
Mehr zum Thema Zyklus, wie unsere Hormone darauf Einfluss nehmen und wie sie unsere Lebensqualität beeinflussen, erfahren Sie in unserer ersten Folge “Hormone verstehen – Der Zyklus”. Zur 1. Folge
Sie wirken im Verborgenen, doch beeinflussen alles: Hormone prägen den gesamten Körper und die Psyche des Menschen, insbesondere des weiblichen Geschlechts. Wir klären, welche Rolle Östrogen, Progesteron, das follikelstimulierende Hormon (FSH), das luteinisierende Hormon (LH) und das humane Choriongonadotropin (hCG) spielen – und welche Therapien bei Ungleichgewichten helfen können.
Von der Pubertät bis zur Menopause und darüber hinaus: Hormone haben maßgeblichen Einfluss auf das Leben von Frauen. Sie steuern Fruchtbarkeit, Stimmung, Stoffwechsel und viele weitere zentrale Körperfunktionen. Ein stabiler Hormonhaushalt ist entscheidend für Gesundheit und Wohlbefinden.
„Hormone sind aufbauende Substanzen, die den Zellen helfen, sich ständig zu erneuern und zu vermehren. Generell haben weibliche Hormone die Aufgabe, den Körper gesund und frisch regeneriert zu halten“, erklärt Dr. med. Jörg Puchta, leitender Arzt am Kinderwunsch und Hormon Zentrum an der Oper in München. Hormone spielen zudem eine besondere Rolle bei der Fortpflanzung. Doch ihre Wirkung geht weit über den Menstruationszyklus hinaus. Sie beeinflussen die Langlebigkeit, die Knochengesundheit, das Herz und sogar das Gehirn.
Gerät dieses fein abgestimmte System aus dem Gleichgewicht, kann das spürbare körperliche und emotionale Folgen haben. Laut dem Experten leiden Frauen mit Hormonstörungen oft unter Konzentrationsproblemen, dem sogenannten „Brain Fog“, psychischen Belastungen und einem erhöhten Risiko für Arteriosklerose, also Verkalkung der Blutgefäße. Auch die Knochengesundheit leidet unter einem Hormonmangel. „Osteoporose wird häufig unterschätzt. Tatsächlich ist die Todesrate durch sie im Alter fast genauso hoch wie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen“, warnt der Endokrinologe. Ein Knochenbruch durch Osteoporose kann schließlich zu Pflegebedürftigkeit oder sogar zum Tod führen.
In unserer YouTube-Serie “Hormone verstehen – Alles über Hormone in jeder Lebensphase” spricht die Expertin und Gynäkologin Dr. med. Daniela Bach mit fünf verschiedenen Protagonistinnen über den weiblichen Zyklus, hormonelle Verhütung, die Schwangerschaft, Wechseljahre und mehr.
Die fünf wichtigsten Hormone, die den weiblichen Körper beeinflussen, sind Östrogen, Progesteron, FSH, LH und hCG. Jedes dieser Hormone erfüllt eine spezielle Aufgabe, die maßgeblich zur Gesundheit beiträgt.
Östrogen ist der bekannteste Vertreter, wenn man an den weiblichen Hormonhaushalt denkt. Es wird hauptsächlich in den Eierstöcken produziert und spielt eine zentrale Rolle im Menstruationszyklus und bei der Fortpflanzung. Östrogen beeinflusst aber auch den gesamten Körper – vom Gehirn bis zu den Stoffwechselorganen:
Ein Mangel an Östrogen, etwa in den Wechseljahren, kann Beschwerden wie Hitzewallungen, Nervosität, Stimmungsschwankungen, Schlafstörungen und sogar Blasenentzündungen auslösen.
Progesteron wird nach dem Eisprung vom Gelbkörper – einer Struktur, die sich im Eierstock nach dem Eisprung aus dem geplatzten Follikel bildet – produziert und ist essenziell für die Vorbereitung und Stabilisierung einer Schwangerschaft:
FSH wird von der Hirnanhangdrüse – oder auch Hypophyse – ausgeschüttet und regt das Wachstum der Follikel in den Eierstöcken an, die die Eizellen enthalten. Ein niedriger FSH-Spiegel kann auf eine eingeschränkte Eierstockfunktion hinweisen, während ein hoher Spiegel oft ein Zeichen für die Wechseljahre ist.
LH, ebenfalls ein Hormon der Hypophyse, arbeitet eng mit FSH zusammen. Es erreicht zur Zyklusmitte seinen Höchststand und löst den Eisprung aus. Danach sorgt es für die Bildung des Gelbkörpers, der Progesteron produziert, um die Gebärmutter auf eine mögliche Einnistung vorzubereiten. Bleibt die Befruchtung aus, sinkt der LH-Spiegel, und der Gelbkörper bildet sich zurück. Ungleichgewichte in FSH und LH können Zyklusstörungen und Fruchtbarkeitsprobleme verursachen.
Humanes Choriongonadotropin (hCG) wird während der Schwangerschaft von der Plazenta produziert und ist entscheidend für den Erhalt der Schwangerschaft. Es wird auch in Schwangerschaftstests nachgewiesen, da die Konzentration des hCG im Körper bis zum zweiten Trimester stark ansteigt.
