Im Jahr 2023 gab es, laut Statista, in der deutschsprachigen Bevölkerung im Alter ab 14 Jahren rund 3,26 Millionen Personen, die in ihrer Freizeit häufig Yoga praktizierten. Passend zur Sportart gibt es mittlerweile unterschiedlichste Matten, Kissen, schicke Kleidung, trendige Studios, Bücher, Reiseangebote und auch noch Tee – die Yoga-Branche ist ein florierender Markt. Alles nur Geldmacherei oder ist Yoga wirklich so gesund? Wir haben mit zwei Expertinnen gesprochen, die uns zu einem tieferen Einblick verhelfen und mit Mythen aufräumen.
Wie gesund ist Yoga wirklich?
Yoga ist mittlerweile auch in Deutschland weit verbreitet: In Studios, Parks oder zuhause rollen Menschen ihre Matten aus und atmen zum ‚Sonnengruß‘ tief ein und aus. Doch wie gut tut der Trendsport wirklich? Wie wirkt Yoga auf Körper und Psyche? Können Schmerzen gelindert werden und welche Yoga-Arten sind empfehlenswert, gerade für Anfänger? Wir haben die Antworten darauf.
Welche Auswirkungen hat Yoga auf Körper und Geist?
Marina Feurer hat dies auf ihrer ganz persönlichen Reise erfahren: „Vor zehn Jahren habe ich mit Yoga begonnen. Zunächst aus Fitnessgründen, denn ich suchte als Ausgleich zwischen meinen sehr fordernden Trainingseinheiten eine ruhigere Sportart. Schon bald habe ich gemerkt, dass Yoga meinen Körper auf sanfte Weise stärkt, mir aber vor allem einen Zugang zu mir selbst ermöglicht. Es hilft mir, Dinge zu verarbeiten und meine Gedanken zu beruhigen.“ Die Begeisterung ging so weit, dass Marina Feurer heute sogar selbst als Yogalehrerin tätig ist und unter anderem Kurse für Menschen mit Kinderwunsch oder für Sterneneltern anbietet.
Auch Yoga-Expertin Samira Ben Hamouda betont die ganzheitliche Wirkung: „Ziel im Yoga ist es, die Beruhigung des Geistes zu üben, dass der Körper dabei geschmeidig und gestärkt wird, ist sozusagen ein willkommenes Beiprodukt.“ Die zweifache Mutter arbeitete früher in der Medienbranche, entdeckte dann die beruhigende Wirkung von Yoga auf das Nervensystem. Sie entschied sich zu einer Ausbildung bei den großen Lehrmeistern in New York und ist heute unter anderem Yogalehrerin und Veranstalterin des „Wannda Circus Yoga Festivals“ in München.
Wie verändert sich der Körper durch Yoga?
Es gibt mittlerweile unzählige verschiedene Yoga-Stile. Am bekanntesten sind bei uns das klassische Hatha Yoga oder Vinyasa. Beide Formen sind dynamisch, die Übungen werden fließend ausgeführt. Dabei nehmen Praktizierende bestimmte vorgegebene Haltungen, auch Asana genannt, ein. Das sieht einfacher aus, als es ist, und kann ganz schön schweißtreibend sein. „Yoga kräftigt den Körper und hält ihn beweglich. Es ist ein idealer Ausgleich für Menschen, die viel am Schreibtisch arbeiten oder die aus beruflichen Gründen eine einseitige Belastung haben“, fasst Marina Feurer zusammen.
Am wichtigsten ist jedoch, dass bei jeder Übung stets durch die Nase tief und gleichmäßig ein- und ausgeatmet wird. „Im Yoga sind wir sehr auf den Atem konzentriert. Erst die Kombination von bewusster Atmung und Bewegung bringt den tiefgreifenden Effekt“, so Marina Feurer.
Kleine Yoga-Übungen für den Alltag
Einfach gesund – Yogalehrerin Samira Ben Hamouda gibt Tipps, wie Sie ein paar kleine Übungen täglich ohne großen Aufwand praktizieren können:
„Um Yoga in den Alltag zu integrieren, muss niemand zwangsläufig täglich an einer Yoga-Stunde teilnehmen. Oft reichen bereits 10 Minuten am Morgen, um ein besseres Körpergefühl zu bekommen. Gerade morgens sind wir oft noch steif und ungelenk. Bevor wir uns und unser Nervensystem gleich mit Kaffee pushen – lieber mal mit einem wärmenden Ingwer-Tee und einer kleinen Abfolge für gute 10 Atemzüge starten:
Danach schmeckt der Kaffee gleich viel besser. Bereits eine kleine, gesunde Morgenroutine wie diese, kann den Tag auf positive Weise verändern.“
Herabschauender Hund (Adho Mukha Svanasana)
Diese Haltung (Asana) ist eine der wichtigsten Übungen für die gesamte Körperrückseite und damit ein zentrales Element vieler Yoga-Richtungen. Sie zählt zu den sogenannten Umkehrhaltungen. Vom Vierfüßlerstand aus (die Hände sind unter den Schultern aufgestellt, die Knie unter den Hüften, beide in hüftbreiter Position) können sich Übende vorsichtig und gleichzeitig kraftvoll in die Position eines umgekehrten V begeben. Die Hände sind gespreizt auf der Matte, die Fersen arbeiten sanft Richtung Boden. Anfänger können die Knie leicht beugen, denn der Fokus der Übung liegt auf der Streckung des Rumpfes. Die Position für einige tiefe und gleichmäßige Atemzüge halten.
