Das Flaggensymbol für Intersexualität gemalt auf eine Handfläche

Intersexualität – was bedeutet das eigentlich?

Männlich – weiblich – divers: In jeder Stellenanzeige wird es ausgeschrieben. Aber was genau bedeutet dieses „divers“? Neben den Kategorien männlich und weiblich gibt es noch weitere Formen körperlicher Geschlechtsvarianten, die nichts mit der sogenannten Geschlechtsidentität zu tun haben.

Was bedeutet Intersexualität?

Intersexualität ist ein medizinisches Syndrom, bei dem die körperlichen Geschlechtsmerkmale nicht rein männlich oder weiblich sind. Betroffene Menschen können also nicht eindeutig als männlich oder weiblich identifiziert werden. Dies bedeutet, dass die Geschlechtsmerkmale des Körpers nicht dem Phänotypus eines Geschlechts entsprechen.

Intersexuelle Menschen haben oft unterschiedliche Kombinationen von Geschlechtsmerkmalen, die sich in ihren Genitalien, ihren Chromosomen oder anderen Körpermerkmalen manifestieren können.

Diese Variationen der Geschlechtsmerkmale können in verschiedenen Lebensphasen sichtbar werden. Das kann vorgeburtlich, bei der Geburt oder später im Leben geschehen, wie etwa in der Pubertät sowie im Erwachsenenalter. Manche Menschen wissen gar nicht, dass sie intergeschlechtlich sind.

Seelische Gesundheit

Was macht einen Menschen aus? Unser Wesen liegt in der Psyche – denn hier sind Charaktereigenschaften, Gedanken und Gefühle verankert. Verlieren wir den Bezug zu unserem inneren Ich, gerät die Seele aus der Balance. Die Folge: Psychische Störungen entstehen und belasten Betroffene in ihrem Alltag.

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Was sind die medizinischen Hintergründe von Intersexualität?

Es gibt viele verschiedene Arten von Intersexualität, die sich in der Art und Weise unterscheiden, wie sie sich auf das Äußere des Körpers auswirken. Medizinisch spricht man von Störungen der Geschlechtsentwicklungen (DSD, Disorders of sexual developments). Intersexuelle Personen kritisieren jedoch den Begriff „Störungen“, deshalb ist auch von „Varianten der Geschlechtsentwicklungen“ die Rede.

Eine der häufigsten Formen von Intersexualität ist das Klinefelter-Syndrom, das deutschlandweit jährlich bei etwa ein bis zwei von 1.000 männlichen Neugeborenen auftritt und bei dem biologisch männliche Personen ein zusätzliches X-Chromosom besitzen. Zu den Symptomen gehören unter anderem eine Vergrößerung der Brustdrüsen, Hochwuchs oder eine geringere Körperbehaarung und andere typisch weibliche Merkmale.

Eine weitere Ursache ist das sogenannte Turner-Syndrom. Es tritt ausschließlich bei biologisch weiblichen Personen auf. Hier haben die Betroffenen nur ein funktionsfähiges X-Chromosom. Die Symptome umfassen hinsichtlich der geschlechtlichen Entwicklung unter anderem nicht funktionsfähige Eierstöcke. Deshalb können die Betroffenen keine Östrogene produzieren. In Folge verzögert sich die Pubertät und es werden keine sekundären Geschlechtsmerkmale gebildet, zudem besteht eine Unfruchtbarkeit.

Während Turner- und Klinefelter-Syndrom chromosomale Störungen zugrunde liegen haben, gibt es auch noch eine Reihe von weiteren hormonellen und genetischen Ursachen für Intersexualität: Dazu zählt etwa das Phänomen der Androgenresistenz, bei dem ein Mensch mit XY-Chromosomensatz zwar männliche Geschlechtshormone bildet, aber das Testosteron nicht an den sogenannten Androgenrezeptor binden kann. In ihrer vollständigen Form (CAIS) führt die Androgenresistenz dazu, dass keinerlei männliche Genitalien ausgebildet werden können.

Typischerweise wachsen betroffene Kinder als Mädchen auf, häufig wird eine richtige Diagnose erst mit Eintritt der Pubertät gestellt, wenn die geschlechtliche Entwicklung ausbleibt. Beim Adrenogenitalen Syndrom (AGS) wiederum kommt es bei Mädchen durch eine Störung in der Hormonproduktion der Nebennierenrinden zu einer Vermännlichung. 

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Wie bezeichnen sich intersexuelle Personen selbst?

Die Begriffe Zwitter oder Hermaphrodit werden üblicherweise als diskriminierend empfunden – von manchen Betroffenen aber wiederum als selbstermächtigende Bezeichnungen verwendet. Weitere Selbstbezeichnungen reichen von „intersexueller Mensch“ über „intergeschlechtliche Frau“, „intergeschlechtlicher Mann“, „intergeschlechtlich geborene Person“ bis zu „diverse Person“ oder „inter* Mensch“.

Wie häufig ist Intersexualität?

