Gruppe von Fahrradmechanikern bespricht sich in der Werkstatt

Wissenstransfer in Unter-nehmen:
So geben Sie Wissen im Betrieb effektiv weiter

Wissensmanagement und Wissenstransfer – das klingt zunächst nach einem zähen, wenig praxisnahen Thema. Doch in Zeiten des Fachkräftemangels und hoher Mitarbeiterfluktuation ist Wissensmanagement im Handwerk aktueller denn je. Wir klären Sie über den Sinn und Zweck auf und geben Ihnen einfache Tipps, wie Sie Wissenstransfer in Ihrem Unternehmen praktisch umsetzen können.

Ein Blick in die Praxis zeigt: Im Handwerk sind die Erfahrenen, die langjährigen Mitarbeitenden, oft schon älter. Wenn so eine kompetente Fachkraft, ob Geselle, Meister oder gar Chef, länger erkrankt oder in Rente geht, entsteht eine Wissenslücke im Unternehmen. Damit die über Jahrzehnte angesammelten Informationen in solchen Fällen nicht mit der Meisterin oder dem Meister in Rente gehen, braucht es eine Methode, um deren Expertenwissen intern für den Betrieb zu bewahren: das Wissensmanagement.

Wissensmanagement: Wem nützt das?

Ob Bäckerei, Klempnerei oder Malerbetrieb – es war im Handwerk schon immer so, dass die erfahrenen Meisterinnen und Meister bei der Arbeit ihr Wissen an die Geselinnen und Gesellen weitergeben (Wissenstransfer) und sie befähigen, ihrerseits die Lehrlinge anzulernen. Doch das Handwerk hat Nachwuchssorgen. Auszubildende kommen nicht nach und die Älteren haben ihr Wissen seit jeher im Kopf. Sie schreiben selten etwas auf. Vielen von ihnen ist gar nicht bewusst, welchen Wissensschatz sie in sich tragen.

Das sind die Ziele von Wissensmanagement:

  • Analysieren, welche Art von Wissen im Unternehmen bereits vorhanden ist

  • Organisieren, dass dieses Wissen erhalten bleibt, wenn die Wissensträgerinnen und -träger das Unternehmen verlassen

  • Sicherstellen, dass das Firmenwissen kontinuierlich und systematisch erfasst, ergänzt, fortentwickelt, geteilt und allen im Unternehmen zugänglich gemacht wird (Wissenstransfer)

Die Vorteile des Wissensmanagements liegen auf der Hand: Wenn das Fach- und Erfahrungswissen der Mitarbeitenden intern erfasst und die Informationen gesammelt verfügbar gemacht werden, optimiert dieser Wissenstransfer mittelfristig viele Prozesse innerhalb des Unternehmens. Bei der Arbeit aufkommende Fragen erledigen sich mit dieser Methode zunehmend von selbst, weil Mitarbeitende genau wissen, wo die Antworten stehen und wer sich auskennt.

Je kleiner der Betrieb, desto mehr entlastet diese Methode auch die Chefin oder den Chef. Vor allem aber entfällt der Stress, den es bislang bedeutete, wenn neue Mitarbeitende kurz vor Ausscheiden eines erfahrenen Kollegen eingearbeitet werden und ihnen das Know-how von Vorgängerin oder Vorgänger "auf die Schnelle" vermittelt werden sollte.

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Wissensmanagement einführen: Die ersten Schritte

Um im Rahmen des Wissenstransfers das gesamte Wissen, die Erfahrung, das Gespür und Geschick eines erfahrenen Handwerkers verständlich und systematisch zu erfassen und intern in für Kolleginnen und Kollegen verständlichen Informationen festzuhalten, braucht es folgende Schritte:

  • Bedarfsanalyse: Welches Wissen ist im Unternehmen schon vorhanden?

