Hautpflege im Handwerk: Wie intensiv sollte sie sein?

Redaktion
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Ob in der Kfz-Werkstatt, im Friseursalon oder auf dem Bau: Der Haut von Handwerkerinnen und Handwerkern wird täglich einiges abverlangt. Aber welche Pflegeprodukte sind für stark beanspruchte Haut geeignet und wieviel Hygiene ist überhaupt nötig? Die Dermatologin Dr. med. Yael Adler verrät, wie Sie Ihre Haut optimal reinigen und schützen.

Gipskartonplatten einbringen, Mörtel mischen, Wände verputzen – nach acht Stunden harter Arbeit auf der Baustelle, noch dazu in der Sommerhitze, zwischen Staub und Sand, sehnen sich Bauarbeitende nur noch nach einer wohltuenden Dusche. Den Dreck von Händen und Gesicht abwaschen, den Schweiß mit duftendem Schaum wegspülen, sich endlich wieder sauber und wohl fühlen.

Doch viele Menschen, die im Handwerk tätig sind, kommen täglich in Kontakt mit hautreizenden Substanzen oder beanspruchen ihre Hände derart, dass sie unter berufsbedingten Hautproblemen leiden. Deshalb ist eine besondere Sorgfalt bei der Reinigung und Pflege nötig.

  • Starke Beanspruchung fördert Hautprobleme

    „Durch die besondere Beanspruchung ist die natürliche Schutzbarriere der Haut oft geschwächt. Dann  können Allergene in tiefere Schichten der Oberhaut gelangen und dort Kontakt zum Immunsystem bekommen“, so die Berliner Dermatologin Dr. med. Yael Adler. Das reagiert dann mit Ausschlägen, Bläschen oder juckenden Stellen. Ausgelöst werden solche allergischen Reaktionen beispielsweise durch den Kontakt mit Metallen, Schmierstoffen, Ölen, Pflanzenstoffen, bestimmten Nahrungsmitteln, Duftstoffen oder Konservierungsstoffen.

    „So eine Kontaktallergie merkt sich der Körper und die bekommt man dann nicht mehr los. Bei jedem neuen Kontakt mit dem Allergen, blüht das Ekzem wieder auf“, erklärt Dr. Adler. Doch Handekzeme sind nicht die einzigen berufsbedingten Hauterkrankungen. Viele Menschen, die in handwerklichen Berufen tätig sind, haben auch mit Schwielen, Rissen, Nagelproblemen und trockener Haut zu kämpfen.

  • Reinigung und Pflege bei Hornhaut und Schwielen

    „Prinzipiell sind Schwielen ja sinnvoll, denn sie schützen die Haut dort, wo sie mechanisch besonders gefordert ist, vor Verletzungen. Sie können aber auch zu dick werden und dann drücken und einreißen“, so Dr. Adler. Überschüssiges Horn und Schwielen lassen sich gut mit Produkten mit Harnstoff oder Salicylsäure aufweichen und mit einem Bimsstein sanft entfernen.

    Damit diese Stellen nicht noch mehr austrocknen, empfiehlt die Medizinerin zur Reinigung von Händen und Körper seifenfreie Waschsubstanzen mit synthetischen Tensiden, sogenannte Syndets: „Achten Sie darauf, dass das Produkt keine Duft-, Farb- oder Konservierungsstoffe enthält und nicht schäumt. Produkte mit Zucker- und Kokostensiden, wie man sie im Bioladen bekommt, sind besonders mild und entfetten die Haut kaum.“

    Wichtig ist auch das Eincremen – und zwar nach jeder Handwäsche. „Eine reichhaltige Pflege mit Sheabutter wirkt beispielsweise wunderbar rückfettend“, sagt Dr. Adler. Das nussig duftende Pflanzenfett aus dem afrikanischen Karitébaum versorgt die Haut mit Vitamin A und E und enthält hautähnliche Lipide. Oder man nutzt reichhaltige Cremes und Salben gegen Neurodermitis aus der Apotheke oder spezielle Hautschutzcremes. 

