Quereinstieg ins Handwerk: Chancen, Herausforderungen & Tipps

Redaktion
Sven von Thülen

Das Handwerk ist ein zentraler Pfeiler der deutschen Wirtschaft – und auf motivierte junge Talente angewiesen. Gleichzeitig denken viele Menschen über einen beruflichen Neuanfang nach. Ein Quereinstieg ins Handwerk kann die passende Chance sein. Wir zeigen, welche Möglichkeiten es gibt, welche Hürden zu meistern sind und wie der Einstieg gelingen kann.

Der Fachkräftemangel ist längst Realität. Allein in Deutschland kämpfen 86 % der Unternehmen um Nachwuchs. Gleichzeitig suchen zahlreiche Menschen nach einem beruflichen Neuanfang – sei es aus persönlichen Gründen, nach einer Phase der Arbeitslosigkeit oder weil sie sich neu orientieren möchten. Der Quereinstieg ins Handwerk bietet hier eine echte Win-win-Situation – sofern Betriebe und Bewerber gut vorbereitet sind.

„Ein Berufswechsel ist ein großer Schritt, bei dem Unsicherheiten völlig normal sind“, erklärt René Dreke, Pressesprecher der Bundesagentur für Arbeit. „Wir raten deshalb: Informieren Sie sich, probieren Sie aus und lassen Sie sich beraten. Viele Betriebe bieten Praktika oder kurze Arbeitserprobungen, die einen realistischen Einblick in den Arbeitsalltag ermöglichen. Unsere Beraterinnen und Berater unterstützen dabei, Stärken herauszuarbeiten und realistische Perspektiven zu entwickeln.“

Aber auch für Unternehmen bieten sich durch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger zahlreiche Vorteile.

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Quereinstieg im Handwerk: Eine Chance für Betriebe

Handwerksbetriebe profitieren vom frischen Blick und der Motivation von Quereinsteigerinnen und Quereinsteigern. Sie sind oft besonders engagiert, weil sie sich bewusst für den neuen Weg entschieden haben. Zudem können sie durch ihre bisherigen Erfahrungen andere Perspektiven einbringen – etwa im Kundenkontakt oder in der Nutzung digitaler Tools.

Wie findet man geeignete Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger?

Mit diesen Tipps finden Sie Fachkräfte, die für den Quereinstieg geeignet sind:

  • Offen kommunizieren: Weisen Sie in Stellenanzeigen darauf hin, dass auch Bewerber ohne klassische Ausbildung willkommen sind.

  • Netzwerke nutzen: Arbeitsagenturen, Jobbörsen und soziale Medien bieten Plattformen, um gezielt Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger anzusprechen.

  • Soziale Kontakte nutzen: Der Kontakt zu Bildungsträgern, Berufsschulen oder Umschulungsprogrammen kann den Zugang zu geeigneten Kandidatinnen und Kandidaten erleichtern.

  • Schnuppertage oder Praktika anbieten: Diese ermöglichen beiden Seiten, sich kennenzulernen. Häufig ist das der beste Weg, Potenziale zu erkennen.

So erleichtern Sie den Neueinstieg

Damit der Quereinstieg ins Handwerk gelingt, brauchen neue Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter klare Strukturen, Geduld und ein unterstützendes Umfeld. Eine gute Einarbeitung beugt Frust vor und schafft die Basis für langfristigen Erfolg. Diese Maßnahmen helfen dabei:

  • Mentoren benennen: Erfahrene Kolleginnen und Kollegen begleiten den Einstieg, stehen jederzeit für Fragen bereit und können Orientierung bieten.

  • Einarbeitungsplan erstellen: Ein schriftlicher Plan mit Lernzielen und Zeitrahmen lässt Fortschritte leichter erkennen und strukturiert den Lernprozess.

  • Verantwortung schrittweise übertragen: Vom Zuschauen über Mitmachen bis zur eigenständigen Arbeit – ein gestufter Einstieg fördert Sicherheit und Motivation.

  • Regelmäßiges Feedback geben: Rücksprachen helfen, Stärken und Lernfelder zu erkennen und gezielt zu fördern oder Schwächen zu benennen, an denen man gemeinsam arbeiten kann.

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Fachliche Lücken lassen sich durch interne Schulungen, externe Weiterbildungen oder die Zusammenarbeit mit Bildungsträgern ausgleichen. Ebenso wichtig ist die soziale Integration: Offenheit, Geduld und ein wertschätzender Umgang im Team erleichtern den Einstieg und bauen mögliche Berührungsängste ab.

So gelingt der Quereinstieg für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer

Viele Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger bringen wertvolle Kompetenzen aus anderen Berufsfeldern mit: Organisationstalent, Kundenorientierung oder technisches Verständnis – Fähigkeiten, die im Handwerk gefragt sind. Besonders für Menschen, die etwas „Handfestes“ suchen und gerne praktisch arbeiten, ist das Handwerk eine attraktive Alternative.

Quereinstieg ins Handwerk: Tipps für eine erfolgreiche Umschulung

„Ein erfolgreicher Quereinstieg, nicht nur ins Handwerk, setzt in erster Linie Motivation und Lernbereitschaft voraus. Da handwerkliche Berufe von praktischer Erfahrung leben, ist es wichtig, dass Quereinsteiger offen für neue Arbeitsweisen und kontinuierliche Weiterbildung sind“, betont René Dreke.