    Zu Beginn des Prozesses ist es sinnvoll, eine für das Wissensmanagement verantwortliche Person im Unternehmen zu bestimmen (Wissensmanager), die die Organisation des Projekts übernimmt. Diese Person sollte eine entsprechende persönliche und fachliche Eignung für diese Art des Managements mitbringen: nicht zu jung und nicht zu alt, insbesondere aber ausgestattet mit Zeit, Geduld, Empathie und Motivation für diese Investition in die betriebliche Zukunft.

    Die Wissensmanagerin oder der Wissensmanager sollte zunächst den aktuellen Wissensstand der Mitarbeitenden im Unternehmen analysieren: Welche Art von Wissen ist bei wem vorhanden? Welches Wissen ist ergänzend noch wichtig für den Betrieb?

  • Strategie: Wie kann vorhandenes Wissen im Unternehmen erhalten und erweitert werden?

    Wenn der Ist-Zustand erkannt und der Bedarf analysiert wurde, geht es an die Planung und Organisation, wie der Wissenstransfer konkret funktionieren und das vorhandene Wissen gespeichert und erweitert werden soll.

Folgende Grundvoraussetzungen sichern einen erfolgreichen Wissenstransfer:

  • Kommunikation:

    Offene Kommunikation und regelmäßiger Austausch gehören zu den Grundlagen des Wissensmanagements. Offenheit setzt Bereitschaft zur Transparenz voraus. Sämtliches Wissen, alle Erfahrungen, Informationen, Prozesse, Arbeitsschritte, Vertretungsregeln, Absprachen usw. müssen offengelegt werden, damit der interne Wissenstransfer gelingt.

    Wenn Mitarbeitende das Unternehmen verlassen, führt die Wissensmanagerin oder der Wissensmanager vorher Gespräche mit ihnen. Diese Gespräche sollten so früh wie möglich stattfinden; optimalerweise Wochen oder gar Monate bevor erfahrene Mitarbeitende gehen. In dieser Zeit sollte bestenfalls die Nachfolgerin oder der Nachfolger schon bekannt sein und den Erfahrenen in seinen letzten Wochen im Unternehmen begleiten, um von ihm zu lernen.

  • Dokumentation:

    All die gesammelten Informationen, Arbeitsabläufe, Erkenntnisse aus Fortbildungen, Erfahrungen, Tipps und Tricks der Mitarbeitenden müssen systematisch erfasst und gespeichert werden. Dies geschieht bestenfalls strukturiert und übersichtlich in einer Art digitaler Wissensdatenbank. Bei kleineren Betrieben geht das auch einfacher, z. B. mit digitalen Akten, in denen die Unterlagen für die Kundschaft und Aufträge an einem zentralen Ort gespeichert und so allen Mitarbeitenden im Unternehmen zugänglich gemacht werden.

  • Weiterentwicklung:

    Für die Weiterentwicklung, den Ausbau und die kontinuierliche Ergänzung des vorhandenen Wissens ist es wichtig, alle Mitarbeitenden einzubeziehen, für das Thema und seine Vorteile zu sensibilisieren und, besonders wichtig: zu motivieren! Gegenseitiger Austausch unterstützt den Wissenstransfer, denn er erweitert nicht nur das individuelle Wissen, sondern stärkt auch den Zusammenhalt und das Wir-Gefühl als Team. In regelmäßigen Meetings sollten aktuelle Themen ebenso thematisiert werden, wie individuelle arbeitsbezogene Probleme.

    Besonders hilfreich beim Wissenstransfer sind auch altersgemischte Teams. Einerseits in Form des Mentorings, bei dem eine erfahrene Kollegin einem neuen Mitarbeitenden als Ansprechpartnerin dient, bei fachlichen Herausforderungen unterstützt, ihm aber auch beibringt, wie die Kolleginnen und Kollegen und Kundschaft so "ticken" und welche unausgesprochenen Regeln es gibt.

    Andererseits funktioniert diese Methode aber auch bei bereits länger im Unternehmen arbeitenden Kolleginnen und Kollegen, die – als sogenanntes Lerntandem – eine Zeitlang gemeinsam Aufgaben übernehmen und dabei voneinander lernen.