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  • Kleine Wunden und Risse optimal pflegen

    Reißt eine verdickte Hautstelle ein, kann es sein, dass sich darunter bereits eine allergische Entzündung befindet. Auch eine Überwucherung mit krankmachenden Bakterien bis hin zur Infektion ist möglich. Hier hilft es, nachts eine reichhaltige Fettsalbe dick auf die Haut aufzutragen. „Baumwollhandschuhe anziehen oder eine atmungsaktive Folie darüberlegen, so kann die Creme schön in die Stelle reinschwitzen und tief in die Haut einziehen“, rät Dr. Adler.

    Für stark beanspruchte Handwerkerhaut bieten die Berufsgenossenschaften auch professionelle Protect- und Repair-Handcremes an: Tagsüber werden sie nach jeder Handwäsche aufgetragen, so werden Chemikalien abgehalten. Nachts reparieren sie die Haut, indem sie ihnen viel Fett und Feuchtigkeit spenden. Bei der ärztlichen Diagnose „berufsbedingtes Handekzem“ werden die Kosten von der Berufsgenossenschaft auch erstattet.

  • Starke Verschmutzungen mit seifenfreien Syndets reinigen

    Schmieröl, Staub, Dreck: Um sich abends wieder davon zu befreien und sauber zu fühlen, greifen viele Handwerkerinnen und Handwerker zu aggressiven Reinigungsmitteln. Keine gute Idee, findet Dr. Yael Adler: „Damit entfernt man nicht nur den Schmutz, sondern entzieht der Haut auch viel Feuchtigkeit und Fett. Hautschüppchen, die als Hornschicht eine Mauer bilden, werden abgetragen. Die Haut wird trocken, der Säureschutzmantel zerstört. Dann können Erreger wie Viruswarzen, Pilze und andere Bakterien eindringen.“ Wer viel im Freien arbeitet, sollte sicherheitshalber seinen Impfschutz gegen Tetanus überprüfen.

    Auch bei starker Verschmutzung sind seifenfreie Syndets also die erste Wahl. Noch besser: bei der Arbeit Schutzhandschuhe tragen. Diese gehören nicht umsonst in vielen Jobs zur Standardausrüstung. So kommt die Haut gar nicht erst mit Reizstoffen und Allergenen in Kontakt. 

Kostenübernahme Hautkrebsvorsorge

Die Hautkrebsfrüherkennung, das sogenannte Hautkrebs-Screening, gehört zu den wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen für Erwachsene und sollte – neben einem selbstständigen Haut-Check – regelmäßig bei einem Arzt durchgeführt werden.

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  • Kernseife – ein Allround-Talent?

    Ob als Schmierseifenbad oder klassisch zum Händewaschen: Kernseife galt lange Zeit als Zaubermittel gegen starke Verhornungen und unerwünschte Bakterien. „Heute wird sie nicht mehr empfohlen. Kernseife ist stark alkalisch, das heißt, sie macht den Säureschutzmantel der Haut erst einmal kaputt. Bis zu 8 Stunden dauert es, bis sich die Haut wieder auf ihre normalen pH 5 runtergesäuert hat. Und in dieser Zeit haben Krankheitserreger freie Bahn“, so die Dermatologin. Besser: seifenfreie Waschstücke verwenden, auf denen „ph-neutral“ oder „pH 5“ steht.

  • Wie oft sollte man duschen?

    Duschen muss sein, keine Frage. "Aber bitte nicht zu heiß und nicht zu lange", warnt Dr. Adler. Denn beides trockne die Haut aus. „Zweimal am Tag ist auch okay, aber dann nur mit Wasser.“ Ohnehin sollte Duschgel nur sparsam verwendet werden: „Die Haut braucht im Prinzip gar keine Seife. Lediglich an den schwitzigen Stellen, an denen man seine körpereigenen ätherischen Duftöle produziert, sollte man sich einseifen, etwa in den Achseln, den Leisten, der Pofalte und an den Füßen. Arme, Beine, Rücken und das Gesicht nur mit Wasser abwaschen“, so die Dermatologin. Natürlich ist Händewaschen wichtig: Nach der Toilette, dem Essen und wenn man von draußen nach Hause kommt.

