Stottern: Symptome, Ursachen und Behandlung

Redaktion
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Stottern ist eine Sprechstörung, die im Kindesalter beginnt und Eltern mit Fragen konfrontiert: Was sind die Ursachen des Stotterns, welche Symptome und Therapieansätze gibt es? Wir klären Sie über das Thema Stottern auf und geben Betroffenen Tipps von einer Logopädin.

Am 6. März ist der Europäische Tag der Logopädie. Ziel des Tages ist es, sowohl auf Sprachstörungen aufmerksam zu machen und die Bevölkerung für Sprachstörungen zu sensibilisieren, als auch über die Arbeit von Logopädinnen und Logopäden und ihr Fachgebiet zu informieren. Ariane Hodeige, Logopädin und zertifizierte Stottertherapeutin aus Berlin erklärt: „Es geht darum, Aufgaben und Wirkungsweise von logopädischer Therapie bekannter zu machen und zudem auf die Belange von Menschen mit kommunikativen Beeinträchtigungen aufmerksam zu machen. Überdies werden berufspolitische Fragen aufgeworfen, für die sich unser Berufsverband dbl einsetzt. In unserer Praxis werden wir die Patientinnen und Patienten auf diesen Tag aufmerksam machen.“

Eine weit verbreitete Sprechstörung ist das Stottern. Es wird als Störung des Redeflusses definiert. Wer stottert, weiß genau was er sagen möchte, kann es in dem Moment jedoch nicht störungsfrei aussprechen. Obwohl ca. ein Prozent der Bevölkerung davon betroffen ist, werden stotternde Menschen oft stigmatisiert und schnell für weniger intelligent gehalten. Der Umgang mit der Sprachstörung bleibt für viele Betroffene eine tägliche Herausforderung. Doch was kennzeichnet das Stottern eigentlich? Und wie hilft man dem stotternden Kind?

Stottern: Was sagt die Statistik?

Laut dem Stottern & Selbsthilfe Landesverband Ost e.V. durchlaufen etwa 80 Prozent aller Kinder im frühen Alter Phasen der Sprechunflüssigkeit. Bei vier bis fünf Prozent entwickelt sich ein chronisches Stottern, das sich häufig spontan oder durch sprachtherapeutische Behandlung wieder verliert.

Im Durch­schnitt ist ein Prozent der Bevölkerung vom Stottern betroffen – das sind in Deutschland mehr als 800.000 Menschen. Dabei überwiegt der Anteil der Männer.

Stottern: Symptome

Die Beschwerden beim Stottern variieren in ihrer Intensität und die Folgen beeinträchtigen weitaus mehr als nur das Sprechvermögen. Hauptsymptome des Stotterns:

  • Wiederholungen (z. B. Ka-ka-kater) 

  • Dehnungen von Lauten (z. B. Mmmmmaus), Silben oder Wörtern

  • Blockierungen von Lauten

  • Pausen beim Sprechen

Beim sog. Vermeidungsverhalten versuchen die Betroffenen, einzelne Laute, Wörter oder sogar ganze Gesprächssituationen zu vermeiden. Oft werden schwierige Wörter durch alternative Begriffe ersetzt, Füllwörter verwendet oder Sätze umformuliert. Beim Fluchtverhalten wird versucht, bereits auftretende Symptome auf motorischer Ebene zu überwinden, z. B. durch Anspannung von Gesichtsmuskeln, auffälligem Atmen oder Grimassen schneiden.

Behandlung

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Heilmittel sind nichtärztliche medizinische Dienstleistungen, die von speziell ausgebildeten Fachkräften, z. B. Logopäden, geleistet werden. Sie tragen dazu bei, Krankheiten zu verhindern, zu heilen, einer Verschlimmerung vorzubeugen oder Krankheitsbeschwerden zu lindern. Mehr zu Heilmitteln

Stottern: Psychische Folgen

Vieles, was durch das Stottern bei Betroffenen ausgelöst wird, hört und sieht man nicht. Belastende Emotionen und Gedanken im Zusammenhang mit der Sprechstörung sind etwa:

  • Angst, Hilflosigkeit oder Scham vor bestimmten Situationen (z. B. bei Gesprächen mit Fremden oder einem Vortrag in der Schule) und deren Vermeidung

  • Frust, Stress, Kontrollverlust

  • Grübelei über Wirkung des Stotterns auf Gesprächspartner

  • Selbstabwertung

  • sozialer Rückzug

  • Mobbing (z. B. in der Schule)

Abhängig von der jeweiligen Situation und möglichen Triggern wird die Symptomatik wechselhaft erlebt, von völliger Beschwerdefreiheit bis hin zu einer starken Ausprägung.