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Wissensmanagement im Alltag umsetzen

Im Rahmen der Umsetzung einer Wissensmanagement-Strategie ist es wichtig, zunächst die Einführung zu planen und die internen Prozesse entsprechend anzupassen. Ziel einer kontinuierlichen wissensmäßigen Weiterentwicklung ist, dass Wissensmanagement und Lernen irgendwann zum betrieblichen Alltag gehören.

Doch selbst, wenn das Wissensmanagement als Lösung einmal eingeführt ist, werden Methoden, Prozesse und Software einer regelmäßigen Anpassung bedürfen, z. B. weil das Unternehmen sich weiter digitalisiert oder der Betrieb rasant wächst und viele neue Mitarbeitende einstellt. Überwachung und Pflege der Wissensdatenbank sowie Organisation und Koordination des Wissensmanagements sind weiterhin Aufgabe der Wissensmanagerin oder des Wissensmanagers.

Wissensmanagement im Betrieb: Tipps der Expertin

  • Die Einführung eines Wissensmanagements ist eine Herausforderung für die Betriebe im Handwerk und nichts, was von heute auf morgen umgesetzt werden kann. Benita von Steinaecker, Beauftragte für Innovation und Technologie der Handwerkskammer Hannover, verrät wertvolle Tipps für die Umsetzung und den Umgang mit Vorurteilen:

  • Wissensprozesse einhalten

    Die Einführung eines Wissensmanagements ist ein guter Anlass, sich mit dem Thema Digitalisierung zu beschäftigen. Doch einige ältere Mitarbeitende, die ihr Handwerk noch komplett analog gelernt haben, mögen Digitalisierungsskeptiker sein.

    Doch Benita von Steinaecker beruhigt: "Wissensmanagement hat nicht in erster Linie mit dem Grad der Digitalisierung zu tun. Es geht darum, die Ressource ‚Wissen‘ im Betrieb sinnvoll zu nutzen. Die digitalen Tools sind bloße Werkzeuge. Wichtiger ist, dass die Wissensprozesse eingehalten werden."

  • Mitarbeitende in die Planung miteinbeziehen

    In vielen Köpfen herrscht die Befürchtung, dass die Einführung eines Wissensmanagements kompliziert und zeitaufwändig sei. Die Expertin rät: "Die Mitarbeitenden sollten bereits bei der Planung einbezogen werden. Nur Lösungen, die von den Beteiligten mit erprobt und eingeführt werden, haben die Chance, nachhaltig genutzt und gewinnbringend im Arbeitsalltag eingesetzt zu werden."

  • Informationsfluss optimieren

    Mit Blick auf den Fachkräftemangel noch ein weiteres Argument der Expertin für Wissensmanagement: "Mit einer guten Organisation von Wissen und Information im Betrieb sind Mitarbeitende zufriedener. Wenn jedoch ständig Informationen fehlen, Wissen zurückgehalten oder gar als Machtinstrument benutzt wird, kann das krank machen. Zumindest kann es für Mitarbeitende ein Grund sein, das Unternehmen zu verlassen."

  • Vorbild sein

    Ganz besonders betont Benita von Steinaecker die zentrale Rolle der Führung: "Vorbild sein! Wenn Sie als Führungskraft vorleben, wie Offenheit und Wissensaustausch ehrlich gelingen kann, vielleicht auch einen Vertrauensvorschuss geben, dann ziehen meist einige Mitarbeitende mit. Und dann, nach und nach, immer mehr. Doch leider ist das keine Garantie. Aber: Sogwirkung ist immer besser als Druck!"

     

Mit Empathie, Geduld und den hier genannten Mechanismen werden Sie Ihre Mitarbeitenden überzeugen. Als Team wird es Ihnen gelingen, ein Wissensmanagement erfolgreich einzuführen und so den Erfahrungsschatz – die Ressource Wissen – im Betrieb zu bewahren und auszubauen.

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