Östrogen, hCG & Co.: Die fünf wichtigsten Hormone der Frau

Redaktion
Oleksandra Silik

Sie wirken im Verborgenen, doch beeinflussen alles: Hormone prägen den gesamten Körper und die Psyche des Menschen, insbesondere des weiblichen Geschlechts. Wir klären, welche Rolle Östrogen, Progesteron, das follikelstimulierende Hormon (FSH), das luteinisierende Hormon (LH) und das humane Choriongonadotropin (hCG) spielen – und welche Therapien bei Ungleichgewichten helfen können.

Von der Pubertät bis zur Menopause und darüber hinaus: Hormone haben maßgeblichen Einfluss auf das Leben von Frauen. Sie steuern Fruchtbarkeit, Stimmung, Stoffwechsel und viele weitere zentrale Körperfunktionen. Ein stabiler Hormonhaushalt ist entscheidend für Gesundheit und Wohlbefinden.

Die Bedeutung der Hormone für den weiblichen Körper

„Hormone sind aufbauende Substanzen, die den Zellen helfen, sich ständig zu erneuern und zu vermehren. Generell haben weibliche Hormone die Aufgabe, den Körper gesund und frisch regeneriert zu halten“, erklärt Dr. med. Jörg Puchta, leitender Arzt am Kinderwunsch und Hormon Zentrum an der Oper in München. Hormone spielen zudem eine besondere Rolle bei der Fortpflanzung. Doch ihre Wirkung geht weit über den Menstruationszyklus hinaus. Sie beeinflussen die Langlebigkeit, die Knochengesundheit, das Herz und sogar das Gehirn.

Gerät dieses fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht, kann das spürbare körperliche und emotionale Folgen haben. Laut dem Experten leiden Frauen mit Hormonstörungen oft unter Konzentrationsproblemen, dem sogenannten „Brain Fog“, psychischen Belastungen und einem erhöhten Risiko für Arteriosklerose, also Verkalkung der Blutgefäße. Auch die Knochengesundheit leidet unter einem Hormonmangel. „Osteoporose wird häufig unterschätzt. Tatsächlich ist die Todesrate durch sie im Alter fast genauso hoch wie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, warnt der Endokrinologe. Ein Knochenbruch durch Osteoporose kann schließlich zu Pflegebedürftigkeit oder sogar zum Tod führen.

Youtube-Serie "Hormone verstehen – Alles über Hormone in jeder Lebensphase”

In unserer YouTube-Serie “Hormone verstehen – Alles über Hormone in jeder Lebensphase” spricht die Expertin und Gynäkologin Dr. med. Daniela Bach mit fünf verschiedenen Protagonistinnen über den weiblichen Zyklus, hormonelle Verhütung, die Schwangerschaft, Wechseljahre und mehr.

  • Foto zweier Frauen mit einer rosanen Couch in der Mitte

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    Die fünf wichtigsten Hormone der Frau

    Die fünf wichtigsten Hormone, die den weiblichen Körper beeinflussen, sind Östrogen, Progesteron, FSH, LH und hCG. Jedes dieser Hormone erfüllt eine spezielle Aufgabe, die maßgeblich zur Gesundheit beiträgt.

    Östrogen: Das weibliche Geschlechtshormon

    Östrogen ist der bekannteste Vertreter, wenn man an den weiblichen Hormonhaushalt denkt. Es wird hauptsächlich in den Eierstöcken produziert und spielt eine zentrale Rolle im Menstruationszyklus und bei der Fortpflanzung. Östrogen beeinflusst aber auch den gesamten Körper – vom Gehirn bis zu den Stoffwechselorganen:

    • Fortpflanzung:

      Östrogen fördert das Wachstum der Gebärmutterschleimhaut und bereitet den Körper auf eine mögliche Schwangerschaft vor.

    • Regeneration:

      “Östrogen wirkt direkt auf die Stammzellen, die für die Erneuerung unserer Zellen verantwortlich sind. Wenn die Stammzellen durch Östrogenmangel zugrunde gehen, altern wir schneller”, erklärt Dr. Puchta.