  • Was können Handwerkerinnen und Handwerker bei Neurodermitis & Co. tun?

    Wer zu Neurodermitis oder Schuppenflechte neigt, sollte sich idealerweise schon im Vorfeld überlegen, einen Beruf zu wählen, der die Haut nicht so belastet. Doch manchmal blüht eine genetisch veranlagte Hauterkrankung auch erst im Laufe der Berufsjahre auf. In diesem Fall helfen Produkte, die speziell für Neurodermitis entwickelt wurden.

    Reicht das nicht aus, wird der Hautarzt eine Kortisonsalbe verschreiben oder ein anderes immunsystemunterdrückendes Produkt, etwa mit dem Wirkstoff Tacrolimos oder Pimecrolimus. „An Stellen, wo die Haut dicker ist, wie etwa an den Händen, darf es auch eine etwas stärkere Kortisonsalbe sein“, so Dr. Adler. „Fürs Gesicht und alle anderen Körperbereiche gibt es mittlerweile moderne Kortisoncremes, die die Haut nicht mehr dünn machen und nicht mehr in den Körper übergehen.“

    Manchmal helfen aber auch schon Pflegeprodukte aus der Natur: „Es gibt ayurvedische Cremes und Salben gegen Ekzeme mit rein pflanzlichen Inhaltsstoffen wie Kurkuma, Färberwurzel und Neem.“ Antibakterielle Substanzen, Schieferöl, Ballonrebe, Allantoin, Panthenol sind weitere bewährte heilende oder pflegende Inhaltsstoffe.  

Besondere Versorgungsformen für das Immunsystem

Das Immunsystem schützt den Organismus vor äußeren Eindringlingen und körperfremden Stoffen. Doch völlig fehlerfrei ist es nicht. Die IKK classic unterstützt Sie beispielsweise bei Typ-1-Diabetes oder Multipler Sklerose mit besonderen Versorgungsageboten.

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Die Haut von innen pflegen

Um den Immunschutz der Haut zu stärken, ist auch eine gesunde Ernährung von Bedeutung. Eine pflanzenbetonte Mischkost mit viel buntem Gemüse und Obst und vielen löslichen Ballaststoffen versorgt die Haut mit allen Mikro- und Makronährstoffen, die sie benötigt, und fördert eine gesunde Darmflora. Letztere ist wichtig, da bestimmte Darmbakterien die Haut dabei unterstützen, ihre Funktionen aufrecht zu erhalten und auch mal zur Ruhe zu kommen.

Wichtig für die Haut sind vor allem Vitamin D, Zink, Eisen, Selen, B-Vitamine inklusive Biotin, Eiweiß und Omega-3-Fettsäuren. Ist die Versorgung mit diesen Stoffen über die Nahrung nicht ausreichend, kann man zur Not auch ein Nahrungsergänzungsmittel nehmen. Ein letzter Tipp von Dr. Adler: „Lassen Sie beim Hausarzt Ihr Blut auf die Schilddrüsenwerte überprüfen und nachsehen, ob die Mikronährstoffe in Ordnung sind.“

 

 

Dr. med. Yael Adler ist Fachärztin für Haut- und Geschlechtskrankheiten, Venenheilkunde und Ernährungsmedizin. Einer breiteren Öffentlichkeit wurde sie u.a. durch ihren Podcast „Wir müssen reden, Frau Doktor!“ und als Autorin verschiedener Sachbücher bekannt. 2016 erschien der Spiegel-Nr.-1-Bestseller „Haut nah“, der bislang in mehr als 20 Sprachen übersetzt wurde.

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Veröffentlicht am 19.04.2022

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