Ursachen für das Stottern

Für die Entstehung des Stotterns gibt es verschiedene Erklärungsansätze. Ursachen und Auslöser sind dabei verschiedene Phänomene. Ursache ist meist die erbliche Veranlagung, die sich in einer neurologischen Besonderheit äußert. Auslöser können in seltenen Fällen durchaus auch traumatische Erlebnisse sein. Zudem gibt es verstärkende Faktoren wie z. B. ungünstige Kommunikationsbedingungen.

Ariane Hodeige, Logopädin und zertifizierte Stottertherapeutin aus Berlin erklärt: „Die Ursache besteht in einer kleinen hirnphysiologischen Auffälligkeit, die im Normalfall genetisch bedingt ist. Diese löst Unterbrechungen des Redeflusses in Form von kurzen Kontrollverlusten aus.“

Stottern bei Aufregung

So mancher kennt es vielleicht: Ist man aufgeregt und angespannt, etwa bei einem Vortrag, verhaspelt man sich oft oder findet nicht die richtigen Worte. Doch Stottern unterscheidet sich von diesen normalen Sprachschwierigkeiten, die jeder Mensch ab und zu hat.

Aufregung kann Stottern bei Betroffenen verstärken, ist aber keine Ursache, sondern vielmehr ein Begleitsymptom. „Aufregung kann Stottern nicht auslösen. Wer aber genetisch bedingt ein Stottern ausgebildet hat, bei dem kann Aufregung das Stottern in einzelnen Situationen verstärken“, so die Expertin Ariane Hodeige.

Vorsorge

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In welchem Alter beginnt Stottern?

Bei vielen Betroffenen treten die ersten Symptome im Kindesalter auf, während der Sprachentwicklung vor dem sechsten Lebensjahr. Sie klingen bis zum Eintritt der Pubertät aber oft wieder ab. 

Etwa dreimal so viele Jungen wie Mädchen sind Stotterer. Mit zunehmendem Alter sind Jungen sogar vier bis fünf Mal so häufig betroffen, da bei Mädchen die Chance auf einen vollständigen Rückgang der Symptome höher ist. Je älter das Kind, desto unwahrscheinlicher, dass sich ein völliger Rückgang der Symptome einstellt.

Wenn das Kind nach Eintritt der Pubertät noch Symptome hat, wird es das Stottern meist sein Leben lang nicht mehr los. Eine Heilung ist nicht ausgeschlossen, aber unwahrscheinlich. Eine Besserung der Symptome durch Stottertherapie ist aber durchaus realistisch.

Das sollten Eltern stotternder Kinder berücksichtigen:

  • Gut gemeinte Ratschläge sind meist wirkungslos.

    Vermeiden Sie es, das stotternde Kind zu verbessern (nicht auffordern, langsamer zu sprechen oder zu wiederholen; nicht das gestotterte Wort für das Kind zu Ende sprechen). Stottern ist keine negative Eigenschaft, die Kinder sich abgewöhnen können. Anstrengungen, flüssiger zu sprechen, bedeuten Stress und führen eher noch zu einer Verschlimmerung der Symptomatik.

  • Stottern ist ein wechselhaftes Verhaltensmuster.

    Nach einer Phase der klaren Aussprache kann das Stottern wieder auftreten. Solche Wechsel sind normal. Notieren Sie, ob bestimmte Umstände oder Gesprächspartner vermehrt ein Stottern beim Kind verursachen bzw. Situationen und Personen, in deren Gegenwart es gar nicht auftritt.

  • Reagieren Sie geduldig auf das Stottern.

    Betrachten Sie es als temporäre Herausforderung einer bestimmten Entwicklungsstufe. Versuchen Sie, Ruhe und Gelassenheit auszustrahlen. Achten Sie auf den Inhalt dessen, was Ihr Kind sagt und vernachlässigen Sie die Art und Weise, wie es gesagt wird.

  • Bewahren Sie Mitteilungsdrang und Unbefangenheit Ihres Kindes.

    Lassen Sie Ihrem Kind die Freiheit, sich individuell zu entfalten. Schenken Sie ihm Aufmerksamkeit und ermutigen Sie es, an "guten Tagen" Kontakt zu anderen Menschen zu knüpfen. Überfrachten Sie das Kind aber nicht mit übertriebener Zuwendung oder gar einer Erwartungshaltung.

  • Stottern darf kein Tabu sein.

    Reagieren Sie als Eltern verständnisvoll und tröstend, wenn Ihr Kind über sein Stottern spricht. Vermitteln Sie ihm, dass Stottern nichts ist, wofür es sich schämen müsste.

  • Seien Sie ein positives Vorbild beim Sprechen.

