Ein Glas Rotwein, geräucherter Schinken, ein Stück reifer Gouda – was für so manchen Genießer nach einem kulinarischen Fest klingen mag, führt bei einigen Menschen zu gesundheitlichen Problemen: Diese können von Juckreiz über Magen-Darm-Beschwerden, Asthma und Schwindel bis hin zu Herz-Kreislauf-Problemen oder Migräne reichen. Auf die Betroffenen wirkt sich Histaminintoleranz ähnlich aus wie eine Allergie und kann eine deutliche Einbuße an Lebensqualität bedeuten – vor allem durch selbst auferlegte Diäten nach Recherchen im Internet. Eine Ernährungsberatung zur Diagnose und Therapie ist darum unerlässlich.
Histaminintoleranz: Symptome erkennen und richtig ernähren
Unklare Beschwerden nach dem Essen sind für viele ein Rätsel. Oft zeigt erst eine genauere Betrachtung: Hinter Kopfschmerzen, Magenproblemen oder Schwindel kann eine Histaminintoleranz stecken. Wir zeigen, wie man die Diagnose angeht, welche Ernährung hilft und wie mit histaminarmen Rezepten Vielfalt und Genuss ohne Beschwerden möglich bleiben.
- Was ist eine Histaminintoleranz?
- Wie häufig ist Histaminintoleranz wirklich?
- Diagnose und Behandlung der Histaminintoleranz
- Risiken einer Selbstdiagnose
- Histaminarme Ernährung: Was essen, was eher meiden?
- Histaminarme Rezepte: Genussvoll essen trotz Histaminintoleranz
- Histaminintoleranz im Job: Das können Sie am Arbeitsplatz tun
- FAQ
Eine Histaminunverträglichkeit kann genetische Ursachen haben, aber durch Medikamente, Alkohol oder andere biogenen Amine ausgelöst werden.
Wie häufig ist Histaminintoleranz wirklich?
Über die Zahl der tatsächlich Betroffenen gibt es nur Schätzungen. Das Institut für Mikroökologie (IFM) geht davon aus, dass rund ein Prozent der Menschen in Deutschland eine Histaminunverträglichkeit haben – davon überwiegend Frauen über 40 Jahren.
Doch die Diagnose ist schwierig. Denn wissenschaftliche Erklärungen, wie die Symptome zustande kommen, gibt es kaum. Hinzu kommt die Vielfältigkeit der Symptome, die bisweilen unspezifisch sind. Damit kommen als Ursache der Beschwerden oft auch andere, unentdeckte Erkrankungen infrage. Erschwerend kommt hinzu: Proben aus Urin, Stuhl und Blut, die auf den Histaminspiegel überprüft werden, sind laut Dipl.oec. troph. Sonja Lämmel, Ernährungsexpertin beim Deutschen Allergie- und Asthmabund, nicht aussagekräftig: „Diese Tests sind nicht zur Diagnose geeignet und können eine Histaminintoleranz weder belegen noch ausschließen.“
Diagnose und Behandlung der Histaminintoleranz
In einem ersten Schritt wird ärztlich abgeklärt, um welche Symptome es geht und welche anderen Erkrankungen dahinterstecken könnten. Sind diese ausgeschlossen und Ihre Ärztin oder Ihr Arzt vermutet ebenfalls eine Histaminintoleranz, erhalten Sie eine entsprechende Empfehlung für eine Ernährungsberatung.
In dieser leiten Ernährungstherapeutinnen und -therapeuten durch eine Diät, bei der alle stark belasteten Lebensmittel für kurze Zeit weggelassen werden. Unterstützen kann dabei ein Ernährungstagebuch, so Lämmel. Gehen die Beschwerden dann zurück, wird die Nahrungsmittelauswahl nach und nach erweitert und so getestet, wieviel Histamin Betroffene vertragen.
Das Ziel dieser Behandlung ist es, sich nicht dauerhaft stark einschränken zu müssen, damit es nicht zu einem Nährstoffmangel oder einer Essstörung kommt. Denn das kann gefährlich werden.