    • Knochen- und Herzgesundheit:

      Östrogen stärkt die Knochendichte und schützt vor Osteoporose – solange es ausreichend vorhanden ist. Außerdem sorgt es für elastische Gefäße und unterstützt die Herzgesundheit, indem es die Pumpleistung fördert.

    • Stoffwechsel:

      Östrogene beeinflussen die metabolische Gesundheit und fördern die Insulinempfindlichkeit, erläutert der Experte. Dadurch verbessert sich die Fettverteilung im Körper.

    • Gehirn und Kognition:

      Auch das Gehirn wird maßgeblich von Östrogenen unterstützt, erklärt der Endokrinologe: „Sie schützen die Nervenzellen und helfen, das Risiko für neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer zu senken.“ Besonders wichtig ist dabei Estradiol, ein Hormon aus der Gruppe der Östrogene. Ein sinkender Estradiolspiegel in den Wechseljahren kann laut der Alzheimer Forschung Initiative e.V. das Risiko für Alzheimer erhöhen. Eine Hormontherapie könnte diesen Rückgang ausgleichen und das Gehirn schützen.

    Ein Mangel an Östrogen, etwa in den Wechseljahren, kann Beschwerden wie Hitzewallungen, Nervosität, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und sogar Blasenentzündungen auslösen.

    Progesteron: Das Gelbkörperhormon

    Progesteron wird nach dem Eisprung vom Gelbkörper – einer Struktur, die sich im Eierstock nach dem Eisprung aus dem geplatzten Follikel bildet – produziert und ist essenziell für die Vorbereitung und Stabilisierung einer Schwangerschaft:

    • Schwangerschaft:

      Progesteron unterstützt die Einnistung des Embryos und sorgt in den ersten zwölf Wochen dafür, dass die Schwangerschaft erhalten bleibt. Ein Mangel kann das Risiko für Fehlgeburten erhöhen.

    • Natürlicher Stimmungsstabilisator:

      Progesteron wirkt entspannend und fördert erholsamen Schlaf. „Schwangere Frauen schlafen oft besonders gut – ein Effekt, den wir auch in der Hormonersatztherapie nutzen, um Schlafstörungen im Klimakterium (Wechseljahre) zu behandeln“, sagt Dr. Puchta. Neuere Studien zeigen, dass Progesteron sogar geschädigte Nervenzellen reparieren kann.

    • Zyklusregulation:

      Ein Progesteronmangel in der zweiten Zyklushälfte kann PMS (das prämenstruelle Syndrom), Stimmungsschwankungen, Brustschmerzen und Zyklusstörungen auslösen.

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    FSH: Das follikelstimulierende Hormon

    FSH wird von der Hirnanhangdrüse – oder auch Hypophyse – ausgeschüttet und regt das Wachstum der Follikel in den Eierstöcken an, die die Eizellen enthalten. Ein niedriger FSH-Spiegel kann auf eine eingeschränkte Eierstockfunktion hinweisen, während ein hoher Spiegel oft ein Zeichen für die Wechseljahre ist.

    LH: Das luteinisierende Hormon

    LH, ebenfalls ein Hormon der Hypophyse, arbeitet eng mit FSH zusammen. Es erreicht zur Zyklusmitte seinen Höchststand und löst den Eisprung aus. Danach sorgt es für die Bildung des Gelbkörpers, der Progesteron produziert, um die Gebärmutter auf eine mögliche Einnistung vorzubereiten. Bleibt die Befruchtung aus, sinkt der LH-Spiegel, und der Gelbkörper bildet sich zurück. Ungleichgewichte in FSH und LH können Zyklusstörungen und Fruchtbarkeitsprobleme verursachen.

    hCG: Das Schwangerschaftshormon

    Humanes Choriongonadotropin (hCG) wird während der Schwangerschaft von der Plazenta produziert und ist entscheidend für den Erhalt der Schwangerschaft. Es wird auch in Schwangerschaftstests nachgewiesen, da die Konzentration des hCG im Körper bis zum zweiten Trimester stark ansteigt.

