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Weichmacher: Wie ungesund sind Phthalate?

Weichmacher sind chemische Substanzen, die Kunststoffen zugesetzt werden, um sie flexibel und geschmeidig zu machen. Über die Haut oder Lebensmittel kann unser Körper diese Stoffe aufnehmen. Doch wie gefährlich sind Weichmacher, speziell Phthalate, und wie können wir den Kontakt vermeiden?

Im Rahmen seiner 6. Umweltstudie zur Gesundheit hatte das Umweltbundesamt Urinproben untersucht. In 37 Prozent dieser Proben wurde zu Beginn des Jahres 2024 ein Abbauprodukt des Weichmachers DnHexP (Di-n-hexyl-Phthalat) nachgewiesen. Dabei ist dieser Weichmacher seit 2013 in der EU in Kosmetik, in Spielzeug und auch in Lebensmittelverpackungen verboten. Er steht auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe.

Doch was sind Weichmacher eigentlich und was macht diese Stoffe so besorgniserregend?

Was sind Weichmacher?

Weichmacher sind Chemikalien, die spröden Materialien zugesetzt werden, um sie weich, biegsam oder dehnbar zu machen. Die Zugabe von Weichmachern verleiht beispielsweise dem eigentlich harten und unbiegsamen PVC (Polyvinylchlorid) elastische Eigenschaften. Auch in anderen Kunststoffen, Lacken, Anstrich- und Beschichtungsmitteln, Dichtungsmassen, Kautschuk- und Gummi-Artikeln sowie in Klebstoffen sind sie in großen Mengen enthalten.

Die häufigsten Stoffe, die dafür verwendet werden, sind Phthalate. Diese gelten jedoch als gesundheitsschädigend. Das große Problem dabei ist, dass Phthalate nicht fest im Kunststoff gebunden sind. Sie dünsten mit der Zeit aus. Das heißt, dass sie aus dem Kunststoff entweichen.

So gelangen sie in die Luft, setzen sich in Boden und Gewässern ab. Auch Lebensmittel, die in Kunststoff verpackt sind, können Phthalate aufnehmen. So gelangen sie über das Essen in den Körper. „Sie können in nennenswertem Umfang mit der Nahrung aufgenommen werden“, heißt es aus dem Umweltbundesamt.

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Wofür werden Weichmacher verwendet?

Weichmacher werden zur Herstellung von sehr vielen Produkten verwendet. Am häufigsten bei Kabeln, Folien, Fußbodenbelägen, Schläuchen, Sport- und Freizeitartikeln oder Medizinprodukten. Jedoch auch in alltäglichen Gegenständen wie Kleidung, Kosmetikprodukten, Klebstoffen oder Lebensmittelverpackungen.

Da die Weichmacher in die Produkte übergehen und von Menschen aufgenommen werden, ist die Verwendung inzwischen in vielen Produkten untersagt. Besonders innerhalb der EU ist der Einsatz streng reglementiert. Babyartikel oder Kinderspielzeuge dürfen keine Phthalate als Weichmacher beinhalten. Für Kunststoffverpackungen für Lebensmittel gelten bestimmte Grenzwerte oder Verbote. Das gleiche gilt bei Kosmetikprodukten. Fortpflanzungsgefährdende Weichmacher dürfen zudem auch nicht in löslichen Gemischen wie Lacken oder Klebstoffen vorkommen.

Seit 2013 steht auch das Phthalat DnHexP in der Europäischen Union auf der Liste der besonders besorgniserregenden Stoffe. Deshalb wurden die Überwachungsinstitute nun besonders aufmerksam. Es darf in kosmetischen Mitteln, Lebensmittelkontaktmaterialien und in Spielzeugen nicht verwendet werden. Dafür gibt es alternative Stoffe, die laut Umweltbundesamt weitaus weniger bedenklich sind. Deshalb sei es erstaunlich, dass DnHexP in einem so großen Umfang nachgewiesen wurde.

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Weshalb sind Weichmacher gefährlich?

Die Weichmacher in den Kunststoffverbindungen sind laut Experten zweifelsfrei gefährlich. Sie wirken im Körper ähnlich wie Hormone und bringen so das Hormonsystem durcheinander. Deshalb wird die Verwendung durch das Umweltbundesamt streng überwacht. Ganz entscheidend ist dabei nämlich, in welchem Ausmaß die Weichmacher in den menschlichen Körper gelangen.

Diese Gefahren stecken in Weichmachern:

  • Negative Auswirkung auf Fruchtbarkeit

  • Verringerung der Spermienzahl

  • Beeinträchtigung des Wachstums bei Kindern und Jugendlichen – auch von Geschlechtsorganen

  • Schädigung der Leber

  • Erhöhtes Risiko für Krankheiten wie Diabetes, Adipositas und Krebs

Die gesundheitlichen Auswirkungen wurden bisher vor allem in Tierstudien nachgewiesen. Aus dem Bundesinstitut für Risikobewertung heißt es jedoch: „Es ist anzunehmen, dass diese gesundheitlichen Wirkungen in ähnlicher Form auch bei Menschen auftreten können.“ Es sei jedoch schwierig, diese eindeutig nachzuweisen. Dafür wären aufwändige Langzeitstudien nötig.