Histaminarme Ernährung: Was essen, was eher meiden?
Je mehr Histamin über die Nahrung aufgenommen wird, desto stärker treten normalerweise auch die Beschwerden auf. Besonders histaminreich sind Lebensmittel, die durch Reifung, Fermentation, Lagerung oder Verarbeitung (auch Pökeln, Einlegen und Räuchern) haltbar gemacht werden. Dazu gehören diverse Wurstorten (z. B. Salami), Sojasauce, reifer Käse (Camembert oder Schimmelkäse), oder Sauerkraut. Ebenso weist Wein – besonders Rotwein – und Bier einen hohen Histamingehalt auf und sollte bei einer Unverträglichkeit gemieden werden.
Wie viel Histamin in einem Nahrungsmittel steckt, hängt vom Frischegrad des Lebensmittels ab. Ein „junger“ Gouda kann unbedenklich sein, ein „mittelalter“ Gouda schon Beschwerden verursachen. Das macht es schwierig, Histamin konsequent zu umgehen – und es ist auch nicht notwendig. Die Frage ist eher, wann es zu viel Histamin wird.
Zu den gut verträglichen Lebensmitteln bei Histaminintoleranz zählen unter anderem:
Eine vollständige „Heilung“ ist bei einer Histaminunverträglichkeit nicht möglich. Umso wichtiger ist eine angepasste Ernährung, um die Symptome zu lindern. In der Tabelle des Instituts für Ernährungsmedizin sind geeignete und ungeeignete Lebensmittel bei Histaminintoleranz genau aufgeführt. Da Betroffene sehr unterschiedlich reagieren, sollten sie individuell ausprobieren, wo ihre Grenzen liegen und welche Lebensmittel sie gut vertragen – am besten unter professioneller Anleitung während einer Ernährungstherapie.
Histaminarme Rezepte: Genussvoll essen trotz Histaminintoleranz
Eine histaminarme Ernährung erfordert im Alltag etwas Planung, lässt sich aber mit den richtigen Ideen genussvoll und ausgewogen umsetzen. Prinzipiell sollte bei einer Ernährung mit wenigen Histaminen mehrheitlich frisches Obst und Gemüse verzehrt werden.
Zum Frühstück eignet sich ein Müsli mit Quark oder Joghurt, getoppt mit frischen Früchten. Wer lieber Brot am Morgen isst, sollte auf Hefebrote verzichten. Beim Gärungsprozess entstehen hier Histamine. Alternativen sind Sauerteig, Schwarzbrot und Pumpernickel oder Knäckebrot. Besonders zu empfehlen sind Backwaren aus Urgetreidesorten wie Ur-Dinkel, Emmer, Einkorn und Ur-Roggen.
Für das Abendessen können verschiedene frische Gemüse-, Fleisch- oder Fischsorten in der Regel beschwerdefrei verzehrt werden. Dazu können Nudeln, Reis und andere Getreideprodukte, wie Hirse, Grieß, Quinoa, Hafer (am besten Glutenfrei) oder Mais gegessen werden. Hülsenfrüchte, wie Soja oder Kichererbsen, sollten hingegen gemieden werden – sie enthalten mehr Histamin.
Getränke wie Wasser, Kaffee sowie milde Tees und Säfte aus nicht histaminreichen Obstsorten gelten grundsätzlich bei Histaminintoleranz als unbedenklich. Weniger gut vertragen werden hingegen schwarzer und grüner Tee sowie Brennnesseltee, da sie einen höheren Histamingehalt aufweisen und bei empfindlichen Menschen häufiger Beschwerden auslösen können.
Die folgenden Rezepte für eine histaminarme Ernährung zeigen, wie abwechslungsreich und alltagstauglich eine bewusste Ernährung trotz Unverträglichkeit sein kann.
