensmittel wie Chilis auch als „Glücklichmacher“ gelten.

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Wie wird Schärfe gemessen?

Schärfe kann tatsächlich gemessen werden – und zwar mit der sogenannten Scoville-Skala. Anhand des Capsaicin-Gehalts in Chilis und Chiliprodukten wird in Scoville-Einheiten (Scoville Heat Unit, SHU) angegeben, wie viel Milliliter Wasser man benötigt, um die Effekte von Capsaicin zu neutralisieren. Reines Capsaicin hat 16 Millionen Scoville. Um 1 Gramm zu neutralisieren, werden 16.000 Liter Wasser benötigt.

Den Guinness-Rekord für die schärfste Chili der Welt hält übrigens die Sorte Carolina Reaper mit einem Durchschnittswert von 1.569.300 Scoville.

Da die Scoville-Skala lediglich die Schärfe von Capsaicin ermittelt, kann sie nur auf Chilis und Chiliprodukte angewendet werden, nicht aber auf andere scharfe Lebensmittel wie Wasabi oder Meerrettich, bei denen anderweitige Stoffe wie Senföle für die Schärfe verantwortlich sind.

Einige Beispiele zum Schärfegrad nach Scoville:

  • Peperoni: 100 – 500 SHU

  • Tabasco: 2.500 – 8.500 SHU

  • Cayennepfeffer: 30.000-50.000 SHU

  • Habaneros: 100.000 – 250.000 SHU

  • Reines Capsaicin: 16.000.000 SHU

Ist scharfes Essen gesund?

Die maßvolle Aufnahme von scharfen Speisen gilt als unbedenklich. Vor allem Capsaicin, dem Scharfstoff in Chili und Paprikaschoten, aber auch anderen Scharfstoffen in Ingwer, Meerrettich oder Knoblauch werden viele gesundheitsfördernde Eigenschaften zugesprochen.

Gesundheitliche Vorteile von Scharfstoffen:

  • Machen glücklich: Durch die Schmerzreaktion, die durch die Schärfe ausgelöst wird, werden im Gehirn zur Beruhigung Glückshormone ausgeschüttet. Es kann dabei sogar zu einem euphorischen Zustand kommen, dem sogenannten "Pepper-High".

  • Schützen vor Magengeschwüren: Eine Studie wies nach, dass Mäuse, die scharfes Essen bekamen, deutlich weniger oft an Magengeschwüren leiden. Grund dafür ist, dass sich das Capsaicin an Rezeptoren im Magen-Darm-Trakt bindet, was die Produktion von Anandamid anregt. Anandamid beruhigt das Immunsystem und hemmt dadurch Entzündungen.

  • Regulieren die Körpertemperatur: Scharfes Essen regt die Schweiß-Produktion an, wodurch vermehrt Schweiß ausgeschieden wird, und eine Verdunstungskälte entsteht. So wird die Körpertemperatur gesenkt und der Körper kühlt ab (v. a. bei Hitze und in heißen Ländern förderlich).

  • Wirken gefäßerweiternd: Scharfstoffe haben eine gefäßerweiternde Wirkung und verbessern so die Durchblutung. Capsaicin wird deshalb auch häufig in Schmerzpflastern, die auf die Haut geklebt werden, therapeutisch eingesetzt: „Das führt zu einer verbesserten Durchblutung des Hautareals und zu einem angenehmen Wärmegefühl und kann so zur Schmerzlinderung beitragen“, so Klaus Nigl.

  • Wirken antibakteriell: Scharfstoffe hemmen die Entwicklung von Mikroorganismen und können so Durchfallkrankheiten vorbeugen (deshalb insbesondere in warmen Ländern beliebt, wo sich Krankheitserreger schneller verbreiten).

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Was können Nebenwirkungen von scharfem Essen sein?

Trotz der zahlreichen gesundheitlichen Vorteile ist Schärfe mit Vorsicht zu genießen: Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) kommt in einer Stellungnahme zwar zu dem Schluss, dass der Verzehr von Chilis und scharf bis sehr scharf gewürzten Speisen im Rahmen des international üblichen Verzehrs nicht mit akut gesundheitsschädigenden Wirkungen verbunden ist. Laut BfR gelten 5 mg Capsaicin pro kg Körpergewicht als unproblematisch, das sind bei 60 kg Körpergewicht etwa 300 mg Capsaicin.

Das Institut warnt jedoch vor einem übermäßigen Verzehr von Chilis und Chilizubereitungen – also sehr scharfem Essen –, der zu gesundheitlichen Beeinträchtigungen führen kann, wie zum Beispiel:

- Schleimhautreizungen
- Übelkeit
- Erbrechen
- Bluthochdruck

„Ein übermäßiger Verzehr von scharfen Substanzen kann auch Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System haben und massive Kreislaufprobleme verursachen. Das hat etwas mit der Weitstellung der Gefäße zu tun und kann durchaus dramatische Nebenwirkungen haben“, warnt Klaus Nigl.

Der regelmäßige Verzehr von scharfem Essen sei laut dem Ernährungsexperten jedoch unbedenklich, solange man die Schärfe als angenehm im Mund empfände.

Wer sollte bei scharfem Essen aufpassen?

