Haarausfall – was hilft? Ursachen, Behandlung, Tipps und Mythen

Redaktion
Oleksandra Silik

Haare in der Bürste, im Abfluss oder auf dem Kopfkissen: Bis zu 100 Haare täglich zu verlieren, ist ganz normal. Doch wenn es dauerhaft mehr wird, lohnt ein genauer Blick. Wie kann man Haarausfall erkennen, welche Formen gibt es und was hilft wirklich dagegen? Wir klären auf und entlarven gängige Haar-Mythen.

Buchcover zum Buch von Prof. Dr. Med. Natalie Garcia Bartels mit dem Titel "Haupt und Haare".

Haare sind nicht nur Ausdruck der Persönlichkeit, sondern dienen wie ein Seismograph unserem Inneren, betont die Dermatologin und Expertin für krankhaften Haarausfall Prof. Dr. med. Natalie Garcia Bartels. In ihrem Buch „Alles, was Sie schon immer wissen wollten über Haupt und Haar, aber sich nie zu fragen trauten“ erklärt sie die wichtigsten Fakten rund ums Haar: wissenschaftlich fundiert und alltagsnah.

„Haare können viel über unseren Gesundheitszustand aussagen. Die Struktur der Haare kann Hinweise auf Mangelzustände geben, wie etwa Eisen- oder Vitaminmangel, die die Haare brüchig machen können. Auch Erkrankungen wie Schilddrüsenprobleme können Haarveränderungen verursachen.“

Wann wird Haarausfall zum Problem?

Unser Haarwachstum ist normalerweise genetisch programmiert, erklärt Garcia Bartels: „Der natürliche Lebenszyklus eines Haares dauert etwa 6 bis 8 Jahre, bevor es in eine Übergangsphase und schließlich in die Ruhephase übergeht. Zu jedem Zeitpunkt befinden sich etwa 15 Prozent der Kopfhaare in dieser Ruhephase. Sie fallen aus und danach beginnen neue Haare zu wachsen.“

Grundsätzlich gilt: Ein Verlust von 60 bis zu 100 Haaren pro Tag ist unbedenklich, solange er gleichmäßig verteilt ist. „Wenn jedoch über einen Zeitraum von zwei Wochen deutlich mehr Haare ausfallen – etwa in Form von größeren Büscheln in der Bürste oder im Badezimmer – sollte man einen Arzt aufsuchen“, warnt die Expertin. „Es gibt zudem tückische Haarerkrankungen, die schleichend verlaufen und oft erst durch lichter werdende Stellen oder Juckreiz auffallen.“

Hautkrebsvorsorge und Hautkrebs-Screening

Die Hautkrebsfrüherkennung gehört zu den wichtigsten Vorsorgeuntersuchungen und sollte regelmäßig durchgeführt werden.

Welche Arten von Haarausfall gibt es?

Je nach Ursache, Verlauf und Erscheinungsbild unterscheiden sich auch die Formen des Haarausfalls.

Anlagebedingter Haarausfall (androgenetische Alopezie)

Die häufigste Form des Haarausfalls ist durch eine genetisch bedingte Überempfindlichkeit der Haare auf männliche Geschlechtshormone bedingt. Typisch sind Geheimratsecken oder eine Tonsur bei Männern und ein dünner werdender Scheitel bei Frauen. „Bei Männern liegt die Wahrscheinlichkeit, bis zum 80. Lebensjahr einen erblich bedingten Haarausfall zu entwickeln, bei etwa 80 bis 90 Prozent. Bei Frauen schätzt man diese Wahrscheinlichkeit auf 30 bis 50 Prozent. Wenn es in der Familie bereits Fälle gibt, ist das Risiko entsprechend höher“, so Garcia Bartels.