Ein abnormaler hCG-Spiegel kann auf Komplikationen hinweisen. Bei einer Eileiterschwangerschaft wächst die befruchtete Eizelle außerhalb der Gebärmutter, weshalb der hCG-Wert nur langsam steigt. Bei einer Fehlgeburt hingegen sinkt der hCG-Spiegel, weil die Embryoentwicklung stoppt und die Plazenta weniger hCG produziert.
Testosteron wird oft als männliches Hormon wahrgenommen, ist jedoch auch für Frauen essenziell. „Testosteron ist ein wichtiges neurotropes Hormon bei der Frau – es unterstützt das Nervensystem, ähnlich wie Östrogen. Es hat psychoanaleptische Effekte: Es regt das Gehirn an, fördert Entscheidungsfähigkeit, Durchsetzungskraft und Stimmung,“ erläutert Dr. Puchta.
Doch nicht nur das: Testosteron spielt auch eine wichtige Rolle für die weibliche Sexualität. Es trägt wesentlich zur sexuellen Lust bei, fördert die Durchblutung der Genitalregion und steigert Erregbarkeit. „Leider wird in der Menopause häufig nur Östrogen und Progesteron behandelt, obwohl viele Frauen auch unter einem deutlichen Testosteronmangel leiden.“
Ein Ungleichgewicht der weiblichen Hormone kann sich auf zahlreiche Körperfunktionen und das Wohlbefinden auswirken. Mögliche Ursachen sind natürliche Lebensphasen wie die Pubertät, eine Schwangerschaft oder die Wechseljahre. Aber auch Stress, Schlafmangel, Ernährung, Medikamente sowie Erkrankungen der endokrinen Drüsen können hormonelle Störungen auslösen.
Wenn die Hormone aus dem Gleichgewicht geraten, kann sich das auf unterschiedliche Weise bemerkbar machen. Zu den häufigsten Symptomen zählen:
Auch emotionale Beschwerden wie Reizbarkeit oder Angstzustände können auftreten. Halten diese Symptome länger an, ist es ratsam, ärztliche Beratung einzuholen.
Hormonelle Veränderungen können das Leben von Frauen erheblich beeinträchtigen. Die gute Nachricht: Es gibt viele Ansätze, die individuell auf die Bedürfnisse und Symptome abgestimmt werden können.
Die Hormontherapie ist eine bewährte und effektive Methode, um Beschwerden wie Hitzewallungen, Schlafstörungen oder Stimmungsschwankungen zu lindern, die durch hormonelle Veränderungen oder einen Hormonmangel entstehen. Dabei kommen natürliche oder künstlich hergestellte Hormone zum Einsatz.
„Glücklicherweise hat die Medizin seit einigen Jahren sämtliche Hormone als bioidentische Hormone zur Verfügung“, erzählt Dr. Puchta. „Das heißt, wir können gezielt jeden Hormonmangel mit bioidentischen Hormonen ausgleichen und müssen keine künstlichen Hormone mehr geben. Diese Hormone verursachen keine Nebenwirkungen, da sie lediglich das ersetzen, was dem Körper fehlt.“
Neben der Hormontherapie gibt es für Frauen zudem alternative Möglichkeiten, den Körper zu unterstützen. Diese können bei leichteren Beschwerden hilfreich sein.
Pflanzliche Mittel wie Mönchspfeffer, Traubensilberkerze oder Phytoöstrogene aus Soja, Rotklee oder Rhabarberwurzel können Hitzewallungen und Stimmungsschwankungen mildern. Lavendel und Johanniskraut wirken beruhigend, während Baldrian, Hopfen oder Melisse bei Schlafstörungen helfen können.
Homöopathische Mittel werden aus natürlichen Substanzen (Pflanzen, Pilze, Tiergifte und Mineralien) zubereitet und sollen die Selbstheilungskräfte des Körpers aktivieren. Diese Therapieform wird von speziell ausgebildeten Ärztinnen und Ärzten angeboten.
Die Akupunktur ist eine Methode der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM). Dabei sollen durch Nadelstiche an bestimmten Punkten des Körpers therapeutische Wirkungen erzielt werden. Einige Studien zeigen, dass Häufigkeit und Intensität der Hitzewallungen dadurch reduziert werden können.
Viele nicht-hormonale Therapien sind wissenschaftlich nicht ausreichend auf Wirksamkeit, Nutzen und Risiken untersucht, insbesondere bei Langzeitanwendung. Lassen Sie sich daher vorab von Fachleuten beraten.
In der digitalen Welt gibt es zahlreiche Tools, die Frauen dabei unterstützen, ihren Hormonhaushalt besser zu verstehen und zu überwachen.
Ein ausgeglichener Hormonhaushalt beginnt mit einem gesunden Lebensstil. Mit diesen einfachen Tipps können Sie Ihr Wohlbefinden nachhaltig unterstützen:
Hormone wie Östrogen, Progesteron, FSH, LH und hCG halten den Körper, die Knochen, die Psyche und den Zyklus im Gleichgewicht. Mit individuell abgestimmten Therapien und einem bewussten Lebensstil können Frauen ihre Hormonwelt aktiv unterstützen. Regelmäßige Kontrollen und ein frühzeitiges Gespräch mit einer Endokrinologin oder einem Endokrinologen bzw. einer Frauenärztin oder einem Frauenarzt sichern die bestmögliche Versorgung – in jedem Lebensabschnitt.
Quellenangaben