Frühstück: Mildes Porridge mit Apfel & Mandeln
Zutaten:
40 g Haferflocken
200 ml Reismilch oder Wasser
½ Apfel
10 g Mandeln
1 Prise Zimt (optional)
So einfach geht’s:
Haferflocken mit der Flüssigkeit aufkochen und kurz quellen lassen. Die fertige Haferflockenmasse kann durch Zimt aromatisiert werden. Apfel fein raspeln und unterheben. Mit gehackten Mandeln toppen und warm genießen.
Mittagessen: Hähnchen-Reis-Bowl mit Brokkoli & Karotten
Zutaten:
150 g Hähnchenbrust
60 g Reis (roh)
100 g Brokkoli
80 g Karotten
1 TL Olivenöl
Salz
So einfach geht’s:
Reis nach Packungsanleitung kochen. Brokkoli und Karotten dünsten. Hähnchenbrust in Olivenöl oder bei 200°C im Ofen braten bis sie durch ist und salzen. Alles in einer Schüssel anrichten und frisch servieren.
Abendessen: Kartoffel-Zucchini-Pfanne mit Frischkäse-Topping
Zutaten:
250 g festkochende Kartoffeln
150 g Zucchini
1 kleine Schalotte
1 TL Butter oder Olivenöl
Salz
80 g Frischkäse (mild)
Frische Kräuter (z. B. Schnittlauch)
So einfach geht’s:
Kartoffeln in Scheiben schneiden und in Wasser vorgaren. Zucchini schneiden, Schalotte fein würfeln und alles in Butter oder Olivenöl goldbraun anbraten. Salzen, mit Frischkäse cremig verfeinern und mit frischen Kräutern servieren.
Histaminintoleranz im Job: Das können Sie am Arbeitsplatz tun
Bei Histaminintoleranz helfen im Arbeitsalltag vor allem eine gute Vorbereitung, klare Kommunikation und Stressreduktion. Teilen Sie Vorgesetzten sowie direkten Kolleginnen und Kollegen frühzeitig mit, dass Sie bestimmte Speisen oder Restekost nicht vertragen. So lassen sich Missverständnisse bei Teamessen oder Kantinenbesuchen vermeiden. Durch bestimmte Gewohnheiten und eine klare Struktur können Sie Ihre Beschwerden am Arbeitsplatz deutlich verringern:
Auch Stress kann die Symptome einer Histaminunverträglichkeit verschlimmern. Ausreichender Schlaf, regelmäßige Pausen und kurze Entspannungsübungen wie tiefes Atmen, ein kurzer Spaziergang oder Dehnübungen helfen, das Nervensystem zu beruhigen, die Beschwerden indirekt zu lindern und den Arbeitsalltag entspannter zu gestalten.
FAQ
Wie lange dauert eine Histaminintoleranz?
Eine Histaminunverträglichkeit lässt sich leider nicht vollständig heilen und bleibt in der Regel dauerhaft bestehen. Lediglich die Symptome können durch eine angepasste Ernährung mit wenig Histaminen und ein effektives Stressmanagement gelindert werden.
Wie teste ich Histaminintoleranz?
Einen eindeutigen Test auf Histaminintoleranz gibt es nicht. Die Diagnose wird in der Regel von einer Medizinerin oder einem Mediziner gestellt und erfolgt durch eine ausführliche Untersuchung. Dies geschieht meist durch eine Kombination aus Ausschlussdiagnostik, einer Ernährungsumstellung sowie einer Behandlung der Symptome.
Was tun bei einer Histaminintoleranz?
Bei Verdacht auf eine Histaminunverträglichkeit sollte zuerst die Ernährung angepasst werden. Auf lange gelagerte oder haltbar gemachte Lebensmittel wie Sauerkraut, Pökelwurst oder Schimmelkäse sollte verzichtet werden. Wenn die Beschwerden trotz einer histaminarmen Diät mit frischen Lebensmitteln anhalten, sollte eine Ärztin oder ein Arzt aufgesucht werden. So können auch andere Ursachen für die gesundheitlichen Beschwerden ausgeschlossen werden.
Quellenangaben
- mri.tum.de: Tabelle zu Lebensmittel mit niedrigem bzw. hohem Histamingehalt
- ifm-herborn.de: Betroffene in Deutschland