Diffuser Haarausfall

Hier fallen die Haare gleichmäßig über den gesamten Kopf aus, ohne dass kahle Stellen entstehen. Das Haar wirkt insgesamt dünner und die Kopfhaut beginnt stärker durchzuschimmern. Oft liegt ein konkreter Auslöser vor: Dazu zählen hormonelle Veränderungen, Stress, Krankheiten, bestimmte Medikamente oder Nährstoffmängel. Wenn die Ursache des Haarausfalls behandelt wird, wachsen die Haare in der Regel wieder nach.

Kreisrunder Haarausfall (Alopecia areata)

Alopecia areata ist eine Form des örtlich begrenzten, plötzlichen Haarausfalls, bei der sich runde, kahle Stellen im Kopfhaar bilden. Die Erkrankung beginnt meist akut und kann Menschen jeden Alters treffen – häufig bereits im Kindes- oder jungen Erwachsenenalter. Die genaue Ursache ist unbekannt. Da bei dieser Form häufig entzündliche Prozesse auftreten, gehen Fachleute davon aus, dass das Immunsystem am Krankheitsverlauf beteiligt ist.

Häufige Ursachen für Haarausfall

Die Ursachen für Haarausfall sind vielfältig: von hormonellen Veränderungen und genetischer Veranlagung bis hin zu Mangelernährung, Erkrankungen und bestimmten Medikamenten.

Haarausfall als Alterserscheinung

Mit zunehmendem Alter werden die Haarwurzeln weniger aktiv, die Zellteilung verlangsamt und die Wachstumsphasen verkürzen sich. Das bedeutet: Die Haare wachsen langsamer, dünner und fallen früher aus. Bei Männern führt Dihydrotestosteron (DHT) oft zu erblich bedingtem Haarausfall, während es bei Frauen in den Wechseljahren der sinkende Östrogenspiegel ist, der das Haar dünner werden lässt. Hinzu kommen altersbedingte Faktoren wie schlechtere Durchblutung der Kopfhaut.

Hormonelle Veränderungen

Hormonelle Schwankungen bei Frauen können in verschiedenen Lebensphasen eine Rolle spielen: „Dies kann bereits im Pubertätsalter mit einer unregelmäßigen Periode beginnen. In der Menopause sind Haarprobleme ebenfalls häufig – etwa 50 Prozent der Frauen sind davon betroffen. Auch hormonelle Verhütungsmittel mit männlicher Hormonkomponente, das Absetzen der Pille oder Schilddrüsenerkrankungen können Haarausfall auslösen“, erklärt Garcia Bartels.

Während der Schwangerschaft sorgt das hormonelle Überangebot dafür, dass die Wachstumsphase der Haare verlängert wird – das Haar wirkt voller und kräftiger. “Nach der Entbindung sinkt der Hormonspiegel wieder ab, die Haare ‘erinnern’ sich daran, dass sie eigentlich in die Ruhephase hätten übergehen sollen und fallen gleichzeitig aus.“ Die Haarexpertin beruhigt jedoch: „Das Haarvolumen kehrt danach zu dem Zustand zurück, den die Frau vor der Schwangerschaft hatte.“

Nährstoffmangel

Besonders bei Ernährungsumstellungen – etwa beim Verzicht auf Fleisch – können Eisen- oder Vitamin-B12-Mängel auftreten. Die Expertin weist darauf hin, pflanzliche Alternativen, Eier oder Milchprodukte zu konsumieren. Nahrungsergänzungsmittel wie Vitamin B12 und Eisen sollten jedoch nur nach ärztlicher Empfehlung eingenommen werden.

Auch Biotin-, Zink- und Vitamin-D-Mangel gehören zu den häufigsten Ursachen für diffusen Haarausfall.

Krankheiten und Medikamente

Schilddrüsenerkrankungen, chronisch-entzündliche Darmerkrankungen, Viruserkrankungen wie Grippe und Covid-19 oder Autoimmunerkrankungen können das Haarwachstum stören. Auch bestimmte Medikamente wie Betablocker, Cholesterinsenker oder Chemotherapie können Haarausfall als Nebenwirkung haben.

