Craniomandibuläre Dysfunktion: Symptome und Behandlung

Redaktion
IKK classic

Knackt und schmerzt der Kiefer? Leiden Sie unter Kopfschmerzen, Schwindel oder Tinnitus? Dann könnte es sich um eine craniomandibuläre Dysfunktion, kurz CMD, handeln – einer Fehlfunktion zwischen Schädel und Unterkiefer mit Auswirkungen auf die Allgemeingesundheit. Ein Experte informiert über Ursachen, Symptome und Behandlung der CMD und gibt wertvolle Tipps zur Selbsthilfe.

Der menschliche Kiefer ist eine kleine Diva: Schon kleine Zahnfehlstellungen können Schmerzen verursachen. Auslöser kann vieles sein, von einer jahrelang schlechtsitzenden Krone bis hin zu Stress. Bei dieser Art Kiefergelenksbeschwerden sprechen Ärzte von Craniomandibulärer Dysfunktion (CMD). Da Auslöser und Symptomatik breit gefächert sind, bleibt die Krankheit in vielen Fällen lange unerkannt.

Betroffene haben viele Fragen: Kann man der CMD vorbeugen? Wie bemerke ich, dass etwas mit dem Kiefer nicht stimmt? Dr. med. dent. Hamdi Kent, Zahnarzt in der Praxis für Zahnmedizin Dr. Kent und Kollegen in Bochum sowie Fachbuchautor, erklärt, woran man eine CMD erkennt, wie sie behandelt werden kann und was Sie selbst dagegen tun können.

Was ist eine Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD)?

Die Craniomandibuläre Dysfunktion (CMD) ist eine Funktionsstörung des Kauapparats. Der Begriff leitet sich ab von "cranium" (Schädel), "mandibula" (Unterkiefer) und "Dysfunktion" (Fehlfunktion). Ausgelöst wird die CMD durch eine Fehlstellung von Oberkiefer und Unterkiefer. Mit anderen Worten: Der "Biss" stimmt nicht. Das teils diffuse Krankheits- und Beschwerdebild führt dazu, dass die CMD oft nicht erkannt wird.

Welche Symptome zeigt die CMD?

Bei Patientinnen und Patienten, die unter der Craniomandibulären Dysfunktion (CMD) leiden, gibt es im Kopf-, Mund- und Kieferbereich verschiedene Symptome wie etwa:

  • Knacken im Kiefergelenk bei Öffnen oder Schließen des Mundes

  • Kopfschmerzen

  • Schulter-, Nacken- und Rückenschmerzen

  • Ohrenschmerzen, Tinnitus, Schwindel

  • Probleme beim Kauen oder Sprechen

  • Sehstörungen wie Augenflimmern oder Doppeltsehen

  • Zähnepressen, Knirschen

Alle diese Beschwerden können einzeln oder zusammen auftreten und mindern die Lebensqualität einiger Patientinnen und Patienten erheblich. Das Tückische bei der CMD ist, dass durch die neuronalen Verbindungen und die Muskelüberlastung auch Schmerzen in Körperregionen auftreten können, die man nicht automatisch mit dem Kauapparat verbindet, z. B. im Rücken oder Nacken (sog. Schmerzprojektion).

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Was sind die Ursachen von CMD?

Als Ursachen für eine Craniomandibuläre Dysfunktion kommen verschiedene Faktoren in Betracht. Oft ist eine Zahnfehlstellung der Auslöser, verursacht z. B. durch eine Zahnlücke, eine unpassende Zahnfüllung, falsche Brücken, Inlays, Kronen oder anderer Zahnersatz, Verletzungen im Kiefer, Zähneknirschen (Bruxismus), aber auch schlichte Muskelverspannung, schlechte Körperhaltung, Unfälle oder einfach großer Stress. Durch die falsche Bisslage "verzahnen" sich die Zähne nicht richtig miteinander und das Kiefergelenk verschiebt sich.

"Eine CMD hat nie nur eine einzige Ursache", erläutert Zahnarzt Dr. Hamdi Kent. "In der Regel entsteht sie durch das Zusammentreffen mehrerer ungünstiger Faktoren. Man spricht dann von einem multifaktoriellen Geschehen. Zum besseren Verständnis vergleiche ich das System einer CMD gerne mit einem Fass, in das mehrere Zuflüsse laufen: Einige Zuflüsse kommen aus unserem Körper, andere aus unserer Seele. Und je nachdem, wie stark der Zufluss ist (sprich: der Hahn tropft), desto schneller kann es zum Überlaufen das Fasses kommen. Die tropfenden Hähne sind nichts anderes als Risikofaktoren. Sie begünstigen das Entstehen einer schmerzhaften CMD."

Test: Woran erkennt man eine Craniomandibuläre Dysfunktion?

Die Diagnose einer CMD erfordert die Befragung der Patientin oder des Patienten sowie eine spezielle zahnärztliche Untersuchung von Kiefergelenk, Kaumuskulatur und Zähnen (samt Kontaktflächen) auf Fehlstellungen, Schmerzen und funktionelle Einschränkungen beim Kauen. Ergänzend kann auch ein HNO-Arzt oder eine Orthopädin einbezogen werden. Röntgen, MRT und CT können dabei durch Bildgebung unterstützen.

Experte Dr. Kent verrät einen einfachen Test für zuhause, um zu erkennen, ob möglicherweise eine CMD vorliegt. Stellen Sie sich dafür mit gewaschenen Händen und offenem Mund vor einen Spiegel und prüfen Sie:

  • Weicht der Unterkiefer bei der Öffnung zu einer Seite ab?