Wie werden Weichmacher vom Menschen aufgenommen?

Obwohl die Nutzung von gefährlichen Weichmachern in der EU inzwischen streng reglementiert oder gar verboten ist, sind sie nahezu allgegenwärtig. Das sagt zumindest das Institut für Risikobewertung: „Weichmacher sind nahezu überall in der Umwelt und als Verunreinigung in vielen Lebensmitteln nachzuweisen.“ Im Grunde sind gelöste Phtalate überall zu finden: in der Luft, im Wasse, im Boden oder eben in Menschen. „Fast bei jedem Menschen sind Phthalate oder deren Abbauprodukte Metabolite im Blut oder Urin nachweisbar“, heißt es aus dem Umweltbundesamt.

Das liegt daran, dass sie in der Vergangenheit großzügig produziert und verwendet wurden. In Produkten, die aus Ländern außerhalb der EU stammen, passiert das teilweise bis heute. Bei importierten Produkten weiß ofmals nur der Hersteller, ob und welche Phthalate eingesetzt werden.

Wer wissen möchte, welche Phthalate für ein bestimmtes Produkt verwendet werden, muss sich an Hersteller oder Händler wenden. Dafür gibt es die kostenlose App Scan4Chem des Umweltbundesamts. Die Hersteller sind dazu verpflichtet, innerhalb von 45 Tagen Auskunft zu geben.

Wie kann man Weichmacher im Alltag vermeiden?

Zwar können wir im Alltag nie wissen, welche Produkte mit Weichmachern belastet sind. Dafür ist eine Laboruntersuchung notwendig. Generell gilt jedoch: Wer die Aufnahme der schädlichen Stoffe reduzieren möchte, sollte Plastikprodukte meiden.

Weitere hilfreiche Tipps für den Alltag sind:

  • Frische Lebensmittel verwenden, die nicht in Kunststoff verpackt sind

  • Speisen frisch zubereiten, Fertigprodukte meiden

  • Öl- oder fetthaltige Produkte in Glasbehältern oder Konserven kaufen

  • Produkte konsumieren, die in der EU hergestellt wurden

  • Keine PVC-Bodenbeläge verwenden: Es gibt viele gute Alternativen aus Linoleum, Holz oder Kork

  • Regelmäßiges Wischen und Abstauben, um Ansammlungen von Weichmachern vorzubeugen

  • Holzspielzeug statt Plastik-Spielsachen: Jedoch nur dann, wenn das Holz nicht lackiert ist

  • Kinder sollten nur Sachen in den Mund nehmen, die dafür hergestellt und gedacht sind

Woher stammen die nachgewiesenen Metabolite?

Die Untersuchungen zu den im Urin nachgewiesenen Weichmachern laufen noch. Zwar hat das Bundesamt für Risikobewertung in einer ersten Einschätzung eine erste Entwarnung gegeben. Darin heißt es: „Die nachgewiesenen Konzentrationen bewegen sich in einem Bereich, der auch bei anderen Phthalaten im Rahmen von Reihenuntersuchungen nachgewiesen wurde.“

Damit ist das Thema jedoch nicht abgeschlossen. Die Suche nach der Herkunft des Schadstoffes bezeichnet die Toxikologin Marika Kolossa als „Detektivarbeit“. Eine erste Vermutung von verschiedenen Seiten ist, dass die Rückstände auf durch einen UV-Filter verunreinigte Sonnencremes zurückgehen könnten.

Laut der Auswertung des Instituts für Risikobewertung gibt es keine belastbaren Beweise dafür, dass die Weichmacher Sonnenschutzmittel oder andere Kosmetika verunreinigt haben. Deshalb raten beide Institutionen, auf keinen Fall aus Furcht vor Weichmachern in diesem Jahr auf Sonnenschutz zu verzichten.

Was ist ein Metabolit?

Die Stoffe, die im menschlichen Urin nachgewiesen werden können, sind nicht die Weichmacher selbst. Das macht die Suche umso schwieriger. Es sind Abbauprodukte, die auf den verbotenen Stoff Di-n-hexyl-Phthalat hindeuteen. Dabei handelt es sich um Metabolit MnHexP.

Metabolite sind Substanzen, die bei Stoffwechselvorgängen im menschlichen Körper entstehen. Jedoch sagt Toxikologin Marike Kolossa vom Umweltbundesamt, dass sie auch diesen Metabolit eigentlich nicht hätten finden dürfen. Und das in einer Konzentration, die so hoch sei, dass eine Gesundheitsgefährdung nicht auszuschließen sei.

In Nordrhein-Westfalen hatten die Expertinnen und Experten aus dem Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz den Metabolit MnHexP auch in Urinproben von Kindern nachgewiesen. Die Konzentration bei Kindern habe sich demnach sogar verzehnfacht.

Die Experten gehen davon aus, dass es sich dabei nicht um ein regionales Problem handle. Es gäbe in ganz Deutschland deutlich erhöhte Werte. Weshalb uns das Thema wohl noch eine ganze Weile beschäftigen wird.

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