Obwohl die Krankheit inzwischen gut erforscht ist, gilt sie immer noch als rätselhaft. Betroffene Frauen müssen daher lange auf Diagnose und Behandlung warten. Das ist besonders fatal, wenn ein Kinderwunsch besteht. Denn die Krankheit beeinflusst Fruchtbarkeit und Schwangerschaftsverlauf. Kein Wunder, dass das Thema auch auf unserem Facebook-Kanal großes Interesse ausgelöst hat. Passend zum „Tag der Endometriose“ am 29. September beantworten wir die wichtigsten Fragen.
Schwangerschaft trotz Endometriose: Was ist zu beachten?
Viele Frauen mit Endometriose befürchten, dass sich ihr Kinderwunsch nie erfüllen wird. Dabei hängt der Einfluss der Krankheit von vielen Faktoren ab und es gibt auch medizinische Unterstützung, um schwanger zu werden. Zusammen mit der Expertin Prof. Sylvia Mechsner erklären wir, was genau Endometriose ist und was sie für die Schwangerschaft bedeutet.
- Was ist Endometriose?
- Wie viele Frauen sind von Endometriose betroffen?
- Was sind die Symptome einer Endometriose?
- Führt Endometriose zu Unfruchtbarkeit?
- Wie kann man mit Endometriose schwanger werden?
- Wie verhält sich Endometriose in der Schwangerschaft?
- Führt Endometriose zu Risikoschwangerschaften?
- Wann ist eine Operation bei Endometriose sinnvoll?
- Welche Auswirkung hat Endometriose auf die psychische Gesundheit?
Was ist Endometriose?
Es ist eine gutartige, aber chronische Erkrankung, bei der Gewebe außerhalb der Gebärmutterhöhle wächst, das jenem ähnlich ist, das die Gebärmutter auskleidet (Endometrium). Dieses Gewebe, das als Endometrioseherd bezeichnet wird, wächst häufig in anderen Beckenorganen wie den Eierstöcken, den Eileitern, dem Bauchfell oder dem Darm. In seltenen Fällen kann es auch an weiter entfernten Stellen im Körper wachsen.
Das Ausmaß der Erkrankung wird in die Schweregrade 1-4 eingeteilt. Die Ursachen sind noch nicht vollständig geklärt. Vermutet wird unter anderem eine genetische Komponente, da die Krankheit in manchen Familien gehäuft auftritt.
Wie viele Frauen sind von Endometriose betroffen?
Die genaue Zahl ist nicht bekannt. Schätzungen gehen jedoch von zwei Millionen bestehenden Fällen und 40.000 Neuerkrankungen pro Jahr in Deutschland aus. Da aber viele Frauen nie eine eindeutige Diagnose erhalten, dürfte die Dunkelziffer noch viel höher liegen. An mangelnder Forschung liegt es aber nicht.
„Eines der Hauptprobleme bei der Diagnose ist die begrenzte Zeit, die Gynäkologen in der Sprechstunde zur Verfügung steht“, erklärt Prof. Sylvia Mechsner, Leiterin des Endometriosezentrums der Charité in Berlin. „Um eine Endometriose richtig zu diagnostizieren, sind ausführliche Gespräche und eine gründliche Anamnese notwendig. Es ist eine Kombination aus Zeitmangel und daraus resultierender mangelnder Erfahrung.“ An der Charité wird deshalb an einem Screening-Programm für junge Frauen gearbeitet.
Häufig werden diese Beschwerden als gewöhnliche Periodenleiden abgetan. Doch Prof. Mechsner erklärt: „Es ist nicht normal, dass man während der Periode im Bett liegen muss und Ibuprofen nicht mehr hilft.“ Betroffenen rät sie dazu, beim Arzt stark zu bleiben und auf einer gründlichen Untersuchung zu bestehen. Die Gynäkologin gibt in ihrem Patientenratgeber („In der Sprechstunde: Endometriose“) dazu hilfreiche Tipps.
Führt Endometriose zu Unfruchtbarkeit?
Betroffene Frauen leiden in der Tat überdurchschnittlich oft unter Unfruchtbarkeit, aber viele werden trotzdem auf natürlichem Wege schwanger. Vor allem durch gezielten Geschlechtsverkehr können die Chancen auf eine natürliche Schwangerschaft deutlich gesteigert werden. Aber: Zyklusstörungen, wie Zyklen ohne Eisprung oder eine Gelbkörperschwäche, kommen bei Endometriose-Patientinnen häufiger vor und können zu Unfruchtbarkeit führen. Befinden sich im Eileiter Endometrioseherde, kann das zu seiner Verstopfung führen. Das Ei kann nicht transportiert und befruchtet werden. Ähnlich sieht es bei Endometrioseherden im Eierstock aus.