  • Ist die Mundöffnung eingeschränkt? Das heißt, können Sie Zeige-, Ring- und Mittelfinger zusammen senkrecht übereinander ohne Probleme in Ihren Mund stecken?

  • Machen die Kiefergelenke bei Bewegungen des Unterkiefers Geräusche?

  • Schmerzen die Kaumuskeln und Kiefergelenke, wenn man sie mit leichtem Druck abtastet?

  • Sind weite Bewegungen des Unterkiefers unangenehm oder gar schmerzhaft?

Wenn Sie mindestens zwei dieser Fragen bejaht haben, sollten Sie zur Abklärung sicherheitshalber einen Zahnarzt oder eine Zahnärztin besuchen.

Was sind die Behandlungsmöglichkeiten bei CMD?

Die Behandlung von CMD richtet sich nach der Schwere der Symptome und den individuellen Ursachen. Besonders die Schienentherapie wird erfolgreich eingesetzt. Individuell angefertigte Aufbissschienen entlasten den Kiefer, korrigieren die Fehlstellung und lindern die Schmerzen.

"Bei einer länger bestehenden CMD oder stärkeren Beschwerden ist das jedoch selten ausreichend", so Dr. Kent. Unterstützend sind weitere Maßnahmen notwendig, wie etwa Physiotherapie zur Muskelentspannung, Übungen zur Lockerung der Kiefermuskulatur und Selbstbeobachtung zur Vermeidung von Zahnkontakt am Tage. "Dazu kommen meist eine Triggerpunkttherapie der schmerzenden Kaumuskeln und Sehnen, Akupunktur zur Linderung der Verspannung und Schmerzen, aber manchmal auch Medikamente sowie Botoxspritzen in die verkrampfte Muskulatur", erläutert der Experte.

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Craniomandibuläre Dysfunktion: Die Rolle des Zahnarztes

Der Zahnarzt oder die Zahnärztin spielt eine zentrale Rolle bei der Diagnose und Behandlung von CMD. Dr. Kent betont besonders die koordinierende Funktion: "Der Zahnarzt sollte die manuelle Therapie verordnen und gegebenenfalls Ärzte und Therapeuten anderer Fachrichtungen mit in die Therapie einbeziehen. Das können neben Physiotherapeuten auch Orthopäden, Neurologen, HNO-Ärzte, Logopäden oder Psychotherapeuten sein." Vor allem aber muss der Zahnarzt der Patientin oder dem Patienten auch über die Entstehung der CMD aufklären und zeigen, was er selbst alles tun kann.

Vorbeugung und Selbsthilfe-Tipps bei CMD

Einer CMD können Sie vorbeugen. Neben regelmäßigen Kontrollen und zeitnaher Korrektur von Fehlstellungen oder alten Kronen, gilt es, Zahnkontakt außerhalb des Kauens zu vermeiden. Tagsüber durch Achtsamkeit, nachts ggf. durch eine Aufbissschiene. Das mag im Alltag nicht immer leichtfallen.

"Wir Menschen neigen nun mal dazu, erst aktiv zu werden, wenn es schon weh tut und meist zu spät ist, um nur durch Vorbeugung das Entstehen von Beschwerden zu verhindern", so Dr. Kent.

Wenn Sie meinen, erste Anzeichen einer CMD bei sich zu bemerken, können Sie neben Entspannungstechniken und Stärkung der Kiefermuskulatur auch Stressabbau und Faszienmassage probieren. "Wichtig ist, zu wissen," so Experte Dr. Kent, "dass die Craniomandibuläre Dysfunktion meist bei Menschen auftritt, die einen sehr hohen Anspruch an sich selbst und andere haben, also im wahrsten Sinne des Wortes verbissen sind. Wenn man so ein Typ ist und an seiner Persönlichkeit arbeitet, um zu lernen, nicht mehr so perfektionistisch zu sein und auch mal Fünfe gerade sein lassen zu können, ist das die beste Art, einer CMD vorzubeugen."

Als Ergänzung des Arztbesuchs und weiterführende Literatur zur Vertiefung dient das Buch „CMD - Craniomandibuläre Dysfunktion“ (TRIAS Verlag, Stuttgart 2023) von Dr. Hamdi Kent, in dem er sein TEAMS-Plus-Konzept vorstellt. TEAMS steht für das Maßnahmenpaket seines Praxisteams:

  • Triggerpunkttherapie

  • Eigenübungen für den Kiefer

  • Aufbissschiene

  • Manuelle Therapie

  • Selbstbeobachtung

Das „Plus“ steht dabei für alle weiteren Selbsthilfemethoden, mit denen CMD-Patientinnen und Patienten sich selbst helfen können, um gesund zu werden und beschwerdefrei zu bleiben. Diese reichen von Atemübungen, Übungen für Nacken und Rücken, Neuronales Training zur Entspannung, Yoga, Qi Gong, Achtsamkeitsübungen, progressive Muskelentspannung, Schlaftipps, Reaktivierung sozialer Kontakte und früherer Hobbys bis hin zu einer CMD-spezifischen Ernährung für besseren Schlaf, Muskelregeneration und Nervenberuhigung.

Denn in einem gesunden Körper mit einem ausgeglichenen und entspannten Geist hat eine CMD kaum eine Chance, sich einzunisten.

Erste hilfreiche Informationen und Tipps finden Sie vorab auf der Webseite und dem YouTube Kanal von Dr. Kent.

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Veröffentlicht am 30.01.2024

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