Stehende Vorbeuge (Uttanasana)
Diese Yoga-Übung hat schon kurzfristig viele positive Wirkungen, unter anderem Stressabbau, die Dehnung von Rücken und Beinrückseiten sowie die Linderung von Bauchschmerzen. Im Stehen einatmen und beim Ausatmen langsam Wirbel für Wirbel nach unten rollen. Anfänger können die Knie leicht gebeugt lassen. Den Kopf entspannt hängen lassen, auch Kiefer und Zunge bleiben locker. Die Hände können, je nach persönlicher Dehnung, an den Beinen oder am Boden abgelegt werden. Auch diese Asana für mehrere Atemzüge halten, dabei bei jeder Ausatmung ein Stück mehr loslassen und tiefer in die Dehnung gehen.
Tiefe Hocke (Malasana)
Auch bekannt als Yogi Squat oder Garland Pose (Girlandenhaltung): Sie dehnt die Fußgelenke, Waden, den unteren Rücken und die Brustmuskeln. Außerdem stärkt sie die Flexibilität der Leisten und Kniegelenke, bringt den Stoffwechsel in Schwung und fördert die Beckenmobilität. Im Stehen starten und die Füße mattenbreit aufstellen, die Zehen zeigen dabei leicht nach außen. Nun die Knie beugen und in die tiefe Hocke gehen, das Gesäß sinkt dabei Richtung Boden. Beim Hinhocken darauf achten, dass die Zehen in die gleiche Richtung gehen, wie die Kniescheiben. Wer mit den Fußsohlen nicht auf dem Boden bleiben kann, zieht die Fersen leicht an oder legt eine eingerollte Yogamatte unter. Bei Knieproblemen vorab eine Ärztin oder einen Arzt fragen. Nun die Hände vor der Brust halten und die Ellenbogen gegen die Innenseiten der Oberschenkel schieben. Das hilft dabei, Oberkörper und Kopf nach oben zu strecken und die Position für mehrere tiefe Atemzüge zu halten.
Wer noch weitere Impulse haben möchte, kann mit diesen 4 Yoga-Apps kostenlos trainieren:
Daily Yoga
Die Fitness-App gibt es für iOS und Android. Bei der kostenlosen Version wird Werbung eingeblendet, für die Premiumversion ist ein monatlicher Beitrag fällig.
Simply Yoga
Auf dieser App können ebenfalls mehrere Yoga-Videos kostenlos angesehen werden.
Keep Yoga ist für Android und iOS erhältlich und bietet Yoga und Meditationen an.
Yoga Vidya auch auf dieser App gibt es kostenlose Yoga- und Meditationsvideos.
Yoga für Anfänger – welcher Yoga-Stil passt zu mir?
Bei all den verschiedenen Yoga-Stilen, die inzwischen angeboten werden, kann man schnell den Überblick verlieren. „Hatha oder Vinyasa Yoga halten den Körper fit und helfen, sich mental besser zu fühlen. Beide Arten eignen sich gut für Anfänger, denn hier haben wir dynamische Übungen mit bewusster Atmung, da kommt man schnell in einen Flow“, empfiehlt Marina Feurer.
Samira Ben Hamouda ergänzt: „Auch Yin Yoga ist sehr beliebt, weil es die ruhigste und dadurch eine sehr entspannende Yoga-Form ist. Hier verweilt man lange in den Asanas und spürt tief in sich hinein. Das kann wohltuend wirken, ist für Anfänger aber oftmals ein bisschen schwierig auszuhalten. Wir sind in unserer heutigen Welt sehr darauf trainiert, immer aktiv sein zu müssen. Hier ist es sinnvoll, sich nicht über sich selbst zu ärgern, wenn die Gedanken erstmal noch wild kreisen. Übung macht die Meisterin bzw. den Meister.“
Wichtiger Hinweis: Wenn Sie lange keinen Sport gemacht und eventuell Probleme mit dem Bewegungsapparat haben, sollten Sie vorab eine sportärztliche Vorsorgeuntersuchung machen. So können Sie mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt besprechen, welche Yoga-Übungen für Sie förderlich sind oder worauf Sie lieber verzichten.
Yoga-Kurs: Welches Zubehör brauche ich?
Wer sich in einem Yoga- oder Fitnessstudio für einen Yoga-Kurs anmeldet, braucht nicht sofort in Equipment zu investieren. Es reicht, bequeme Kleidung zu tragen – Matten und Hilfsmittel, wie Yoga-Blöcke und Gurte, gibt es in der Regel vor Ort. Beide Yogalehrerinnen bewerten es übrigens positiv, wenn sowohl Anfänger als auch Fortgeschrittene mit Hilfsmitteln arbeiten. Es hat für sie nichts mit mangelnder Beweglichkeit zu tun, sondern kann helfen, noch besser und tiefer in bestimmte Haltungen zu gehen.
Marina Feurer empfiehlt Anfängern „zunächst Kurse idealerweise in einem Yogastudio oder in einem Fitnessstudio zu besuchen. Denn hier haben die Lehrenden einen individuellen Blick auf die Teilnehmenden und assistieren vorsichtig. Diese Unterstützung hilft dabei, sich noch besser in der Haltung ausrichten zu können und bedeutet nicht, dass man etwas nicht kann oder falsch macht. Wer geübter ist, kann auch von zuhause aus beispielsweise mit Videos üben. Ich persönlich bevorzuge immer ein Yogastudio, da die Energie hier eine andere ist. Man kann sich besser fallen lassen, das schöne Ambiente und das Gefühl in der Gruppe genießen, anstatt zuhause vielleicht zwischen Bügelwäsche und Schreibtischunterlagen zu stehen.