Gleichzeitig können die durch die Endometriose verursachten Entzündungen die natürlichen chemischen Prozesse stören und eine Schwangerschaft verhindern. Wächst Gewebe der Gebärmutterschleimhaut in die Gebärmutterwand ein, spricht man von einer Adenomyose. In diesem Fall ist die Fruchtbarkeit weiter eingeschränkt, eine Schwangerschaft aber nicht unmöglich.
Wie kann man mit Endometriose schwanger werden?
Prof. Mechsner erklärt, dass es von Fall zu Fall unterschiedlich ist: „Es hängt stark vom Stadium und vor allem vom Alter der Patientin ab. Wenn man ab 35 sowieso schon weniger Eizellen und eine schlechtere Eizellenqualität hat und dann noch Endometriose dazu kommt, dann macht das sehr viel aus. In jüngeren Jahren ist das noch anders.“
Bei einer Endometriose-Erkrankung stehen vor dem 30. Lebensjahr die Chancen, schwanger zu werden, noch deutlich höher als bei nicht erkrankten Frauen. „Umso fataler ist es, wenn eine Patientin mit Kinderwunsch jahrelang auf ihre Diagnose warten muss“, so Prof. Mechsner.
Wie verhält sich Endometriose in der Schwangerschaft?
Die Ausbreitung der Endometriose ist östrogenabhängig. Während der Schwangerschaft überwiegt die Progesteronproduktion, sodass die Ausbreitung gehemmt werden kann, sich in bis zu 50 Prozent der Fälle zurückbildet oder sogar ganz verschwindet.
Es kann aber auch genau das Gegenteil der Fall sein. Bei bestehenden Endometrioseherden kann es zu einer verstärkten Vaskularisation (Neubildung von Blutgefäßen) kommen. In bis zu 40 Prozent der Fälle wachsen die Gewebeansammlungen dadurch während der Schwangerschaft.
„Das hängt vor allem mit dem Zustand der Gebärmutter zusammen“, erklärt Prof. Mechsner. Beim Stadium der Adenomyose sind die Risiken besonders erhöht. Die Endometriose-Expertin beruhigt: „Es sind aber alles keine Dinge, die man nicht gut überwachen und behandeln kann. Wir würden uns trotzdem wünschen, dass Endometriose-Patientinnen als Risikoschwangerschaften eingestuft werden und daran arbeiten wir gerade.“
Wann ist eine Operation bei Endometriose sinnvoll?
So unterschiedlich die Symptome, so vielfältig sind die Therapieansätze, auch wenn die Krankheit an sich nicht heilbar ist. Eine zielgerichtete hormonelle Therapie kann helfen. Aber auch Physiotherapie, Entspannungsübungen wie Yoga, eine entzündungshemmende Ernährung oder Osteopathie können sinnvoll sein.
Die operative Entfernung der Gewebewucherungen wird in der Regel dann empfohlen, wenn die Beschwerden durch Medikamente nicht ausreichend gebessert werden können, wenn sie die Funktion von Organen beeinträchtigen oder wenn ein Kinderwunsch besteht.
Leider ist das Risiko eines Wiederauftretens der Endometriose nach der Operation recht hoch. Bei Bauchfellherden liegt das Rückfallrisiko bei zehn Prozent, bei Zysten an den Eierstöcken bei 30 bis 40 Prozent. Eine Gebärmutterentfernung (Hysterektomie) wird von Ärzten in der Regel nur dann in Erwägung gezogen, wenn das Leben der Betroffenen sehr stark eingeschränkt ist, andere Therapien versagt haben und die Betroffene nicht mehr im gebärfähigen Alter ist.
Welche Auswirkung hat Endometriose auf die psychische Gesundheit?
Es ist meist nicht die Krankheit selbst, die großen Einfluss auf die Psyche der Betroffenen hat. Obwohl die Auswirkung chronischer Schmerzen natürlich nicht unterschätzt werden darf. Meist ist es jedoch der lange Weg zur Diagnose, der sich negativ auf die psychische Gesundheit auswirkt.
„Es fehlt den Ärzten an Verständnis“, sagt Prof. Mechsner. „Diese Betroffenen haben den Verdacht auf Endometriose selbst bei ihrem Gynäkologen angesprochen und hören dann Sätze wie: ‚Das kann nicht sein, Sie sind zu jung!‘ oder ‚Da ist aber nichts!‘.“
Hinzu kommt, dass Beschwerden bei Frauen schnell als „Nervenleiden“ abgetan werden. Prof. Mechsner: „Bei Frauen gibt es eine Leitlinie, die heißt: ‚Der psychosomatische Unterbauchschmerz der Frau‘. Für Männer gibt es so etwas nicht. Da werden die Schmerzen nie als psychosomatisch eingestuft. Diese veraltete Sichtweise hat sich auch in der modernen Medizin gehalten.“
Die Folge: Die Frauen leiden jahrelang unter chronischen Schmerzen, die sich in ihr Schmerzgedächtnis eingebrannt haben. Zudem wird ihr Leiden als Einbildung oder gar „Hysterie“ abgetan.