Das müssen Sie zur richtigen Vorbereitung wissen:

  • Eigenanalyse: Fragen Sie sich selbst: Was kann ich gut? Was möchte ich lernen? Welche handwerklichen Interessen habe ich schon jetzt?

  • Beratung: Die Agentur für Arbeit oder Handwerkskammern bieten kostenlose Beratungsgespräche – dort erfahren Sie auch mehr über Umschulungen und Förderungen.

  • Praktika oder Probearbeiten: Ein kurzes Praktikum hilft, einen realistischen Einblick in den Beruf zu bekommen und die eigenen Fähigkeiten zu testen.

  • Geeignete Umschulungen: Es gibt verschiedene Modelle – vom Vollzeitkurs bis zur berufsbegleitenden Ausbildung. Auch die Dauer variiert (meist 12–24 Monate).

  • Netzwerken: Kontakte in Betriebe oder zu anderen Auszubildenden helfen nicht nur bei der Jobsuche, sondern auch beim Einstieg in die Branche oder im Betrieb selbst.

„Teamfähigkeit und die Fähigkeit, sich auf wechselnde Arbeitsumgebungen einzustellen, sind neben handwerklichem Geschick für diesen Schritt sehr hilfreich. Wer diese Eigenschaften mitbringt, hat sehr gute Chancen, im Handwerk Fuß zu fassen“, so Dreke.

Herausforderungen beim Quereinstieg und wie Sie sie meistern

Herausforderungen gibt es auch im Quereinstieg. Vor allem im Handwerk gibt es typische Stolpersteine, die es zu meistern gilt:

  • Finanzielle Belastung: Umschulungen können anfangs mit Einkommenseinbußen verbunden sein. Hier helfen beispielsweise Förderprogramme.

  • Lernaufwand: Vor allem in Theoriephasen kann es anstrengend werden, wieder „die Schulbank zu drücken“. Tipp: Gemeinsam lernen, Lerngruppen nutzen, bei Problemen früh Hilfe holen.

  • Körperliche Umstellung: Viele handwerkliche Berufe erfordern körperliche Fitness. Wer vorher im Büro gearbeitet hat, sollte sich langsam an die neue Belastung gewöhnen. Damit Ihr Körper die Umstellung mitmacht, können leichte Sportübungen im Alltag helfen.

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Fördermöglichkeiten und Unterstützung

Niemand muss den Quereinstieg allein stemmen. Das betont auch René Dreke. Für Umschulungen und berufliche Neuorientierung gibt es verschiedene Förderprogramme – etwa von der Agentur für Arbeit, dem Jobcenter oder Rentenversicherungsträgern. Förderfähig sind zum Beispiel:

  • Umschulungskosten

  • Weiterbildungsmaßnahmen

  • Lohnkostenzuschüsse für Betriebe

Auch Krankenkassen, Berufsgenossenschaften oder Rentenversicherungen beraten Sie, wenn gesundheitliche Gründe einen Berufswechsel nötig machen. Ein frühzeitiges Gespräch kann hier Türen öffnen. Es gibt viele unterstützende Angebote:

  • Bildungsgutschein (Agentur für Arbeit): Übernimmt Kosten für Umschulung oder Weiterbildung.

  • Aufstiegs-BAföG: Unterstützung für Weiterbildung zum Meister oder Techniker.

  • Programm Weiterbildungsförderung Beschäftiger (früher: WeGebAU): Förderung von Weiterbildungen für Beschäftigte, auch in kleineren Betrieben.

  • Förderprogramme der Länder: Je nach Bundesland gibt es zusätzliche Hilfen für Erwachsene in der beruflichen Neuorientierung.

  • Berufseinstiegsbegleitung: In manchen Regionen gibt es Programme speziell für junge Erwachsene oder Menschen mit Migrationshintergrund.

„Wichtig ist, sich vorab bei der Agentur für Arbeit zu melden und sich beraten zu lassen. Dort werden individuelle Fördermöglichkeiten geprüft und die passenden Schritte eingeleitet“, sagt Dreke. „Unsere Beraterinnen und Berater unterstützen dabei, Stärken herauszuarbeiten und realistische Perspektiven zu entwickeln. Über unseren Arbeitgeber-Service kennen wir unsere Unternehmen und wissen, wer gegebenenfalls auch Quereinsteigerinnen und Quereinsteiger einstellt.“

Quereinstieg und Umschulung bieten Chancen für beide Seiten

Der Quereinstieg ins Handwerk ist eine echte Chance für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer und Betriebe. Mit Offenheit, guter Vorbereitung und gezielter Unterstützung wird aus einem Berufswechsel ein Gewinn für alle Beteiligten. Besonders in Zeiten des Fachkräftemangels lohnt es sich, neue Wege zu gehen. Ob direkt nach der Schule, nach ein paar Jahren im Job oder mit 40+: Der Einstieg ins Handwerk steht allen offen. Mit guter Planung, Unterstützung und echtem Interesse kann der Wechsel ein gelungener Neustart sein.

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Sven von Thülen

Veröffentlicht am 10.09.2025

Quellenangaben

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