    Ein abnormaler hCG-Spiegel kann auf Komplikationen hinweisen. Bei einer Eileiterschwangerschaft wächst die befruchtete Eizelle außerhalb der Gebärmutter, weshalb der hCG-Wert nur langsam steigt. Bei einer Fehlgeburt hingegen sinkt der hCG-Spiegel, weil die Embryoentwicklung stoppt und die Plazenta weniger hCG produziert.

    Und welche Rolle spielt eigentlich Testosteron im weiblichen Körper?

    Testosteron wird oft als männliches Hormon wahrgenommen, ist jedoch auch für Frauen essenziell. „Testosteron ist ein wichtiges neurotropes Hormon bei der Frau – es unterstützt das Nervensystem, ähnlich wie Östrogen. Es hat psychoanaleptische Effekte: Es regt das Gehirn an, fördert Entscheidungsfähigkeit, Durchsetzungskraft und Stimmung,“ erläutert Dr. Puchta.

    Doch nicht nur das: Testosteron spielt auch eine wichtige Rolle für die weibliche Sexualität. Es trägt wesentlich zur sexuellen Lust bei, fördert die Durchblutung der Genitalregion und steigert Erregbarkeit. „Leider wird in der Menopause häufig nur Östrogen und Progesteron behandelt, obwohl viele Frauen auch unter einem deutlichen Testosteronmangel leiden.“

    Hormone: Wie wirken sich Ungleichgewichte aus?

    Ein Ungleichgewicht der weiblichen Hormone kann sich auf zahlreiche Körperfunktionen und das Wohlbefinden auswirken. Mögliche Ursachen sind natürliche Lebensphasen wie die Pubertät, eine Schwangerschaft oder die Wechseljahre. Aber auch Stress, Schlafmangel, Ernährung, Medikamente sowie Erkrankungen der endokrinen Drüsen können hormonelle Störungen auslösen.

    Symptome für Hormonstörungen

    Wenn die Hormone aus dem Gleichgewicht geraten, kann sich das auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. Zu den häufigsten Symptomen zählen:

    • Zyklusstörungen

    • starke Menstruationsblutungen

    • Hitzewallungen

    • Schlafstörungen

    • Gewichtszunahme

    • Konzentrationsschwierigkeiten („Brain Fog“)

    • Müdigkeit und nachlassende Leistungsfähigkeit (“Fatigue”)

    • Akne

    • Haarausfall

    Auch emotionale Beschwerden wie Reizbarkeit oder Angstzustände können auftreten. Halten diese Symptome länger an, ist es ratsam, ärztliche Beratung einzuholen.

    Behandlungsmöglichkeiten bei Hormonproblemen

    Hormonelle Veränderungen können das Leben von Frauen erheblich beeinträchtigen. Die gute Nachricht: Es gibt viele Ansätze, die individuell auf die Bedürfnisse und Symptome abgestimmt werden können.

    Hormontherapie

    Die Hormontherapie ist eine bewährte und effektive Methode, um Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen zu lindern, die durch hormonelle Veränderungen oder einen Hormonmangel entstehen. Dabei kommen natürliche oder künstlich hergestellte Hormone zum Einsatz.

    „Glücklicherweise hat die Medizin seit einigen Jahren sämtliche Hormone als bioidentische Hormone zur Verfügung“, erzählt Dr. Puchta. „Das heißt, wir können gezielt jeden Hormonmangel mit bioidentischen Hormonen ausgleichen und müssen keine künstlichen Hormone mehr geben. Diese Hormone verursachen keine Nebenwirkungen, da sie lediglich das ersetzen, was dem Körper fehlt.“

    Gesundheits-Check-up

    Wir übernehmen die Kosten für die ärztlichen Untersuchungen. Für unsere Versicherten fallen keine Zuzahlungen an.

    Nicht-hormonale Therapiemöglichkeiten

    Neben der Hormontherapie gibt es für Frauen zudem alternative Möglichkeiten, den Körper zu unterstützen. Diese können bei leichteren Beschwerden hilfreich sein.

    Pflanzenheilkunde

    Pflanzliche Mittel wie  Mönchspfeffer, Traubensilberkerze oder Phytoöstrogene aus Soja, Rotklee oder Rhabarberwurzel können Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen mildern. Lavendel und Johanniskraut wirken beruhigend, während Baldrian, Hopfen oder Melisse bei Schlafstörungen helfen können.