Exakte Zahlen existieren nicht, da Intersexualität ein weit gefächertes Spektrum umfasst, viele Betroffene über ihre Erfahrungen schweigen oder keine genaue Diagnose erhalten. So werden Schätzungen zufolge nur 25 Prozent aller Personen mit dem Klinefelter-Syndrom im Verlauf ihres Lebens diagnostiziert.

Hochrechnungen der Vereinten Nationen zufolge sind weltweit zwischen 0,05 und 1,7 Prozent der Weltbevölkerung betroffen. Für Deutschland werden Schätzungen genannt, die zwischen 150.000 bis 400.000 Menschen umfassen.

Welche Schwierigkeiten haben intersexuelle Menschen?

Intersexualität ist keine Krankheit oder Störung, sondern lediglich eine ungewöhnliche Kombination von Geschlechtsmerkmalen. Viele intersexuelle Menschen führen gesunde und erfüllte Leben. In den meisten Fällen ist keine Behandlung erforderlich, es sei denn, die betroffene Person möchte sich für kosmetische Zwecke operieren lassen oder einer hormonellen Therapie unterziehen.

Intersexuelle Personen sind in ihrem Alltag oft mit besonderen Herausforderungen und Schwierigkeiten konfrontiert. In einem binären, also entweder auf das männliche oder weibliche Geschlecht ausgelegten Gesellschafts- und Gesundheitssystem, kann es für sie schwierig sein, sich mit einem bestimmten Geschlecht zu identifizieren, oder sie haben Schwierigkeiten, in der Gesellschaft akzeptiert zu werden. In einigen Fällen sind intersexuelle Menschen auch mit Diskriminierung, Belästigung und anderen Formen der Misshandlung konfrontiert. Dies kann gerade für intersexuelle Kinder besonders schwierig sein, da sie möglicherweise nicht über die nötige Unterstützung verfügen, um diese Herausforderungen zu bewältigen.

Vorurteile und Diskriminierung machen krank

Die IKK classic unterstützt Menschen aktiv dabei, einen gesunden Lebensstil zu führen. Dazu gehört ein wertschätzender Umgang miteinander. Denn wer Diskriminierung erfährt, leidet häufiger an Krankheiten. 

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Historisch betrachtet wurden intergeschlechtliche Personen seit den 1950er Jahren auch im Europäischen Raum und seit den 1960er Jahren in Deutschland einem systematischen Behandlungsprogramm unterzogen, das bis hin zu geschlechtsangleichenden Operationen reichte. Diese Eingriffe geschahen im Kindes- oder Jugendalter ohne die Zustimmung und umfassende Aufklärung der Betroffenen selbst. Teilweise wurde bewusst verschwiegen, was mit ihrem Körper geschehen war. 

In der Medizin war die Annahme verbreitet, dass intergeschlechtliche Menschen Diskriminierungen erfahren und kein erfüllendes Leben führen könnten, wenn ihre Körper nicht über chirurgische und hormonelle Behandlungen an gesellschaftliche Normvorstellungen angepasst würden. Ein weiterer Grund war die Vorannahme, dass Eltern ein betroffenes Kind mit intergeschlechtlichem Erscheinungsbild nicht annehmen könnten.

Wie ist die rechtliche Situation von intersexuellen Menschen in Deutschland?

Die Tatsache, dass es nicht nur zwei Geschlechter gibt, ist in Deutschland inzwischen gesetzlich anerkannt. Seit 2018 kann neben männlich und weiblich auch der Geschlechtseintrag „divers“ gewählt werden. Das ist sowohl direkt nach der Geburt als auch noch später möglich.

2021 wurde in einem weiteren Gesetz der Schutz von Kindern vor geschlechtsverändernden operativen Eingriffen gestärkt. Demnach sind unter anderem:

  • Behandlungen von einwilligungsunfähigen Kindern verboten, wenn dies allein in der Absicht erfolgen soll, das körperliche Erscheinungsbild des Kindes an das des männlichen oder weiblichen Geschlechts anzugleichen.

  • Operative Eingriffe mit einer solchen Folge nur möglich, wenn sie nicht bis zu einer selbstbestimmten Entscheidung des Kindes aufgeschoben werden können.

In der Regel ist eine familiengerichtliche Genehmigung dieser operativen Eingriffe erforderlich, dabei wird das Kindeswohl geprüft und es kann in einem vereinfachten Verfahren entschieden werden, wenn eine interdisziplinäre Kommission den Eingriff befürwortet hat.

Was bedeutet non-binär?

Im Gegensatz zur Intersexualität hat die Nichtbinarität einer Person nichts mit deren biologischem Geschlecht oder Geschlechtsmerkmalen zu tun. Auch mit der sexuellen Orientierung eines Menschen hat der Begriff nichts zu tun.

Non-binär fasst als Sammelbegriff die geschlechtliche Identität von Menschen zusammen, die sich nicht ausschließlich als männlich oder weiblich identifizieren. Ihr soziales Geschlechtsempfinden entspricht also nicht einer zweigeteilten (binären) Geschlechterordnung.

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