Pflegefehler

Häufiger sind jedoch äußere Ursachen für Haarbruch verantwortlich. „Zu viel Hitze, zu starkes Ziehen an nassen Haaren oder Auskämmen von Haarspray können das Haar spröde machen“, warnt Garcia Bartels. Wer regelmäßig Lockenstab oder Glätteisen nutzt, tut seinen Haaren ebenfalls nichts Gutes.

Stress

Akute Stresssituationen wie Verletzungen, Operationen oder emotionale Belastungen können diffusen Haarausfall auslösen – oft mit einer Verzögerung von vier bis zwölf Wochen. Das Gute: Sobald der Auslöser beseitigt ist, wachsen die Haare in der Regel wieder nach.

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Haarausfall stoppen: Was hilft wirklich?

Haarausfall ist für viele Betroffene ein belastendes Thema, doch die gute Nachricht ist: Er ist behandelbar. Die Diagnose beginnt mit einem ausführlichen Gespräch, anschließend werden die Kopfhaut und die Haare untersucht. In einigen Fällen kommt eine computergestützte Haardiagnostik zum Einsatz, erklärt Garcia Bartels: „Dabei wird ein kleines Areal rasiert und mit einer Videosonde die Dichte der Haare sowie der Haarausfall gemessen. Ergänzend können Laboruntersuchungen notwendig sein, um Mangelzustände oder andere Ursachen zu identifizieren“.

Die Wahl der Therapie hängt dabei von der Form und Schwere des Haarausfalls ab:

  • Medikamente

    „Beim genetischen Haarausfall gibt es örtliche Präparate wie Minoxidil (für Männer und Frauen) oder Finasterid (nur für Männer), auch als Tablette“, so die Expertin. Alternativ können Frauen das Alfatradiol nutzen – ein östrogenähnlicher Wirkstoff, der lokal auf der Kopfhaut gegen erblich bedingten Haarausfall wirkt. Diese Mittel verlangsamen den Fortschritt des Haarausfalls und können die Haardichte verbessern. Sie müssen jedoch langfristig angewendet werden.

  • Haartransplantation

    Bei anlagebedingtem Haarausfall kann eine Haartransplantation helfen. Dabei werden Haarwurzeln aus einem behaarten Bereich entnommen und an kahlen oder lichten Stellen eingesetzt.

  • Reiz- und Immuntherapien

    Bei kreisrundem Haarausfall kommen spezielle Reiz- und Immuntherapien zum Einsatz. Das Ziel ist es, das Immunsystem umzulenken und Entzündungen an den Haarwurzeln zu stoppen.

Haarausfall vorbeugen: Praktische Tipps für gesundes und starkes Haar

Ob Glanz, Fülle oder Stärke – gesunde Haare brauchen Pflege von innen und außen. Eine richtige Ernährung und ein achtsamer Umgang mit sich selbst spiegeln sich direkt im Haar wider.

Innere Haargesundheit: Ernährung als Basis

„Für die innere Haargesundheit ist eine ausgewogene Ernährung mit ausreichend Vitamin B12, Biotin, Zink und Eisen entscheidend, um Mangelzustände zu vermeiden“, betont Garcia Bartels. Ideal ist eine mediterrane Kost mit viel Gemüse, Hülsenfrüchten, Vollkornprodukten, gesunden Ölen sowie etwas Fisch oder Fleisch.

Doch Vorsicht: Nahrungsergänzungsmittel sollten nur bei nachgewiesenem Mangel eingenommen werden. „Es ist ein Irrglaube, dass mehr Vitamine oder Nahrung automatisch kräftigeres Haar bedeuten. Eine Überdosierung von Eisen kann beispielsweise langfristig die Leber schädigen.”