    Homöopathische Therapie

    Homöopathische Mittel werden aus natürlichen Substanzen (Pflanzen, Pilze, Tiergifte und Mineralien) zubereitet und sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren. Diese Therapieform wird von speziell ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten angeboten.

    Akupunktur

    Die Akupunktur ist eine Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Dabei sollen durch Nadelstiche an bestimmten Punkten des Körpers therapeutische Wirkungen erzielt werden. Einige Studien zeigen, dass Häufigkeit und Intensität der Hitzewallungen dadurch reduziert werden können.

    Wichtig

    Viele nicht-hormonale Therapien sind wissenschaftlich nicht ausreichend auf Wirksamkeit, Nutzen und Risiken untersucht, insbesondere bei Langzeitanwendung. Lassen Sie sich daher vorab von Fachleuten beraten.

    Digitale Helfer: Apps und Online-Dienste

    In der digitalen Welt gibt es zahlreiche Tools, die Frauen dabei unterstützen, ihren Hormonhaushalt besser zu verstehen und zu überwachen.

    • Zyklus-Tracker:

      Zyklus-Apps wie „Lady Cycle“, „MyNFP“, „FLO“ oder „Clue“ helfen, den Menstruationszyklus zu verfolgen und Muster zu erkennen.

    • Spezialisierte Apps:

      Anwendungen wie „HERMONE“ oder „Hormona“ bieten zusätzlich Lernmodule, Atem- und Meditationsübungen sowie die Möglichkeit zum Community-Austausch.

    • Onlinekurse:

      Geleitet von Expertinnen und Experten, bieten Onlinekurse fundiertes Wissen über hormonelle Gesundheit und praktische Tipps, die leicht im Alltag umsetzbar sind.

    Onlinekurs für Mütter

    Besonders nach einer Geburt kann der Stress hoch sein: Mama Relax trainiert die innere Mitte junger Mütter.

    Tipps für einen gesunden Hormonhaushalt

    Ein ausgeglichener Hormonhaushalt beginnt mit einem gesunden Lebensstil. Mit diesen einfachen Tipps können Sie Ihr Wohlbefinden nachhaltig unterstützen:

    • Ernährung:

      Greifen Sie zu frischem Obst, Gemüse, Vollkorn und gesunden Fetten wie Omega-3. Leinsamen, Brokkoli und Kurkuma unterstützen Ihre Hormone zusätzlich. Vermeiden Sie dagegen verarbeitete Lebensmittel, Zucker und Fast Food, denn sie fördern Übergewicht, das sich negativ auf die Hormonbalance auswirken kann. Auf Alkohol und Nikotin sollten Sie möglichst ganz verzichten.

    • Bewegung und Entspannung:

      Regelmäßige Aktivität fördert die Hormonbalance. Yoga, Meditation und Atemübungen helfen ebenfalls, Stress abzubauen und innere Ruhe zu finden.

    • Ausreichend Schlaf:

      Achten Sie auf eine gesunde Schlafhygiene sowie feste Zeiten und eine ruhige Umgebung.

    • Regelmäßige Untersuchungen:

      Ein altersbedingter Hormonmangel lässt sich durch Ernährung und Bewegung nicht vollständig ausgleichen. Deshalb ist ein regelmäßiger Hormonstatus ab dem 40. Lebensjahr ratsam, um Ungleichgewichte frühzeitig zu erkennen. Treten Symptome auf, sollten Hormontests und Knochendichtemessungen durchgeführt werden.

    Fazit

    Hormone wie Östrogen, Progesteron, FSH, LH und hCG halten den Körper, die Knochen, die Psyche und den Zyklus im Gleichgewicht. Mit individuell abgestimmten Therapien und einem bewussten Lebensstil können Frauen ihre Hormonwelt aktiv unterstützen. Regelmäßige Kontrollen und ein frühzeitiges Gespräch mit einer Endokrinologin oder einem Endokrinologen bzw. einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt sichern die bestmögliche Versorgung – in jedem Lebensabschnitt.

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    Oleksandra Silik

    Veröffentlicht am 26.08.2025

    Quellenangaben

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