    Vermeiden Sie, schnell und unverständlich zu sprechen. Bemühen Sie sich stattdessen, eine klare und einfache Sprache zu verwenden.

  • Achten Sie auf ein sensibilisiertes Umfeld.

    Sprechen Sie mit Verwandten, Freunden, Erzieherinnen, Lehrern und anderen wichtigen Bezugspersonen im Leben Ihres Kindes über sein Stottern und wie man angemessen darauf reagieren kann.

„Verhalten Sie sich möglichst natürlich. Sie sollten das Stottern nicht in den Vordergrund rücken, aber es sollte auch kein Tabuthema sein. Holen Sie sich frühzeitig die Unterstützung einer spezialisierten Therapeutin.  Sie kann entscheiden, ob es sich um ‚echtes‘ Stottern handelt oder um formulierungsbedingte Sprechunflüssigkeiten. Entsprechend wird sie entweder ausschließlich beraten oder eine Therapie empfehlen“, so die Expertin Ariane Hodeige.

Frühzeitig heißt: ab zweieinhalb Jahren bei schnellentwickelten Kindern, sonst ab drei Jahren. Wenn das Stottern beim Kind länger als drei Monate besteht und Sie besorgt sind, sollten Sie einen Termin bei einer Logopädin oder einem Logopäden vereinbaren. Besteht es länger als ein halbes Jahr ohne deutliche Tendenz, wieder nachzulassen, suchen Sie sich logopädische Beratung, selbst wenn Sie sich keine großen Sorgen machen.

Ihre Kinderärztin oder -arzt sollte das mit einer Verordnung über Diagnostik und Beratung unterstützen (zunächst 3-4 Termine). Unterstützend berät auch die Bundesvereinigung der Stottererselbsthilfe (bvss) oder in Berlin der "Sprechraum".

Stottern behandeln: Diese Therapien gibt es

Bei Erwachsenen gilt eine vollständige Genesung vom Stottern als kaum möglich. Zur Korrektur der Sprechstörung gibt es verschiedene Therapien und Behandlungsansätze:

  • Modifikationsansatz

    Dieser Ansatz entstammt der Verhaltenstherapie. Da Heilung aufgrund gegebener anatomischer Besonderheiten auf neuraler Ebene als unrealistisch angesehen wird, soll die oder der Betroffene lernen, seine Sprechstörung anzunehmen und bestmöglich damit umzugehen. Zur Behandlung gehören Schritte wie Annahme, Identifikation, Desensibilisierung, Modifikation der Symptomatik und Kommunikationstraining.

  • Sprechtechnischer Ansatz

    Dieser Ansatz fokussiert sich bei der Behandlung u. a. auf das Lernen von Atem- und Stimmtechniken sowie rhetorische Aspekte.

  • Mentaler Ansatz

    Dieser Ansatz hat seinen Ursprung im Leistungssport und fokussiert das Unterbewusstsein. Durch regelmäßige Übungen und Autosuggestion soll der Betroffene wieder ins flüssige Sprechen hineinkommen.

Ariane Hodeige: „Für Kinder von zweieinhalb bis etwa sieben Jahren gibt es den Lidcombe-Therapieansatz, den am häufigsten erforschten Therapieansatz weltweit mit der besten Evaluation und für alle Altersgruppen den ebenfalls gut erforschten "Kids"-Ansatz. Für Jugendliche und Erwachsene gibt es z. B. die Non-Avoidance-Therapieansätze nach van Riper (Stottermodifikation). Hier ist für manche Patientinnen und Patienten auch eine Kombination mit Sprechtechniken empfehlenswert.“

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Wie kann man stotternde Menschen im Alltag unterstützen?

Wer stotternde Menschen im Alltag unterstützen möchte, kann vielerlei tun. Besonders wichtig ist es, die Betroffenen – besonders Kinder – ernst zu nehmen, geduldig zuzuhören und ausreden zu lassen. Als Gesellschaft sind wir angehalten, das Stottern in die Öffentlichkeit zu rücken und zu enttabuisieren.

Logopädin Ariane Hodeige rät: „Verhalten Sie sich so natürlich wie möglich: Halten Sie Blickkontakt, beenden Sie nicht das Wort für die oder den Stotternden, achten Sie auf den Inhalt. Das Peinlichkeitsmoment können Sie reduzieren, indem Sie Gelassenheit und Akzeptanz ausstrahlen. Machen Sie sich klar: Der oder die Stotternde kann nichts dafür und macht nichts falsch, es ist einfach genetisches Pech. Bei starkem Stottern sollte man sich vor allem in Geduld üben und selbst entspannt bleiben.“

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Veröffentlicht am 17.02.2023

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