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Äußere Haargesundheit: Schonender Umgang mit dem Haar

Die äußere Haargesundheit hängt stark von der sanften Pflege ab. „Haare wachsen etwa einen Zentimeter pro Monat. Bis sie Schulterlänge erreichen, haben sie zwölf Monate oder länger äußere Einflüsse ertragen müssen“, erklärt die Expertin. Deshalb ist es entscheidend, das Haar schonend zu behandeln:

  • Vermeiden Sie übermäßige Hitze durch häufiges Föhnen, Glätten oder den Einsatz von Lockenstäben, die das Haar strapazieren und langfristig brüchig machen.

  • Kämmen Sie nasses Haar vorsichtig und vermeiden Sie starkes Ziehen oder Reiben.

  • Reduzieren Sie chemische Behandlungen wie Blondieren oder häufiges Färben.

  • Nutzen Sie Conditioner beim Haarwaschen, um das Haar kämmbarer zu machen und vor äußerem Stress zu schützen.

Fünf häufige Mythen über Haarausfall

Rund um das Thema Haarausfall kursieren viele Mythen, die oft für Verwirrung sorgen. Wir klären auf, was wirklich stimmt – und was nicht.

  • Mythos 1: „Häufiges Haarewaschen führt zu Haarausfall“

    Das stimmt nicht: „Haarausfall entsteht in der Kopfhaut, wo das Haar produziert wird. Waschen oder Kämmen kann diesen Prozess nicht auslösen“, sagt Garcia Bartels. Problematisch sind eher die Trocknungs- und Stylingprozeduren danach, die Haarbruch begünstigen können.

  • Mythos 2: „Mützen fördern Haarausfall, da die Kopfhaut nicht atmen kann“

    „Die Kopfhaut atmet nicht – Sauerstoff wird über die Blutgefäße zugeführt“, stellt die Haarexpertin klar. Langes Tragen von Mützen kann jedoch Feuchtigkeit stauen, die sich mit Talg vermischt und das Wachstum bestimmter Keime begünstigt. Das kann zu einer Dysbalance in der Kopfhautflora führen, was Schuppen oder Reizungen verursachen kann.

  • Mythos 3: „Schneiden regt das Haarwachstum an“

    Ein Haarschnitt lässt das Haar nicht schneller oder dicker nachwachsen – das Haar wächst an der Wurzel. Was man schneidet, ist totes Hornmaterial. Das Haar kann allerdings gesünder wirken, wenn Spliss entfernt wird.

  • Mythos 4: „Stress macht die Haare grau“

    Stress kann das Ergrauen beschleunigen, ist aber selten der alleinige Auslöser. Daneben spielen abgesehen von der familiären Veranlagung auch Eisenmangel, Vitamin-B12-Mangel, Schilddrüsenerkrankungen oder Schlafmangel eine Rolle. Auch Rauchen, Alkoholmissbrauch und Drogenkonsum können das Ergrauen fördern, erklärt die Dermatologin. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Haare nach einer stressfreien Phase wieder dunkler nachwachsen können – allerdings ist noch unklar, wie stark dieser Effekt ist.

  • Mythos 5: „Bestimmte Shampoos können Haarausfall stoppen“

    Bestimmte Shampoos mit Wirkstoffen wie Koffein, Ketoconazol oder Alfatradiol können bei Haarausfall unterstützend wirken – etwa bei fettiger, schuppiger oder entzündeter Kopfhaut – sowie Reizungen mildern. Sie dringen jedoch nicht tief genug in die Haarwurzel ein, um anhaltenden oder starken Haarausfall zu stoppen. Dafür sind Medikamente oder gezielte Behandlungen notwendig.

Fazit

Haarausfall kann viele Gründe haben, doch es gibt ebenso viele Möglichkeiten, etwas dagegen zu tun. Wer auf eine ausgewogene Ernährung, schonende Pflege und mögliche Auslöser achtet, ist auf der sicheren Seite. Wichtig ist, Veränderungen früh zu erkennen und bei Unsicherheiten ärztlichen Rat einzuholen.

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Oleksandra Silik

Veröffentlicht am 10.09.2025

Quellenangaben

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