Scharfes Essen bekommt nicht jedem. „Vor allem Menschen mit Erkrankungen oder Verletzungen im Magen-Darm-Bereich oder mit einem künstlichen Darmausgang sollten vorsichtig sein. Aber auch für Patientinnen und Patienten mit Verletzungen im Anusbereich – etwa bei Hämorrhoiden – ist scharfes Essen höchst unangenehm und sollte deshalb gemieden werden“, erläutert Klaus Nigl.

Ebenso sollten Menschen mit einem empfindlichen Magen, Reizmagen oder Sodbrennen scharfe Speisen und Würzmittel meiden, um die Beschwerden nicht zu verstärken. Der regelmäßige Verzehr von sehr scharfem Essen wird hin und wieder als Risikofaktor für Speiseröhrenkrebs genannt. Ein direkter Zusammenhang sei jedoch nicht nachgewiesen, so Klaus Nigl: „Chronisches Sodbrennen – dessen Hauptursache meist Übergewicht ist – sowie hoher Nikotin- und Alkoholkonsum erhöhen das Risiko für Speiseröhrenkrebs. Bezüglich des direkten Einflusses von scharfem Essen auf Speiseröhrenkrebs, gibt es allerdings noch keine Studienlage.“

Das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) warnt davor, dass scharfe Chili-Produkte vor allem bei kleinen Kindern zu schwerwiegenden Vergiftungen führen können. Achten Sie deshalb darauf, scharfe Würzmittel immer außer Reichweite von Kindern zu lagern.

Vorsicht ist auch bei ungewohnt scharfem Essen geboten – etwa in einem exotischen Urlaubsland oder im Restaurant: Dies kann nämlich im ungeübten Gaumen Zahnfleisch und Mundschleimhaut reizen.

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Was hilft bei scharfem Essen, wenn der Mund brennt?

Hat man einmal zu beherzt zu Wasabi, Meerrettich oder Chili gegriffen, verbreitet sich im Mund- und Rachenraum schlagartig das Gefühl eines Lauffeuers. Doch Vorsicht: Zum schnellen Löschen eignen sich hier keine Flüssigkeiten wie Wasser, Bier oder Säfte!

Denn die meisten Scharfstoffe wie das Capsaicin in Chilis oder die Senföle in Wasabi sind nicht wasser-, sondern fettlöslich. Flüssigkeiten zeigen daher keine Wirkung bei einem „brennenden“ Mund, ganz im Gegenteil: Wasser verteilt die Schärfe nur.

Stattdessen mildern Fett, Stärke oder Süßes die Schärfe gut: In fetthaltigen Lebensmitteln wie Milch oder Joghurt löst sich das Capsaicin auf. Auch stärkehaltige Lebensmittel wie Brot, Kartoffeln oder Reis können das brennende Gefühl lindern, da sie das Capsaicin absorbieren. Süßes wie Honig, Zucker oder Ahornsirup mindert wiederum die Empfindlichkeit der Rezeptoren und mildert dadurch die Schärfe.

Das absolute Wundermittel, um Schärfe zu neutralisieren, sei jedoch ein ungetoastetes, mit Mascarpone bestrichenes Toastbrot. Das fand die Ernährungswissenschaftlerin Desirée Schneider von der Hochschule Fulda in einem Forschungsprojekt heraus: Das Capsaicin sei fettlöslich und das Toastbrot reibe die Schärfe wie ein Zungenschaber von den Rezeptoren auf der Zunge, so die Ernährungswissenschaftlerin.

Diese Lebensmittel neutralisieren Schärfe im Mund:

Fetthaltige Lebensmittel:

  • ein Glas Milch

  • Mascarpone (auf Toastbrot)

  • Quark, Joghurt oder Milcheis

  • ein Stück Käse

  • Erdnussbutter

  • Olivenöl (damit am besten den Mund kurz ausspülen)

Stärkehaltige Lebensmittel:

  • Brot

  • Reis

  • Kartoffeln

Süße Lebensmittel:

  • ein Teelöffel Zucker

  • ein Teelöffel Honig oder Ahornsirup

  • gesüßte Kondensmilch

Essen zu scharf gewürzt? So können Sie Schärfe neutralisieren

Haben sie beim Kochen etwas zu beherzt zu Chili oder Ingwer gegriffen? Kein Grund, das Essen wegzuwerfen, denn mit ein paar Tricks können Sie die Schärfe lindern: Geben Sie etwas Honig oder Zucker hinzu, um eine leichte Schärfe zu neutralisieren. Handelt es sich um eine intensivere Schärfe, ist die Zugabe von fetthaltigen Lebensmitteln wie Kokosmilch, Joghurt oder Sahne die beste Wahl, da diese die Scharfstoffe binden.

„Tragen Sie bei der Zubereitung von scharfen Speisen, beispielsweise beim Schneiden von Chilischoten, unbedingt Handschuhe und ziehen Sie diese aus, bevor Sie sich mit den Händen ins Gesicht oder an die Augen fassen. Diese Scharfstoffe können starke Haut- und Schleimhautreizungen hervorrufen“, rät Klaus Nigl.

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Veröffentlicht am 20.09.2023

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